Vatikan begrüsst UNO-Entscheidung zu Palästina

Der Vatikan begrüßt die Entscheidung der UNO-Vollversammlung in New York, Palästina einen Beobachterstatus als Nicht-Mitgliedsstaat zuzuerkennen. Nur kurz nach dem Votum in der Nacht auf Freitag veröffentlichte das vatikanische Staatssekretariat eine Erklärung. Sie verweist darauf, dass sich der vatikanische „Außenminister", Erzbischof Dominique Mamberti, schon letztes Jahr vor der UNO für eine Anerkennung der Staatlichkeit Palästinas eingesetzt habe. Wörtlich heißt es aus dem Vatikan: „Das Votum vom 29. November drückt die Gefühle einer Mehrheit der Mitglieder der internationalen Gemeinschaft aus." Auch der Heilige Stuhl hat einen Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen.

Es war eine Genugtuung für Palästinenserpräsident Mahmud Abbas: 138 der 193 Staaten in der UNO-Vollversammlung stimmten für eine diplomatische Aufwertung der Palästinenser. Abbas hatte die Vollversammlung dazu aufgerufen, eine „Geburtsurkunde für Palästina" auszustellen. Die USA und Israel werteten die Abstimmung als Rückschlag für die Friedensbemühungen im Nahen Osten, insgesamt neun Staaten stimmten mit Nein. In seinem Kommuniqué erinnert der Heilige Stuhl daran, dass der palästinensische Sieg „für sich allein noch keine hinreichende Lösung für die Probleme in der Region darstellt": Es brauche neue Anstrengungen für Frieden, Stabilität und Gerechtigkeit. Dabei müssten „die legitimen Erwartungen sowohl Israels als auch Palästinas respektiert" werden.

Eine definitive Lösung des Nahostkonflikts kann aus Vatikansicht – das wird in dem nächtlichen Statement erneut klar – nur auf Grundlage der UNO-Entscheidungen von 1947 gefunden werden. Diese sahen die Existenz zweier Staaten vor. Der Heilige Stuhl appelliert an beide Völker, die Verhandlungen „in gutem Glauben wiederaufzunehmen" und alles zu vermeiden, was der ernsthaften Suche nach einer dauerhaften Friedenslösung entgegensteht, heißt es weiter.

Ausdrücklich erinnert der Vatikan an seinen Grundlagenvertrag mit der PLO vom 15. Februar 2000. Dieser verlangt ein international überwachtes Statut für Jerusalem, das Religions- und Gewissensfreiheit garantiert, dem besonderen Charakter Jerusalems als Heiliger Stadt Rechnung trägt und den Zugang zu den Heiligen Stätten sichert. Der Vatikan habe sich wiederholt für eine Zwei-Staaten-Lösung in der Region ausgesprochen, betont das Staatssekretariat. Dabei habe er aber auch immer das Recht des Staates Israels auf ein Leben in Sicherheit innerhalb international anerkannter Grenzen bekräftigt. Zugleich habe er das Recht des palästinensischen Volkes auf ein unabhängiges und souveränes Heimatland und auf ein Leben in Würde und mit freien Reisemöglichkeiten verlangt.

Das Communiqué zitiert aus der Rede von Papst Benedikt XVI. zum Abschluss seiner Heilig-Land-Reise vom 15. Mai 2009 auf dem Flughafen von Tel Aviv: „Kein Blutvergießen mehr! Keine Kämpfe mehr! Kein Terrorismus mehr! Kein Krieg mehr! Lasst uns stattdessen den Teufelskreis der Gewalt durchbrechen! Lasst bleibenden Frieden herrschen, der auf Gerechtigkeit gründet, lasst echte Versöhnung und Heilung walten. Es möge allgemein anerkannt werden, dass der Staat Israel das Recht hat, zu existieren und Frieden und Sicherheit innerhalb international vereinbarter Grenzen zu genießen. Ebenso möge anerkannt werden, dass das palästinensische Volk ein Recht auf eine souveräne, unabhängige Heimat, auf ein Leben in Würde und auf Reisefreiheit hat. Die Zwei-Staaten-Lösung möge Wirklichkeit werden und nicht ein Traum bleiben!" (rv)

CCEE-Treffen in Rom: Einwanderer sind Brüder

Der Einsatz der Kirchen in Europa im Bereich der Migrantenseelsorge und die Neuevangelisierung – das waren die Hauptthemen beim Treffen des Rats der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) in Rom, das an diesem Donnerstag zu Ende ging. Ziel der Veranstaltung war unter anderem, eine „Road Map" für die Aktivitäten der Migrantenseelsorge zu erstellen.

Kardinal Antonio Maria Vegliò, der Vorsitzende des päpstlichen Rates für die Migrantenseelsorge, betonte bei dem Treffen, die Migranten seien im Herzen der Kirche. Innerhalb der CCEE ist die Kommission „Caritas in veritate" für das Treffen zuständig. Radio Vatikan hat mit Pater Luis Okulik gesprochen, dem Sekretär der Kommission für soziale Fragen. Wie die Kirche Migranten sieht, beschreibt er folgendermaßen:

„Ein Einwanderer ist ein Bruder, der kommt und Hilfe braucht. Er muss beim Aufbau einer neuen Existenz unterstützt und begleitet werden. Natürlich gibt es aufgrund von religiösen und kulturellen Unterschieden manchmal auch Schwierigkeiten. So hat beispielsweise die Einwanderung aus Ländern mit muslimischer Mehrheit zugenommen. Die Kirche hat da aber immer einen Sinn für Ausgewogenheit gezeigt: denn ihre Hilfe erfolgt unabhängig von ethnischen oder religiösen Einstellungen. Was für uns zählt, ist vielmehr: Denen, die Hilfe brauchen, zu helfen. Wenn ein Christ hilft, dann tut er es gerade weil er katholisch ist: Als Katholik weiß er, dass das der beste Weg ist, um die Erfahrung, die einem das Evangelium vermittelt, weiterzugeben. "

Außerdem berichtet Okulik über das aktuelle Treffen der CCEE in Rom:

„Unser Hauptziel war es, über die Botschaft des Papstes zum Welttag der Migranten aus dem vergangenen Jahr noch einmal nachzudenken. Dort sind Neuevangelisierung und eine erneuerte Seelsorge – eine Seelsorge der Kommunion – eng miteinander verbunden. Davon ausgehend hatten wir die Idee, die verschiedenen Verantwortlichen für die Migrantenseelsorge der europäischen Bischofskonferenzen in Rom zu versammeln. Hier konnten sie von ihren Erfahrungen berichten und sie teilen. Dem CCEE-Rat geht es außerdem darum, die Arbeit der verschiedenen Migrantenseelsorger in Europa besser zu koordinieren und so vielleicht auch die Bischofskonferenzen noch besser zu unterstützen."

Für die Zukunft komme es darauf an, auf der bestehenden, guten Grundlage der Migrantenseelsorge aufzubauen und nun die Schwierigkeiten und Herausforderungen in den Blick zu nehmen. Das Treffen in Rom habe gezeigt, dass einige Bedingungen für die regionale und überregionale Zusammenarbeit noch verbessert werden könnten, so Pater Luis Okulik, Sekretär der Kommission für soziale Fragen innerhalb der CCEE. (rv)

Frieden in Kolumbien „eine nahezu unmögliche Aufgabe

Der neue Kardinal aus Kolumbien, Rubén Salazar Gómez, ist nicht sehr optimistisch über die Friedensgespräche zwischen Regierung und FARC-Rebellen. Der blutige Konflikt, in dem sich seit einem halben Jahrhundert marxistische Rebellen, Armee und Paramilitärs gegenüberstehen, sei letztlich nur ein Symptom der vielen ungelösten Probleme in Kolumbien, vor allem der sozialen Ungleichheit, sagte Salazar Gómez im Gespräch mit Radio Vatikan.

„Kolumbien ist ein Land, das einen in sozialer Hinsicht sehr ernsten Konflikt durchmacht. Ein Land, dem das innere Ungleichgewicht praktisch schon von Geburt an mitgegeben worden ist und wo es – aus einer Vielzahl von Gründen – eine enorme Kluft gibt zwischen Reichen und Armen, Gebildeten und Analphabeten, zwischen Leuten, die am sozialen Leben teilnehmen können, und denen, die am Rand stehen. Auch das hat zu dem bewaffneten Konflikt geführt, der vielleicht der älteste noch anhaltende Konflikt in der Welt ist. Millionen von Menschen sind ihm in etwa fünfzig Jahren schon zum Opfer gefallen."

Nirgendwo in Lateinamerika hat sich die Schere zwischen Arm und Reich so weit geöffnet wie in Kolumbien. Am letzten Dienstag trafen sich in der kubanischen Hauptstadt Havanna Unterhändler von Kolumbiens Regierung und FARC-Rebellen zu einer neuen Gesprächsrunde. Die Verhandlungen scheinen zwar gut voranzugehen, doch stellt die Regierung auch während der Gespräche ihre Armee-Operationen gegen die FARC keineswegs ein. Die FARC haben einen einseitigen Waffenstillstand für zwei Monate Dauer erklärt (ihr erster in mehr als zehn Jahren) und ließen vor ein paar Tagen auch drei entführte Chinesen frei – womit sie ihre Beteuerungen, sie hätten keine Entführten mehr in ihrer Gewalt, selbst Lügen straften. Mitte Dezember wollen beide Seiten in Bogotà über eine Landreform sprechen, das wohl dornigste Problem.

„Hoffen wir auf ein Wunder"
„Jetzt hat es die Regierung endlich geschafft, sich mit Vertretern zumindest einer der Guerillas an einen Tisch zu setzen; die FARC sind womöglich die wichtigste Guerilla-Gruppe. Da müssen wir Christen wirklich hartnäckig darum beten, dass uns der Herr den Frieden schenkt! Die Lage ist ausgesprochen komplex und schwierig; es scheint eine nahezu unmögliche Aufgabe, zwischen Regierung und Guerilla zu einer Abmachung zu kommen. Hoffen wir also, dass der Herr ein Wunder wirkt und die Verhandelnden zu einem Einverständnis bringt, damit endlich der bewaffnete Konflikt aufhört."

In seiner ersten Botschaft als Kardinal hat Salazar Gómez zu mehr Wertschätzung für das menschliche Leben aufgerufen. Ihm scheint das eine der dringendsten Fragen für sein Land derzeit.

„Das liegt daran, dass sich in Kolumbien – vielleicht unter dem Eindruck des Konflikts, bei dem soviel Blut vergossen wurde – eine Mentalität herausgebildet hat, als ob das Leben nichts wert wäre. Dabei haben wir seit 1991 eine Verfassung, die völlig auf dem Prinzip der Grundrechte jeder menschlichen Person aufbaut. Tatsächlich wird in Kolumbien viel von den Rechten gesprochen, die es zum Beispiel für Minderheiten zu sichern gälte; dabei werden aber gleichzeitig Menschenrechte angegriffen, etwa durch einen Gesetzesvorstoß, der Abtreibung völlig liberalisieren möchte."

Der Gesetzesvorstoß stützt sich auf ein Urteil des Verfassungsgerichts in Bogotà von 2006. Danach wäre Abtreibung straffrei bei Gefahr für Leben oder Gesundheit der Mutter, bei schwerer Missbildung des Fötus oder nach einer Vergewaltigung. Ursprünglich galt auch der Erzbischof von Bogotà als Befürworter einer vorsichtigen Liberalisierung beim Abtreibungsverbot, vor allem nach einem Zeitungsinterview Mitte November. Doch auf Bitten aus dem Vatikan präzisierte Salazar Gómez seine Haltung: Er halte Abtreibung für ein „abscheuliches Verbrechen", und ihre Straffreiheit sei keineswegs „als ein Recht zu betrachten". Ähnlich klar ist seine Stellungnahme gegen einen Gesetzesvorschlag zur Sterbehilfe, über den der Kongress von Bogotà debattiert:

„Christliches Volk, aber antichristliche Gesellschaft"
„Ein umfassendes und ausgesprochen gefährliches Euthanasie-Gesetz! Denn es öffnet die Türe dahin, dass praktisch jeder über das Leben von anderen bestimmen kann, über das Leben von Kranken. Auch gegen die Familien werden sehr gefährliche Türen geöffnet. Ich würde sagen: Wir erleben einen Moment, wo das grundlegende, absolute Recht auf Leben aufs Spiel gesetzt wird. Und darum ist es so wichtig, dass wir in Kolumbien eine neue Mentalität entwickeln, die das Leben verteidigt und fördert."

Wie kommt es eigentlich, dass gerade Kolumbien so stark von Gewalt, inneren Konflikten und Ungleichheit geprägt ist? Das Land ist doch christlich: 86 Prozent der Bevölkerung gehören zur katholischen Kirche, die hier schon im frühen 16. Jahrhundert ihre ersten Bistümer gründete. Kardinal Salazar Gómez erklärt:

„Eines der großen Dramen, die wir in Kolumbien – aber auch allgemeiner in Lateinamerika überhaupt – haben, ist dass der Glaube fast immer als eine Privatsache angesehen wird, die im sozialen Leben null Auswirkungen hat. Das hat es überhaupt möglich gemacht, dass wir eine völlig ungerechte Gesellschaft aufgebaut haben, eine antichristliche Gesellschaft – obwohl doch das Volk im wesentlichen aus Christen besteht!"

Rubén Salazar Gómez ist seit vier Jahren Vorsitzender der Bischofskonferenz von Kolumbien, seit zwei Jahren Erzbischof der Hauptstadt Bogotà – und seit ein paar Tagen Kardinal. (rv)

Kardinal Sodano 85 Jahre

Kardinal Angelo Sodano, der frühere Kardinalstaatssekretär, ist rüstig wie eh und je und taucht auch immer wieder bei großen Zeremonien im Vatikan auf. Der langjährige Kirchendiplomat ist heute Dekan des Kardinalskollegiums und wurde in diesen Tagen 85 Jahre alt.

Am bekanntesten wurde er einem Fernsehpublikum weltweit, als seine große Zeit schon vorüber war: Am Ostersonntag 2010. Da hielt er vor dem „Urbi et Orbi"-Segen von Benedikt XVI. ein Grußwort an den Papst, um ihn der Rückendeckung der Kardinäle zu versichern. Ein absolut unüblicher Schritt – und dazu noch auf dem Höhepunkt der Missbrauchskrise. Der Heilige Vater solle sich doch um das, so wörtlich, „Geschwätz der Straße" nicht kümmern, so der Kardinal. Diese Formulierung nahmen ihm viele übel, sogar der Wiener Kardinal Christoph Schönborn. Sodano hatte mit dem Wort „Geschwätz" einen Begriff Benedikts aus seiner Palmsonntagspredigt eine Woche zuvor zitiert, das war vielen nicht klar. Es klang einigen wie fehlender Respekt vor den Opfern von Missbrauch aus dem Mund eines – darf man das sagen? – manchmal arrogant wirkenden Kirchenmannes.

Dabei ist das wohl der Haupt-Charakterzug des Angelo Sodano: die Treue zum regierenden Papst. Vor kurzem, auf dem Höhepunkt des Vatileaks-Skandal, meldete sich der Chef-Senator der Kirche wieder in diesem Sinne zu Wort: „Das Kardinalskollegium ist geistlich vereint mit Ihnen, Heiliger Vater, zusammen mit der Päpstlichen Familie. Sie wollen mit dem Nachfolger Petri ein Herz und eine Seele sein."

Sodano stammt aus Asti, einem hübschen Piemonteser Städtchen; der Vater war Landbesitzer und saß nach dem Zweiten Weltkrieg im italienischen Parlament. Vor ungefähr einem halben Jahrhundert trat Angelo in den Dienst des Heiligen Stuhls – eine Karriere bis zum Nuntius in Chile, 1977 bis -88, zur Zeit Pinochets. Spätestens hier wird er den diplomatischen Eiertanz gelernt haben. 1990 macht ihn Johannes Paul II. zu seinem Kardinalstaatssekretär – ein Jahr nach dem Fall der Mauer, in einem Moment, in dem die politische Landkarte der Welt umgemalt wurde. Sodano, der Politiker: Unter seiner Verantwortung vollzog der Vatikan als erster, zusammen mit Deutschland, die diplomatische Anerkennung von Kroatien und Slowenien, als Jugoslawien in Stücke fiel. Manche sagen, das habe zum Ausbruch des Balkankriegs mit beigetragen.

„Jeder Hirte ist ja dazu berufen, das Licht Gottes in die Welt treten zu lassen – und auf diese Weise auch die Glut seiner Liebe." Das ist Sodano, der Deutschlandkenner und Sprachbegabte. Als er der Regierungschef im Palazzo Apostolico war, hatte er das Staatssekretariat und die Kurie im Griff; dem trauern heute einige noch nach. Sechzehn Jahre lang herrschte Sodano im dritten Stock des „Palazzo Apostolico" – auch noch ein Jahr lang unter Benedikt XVI. Der hatte ihn nach seiner Wahl zum Papst sofort als Kardinalstaatssekretär bestätigt: Dabei hatten manche Vaticanisti immer behauptet, Joseph Ratzinger und Angelo Sodano stünden in verschiedenen Lagern, etwa beim Zwist zwischen Vatikan und deutscher Kirche über Schwangerenberatung. Sodano hält noch heute unverbrüchlich zu Benedikt: „Ich danke euch allen für das Zeichen der Nähe zum Papst. Ein großes Geschenk, das die deutsche Kirche der Weltkirche gemacht hat."

Sechzehn Jahre in der vatikanischen Löwengrube – klar, dass man da auch mal Fehler macht, dass manche Aktion im Rückblick schillert. Vor allem im Umgang mit den „Legionären Christi" hat der Kardinal wohl Warnungen angesichts des Doppellebens von Pater Marcial Maciel überhört und dem verlogenen Padre zu beherzt die Türen geöffnet. Das große Werk des Angelo Sodano bleibt hingegen sein Weiterstricken am weltweiten Netz der Vatikandiplomatie, die diplomatische Anerkennung Israels durch den Vatikan – ein Durchbruch nach Jahrzehnten – und der Abschluss zahlreicher Konkordate, die Ortskirchen rund um den Globus Religionsunterricht an Schulen und freie Kultausübung sichern.

„Ich selbst habe eine tiefe Verehrung zu Unserer Lieben Frau von Fatima, eine Verehrung, die ich von unserem betrauerten Papst Johannes Paul II. gelernt habe." Es ist selten, dass dieser Kardinal mal von sich selbst spricht wie hier. Wieweit er Machtpolitiker war und wie weit ein religiöser Mensch, das sah man ihm nie an. Auf Besucher– damals im Palazzo Apostolico, heute im Äthiopischen Kolleg in den Vatikangärten – wirkt Angelo Sodano freundlich-verschlossen. Und immer bestens informiert. Herzlichen Glückwunsch, Eminenz! „Alle zusammen erheben wir heute unsere Stimme zum Gesang des Te Deum und danken für die Gaben, die Gott uns geschenkt hat!"
(rv)

Bechara Boutros Rai: Ein neuer Kardinal für alle Libanesen

„Die Kirche ermutigt alle Anstrengungen, die für den Frieden im Nahen Osten unternommen worden sind": Der Frieden sei jedoch nur dann von Dauer, „wenn er auf dem authentischen Respekt des einen für den anderen basiere". Diese Worte des Papstes anlässlich der Audienz an die neuen Kardinäle und ihre Begleitungen, die an diesem Montag stattgefunden hatte, trafen insbesondere einen der neuen Kardinäle persönlich: Der Libanese Bechara Boutros Rai lebt in einem Land, das täglich unter den Spannungen, die den Nahen Osten umtreiben, leidet und das auf der anderen Seite als Vorbild für das friedliche Zusammenleben zwischen Christen und Muslimen gilt. Im Interview mit Radio Vatikan erzählte der neue Kardinal, dass seine Erhebung zum Kardinal im ganzen Land, ohne Ansehen politischer und konfessioneller Unterschiede, Freude ausgelöst habe:

„Alle Libanesen, Christen und Muslime aller politischen Lager und aller Glaubensrichtungen, haben diese Geste des Papstes als eine Anerkennung für die Kirche im Land, aber auch für die Libanesen gewürdigt. Und alle haben verstanden, dass sie durch die Ehre des Kardinalsamtes aufgerufen worden sind, auch weiterhin ihr Zeugnis des friedlichen Zusammenlebens abzulegen, und auch die Apostolische Exhortation zu verbreiten. Ich selbst bin dem Papst sehr dankbar. Gleichzeitig fühle ich mich ermutigt, meine Mission trotz der Herausforderungen, die uns im Libanon und im Nahen Osten erwarten, weiterzuführen.

Insbesondere die Tatsache, dass seine Wahl von allen Libanesen so positiv aufgenommen worden sei, sei ihm eine große Ermunterung, so der frischgebackene Kardinal weiter. Erstes Ziel seiner Rückkehr in den Libanon sei es, die in der apostolischen Exhortation festgelegte Marschroute zu verwirklichen. Diese Marschroute, so der Kardinal, werde von Papst Benedikt selbst immer wieder vorgegeben, was auch bedeute, dass er aus den Worten des Papstes immer wieder Mut schöpfen könne – zuletzt bei eben jener Audienz, bei dem sich der Papst mit seinem Appell persönlich und auf Französisch an ihn gewandt hatte. Insbesondere die Situation in Syrien, aber auch der wieder aufgeflammte Konflikt zwischen Hamas und Israel gäben Grund zur Sorge, so der Kardinal:

„Wir sind ein Teil des Ganzen: das ist wie ein System von miteinander verbundenen Becken. Im Nahen Osten sind wir eine Einheit, und deshalb hat alles Schlimme, was in einem Land passiert, Konsequenzen für uns. Das gilt natürlich auch für die positiven Dinge, die passieren. Wir sind besorgt um das Heilige Land, um Syrien, um den Irak und um Ägypten. Aber auch um den Libanon, denn leider nimmt der Radikalismus zu, Wir müssen eine starke Botschaft des Evangeliums überbringen, die wir dem Integralismus und Fundamentalismus, die leider überall Unterstützer finden, entgegen setzen müssen."

Die Ernennung zum Kardinal in einem solchen Klima der Unsicherheit bringe eine große Verantwortung mit sich. Doch der Kardinal ist zuversichtlich:

„Diese Verantwortung wird leichter zu ertragen, weniger drückend, wenn diese eine gemeinsame Vision von Christen und Muslimen wird." (rv)

Italien: Konferenz gegen die Todesstrafe

Mehrere Justizminister aus der ganzen Welt sind an diesem Dienstag einem Aufruf der Gemeinschaft von Sant´Egidio gefolgt und haben an einem Kongress zur Abschaffung der Todesstrafe teilgenommen. Neben den hochkarätigen Politikern aus Ländern, die die Todesstrafe bereits abgeschafft haben, waren auch direkte Zeugen und ehemalige Häftlinge, die dem Todestrakt entronnen sind, bei der Konferenz mit dem Titel „Für eine Welt ohne Todesstrafe" dabei. Bereits 150 Länder haben die Todesstrafe abgeschafft, zuletzt die Mongolei und die US-amerikanischen Bundesstaaten Illinois und Connecticut. Erst vor wenigen Tagen hatte die UNO eine Resolution verabschiedet, die eine Einstellung der Todesstrafe fordert. Alles Zeichen, die auf eine endgültige weltweite Abschaffung der Todesstrafe hoffen lassen. Marco Impagliazzo ist Präsident der katholischen Basisgemeinschaft Sant´Egidio, im Radio Vatikan-Interview erklärte er, was seine Gemeinschaft sich im Kampf gegen die Todesstrafe erhofft:

„Die Abschaffung der Todesstrafe weltweit macht Fortschritte. Dieses Jahr sind zum Glück 1.000 Urteile weniger vollstreckt worden. Auch wenn die Anzahl der getöteten Personen – 5.000 den Daten nach, die wir zur Verfügung haben – nach wie vor schrecklich ist und uns darüber nachdenken lässt, dass wir es mit einem langen Kampf zu tun haben. Aber die Gemeinschaft Sant´Egidio kämpft mit seinen Mitgliedern in allen 73 Staaten, in denen sie präsent ist, um diesen Kampf auf allen Ebenen zu gewinnen, auf der Ebene der Zivilgesellschaft und auf der Ebene der Politik, der Staaten."

Es gebe in diesem Kampf aber auch Rückschläge zu verbuchen, so beispielsweise die Wiederaufnahme von Hinrichtungen in Indien. Am vergangenen 21. November wurde dort seit 2004 erstmals wieder eine Hinrichtung vollstreckt, es handelte sich um einen der Attentäter von Mumbai.

„Diese Tatsache ist dahin gehend zu interpretieren, dass es immer wieder Rückfälle in diese Art des Strafvollzuges, der anachronistisch und grausam ist, gibt. Deswegen müssen wir die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit wach halten. Deshalb haben wir diesen Kongress in Rom organisiert. Wir dürfen in unserer Wachsamkeit nicht nachlassen, denn es gibt zu viel Gewalt auf der Welt und allzu oft wird die Todesstrafe vom Staat als eine Art Rache verstanden. Wir müssen unser ,ja´ zum Leben wiederholen, nicht das Motto der Todesstrafe: ,es lebe der Tod´."

Auffällig sei es auch, dass die Todesstrafe oft rassistischen Charakter habe, so der Präsident. So sei es offensichtlich, dass beispielsweise in den Vereinigten Staaten vor allem schwarze und arme Personen hingerichtet würden. Der christliche Glaube müsse eine zentrale Rolle spielen:

„Wir sind Christen und wir haben Glauben. Wir vertrauen darauf, dass diese allgemeine Mobilisation weiter geht, die mittlerweile Millionen von Personen erreicht hat. Ich denke, wenn sich die Bürger, die Vereinigungen und die Gemeinschaften zusammen bewegen, dann kommt es zu historischen Bewegungen, die schöne Überraschungen mit sich bringen."

Am 30. November 2012 findet auf Initiative der Gemeinschaft Sant’Egidio zum zehnten Mal der internationale Aktionstag „Cities for Life" gegen die Todesstrafe statt. Der 30. November wurde für die Kampagne gewählt, weil an diesem Tag im Jahr 1786 das Großherzogtum Toskana als erster Staat der Welt Folter und Todesstrafe für abgeschafft erklärte, etwa 1500 Städte in 87 Ländern nehmen an der Aktion teil. In vielen Städten wird an diesem Tag ein charakteristisches Gebäude besonders angestrahlt: in Rom das Kolosseum, in Paris das Haus von Victor Hugo, in Berlin der Rathausturm, in Nürnberg die Straße der Menschenrechte. (rv)

„Man merkt, dass der WJT jetzt zum Leben der Kirche gehört“

Noch 237 Tage bis zum Weltjugendtag von Rio de Janeiro. In der brasilianischen Stadt treffen sich noch bis zum Mittwoch die Vorbereiter des Großereignisses. Wir haben darüber mit Kardinal Stanislaw Rylko gesprochen, dem Präsidenten des Päpstlichen Laienrates und damit dem Verantwortlichen für die Organisation:

„Wir haben die letzte, heiße Phase der Vorbereitungen für den nächsten Weltjugendtag gestartet. Hier in Rio beraten über 200 Verantwortliche für Jugendpastoral aus 75 Ländern von allen Kontinenten, darunter auch vierzig Vertreter von Verbänden und internationalen Bewegungen; es kommt mir fast wie ein Weltjugendtag im Miniaturformat vor. Man merkt, dass der Weltjugendtag mittlerweile fest zum Leben der Kirche gehört."

Das Treffen in Rio soll nicht nur den Jugendlichen etwas bringen, die von außen anreisen. Es soll vor allem auch nach Brasilien selbst hineinwirken, wie der Päpstliche Nuntius in Brasilien in einer Predigt während der Konferenz formulierte. Brasilien könne so ein „Zeugnis für einen freudigen und gleichzeitig reifen Glauben" gut gebrauchen. Zwar ist Brasilien immer noch weltweit das Land mit den meisten Katholiken (es sind 137 Millionen, was fast zwei Dritteln der Bevölkerung entspricht). Doch viele Katholiken wandern zu Freikirchen ab – ein jahrelanger, ungebremster Trend. Kardinal Rylko berichtet weiter:

„Unsere Vorbereitungen laufen auf zwei Gleisen: erstmal das Organisatorische, die Logistik. Sehr wichtig natürlich. Aber auch die geistliche Vorbereitung ist fundamental: Man muss die Jugendlichen darauf vorbereiten, dass sie sich in Rio auf die Suche nach Christus machen. Symbol dieser Stadt ist ja die große Christusstatue auf dem Corcovado mit ihren geöffneten Armen."

Am Mittwoch, zum Abschluss ihrer Konferenz, wollen die Weltjugendtags-Vorbereiter den Corcovado besuchen und in der Pfarrei von Ipanema mit Jugendlichen beten. (rv)

Kongo: Der Krieg um Goma

Im Kongo entwickelt sich durch den erneuten Ausbruch von Gewalt in diesen Tagen eine menschliche Tragödie. Das sagen afrikanische Kirchenführer, die sich am Wochenende in Kinshasa getroffen haben, um über die Krise in und um Goma in Nordkivu herum zu beraten. Die Präsidenten und Caritas-Chefs von 34 afrikanischen Ländern unterzeichneten eine Erklärung, welche die Einnahme der Stadt durch die Rebellen der Gruppe „M23" verdammt.

Gegenüber Radio Vatikan berichtet der Leiter der Caritas in Goma, Pater Oswald Musoni, von der Notlage der Menschen.

„Viele Menschen sind immer noch in Auffanglagern und sie sind in Not, denn sich brauchen alles, was man zum Leben braucht, vor allem anderen Lebensmittel. Im Augenblick regnet es auch noch, was die Situation noch schlimmer macht. Es ist sehr schwer für sie. Es gibt Organisationen, die dort helfen wollen, aber leider sind das nur wenige und die werden auch noch durch den Krieg daran gehindert. Die Menschen leiden, es ist sehr schwer für sie."

Im Mai war der Krieg im Ostkongo erneut ausgebrochen, über 300.000 Menschen sind auf der Flucht. In der vergangenen Woche hatten dann Rebellen die Millionenstadt Goma eingenommen. Die Kämpfe bewegen sich derzeit täglich von Goma weg. Die Rebellen erobern in alle Richtungen täglich neue Gebiete und Städte. Der Staat ist im Ostkongo fast nicht präsent, die Regierungsarmee befindet sich immer mehr auf dem Rückzug. (rv)

Vatikan/Philippinen: Was der Westen lernen kann

Papst Benedikt XVI. hat an diesem Montag die sechs neuen Kardinäle in Audienz empfangen. Am Samstag hatte das Konsistorium mit der Erhebung in den Kardinalsstand stattgefunden, am Sonntag hatte das Kardinalskollegium mit dem Papst die Messe zum Fest Christkönig gefeiert. Es war ein dezidiert weltkirchliches Konsistorium, das erste seit 85 Jahren, in dem zum Beispiel kein Italiener unter den neuen Kardinälen war.

Einer der neuen ist der Erzbischof von Manila, Luis Antonio Tagle. Gegenüber Radio Vatikan spricht er davon, dass er seine Kardinalserhebung auch als Zeichen für die Kirche Asiens sehe, ihre Rolle in der Weltkirche zu übernehmen.

„Ich höre häufig von der Angst einiger Kirchen, die daran gewöhnt waren, die Mehrheit zu sein, in der Gesellschaft einflussreich zu sein. Die fürchten die abnehmenden Zahlen und den schwindenden Einfluss. Wenn ich das höre, denke ich mir immer, dass das die Geschichte der Kirche Asiens während der ganzen letzten 2.000 Jahre war. Wir verfallen nicht in Panik. Man muss damit leben. Wir haben unsere Hoffnung in den Auferstandenen und die Hilfe des Heiligen Geistes, der weht, wo er will. Ich sage meiner Kirche, dass vielleicht die Zeit gekommen ist, dass wir unsere Erfahrung mit den Kirchen, die diese Angst haben und nicht gewöhnt sind, die Minderheit zu sein, teilen können." (rv)

Universale Dimension: Ein Papst, ein Hindu, ein Muslim und ein Kommunist sind sich einig

„Es waren starke Momente des Gebetes und der tiefen Gemeinschaft, die wir in diesen wirklich universalkirchlichen Momenten erlebt haben, ein Zeichen der Hoffnung für alle Völker." Papst Benedikt XVI. blickte an diesem Montag in einer Audienz für die neuen Kardinäle und ihre Begleitungen auf die Feiern des Wochenendes zurück, er hatte sechs Bischöfe aus Indien, Kolumbien, Nigeria, dem Libanon, den Philippinen und den USA zu Kardinälen erhoben. Es war ein dezidiert weltkirchliches Konsistorium, das erste seit 85 Jahren, in dem zum Beispiel kein Italiener unter den neuen Kardinälen war.

Auch die Weltkirche und ihre Gäste sehen diese weite Dimension des Konsistoriums und der neuen Kardinäle. Das bestätigen die Gäste, die von weither angereist waren. Es sei ein historischer Moment für Indien, sagt Swami Gururethnam Jnana Thapasw, ein asketischer Hindu. „Für jeden von uns, der der Frieden, Harmonie und den Geist jenseits der Religonen sucht, war dies ein besonderer Moment. Und ich bin stolz, dabei sein zu können." Eine weitere in Indien vertretene Religion stimmt zu: „Das Konsistorium war ein wirklich spiritueller Moment", sagt Imam Jamaluddin Maulavi Mankada, ein muslimischer Geistlicher. „Baselios Cleemis [einer der neuen Kardinäle] arbeitet seit Jahren in Kerala für religiöse Harmonie. Es ist wichtig für unsere Zeit, dass wir die anderen Religionen kennen und mit ihnen arbeiten. Es ist unsere Pflicht, über die Streitigkeiten hinaus zu gehen und für die ganze Menschheit und uns für die Welt einzusetzen." Und selbst die marxistische Politikerin K. Chandrika, Bürgermeisterin der Hauptstadt des Bundesstaates Kerala Thiruvanathapuram, stimmt zu: „Es war ein Symbol religiöser Harmonie. In unserer Gruppe waren Swamis, also Hindu-Lehrer, Imame und Kommunisten wie ich. Das gibt uns eine wichtige Botschaft: Die der Einheit und Geschwisterlichkeit der Menschen. Ich habe das ganz deutlich in der Ansprache des Papstes gespürt. Er hat uns Versammelten allen eine starke Botschaft des Friedens mitgegeben. Ich freue mich von ganzem Herzen darüber, das Konsistorium war wirklich ein himmlisches Ereignis." (rv)