Papstreise in die Türkei: Vor allem ökumenisch

TürkeiÖkumenische und interreligiöse Begegnungen stehen im Zentrum von Papst Franziskus‘ Reise in die Türkei. Der Vatikan gab an diesem Dienstag der Programm der Reise im Detail bekannt. Demnach wird der Papst am 28. November zunächst in die Hauptstadt Ankara fliegen und dort zunächst das Mausoleum des Staatsgründers Kemal Atatürk besuchen. Danach wird er vom Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan empfangen. Am Ende des ersten Tages wird der Papst auch die Diyanet besuchen, das Amt für Religiöse Angelegenheiten, und dort mit dessen Präsidenten zusammentreffen.

Am Samstag, dem 29. November, reist der Papst dann weiter nach Istanbul, wo er zunächst die Hagia Sofia besuchen wird, offiziell das Museum Santa Sofia. Die ehemalige Basilika und ehemalige Moschee ist offiziell ein Museumsgebäude. Im Anschluss wird der Papst die Sultan Ahmet Moschee besuchen, die in direkter Nachbarschaft zur Hagia Sofia liegt und die in Europa vor allem als „Blaue Moschee“ bekannt ist. Danach feiert der Papst in der katholischen Kathedrale eine Messe.

Nachmittags nimmt Papst Franziskus in der orthodoxen Patriarchalkirche Sankt Georg an einem ökumenischen Gebet teil. Danach trifft er den ökumenischen Patriarchen und das Ehrenoberhaupt der griechisch-orthodoxen Kirche, Bartholomaios I.; es handelt sich dabei um eine private Begegnung.

Am Sonntag beginnt das offizielle Programm mit der Feier der göttlichen Liturgie wieder in der Patriarchalkirche. Am 30. November wird das Fest des Apostels Andreas gefeiert, des Patrons des Patriarchats. Anschließend wird – wie bei Reisen und Begegnungen dieser Art üblich – eine ökumenische Erklärung unterzeichnet. Zuletzt hatte es eine solche in Jerusalem gegeben.

Am Nachmittag wird der Papst dann wieder nach Rom zurückkehren. (rv)

Vatikan/Irak: Rücktritt des Patriarchen der Chaldäisch-Katholischen Kirche angenommen

Delly Emmanuel IIIPapst Benedikt XVI. hat den Rücktritt des chaldäischen Patriarchen Emmanuel III. Delly angenommen. Kardinal Delly wurde am vergangenen 6. Oktober 85 Jahre alt. Für die Nachfolge Dellys hat Papst Benedikt XVI. eine Bischofssynode der chaldäischen Kirche einberufen (28. Januar 2013, Rom). Leiten wird diese Synode der Präfekt der Ostkirchenkongregation, Kardinal Leonardo Sandri. In der Zwischenzeit ist der chaldäische Kurienbischof Jacques Ishaq als Administrator der chaldäischen Kirche ernannt worden. (rv)

Ägypten: Blutige Nacht in Kairo

Schwere Zusammenstöße in Ägyptens Hauptstadt Kairo: Mindestens 36 Menschen, die meisten christliche Kopten, wurden letzte Nacht am Rand einer Demonstration getötet. Mehr als 320 Menschen sollen verletzt worden sein. Es waren die schwersten Ausschreitungen in Ägypten seit dem Sturz des früheren Präsidenten Hosni Mubarak. Aber der Sprecher der (katholischen) griechisch-melkitischen Kirche Ägyptens, Rafic Greiche, präzisiert:

„Das ist nicht das erste Mal seit der Revolution überhaupt, dass so etwas passiert – es ist vielmehr schon das dritte Mal innerhalb von neun Monaten. Und es liegt daran, dass die Regierung nichts für die Sicherheit tut. Schon zu Zeiten des alten Regimes Mubarak kam es manchmal zu solchen Konflikten, Kirchen brannten undsoweiter: Aber die Regierung sorgte immer wieder schnell für Sicherheit. Das ist jetzt nicht mehr so. Um zwei Uhr nachts hat der Premierminister die Menschen einfach gebeten, sich zu beruhigen; er hat aber keinerlei Befehle erteilt oder klare Entscheidungen getroffen!"

Der hier kritisierte Premierminister Essam Sharaf meinte in einer ersten Reaktion, Ägypten sei „in Gefahr": Der Konflikt zwischen Muslimen und Christen bedeute das „schwerwiegendste Risiko für die Sicherheit des Landes". Offenbar, so erklärt er, gebe es Kräfte, die vor den Wahlen Chaos im Land hervorrufen wollten und denen daran gelegen sei, „einen Keil zwischen Militär und Bevölkerung zu treiben". Die ägyptische Militärführung verhängte eine Ausgangssperre für die Nachtstunden. An diesem Nachmittag will das Militärregime ein Krisentreffen abhalten. Die Generäle haben die Regierung zu einer gründlichen Untersuchung aufgefordert. Aber der Melkiten-Sprecher hält das für nicht hinreichend:

„Die tun überhaupt nichts, in allen Bereichen, nicht nur in der Krise zwischen Christen und Muslimen. Darum hält diese Spannung an. Ich bitte den Papst und die ganze christliche Welt, für uns zu beten, denn das ist wirklich ein schwieriger Moment, und wir haben keinerlei Hoffnung. Vielleicht beruhigt sich die Lage nach dem Krisentreffen von diesem Montag wieder ein bisschen, und in ein paar Monaten kommt dann alles wieder hoch…"

Zunächst friedlich hatten in Kairo mehrere tausend Christen gegen ein Attentat islamischer Fundamentalisten auf eine Kirche in der südlichen Region Assuan demonstriert. Als der Demonstrationszug das Gebäude des staatlichen Fernsehens erreicht hatte, kam es zu ersten Zusammenstößen. Demonstranten warfen Steine auf Polizisten und Soldaten, die das Gebäude bewachten, und setzten Autos in Brand. Die Sicherheitskräfte gaben Schüsse in die Luft ab und setzten Tränengas ein, um die Menge auseinanderzutreiben. In anderen Berichten heißt es, zwei Panzerwagen der Armee seien mitten in die Menge gefahren und hätten mehrere Demonstranten überrollt. Vierzig Personen sollen festgenommen worden sein. Der Bischof von Giza, Antonios Aziz Mina, betont im Interview mit uns:

„Ich muss sagen, dass auch einige Muslime bei der Demonstration an der Seite der Kopten mitgemacht haben: Auch sie forderten für die Christen das Recht, in Frieden zu leben, und dass ihre Kirchen Schutz erfahren, statt niedergebrannt und zerstört zu werden. Leider haben Übeltäter, die in den Tagen nach der Revolution eine Kirche zerstört haben, festgestellt, dass sie damit straflos davonkommen. Das Militär hat entschieden, die Kirche auf seine eigenen Kosten wiederaufzubauen – aber das ist keine Lösung!"

Viele Christen fordern weiterhin einen Rücktritt des Gouverneurs von Assuan, dem sie vorwerfen, nichts gegen die Kirchenzerstörung in seiner Provinz Ende September getan zu haben. Außerdem fordern sie Polizeischutz für Kirchen und ein Recht auf Kirchenbau. Eine islamisch-koptische Dialoggruppe in Kairo fordert in einem Statement an diesem Montag klare, durchsichtige Regeln für Kirchenbau in Ägypten. Bischof Mina:

„Wenn wir so weitermachen, dann gibt es im neuen Ägypten kein Recht und keine Gerechtigkeit. Dabei wäre das das erste Element eines stabilen Staates: das Recht!"

Der Großimam der islamischen Universität al-Azhar in Kairo, Ahmed al-Tayyeb, ruft zu „dringenden Gesprächen" zwischen muslimischen und christlichen Führern auf, „um die Krise einzudämmen. Das berichtet das ägyptische Fernsehen. Tayyeb habe bereits mit dem koptischen Patriarchen, Papst Shenuda III. von Alexandria, gesprochen. Aus Trauer um die Opfer wollen die koptischen Christen drei Tage lang fasten und beten. Die Kopten stellen in Ägypten ungefähr zehn Prozent der Bevölkerung, sie sind überwiegend orthodox, nur ein kleiner Teil gehört der katholischen Kirche an. (rv)

Kardinal Sandri: „Sinnlose Gewalt“

Drei Dutzend Tote in Kairo bei Ausschreitungen zwischen Kopten und Muslimen: Kardinal Leonardo Sandri leitet die Ostkirchen-Kongregation des Vatikans. Wir fragten ihn an diesem Montag, wie der Vatikan auf die Unruhen in Kairo reagiert.

„Wir haben für die Opfer dieser Zusammenstöße gebetet. Unsere koptisch-orthodoxen Brüder, die das Attentat auf eine ihrer Kirchen erleben mussten, wollten wie alle Bürger für ihren Wunsch nach Religionsfreiheit und nach Respekt ihrer Rechte demonstrieren. Stattdessen mussten sie den bitteren Kelch des Todes und des Opfers trinken. Wir vereinen uns im Gebet mit der koptisch-orthodoxen Kirche, mit den Opfern dieser sinnlosen Gewalt, und wir beten auch für unsere katholischen Kopten, auf dass der Schatten dieser Gewalt gegen Kopten nicht auch auf sie fallen möge. Es ist eine kleine Gemeinschaft, aber sehr engagiert für den Frieden. Und wir beten auch darum, dass dieser so genannte Arabische Frühling wirklich ein Vorschuss auf den Frieden sein möge, den alle sich wünschen. Wir beten für Demokratie, für den Respekt der Religionsfreiheit und der Minderheiten, dafür, dass alle sich Hoffnung machen können auf eine sichere Zukunft." (rv)

Papst: „Unsere Ostkirchen sind Brückenbauer“

Die katholischen Ostkirchen können den ökumenischen Weg der Einheit mit den orthodoxen Kirchen fördern. Das sagte an diesem Samstagmittag Papst Benedikt XVI. beim Empfang der Teilnehmer der internationalen Konferenz über das kanonische Gesetzbuch für die katholischen Ostkirchen. Mehr als 400 Kirchenrechtler aus aller Welt beraten seit Freitag darüber im Vatikan. Anlass der federführend vom Päpstlichen Rat für die Interpretation von Gesetzestexten organisierten zweitägigen Veranstaltung ist die Verkündigung des Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium vor 20 Jahren. Vortragende waren unter anderem der Präfekt der Ostkirchenkongregation, Kardinal Leonardo Sandri, der Präsident des vatikanischen Einheitsrates, Erzbischof Kurt Koch, sowie der Präsident des Päpstlichen Rates für die Interpretation von Gesetzestexten, Erzbischof Francesco Coccopalmerio. Ein Schwerpunkt des zweitägigen Kongresses war das ökumenische Gespräch. Der emeritierte Freiburger Kirchenrechtler, Carl Gerold Fürst, hat im Rahmen der Veranstaltung die Ehrendoktorwürde des Päpstlichen Orient-Institutes erhalten. – Der Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium wurde am 18. Oktober 1990 als eigenständiges Gesetzbuch promulgiert und trat am 1. Oktober 1991 für alle den fünf Traditionen angehörenden 23 selbstständigen katholischen Ostkirchen. Es besteht aus 1.546 Canones. Der Codex bedeutete für die katholischen Ostkirchen eine deutliche Aufwertung innerhalb der Universalkirche. (rv) 

Papst: „Durchbruch beim Dialog mit Orthodoxen erreicht“

Es geht vorwärts in den ökumenischen Beziehungen zwischen Katholiken und Orthodoxen. Daran erinnerte der Papst an diesem Montag im Vatikan. Er bezog sich dabei auf die aktuelle Diskussion in der gemeinsamen internationalen Theologenkommission über die Rolle des Bischofs von Rom im ersten Jahrtausend. Der Papst empfing eine hohe orthodoxe Delegation. Anlass für den Besuch der Abgeordneten vom Sitz des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. ist das römische Patronatsfest Peter und Paul, das an diesem Dienstag begangen wird. Den Besuchern aus dem Orient sagte Benedikt XVI.:
 „Es gibt die begründete Hoffnung, dass der Dialog der Kirchen des Westens und des Ostens weiter bedeutende Fortschritte macht. Es ist ermutigend, dass auch das Ehrenoberhaupt der Orthodoxie, Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel, hinter den theologischen Beratungen steht. Schon jetzt ist das Verhältnis der beiden christlichen Traditionen von gegenseitigem Vertrauen, Wertschätzung und Brüderlichkeit geprägt."
Die ökumenische Zusammenarbeit werde auch eine große Rolle bei der kommenden Nahostsynode im Vatikan spielen. Zur Begründung sagte der Papst, die Schwierigkeiten, mit denen die christlichen Minderheiten in der Region lebten, seien weithin allen Konfessionen gemeinsam.
„Der Dialog zwischen Katholiken und Orthodoxen ist an einem entscheidenden Punkt angelangt. … Die Schwierigkeiten, mit denen sich die Christen im Nahen Osten auseinandersetzen müssen, sind bei allen Gläubigen in jener Region insofern gleich, weil es darum geht, als Minderheit zu überleben und für den Glauben Zeugnis abzulegen. Deshalb ist auch ein Dialog mit Muslimen und Juden notwendig."
Die katholischen Bischöfe sowie orthodoxe Vertreter aus Ländern des Nahen und Mittleren Ostens kommen vom 10. bis 24. Oktober in Rom zu Beratungen zusammen.
Das Patronatsfest Peter und Paul zählt zu den ältesten liturgischen Festen und wird auch in den orthodoxen Kirchen begangen. Zu der orthodoxen Gesandtschaft zählen Metropolit Gennadios, der sowohl in der gemeinsamen Theologenkommission, als auch im Weltkirchenrat in Genf mitarbeitet, und Bischof Bartholomaios Kessidis als Assistent der orthodoxen Metropolie in Deutschland. (rv)

Zypern: Bischöfe wollen Papst an ihre Seite

Es ist der erste Papstbesuch auf Zypern. Am Freitag wird Benedikt XVI. in das mehrheitlich orthodoxe Land aufbrechen. Dass dieses Land bisher als Reisestation fehlte, hat auch sicherlich viel mit der ungeklärten Lage des Landes zu tun. Seit 1974 ist Zypern geteilt. Der Norden der Insel wird nur von der Türkei als Türkische Republik Nordzypern anerkannt. Doch auch um die Ökumene wird auf der Insel gerungen, wie unsere Korrespondentin Gabi Fröhlich berichtet, denn nicht alle Bischöfe scheinen mit der Rom zugewandten Art von Erzbischof Crysostomos einverstanden…
„Wir wollen Sie an unserer Seite, Heiligkeit!. Durch uns lädt der Apostel Barnabas seinen größeren Bruder, den Apostel Petrus, ein, zum ersten Mal sein demütiges Haus zu besuchen – damit er es segne…"
Deutlicher hätte die Einladung nicht sein können: Chrysostomos II., Oberhaupt der zyprisch-orthodoxen Kirche, sprach sie 2007 bei seinem jüngsten Besuch im Vatikan aus. Doch nicht alle Bischöfe auf Zypern sind mit der Ökumene-freundlichen Linie des Erzbischofs einverstanden. Der einflussreiche Bischof Athanasios von Limassol stellte sich vor einigen Wochen an die Spitze der Kritiker des Papstbesuchs. In einem Zeitungsinterview erklärte er:
„Ich glaube, dass der Papstbesuch frommen Christen so manche Gewissensprobleme bereiten wird. Wir können mit allen Menschen Dialog führen, egal welchen Glaubens. Aber es eine Sache, mit jemandem zu sprechen, und eine andere, den Papst als kanonischen Bischof zu empfangen – obwohl er für uns Orthodoxe ein Häretiker ist, und nicht einmal ein Bischof."
Harte Worte im Vorfeld des ersten Papstbesuchs überhaupt auf der Mittelmeerinsel, die Paulus noch selbst mit seinem Gefährten Barnabas missioniert hat. Weitere vier der insgesamt 17 Bischöfe schlossen sich der Kritik an. Die Reaktion von Chrysostomos war scharf: Ein Bischof könne seine Privatmeinung haben, aber nicht einfach tun, was ihm gerade einfalle, erklärte er. Die Bischofssynode habe den Papstbesuch mit großer Mehrheit begrüßt, und dieser Entscheidung hätten sich die einzelnen zu unterwerfen. Und er kündigte an, bei der heutigen Synodensitzung die Entscheidung über den Umgang mit den Abtrünnigen herbeizuführen. Insgesamt gelten die Scharfmacher gegen den Papstbesuch auf Zypern jedoch als kleine Minderheit. Typischer für die zyprische Orthodoxie ist die Haltung des erst 39 Jahre alten Bischof Isaias von Tamasus: Er hofft, dass die orthodoxen Gläubigen sich nicht von einer negativen Stimmungsmache gegen den Gast aus Rom anstecken lassen: „Ich denke, dass wir uns in modernen Zeiten den Luxus, nicht zu kooperieren und in unseren Vorurteilen zu verharren, nicht mehr leisten können. Wir brauchen dringend eine Allianz unter allen Christen, um den großen spirituellen und humanitären Herausforderungen unserer Erde begegnen zu können. Darum ist jede Koalition unter unseren Kirchen wichtig. Und wir sehen den Besuch des Papstes als gute Gelegenheit an, um über alle diese Probleme zu sprechen. So ist er uns in Zypern sehr willkommen." (rv) 

Bartholomaios in Moskau: Die Orthodoxen rücken zusammen

Ein Quantensprung für die orthodoxen Kirchen: Konstantinopel und Moskau, also sozusagen das zweite und das dritte Rom, gehen aufeinander zu. Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel war in den letzten Tagen in Moskau. Das könnte der Anfang von umwälzenden Entwicklungen in den orthodoxen Kirchen sein. Eine Einschätzung von Thomas Bremer, Ökumene-Experte aus Münster im Gespräch mit Stefan Kempis.
„Die Beziehungen zwischen dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel und der russischen orthodoxen Kirche sind in den letzten Jahren einigermaßen belastet gewesen; das hängt zusammen mit strittigen Fragen um die Zuerkennung von Autokephalie, also von Selbständigkeit. Die kirchliche Situation in der Ukraine ist davon besonders betroffen und auch einige andere Fragen… Insofern ist es nach einem Treffen des Ökumenischen Patriarchen mit dem verstorbenen Patriarchen Alexei und einem ersten Besuch des neuen russischen Patriarchen Kyrill in Konstantinopel jetzt ein Zeichen für eine langsame Verbesserung der Beziehungen, dass Patriarch Bartholomaios Moskau und Russland besucht. Und es ist auch interessant, dass er relativ lange bleibt: Es ist ein Besuch von einer Woche gewesen."
Was steckt denn hinter dieser Verbesserung? Warum kommt die jetzt?
„Das ist natürlich von außen schwer zu sagen – aber es hängt wie oft in solchen Fällen sicher auch mit den konkreten Personen zusammen. Und vielleicht auch mit der Einsicht, dass die Kirche, die kanonisch an erster Stelle steht (nämlich die von Konstantinopel), und die Kirche, die mit Abstand die größte orthodoxe Kirche ist (nämlich die russische orthodoxe Kirche) nicht auf die Dauer in einem Spannungszustand sein können. Beide Seiten verstehen, dass sie die Beziehungen verbessern müssen."
Bedeutet denn das engere Zusammenrücken von Moskau und Konstantinopel jetzt auch etwas Gutes für den Dialog der orthodoxen mit der katholischen Kirche?
„Das würde ich nicht so direkt in Zusammenhang bringen. Die Orthodoxie bemüht sich trotz der Spannungen, die es in Ravenna gegeben hat, im Prinzip darum, immer gegenüber der katholischen Kirche (wie auch gegenüber anderen Kirchen) als die Orthodoxie und als die orthodoxe Kirche – also im Singular – aufzutreten. Die Spannungen, von denen ich gerade gesprochen habe und von denen man weiß, dass es sie gibt, sind innerorthodoxe Spannungen. Die katholische Kirche war bisher immer gut beraten (das hat sie ja zum Glück so gemacht), nicht zu versuchen, diese Spannungen irgendwie für eigene Zwecke auszunutzen. Kardinal Kasper hat zum Beispiel sehr deutlich erklärt, dass das Problem, das damals in Ravenna zwischen der russischen Delegation und der Delegation aus Konstantinopel aufgetreten ist, ein Problem sei, das die Orthodoxie in sich lösen muss – und nicht etwas, wozu die katholische Kirche etwas beitragen kann."
Letzte Frage: Ist jetzt der Weg frei für ein erstes orthodoxes Großkonzil (oder eine Großsynode) seit etwa tausend Jahren?
„Das so genannte Pan-orthodoxe Konzil wird seit ca. fünfzig Jahren vorbereitet. Nach einer langen Phase der Stagnation hat dieser Prozess in den letzten Jahren einen gewissen Fortschritt gemacht, und es ist sicher so: Wenn der Besuch erfolgreich verläuft und wenn man diese Dinge besprochen hat, dann ist das ein weiterer Schritt auf dem Weg zu dieser Pan-orthodoxen Synode, diesem Pan-orthodoxen Konzil." (rv)