Bischof Voderholzer: „Angst vor Islamisierung ist kein Hirngespinst“

„Der Westen muss nicht in erster Linie Angst haben vor der Bedrohung von außen, sondern vor der eigenen Glaubensschwäche“.

REGENSBURG – Bischof Rudolf Voderholzer von Regensburg hat den Islam als theologischen „Widerspruch zum Christentum“ bezeichnet. Befürchtungen einer Islamisierung seien „nicht ganz unberechtigt“.

In einer Predigt zur Pontifikalmesse im Rahmen der Wallfahrt der Donauschwaben nach Altötting am vergangenen Sonntag sagte der bayerische Oberhirte:

„Viele sehen heute die Gefahr einer drohenden Islamisierung Mitteleuropas, nicht durch kriegerische Eroberung und Besatzung, sondern durch Asylgewährung und Fruchtbarkeit“.

Bischof Voderholzer fuhr fort: „Sie wissen wahrscheinlich, dass ich diese Befürchtungen nicht für ganz unberechtigt oder gar für krankhafte Hirngespinste halte. Der Islam ist von seinem theologischen Wesen her der Widerspruch zum Christentum, und von daher ist kulturell allenfalls ein Nebeneinander möglich“.

Dennoch, betonte der Oberhirte in der vollbesetzten Altöttinger Basilika St. Anna, habe aus seiner Sicht der große Orient-Kenner Peter Scholl-Latour Recht gehabt:

„Der Westen muss nicht in erster Linie Angst haben vor der Bedrohung von außen, liebe Schwestern und Brüder, sondern von innen, vor der eigenen Glaubensschwäche und vor der eigenen Unlust an der Zukunft, die sich auch ausdrückt in einer Unlust an Nachkommenschaft, was von vielen Menschen in den anderen Kontinenten ja nur als eine Einladung verstanden werden kann, zu uns zu kommen und die Lücken zu schließen.“

In seiner Predigt betonte Voderholzer, der eingangs das Schicksal, aber auch den Beitrag vertriebener Donauschwaben und anderer Vertriebener in ihrer alten Heimat wie heute in Deutschland würdigte, dass „zu den Grundlagen des christlichen Europa“ das Kreuz gehöre.

„Das Kreuz gehört in den öffentlichen Raum. Und ich sage Ihnen, dass ich es nicht verstehe, wenn der Bayerische Ministerpräsident sogar aus kirchlichen Reihen heraus kritisiert wird, weil er das Anbringen von Kreuzen in öffentlichen staatlichen Räumen angeordnet hat.“

Das Kreuz stehe für die vor-staatlich „religiösen Wurzeln unserer Gesellschaft, unseres Zusammenlebens, für ein Fundament, das sich der Staat nicht geben kann und das er nicht garantieren kann“, unterstrich der Regensburger Bischof.

Freilich werde auf die Dauer auch ein Erlass nicht helfen, „wenn es nicht Menschen gibt, die die Religion des Kreuzes von innen her leben und lieben“, fuhr Voderholzer fort.

In der Nachfolge des Gekreuzigten müsse jeder Christ „die Sensibilität für die Schwachen, die Ausgegrenzten, die Ungeborenen wie die Sterbenden lebendig erhalten und ummünzen in ihr sozial-caritatives Engagement, wie es die Christen immer getan und auf diese Weise unsere Heimat so menschlich und liebenswert gemacht haben“. (CNA Deutsch)

Religionsfreiheit: Eine dramatische Entwicklung

RFBFIn jedem vierten Land der Welt ist das Recht auf freie Religionsausübung eingeschränkt; in diesen 24 Prozent der Länder leben aber 75 Prozent der Weltbevölkerung. Das geht aus Zahlen hervor, welche das US-Außenministerium in dieser Woche veröffentlicht hat. „Diese Zahlen sind nicht neu und sie wachsen weiter“, kommentiert Brian Grim, Präsident der Religious Freedom & Business Foundation. Er hat zuvor für das wichtigste Umfrage-Unternehmen der USA – PEW – gearbeitet und lehrt an der katholischen Georgetown Universität am Religious Liberty Project. „Die Zahlen kommen vom PEW-Research Center, das ich geleitet habe, und rechnen sowohl Einschränkungen der Religionsfreiheit durch Regierungen als auch sozial feindliche Einstellungen gegen Religion mit ein.“

Wie aus dem Bericht für 2015 hervorgeht, meint das auch Terrororganisationen wie den so genannten Islamischen Staat. Der Bericht dokumentiert „den Status des universellen Menschenrechts auf Religionsfreiheit in 199 Ländern“. Auch ein Blasphemie-Fall aus Deutschland wird darin kurz erwähnt. „Das Anwachsen der Einschränkungen kann man auf die Terroranschläge durch El Kaida vom 11. September 2001 datieren. Damit hat ein Teufelskreis begonnen: Regierungen handeln, um Religionsausübung einzuschränken – aus Sicherheitsgründen –, und dagegen wiederum wehren sich einige Religionen und heizen das noch weiter an.“

Religionsfreiheit hat Auswirkungen auf andere Freiheiten

„Keine Region, kein Land und keine Religion ist immun“, sagt der Report des Außenministeriums. Dabei geht es bei Religionsfreiheit um viel mehr als „nur“ um Religion, kommentiert Brian Grim. „Wo man Religionsfreiheit einschränkt, fällt das meist zusammen mit Einschränkungen von Versammlungsfreiheit, Redefreiheit, Meinungsfreiheit, und die bemerkt man nicht nur in den Religionen, sondern in der gesamten Gesellschaft. Wo es Religionsfreiheit gibt, gibt es statistisch gesehen mehr Freiheiten für jeden in der Gesellschaft.“

Man könne den Kreis auch noch weiter ziehen, sagt Grim – über die Grundrechte hinaus in ganz andere Bereiche. „Wo es Religionsfreiheit gibt, hat man stabilere und friedlichere Gesellschaften, und wo man Stabilität und Frieden hat, da gibt es auch eine stabilere Wirtschaft.“

Für stabilere Gesellschaften

Was die weitere Entwicklung angeht, ist er nicht sehr optimistisch. Die vielen Faktoren, die zu Einschränkungen von Religionsfreiheit führten, nähmen nicht ab, im Gegenteil. Auch der Trend zu immer säkulareren Gesellschaften im Westen habe oft genug negative Auswirkungen für die Religionsfreiheit. „Wenn Menschen säkularer werden, hören sie auf, den Wert zu sehen, den Religion für eine Gesellschaft hat.“

Zunehmend gebe es aber auch internationale Initiativen, die sich für Religionsfreiheit einsetzten, weil sie die stabilisierende Wirkung für die gesamte Gesellschaft erkannt hätten, sagt Grim. „Im September wird meine Stiftung gemeinsam mit den Vereinten Nationen Preise an Wirtschaftsvertreter verleihen, die sich für das Verständnis unter Religionen und Religionsfreiheit für alle einsetzen. Diese kommen aus Indonesien, aus dem Heiligen Land, aus dem Libanon, aus Afrika und Europa. Die Vereinten Nationen erkennen also an, dass das ein gefährlicher Trend ist, der sich entwickelt, und sie suchen nach Verbündeten, um sich damit zu befassen.“ (rv)

Die Wirklichkeit der muslimischen Invasion Spaniens im Mittelalter

ReconquistaMADRID – Es ist ein Klischee: Das angeblich gute Zusammenleben verschiedener Kulturen im muslimisch beherrschten Spanien vor der Reconquista, der Rückeroberung der iberischen Halbinsel. Ein neues Buch enthüllt, was an diesem Mythos dran ist – und leistet damit einen Beitrag zur Differenzierung über ein Kapitel der Geschichte Europas, das vor dem Hintergrund der aktuellen Migrationskrise besonders brisant ist.

„Al-Andalus und das Kreuz. Eine Enthüllung der Mythen über die muslimische Invasion Hispaniens“ wurde von Rafael Sánchez Saus geschrieben, Professor für Mittelalterliche Geschichte an der Universität von Cádiz (Spanien).

Das Werk beschreibt, wie die arabische Expansion zur Entstehung von Al-Andalus führte. Gleichzeitig möchte der Autor die „wirkliche Lage der Christen“ darstellen, um sie den „gezielten Fälschungen“ entgegen zu stellen, die von Ideologen der vergangenen Jahrzehnte gerne in Umlauf gebracht wurden.

Mit Fakten gegen eine historische Fälschung

Das Buch ist ein historisches Essay, das die reale Lage Spaniens im 7. Jahrhundert aufzeigen möchte, als die maurischen Truppen mit der Eroberung der Iberischen Halbinseln begannen. Es schildert auch, wie die Muslime die dortige jüdische, muslimische und christliche Kultur erlebten.

Im Gespräch mit CNA erläutert Sánchez Saus, als Professor für Mittelalterliche Geschichte Spaniens habe er insbesondere feststellen können, „wie manche Klischees über Al-Andalus und die maurische Zivilisation, die sich über sehr lange Zeit hindurch in der spanischen Kultur festgesetzt haben, im Laufe der Zeit unwirkliche Züge angenommen haben. Es handelt sich um eine historische Fälschung, die bewirkt, dass die Studenten bereits von dieser Ideologie geprägt sind, wenn sie auf die Universität kommen.“

Mehrheitlich christliche Bevölkerung unterdrückt

Der Professor bestreitet, dass es ein angeblich gutes Zusammenleben der drei Kulturen in Al-Andalus gegeben hat. „Die damals unterdruckte Bevölkerung war die christliche, die sehr lange Zeit hindurch die Mehrheit der Bevölkerung von Al-Andalus darstellte.“

Deshalb sei es falsch, diese Epoche als Modell der Toleranz zwischen den Kulturen darzustellen. Denn, so schreibt Sánchez Faus, „das System gründete in der ständigen Unterwerfung dieser Gruppen, denen im Gegenzug eine relative Toleranz zur Ausübung ihres Glaubens gewährt wurde.“

Der Autor präzisiert, dass sie „gleichzeitig einer extremen Ungleichheit und dem Verlust ihrer Würde ausgesetzt waren“.

Der Professor für Mittelalterliche Geschichte bemerkt dazu, dass in der Zeit des Kalifats der Umayyaden die Christen als Bürger zweiter Klasse behandelt wurden.

Diese Ungleichheit vor dem Gesetz wird in der Tatsache deutlich, dass ein Christ so viel Wert besaß wie eine muslimische Frau, die ihrerseits die Hälfte des Wertes eines muslimischen Mannes hatte.

Sieben Jahrhunderte „Al-Andalus“

Der Begriff Al-Andalus bezeichnet das Gebiet der Iberischen Halbinsel, das in den Jahren zwischen 711 und 1492 unter muslimischer Herrschaft stand.

Nachdem die Araber im 8. Jahrhundert dieses Gebiet erobert hatten, wurde dieses heute zu Spanien gehörende Territorium in das Kalifat der Umayyaden integriert, das später zum Emirat von Córdoba wurde.

Nachdem die Königreiche, die das Emirat bildeten, verschiedene Teilungen erfahren hatten, endete schließlich am 2. Januar 1492 die sogenannte „Reconquista“ mit der Eroberung Granadas durch die Katholischen Könige, Isabella und Ferdinand. Damit endete die islamische Vorherrschaft auf der Iberischen Halbinsel.

„Al-Andalus y la cruz. Mitos al descubrimiento sobre la invasión musulmana de Hispania“ ist im Stella-Maris Verlag erschienen. Weitere Information über das Buch können Sie hier erhalten. (CNA Deutsch)

Neuer Bericht dokumentiert den Völkermord an Christen im Irak und Syrien

USAWASHINGTON, D.C. – Auf 278 Seiten belegt dieser Bericht die Vernichtung von Christen und anderen religiösen Minderheiten durch die Kämpfer des Islamischen Staates: Eine Woche vor der Entscheidung des US-Außenministeriums, ob der Völkermord des IS offiziell anerkannt wird, haben die katholischen Kolumbusritter zusammen mit anderen einen umfangreichen Bericht vorgelegt, der die neuesten Beweise des Genozids dokumentiert.

„Wir stehen nun vor einer historischen Entscheidung”, sagte Carl Anderson, oberster Ritter der „Knights of Columbus”. Die weltgrößte Laien-Vereinigung katholischer Männer veröffentlichte den Bericht zusammen mit der Gruppe In Defense of Christians – „Zur Verteidigung von Christen” im Nationalen Presse-Klub in Washington.

„Die Beweise in diesem Bericht, zusammen mit den Beweisen, die dem Europäischen Parlament vorgelegt wurden, unterstützen gänzlich, und ich würde sogar sagen, beweisen zwingend, dass es vernünftige Gründe gibt davon auszugehen, dass das Verbrechen des Völkermords gegen Christen in der Region verübt worden ist”, sagte er am 10. März.

„Die Geschichte wird die Gräueltaten gegen religiöse Minderheiten im Nahen Osten als Völkermord aufzeichnen”, fügte er hinzu.

„Die Frage ist, ob Amerika als mutiges Land erinnert werden wird, so wie im Falle Darfurs, oder als weniger mutig, so wie im Falle Ruandas.”

Wie CNA berichtete, haben das Europa-Parlament und andere Einrichtungen den Genozid an Christen und weitere Minderheiten anerkannt. In den USA hatte das Holocaust Museum jedoch einen Bericht vorgelegt, der nur die Jesiden im Nordirak als Opfer eines Genozids bezeichnete. Nun wird darum gerungen, dass auch die Vernichtung, Vertreibung und Verfolgung von Christen und anderer ethno-religiöse Minderheiten in der gesamten Region anerkannt wird.

Das Außenministerium hat nun sechs Tage Zeit, um dem Kongress Bericht zu erstatten über die Verfolgung religiöser Minderheiten im Nahen Osten durch „islamische Extremisten”. Dabei muss es auch um die Frage gehen, ob die Verfolgung „massive Gräueltaten oder Genozid” darstelle. (CNA Deutsch)

Rom bekommt einen Martin Luther Platz

Luther_95_ThesenMartin Luther bekommt einen eigenen Platz in Rom. Die Stadtverwaltung hat beschlossen, einen Platz in der Stadt nach dem Reformator zu benennen. Das teilte die lutherische Gemeinde Roms mit, auf deren Anregung die Benennung geschieht. Bürgermeister Ignazio Marino wird am 16. September den Patz im Parco delle Coplle Oppio direkt am Kolosseum offiziell benennen.

Der junge Augustinermönch Martin Luther war Anfang des 16. Jahrhunderts in Rom, Historiker sind sich über das genau Datum und auch die Motive der Reise noch nicht einig.

(rv)

Kardinal Tauran: Iran braucht Religionsfreiheit

Kardinal TauranDer Iran muss „eine freie Religionsausübung“ gewährleisten. Dazu fordert der Vatikan-Beauftragte für den interreligiösen Dialog, Kardinal Jean-Louis Tauran. Auch müsse im Iran „Fairness gegenüber Andersgläubigen“ gelten. Angehörige religiöser Minderheiten sollten sich ohne Angst vor „negativen Reaktionen“ offen äußern können, so Kardinal Tauran auf einer Konferenz am Dienstag in Teheran. Christen und Muslime müssten „glaubwürdige“ Partner im Dialog sein. Weiter rief er dazu auf, dass in Schulbüchern Glaubensgemeinschaften und ihre Anhänger „objektiv und respektvoll“ dargestellt werden. Kardinal Tauran äußerte sich bei einem Kolloquium des Iranischen Zentrums für Interreligiösen Dialog und des Päpstlichen Rats für Interreligiösen Dialog. Die am Dienstag eröffnete zweitägige Veranstaltung steht unter dem Thema „Christen und Muslime im konstruktiven Dialog zum Wohl der Gesellschaft“. (rv)

Islamfachmann: Koran-Rezitation bei Friedensgebeten ist legitim

KoranEine Begebenheit am Rand der Gebete um Frieden in den Vatikanischen Gärten mit den Präsidenten Israels und Palästinas sorgt im Nachhinein für Unruhe. Am Pfingstsonntag waren die beiden Spitzenpolitiker der miteinander verfeindeten Nachbarstaaten der Einladung von Papst Franziskus gefolgt; nacheinander erhoben sich Fürbittgebete, zunächst das jüdische, dann das christliche, schließlich das muslimische. Aus der islamischen Delegation rezitierte dann ein Imam – über das Programm hinausgehend – auf Arabisch die letzten drei Verse aus der zweiten Sure des Koran. Hier die letzten Sätze in einer Übertragung ins Deutsche: „Verzeih uns (Allah), vergib uns und erbarm dich unser! Du bist unser Schutzherr. Hilf uns gegen das Volk der Ungläubigen!“

Diesen letzten Vers nun haben einige Beobachter als Angriff auf die beiden anderen Religionen gesehen, als „Unverschämtheit auf christlichem Boden“. Wie ist diese Stelle zu verstehen? Das fragte Gudrun Sailer den Islamwissenschaftler Pater Felix Körner, einen Jesuiten, der an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom lehrt.

„Ein Muslim versteht den Koran immer so, wie die ersten Hörer des Korans ihn vernommen haben. Und das heißt in dem Fall: Wir müssen uns hineinversetzen in die Frühzeit des Islam, hier sind wir vielleicht noch in Mekka oder in den ersten Jahren in Medina; der Islam ist eine kleine Gruppe, die sich noch zu Recht verfolgt sieht von Polytheisten, heidnischen Gruppen, welche Mohammed und seine Anhänger loswerden wollen. Ungläubig heißt in diesem Fall Menschen, die den einen Gott nicht anerkennen. Wenn also in dieser Koranstelle von den Ungläubigen die Rede ist, gegen die wir um Gottes Hilfe bitten, dann sind hier ganz klar nicht die Juden und auch nicht die Christen gemeint, die natürlich die Einheit Gottes anerkennen!“

„Hilf uns gegen das Volk der Ungläubigen!“ Wenn wir diese Koranstelle aus unserer heutigen Perspektive als Christen – oder Juden – im Rahmen eines Treffens hören, bei dem es um Frieden geht, dann liegt es in unserem Kulturkreis nahe, das zu verstehen als Aufruf, andere zu missionieren oder gar zu besiegen. Ist das ein Missverständnis von unserer Seite?

„Dieser Vers, vielleicht spontan ausgesucht von jemandem, der dann auch auswendig den Koran vortrug, passte eigentlich sehr gut in den Gesamtzusammenhang des Friedensgebetes! Es gab immer drei Schritte bei den drei Religionen. Wir erkennen den Schöpfer an und preisen ihn, wir erkennen unsere Schuld an und bekennen sie, und wir bitten um das Geschenk des Friedens. Und all das kommt in diesen drei Koran-Versen sehr schön vor. Dir, Gott, gehört alles. Wir bereuen unsere Schuld und bitten um Vergebung. Und wir brauchen deine Hilfe, damit Frieden und Gerechtigkeit entstehen können. Das ist der Inhalt dieser drei Verse, und deshalb war das eine ganz nachvollziehbare Auswahl – vielleicht spontan getroffen, aber jedenfalls gut gewählt.“

Nun waren ja alle Elemente der Friedensgebete und der Ansprachen vorab zwischen den drei Seiten abgesprochen. Dieser eine Passus des Imam hingegen nicht, das war spontan. Denken Sie, die Rezitation wäre von der jüdischen und der christlichen Seiten gutgeheißen worden, hätte man sie vorher abgesprochen?

„Ich habe in der Gregoriana einmal eine für mich aufschlussreiche Szene erlebt. Ich hatte einen Koranexegeten, einen ganz vernünftigen, besonnenen, gemäßigten Menschen gebeten, einen Vortrag über den Koran zu halten, und er fragte mich, ob er die Koranverse, über die er spricht, auch rezitieren, nämlich melodisch vortragen also kantilieren dürfe. Ich sagte zu und merkte dann, dass im Publikum eine gewisse Unruhe entstand: Wenn der Koran auch in seiner ästhetischen Schönheit auf Arabisch vorgetragen wird, bevor er übersetzt wird, kann das bei Christen, aber genauso bei Muslimen eine gewisse Bewegtheit bis hin zur Unruhe auslösen. Es könnte also sein, dass das Problem, das man in Vorbesprechungen anmelden kann, gerade das ist, dass der Koran kantiliert, melodisch vorgetragen wird. Das hat einen besonderen Reiz, kann aber auch eben zu einer religiösen Intensität führen, die vielleicht manche Leute in einem solchen Gebetstreffen für nicht gerechtfertigt oder am Platze halten.

Wir haben uns aber klarzumachen: In den Vatikanischen Gärten kamen die Religionen nicht zusammen, um zusammen zu beten, sondern jeder hat in der eigenen Weise Gebetstexte vorgetragen. Die anderen blieben meditierend, still, hörend, aufmerksam dabei, aber sprachen nicht Gebete, die die anderen mitsprechen sollten. Insofern ist auch eine Koranrezitation bei einem solchen Treffen durchaus legitim, nachvollziehbar, verständlich und anzuerkennen!“

„Ein Koranvers, der Hochschätzung ausdrücken will“

Was unterscheidet uns Christen von Muslimen und Juden beim Gebet? Was für unterschiedliche Auffassungen vom Gebet haben wir?

„Wenn Muslime beten, vertrauen sie sich Gott an, weil er allmächtig ist. Wenn Juden beten – so könnte man es zusammenfassen -, vertrauen sie sich Gott an, weil er ihr Volk erwählt hat. Wenn wir Christen beten, dann vertrauen wir uns dem Vater an, weil er sich uns in Christus geschenkt hat. Da ist schon eine unterschiedliche Akzentuierung. Wir können aber das jeweils Andere verstehen und auch als Kontrast schätzen.“

Etwas von dem, was im Zusammenhang mit den Friedensgebeten in den Vatikanischen Gärten jetzt debattiert wird, erinnert frappierend an die Folgen der sogenannten Regensburger Rede von Papst Benedikt XVI. im September 2006. Wir erinnern uns: Der Papst brachte ein islamkritisches Zitat, das er sich inhaltlich nicht zu eigen machte und ausdrücklich als Zitat auswies. Dennoch hat es Muslime bestürzt und wütend gemacht. Sehen Sie diese Parallele auch?

„Es gibt eine gewisse Parallele insofern, als ein aus dem Zusammenhang herausgerissenes Zitat besonders leicht missverständlich ist. Und wenn man nur die Rede von den Ungläubigen herausnimmt, kann man sich leicht daran aufhängen und sagen, hier hat ein Übergriff stattgefunden. Andererseits haben wir hier eine Koranrezitation gehört von jemandem, der nicht nur zitiert, sondern rezitiert, der also sagt: Das, was ich hier vortrage, glaube ich auch. Und im selben Atemzug sagt er auch: Wir Muslime erkennen, so sagt es uns nämlich der Koran, die anderen Religionen mit ihren Prophetien an. Da war also von muslimischer Seite keineswegs die Abwertung oder Ausgrenzung gemeint oder ausgedrückt worden, sondern gesagt worden: Wir bringen hier eine religiöse Vorstellung, die euch aufgreift, aufnimmt und natürlich in gewisser koranischer Weise noch einmal richtigzustellen versucht. Aber hier war jetzt nichts Exklusives oder Zurückweisendes gemeint, sondern hier wird ein Koranvers zu Gehör gebracht, der Hochschätzung ausdrücken will und deshalb auch so aufgenommen werden kann.“

Gibt es denn umgekehrt in den Gebeten, die zu dem Anlass von jüdischer und christlicher Seite zu hören waren, Elemente, die eventuell für die beiden anderen missverständlich sein könnten?

Inspiration für ein neues Denken

„Man kann natürlich immer mit einem schiefen Ohr hören, übrigens ein Ausdruck von Goethe; also, wer mit schiefem Ohr hört, kann alles schräg verstehen. Zum Beispiel: Wir Christen beten immer im Namen Jesu, wir beten durch Christus unseren Herrn, und auch im Garten vor dem Hintergrund des Petersdoms haben wir natürlich durch Christus unsern Herrn gebetet. Jetzt kann ein Jude, jetzt kann ein Muslim – aber diese Kritik kam nicht – sagen: Wie könnt ihr hier etwas so spezifisch Christliches sagen, was wir doch von unseren Theologien her gar nicht nachvollziehen können? Nein: Wir beten so, und in einem Friedensgebet, wo man den anderen hochschätzt, schätzt man auch seine Andersheit hoch und seine Weise, zu glauben, zu beten und sich vor Gott und in Gott zu positionieren.

Wir haben auch aus dem Mund eines Rabbiners den Psalm 25 gehört. Darin heißt es, viele Christen kennen das ja auch auswendig: Lass meine Feinde nicht über mich triumphieren. Das ist ein ganz ähnlicher Vers wie der jetzt als so schwierig inkriminierte Koranvers. Wir Christen beten die Psalmen als die Gebete Jesu und ordnen sie deshalb von vornherein richtig ein. Wir wissen, dass wir von Gott Schutz brauchen und dass das Freund-Feind-Denken nicht weiter hilft, dürfen aber selbst solche Gefühle im Beten ausdrücken, damit Gott uns wandelt. Und deswegen haben wir hier kein Missverständnis, aber wenn man schräg hört, hört man etwas Missverständliches.“

Papst Franziskus hatte die beiden Präsidenten und den Patriarchen ursprünglich „in sein Haus“ zu diesem Gebetstreffen eingeladen – aber dann fand es stattdessen in den Vatikanischen Gärten statt. Warum?

„Das war sehr schön entschieden. Zum einen war es ein so schöner Frühsommerabend, wo die Vögel gerade noch ihre letzten Lieder zwitscherten. Es hatte so etwas Anregendes von Gottes Schöpfung, die ja in den Gebeten auch gepriesen wurde. Sinnvoll und schön war es auch deshalb, weil es hieß: Ihr sollt hier bei mir zusammenkommen dürfen, ohne dass wir uns jetzt unter unserem Glaubenszeichen versammeln, unter dem Kreuz, oder – das wäre noch unpassender gewesen – wir nehmen jetzt das Kreuz von der Wand, damit hier kein Ärgernis entsteht. Die Peterskuppel war im Hintergrund sehr schön zu sehen, aber die waren nicht in einem Raum versammelt, sondern unter freiem Himmel. Und dieses Versammeln unter freiem Himmel hatte noch eine sehr schöne weitere Dimension, auf die Papst Franziskus am Ende hinwies. Er sagte, die Spirale von Hass und Gewalt können wir nur mit einem Wort durchbrechen, und dieses Wort heißt Bruder. Dich als Bruder anerkennen kann ich aber nur, wenn ich zum Himmel schaue und unseren gemeinsamen Vater anerkenne.“

Inwiefern kann dieses Treffen zum Gebet um Frieden, das in dieser Form etwas unerhört Neues war, wirklich etwas bewirken? Was war richtig gut und neu daran?

„Man konnte sich so wunderbar an diesem Gebet klar machen, was Gebet überhaupt ist. Ich möchte das Inspiration nennen. Inspiration erst einmal auf einer horizontal-weltlichen Ebene. Jemand kommt da ins Schweigen, ins Zuhören, lässt sich von den Texten, auch den Klängen des anderen beschenken und empfängt so Inspiration für ein neues Denken. Aber Inspiration natürlich auch in einem wörtlicheren und geistlichen Sinn gemeint: Ich gestehe ein und habe es in den letzten Jahren gemerkt, ohne Dich, ohne Deinen Geist, Gott, kann ich keinen Frieden schaffen. Ich kann überhaupt nur zum Friedensstifter werden in Deiner Kraft, in Deinem Spiritus, und deswegen ist Inspiration Gebet in dem Sinn, als ich mich dort öffne für Deinen Geist, mit dessen Kraft ich Dich, Gott, als Vater anerkennen kann – und den Mut habe, dich nicht mehr als Feind anzuerkennen, du Mitmensch, sondern als Bruder, mit dem ich zusammen eine neue Welt schaffe.“ (rv)

Fokus: Christenverfolgung „im Namen Allahs“?

Sie ist elf, behindert und soll Gott gelästert haben: In Pakistan ist in der vergangenen Woche ein Mädchen mit Down-Syndrom verhaftet worden, weil sie Seiten eines Koran-Lesebuches verbrannt haben soll. Blasphemie, so der Vorwurf gegen das Kind, das nun einem Richter vorgeführt werden soll. Die Verfolgung von Christen in muslimischen Ländern hat sich dramatisch entwickelt, sagt die Aachener Islamwissenschaftlerin Rita Breuer: Gewaltsame Übergriffe gegen Gläubige, Kirchen, christliche Symbole, Wohnhäuser und Geschäfte von Christen in Pakistan, Saudi-Arabien, Afghanistan, Iran, Nigeria und auf den Malediven stellten aber nur die Spitze des Eisbergs dar, betont die Autorin des Buches „Im Namen Allahs? Christenverfolgung im Islam?" im Interview mit dem Domradio Köln. Denn daneben gebe es viele rechtliche und politische Benachteiligungen von Christen. Breuer:

„Überall da, wo der Islam einfach als Staatsreligion eine privilegierte Stellung hat und auch das Rechtssystem weitgehend prägt, kommt es automatisch dazu, dass andere Religionsgemeinschaften – so auch die Christen – weniger privilegiert sind. Das heißt, sie dürfen bestimmte Staatsämter nicht ausüben, sie dürfen nicht Richter werden, sie dürfen manchmal bestimmte Berufe nicht ergreifen."

Das ist zum Beispiel in Ägypten der Fall, wo Verwaltung und Regierung nahezu vollständig „christenfrei" sind. In Indonesien haben Christen zum Beispiel immer wieder Probleme mit Proselytismus-Vorwürfen und beim Bau von Kirchen.

„Was die Religionsausübung angeht: Die soll eigentlich geschützt sein, aber es ist in der Tat so, dass es da gerade wenn es um den Bau von Kirchen geht, um den Unterhalt christlicher Gebäude, viele behördliche Schikanen gibt. Dass man den Christen immer wieder unterstellt, sie wollten missionieren, sie wollten die Muslime von ihrer Religion abbringen. Also, auch die Religionsausübung wird sehr eingeschränkt. Ganz besonders gilt das in der Tat für jede Form von Mission, und damit ist auch eine besonders schwierige Situation der Konvertiten vom Islam zum Christentum verbunden."

In Saudi-Arabien sei die Lage der Christen immer noch am schlimmsten.

„Das trägt geradezu phobische Züge dort, die Angst vor dem Christentum! Da ist wirklich jede nichtislamische Religionsausübung verboten. Man darf noch nicht einmal ein Kreuz an der Kette haben, keine Bibel zum persönlichen Gebrauch mit sich führen. Es ist auch jede pastorale Versorgung der vielen christlichen Gastarbeiter im Land völlig unmöglich, etwa von den Philippinen. Das ist das Schlimmste, was die Bandbreite zu bieten hat."

Freilich gebe es auch liberale Muslime, die Christen schätzten und schützten, so Breuer. Allerdings werde es in der „momentanen Phase, in der der politische Islam sehr erstarkt, einflussreich wird und auch international unterstützt wird", zunehmend schwer, sich Gehör zu verschaffen. Positives Beispiel für ein tolerantes, muslimisches Land sei das afrikanische Gambia.

„Das ist das einzige Land mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung, in dem es überhaupt keine religiöse Diskriminierung gibt. Das liegt einfach an dem säkularen Staatswesen. Dort gibt es keine Staatsreligion. Insofern sind alle Religionsgemeinschaften de jure, aber auch de facto gleichberechtigt. Es gibt natürlich andere Länder, wo entweder einfach ein liberalerer Islam gelebt wird oder auch die Herrscher jeweils die Christen als Allianzpartner gegen den Islamismus ansehen. Das ist zum Beispiel in Jordanien der Fall, das ist in Marokko der Fall, das war bzw. ist in Syrien der Fall, da weiß man momentan nicht, wie sich die Dinge entwickeln."

Verfolgung „im Namen Allahs" – so rechtfertigen extremistische Muslime oft die Verfolgung Andersgläubiger. Doch gibt es Hinweise im Koran, die eine Andersbehandlung anderer Religionen rechtfertigen würden? Dazu meint Breuer:

„Der Koran bezeichnet die Christen als Leute des Buches, als Empfänger einer göttlichen Offenbarung, die grundsätzlich zu achten sind, die aber den Muslimen moralisch-theologisch unterlegen sind . Der Islam ist die letzte und beste Religion, so sagt es der Koran. Damit ist letztlich auch gegeben, dass die Christen in islamischen Staaten untergeordnete Positionen einnehmen und die Muslime letztlich das Sagen haben. Insofern gibt es schon eine koranische Grundlegung für die Ungleichbehandlung – nicht für die Verfolgung, die wir jetzt vielerorts sehen, und für die gewaltsamen Übergriffe."

Extremisten gäben sich hier die Losung: „Christen sind Ungläubige, und Ungläubige müssen bekämpft werden", so Breuer. Auf der anderen Seite setzten sich aber viele liberale Muslime für eine Anpassung des Islams ein, fügt die Expertin an. Sie wollten den Koran „ins 21. Jahrhundert übersetzen" und Christen als „ebenbürtig und gleichberechtigt" behandeln. (rv)

Vatikan: Bisher keine Reaktion der Piusbruderschaft

Selbst wenn es bereits eine Antwort der Piusbruderschaft St. Pius X. geben würde: Die vatikanische Kommission „Ecclesia Dei" hat im Augenblick Ferien. Daran erinnert Vatikansprecher Federico Lombardi am Freitag auf Anfragen von Journalisten. Der Heilige Stuhl hatte am 13. Juni ein definitives Angebot an die Lefebvrianer eingereicht, das die gemeinsamen Verhandlungen abschließen sollte. Die Abteilung „Ecclesia Dei" der Glaubenskongregation, die sich um den Dialog mit den Traditionalisten um Bischof Bernard Fellay kümmert, hatte bisher jedoch vergeblich auf Reaktionen gewartet. Der Vatikan fordert von den Piusbrüdern, einer „Lehrmäßigen Präambel" zuzustimmen, die die Anerkennung des Zweiten Vatikanischen Konzils beinhaltet. (rv)

Vatikan/Italien: Tagung „Kultur der Rechtschaffenheit und multireligiöse Gesellschaft“

Im Zeichen der Mafia steht die nächste Gesprächsrunde des Vatikan mit Atheisten und Bekenntnislosen. Die Tagung soll in Palermo auf Sizilien stattfinden und trägt den Titel „Kultur der Rechtschaffenheit und multireligiöse Gesellschaft". Dies kündigte der Präsident des päpstlichen Kulturrates, Kardinal Gianfranco Ravasi, am Wochenende in einem Interview mit Radio Vatikan an. Die Wahl des Ortes zeige den Willen der katholischen Kirche, ihre Bemühungen gegen illegales Verhalten und „jedwede Degeneration des Rechts" wieder zu beleben, so Ravasi. Die religiöse und moralische Ebene sei im Kampf gegen die Mafia von großer Bedeutung, betonte der Kardinal. Die Tagung ist für den 29. bis 30. März vorgesehen. Veranstalter ist der am Kulturrat angesiedelte „Vorhof der Völker". Diese Einrichtung wurde im vergangenen Jahr speziell für den Dialog zwischen Glaubenden und Nichtglaubenden ins Leben gerufen. Ähnliche Veranstaltungen der im März 2011 in Paris gegründeten vatikanischen Initiative fanden bislang in Bukarest, Rom und Tirana statt. (rv)