Papst: „Durchbruch beim Dialog mit Orthodoxen erreicht“

Es geht vorwärts in den ökumenischen Beziehungen zwischen Katholiken und Orthodoxen. Daran erinnerte der Papst an diesem Montag im Vatikan. Er bezog sich dabei auf die aktuelle Diskussion in der gemeinsamen internationalen Theologenkommission über die Rolle des Bischofs von Rom im ersten Jahrtausend. Der Papst empfing eine hohe orthodoxe Delegation. Anlass für den Besuch der Abgeordneten vom Sitz des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. ist das römische Patronatsfest Peter und Paul, das an diesem Dienstag begangen wird. Den Besuchern aus dem Orient sagte Benedikt XVI.:
 „Es gibt die begründete Hoffnung, dass der Dialog der Kirchen des Westens und des Ostens weiter bedeutende Fortschritte macht. Es ist ermutigend, dass auch das Ehrenoberhaupt der Orthodoxie, Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel, hinter den theologischen Beratungen steht. Schon jetzt ist das Verhältnis der beiden christlichen Traditionen von gegenseitigem Vertrauen, Wertschätzung und Brüderlichkeit geprägt."
Die ökumenische Zusammenarbeit werde auch eine große Rolle bei der kommenden Nahostsynode im Vatikan spielen. Zur Begründung sagte der Papst, die Schwierigkeiten, mit denen die christlichen Minderheiten in der Region lebten, seien weithin allen Konfessionen gemeinsam.
„Der Dialog zwischen Katholiken und Orthodoxen ist an einem entscheidenden Punkt angelangt. … Die Schwierigkeiten, mit denen sich die Christen im Nahen Osten auseinandersetzen müssen, sind bei allen Gläubigen in jener Region insofern gleich, weil es darum geht, als Minderheit zu überleben und für den Glauben Zeugnis abzulegen. Deshalb ist auch ein Dialog mit Muslimen und Juden notwendig."
Die katholischen Bischöfe sowie orthodoxe Vertreter aus Ländern des Nahen und Mittleren Ostens kommen vom 10. bis 24. Oktober in Rom zu Beratungen zusammen.
Das Patronatsfest Peter und Paul zählt zu den ältesten liturgischen Festen und wird auch in den orthodoxen Kirchen begangen. Zu der orthodoxen Gesandtschaft zählen Metropolit Gennadios, der sowohl in der gemeinsamen Theologenkommission, als auch im Weltkirchenrat in Genf mitarbeitet, und Bischof Bartholomaios Kessidis als Assistent der orthodoxen Metropolie in Deutschland. (rv)

Bartholomaios in Moskau: Die Orthodoxen rücken zusammen

Ein Quantensprung für die orthodoxen Kirchen: Konstantinopel und Moskau, also sozusagen das zweite und das dritte Rom, gehen aufeinander zu. Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel war in den letzten Tagen in Moskau. Das könnte der Anfang von umwälzenden Entwicklungen in den orthodoxen Kirchen sein. Eine Einschätzung von Thomas Bremer, Ökumene-Experte aus Münster im Gespräch mit Stefan Kempis.
„Die Beziehungen zwischen dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel und der russischen orthodoxen Kirche sind in den letzten Jahren einigermaßen belastet gewesen; das hängt zusammen mit strittigen Fragen um die Zuerkennung von Autokephalie, also von Selbständigkeit. Die kirchliche Situation in der Ukraine ist davon besonders betroffen und auch einige andere Fragen… Insofern ist es nach einem Treffen des Ökumenischen Patriarchen mit dem verstorbenen Patriarchen Alexei und einem ersten Besuch des neuen russischen Patriarchen Kyrill in Konstantinopel jetzt ein Zeichen für eine langsame Verbesserung der Beziehungen, dass Patriarch Bartholomaios Moskau und Russland besucht. Und es ist auch interessant, dass er relativ lange bleibt: Es ist ein Besuch von einer Woche gewesen."
Was steckt denn hinter dieser Verbesserung? Warum kommt die jetzt?
„Das ist natürlich von außen schwer zu sagen – aber es hängt wie oft in solchen Fällen sicher auch mit den konkreten Personen zusammen. Und vielleicht auch mit der Einsicht, dass die Kirche, die kanonisch an erster Stelle steht (nämlich die von Konstantinopel), und die Kirche, die mit Abstand die größte orthodoxe Kirche ist (nämlich die russische orthodoxe Kirche) nicht auf die Dauer in einem Spannungszustand sein können. Beide Seiten verstehen, dass sie die Beziehungen verbessern müssen."
Bedeutet denn das engere Zusammenrücken von Moskau und Konstantinopel jetzt auch etwas Gutes für den Dialog der orthodoxen mit der katholischen Kirche?
„Das würde ich nicht so direkt in Zusammenhang bringen. Die Orthodoxie bemüht sich trotz der Spannungen, die es in Ravenna gegeben hat, im Prinzip darum, immer gegenüber der katholischen Kirche (wie auch gegenüber anderen Kirchen) als die Orthodoxie und als die orthodoxe Kirche – also im Singular – aufzutreten. Die Spannungen, von denen ich gerade gesprochen habe und von denen man weiß, dass es sie gibt, sind innerorthodoxe Spannungen. Die katholische Kirche war bisher immer gut beraten (das hat sie ja zum Glück so gemacht), nicht zu versuchen, diese Spannungen irgendwie für eigene Zwecke auszunutzen. Kardinal Kasper hat zum Beispiel sehr deutlich erklärt, dass das Problem, das damals in Ravenna zwischen der russischen Delegation und der Delegation aus Konstantinopel aufgetreten ist, ein Problem sei, das die Orthodoxie in sich lösen muss – und nicht etwas, wozu die katholische Kirche etwas beitragen kann."
Letzte Frage: Ist jetzt der Weg frei für ein erstes orthodoxes Großkonzil (oder eine Großsynode) seit etwa tausend Jahren?
„Das so genannte Pan-orthodoxe Konzil wird seit ca. fünfzig Jahren vorbereitet. Nach einer langen Phase der Stagnation hat dieser Prozess in den letzten Jahren einen gewissen Fortschritt gemacht, und es ist sicher so: Wenn der Besuch erfolgreich verläuft und wenn man diese Dinge besprochen hat, dann ist das ein weiterer Schritt auf dem Weg zu dieser Pan-orthodoxen Synode, diesem Pan-orthodoxen Konzil." (rv)

P. Jaeger: „Beziehungen zu Orthodoxen auf Zypern sind gut!“

 

Wenige Tage vor Beginn des Papstbesuches auf Zypern kommen auf einmal Störsignale aus der orthodoxen Kirche auf der Insel. Der orthodoxe Bischof der zweitgrößten Stadt der Insel, Limassol, will Benedikt boykottieren: Wer immer in dogmatischen Fragen von der orthodoxen Lehre abweiche, der sei als Häretiker anzusehen, so Metropolit Georgios von Paphos. Heißt das, es stimmt etwas nicht in den Beziehungen zwischen Katholiken und Orthodoxen auf Zypern?
Nein, im Gegenteil – die Kontakte und der Umgangston sind exzellent. Das sagt Pater David Jaeger von der Kustodie des Heiligen Landes, die auch für die katholische Kirche auf Zypern zuständig ist.
„Die Beziehungen zwischen Katholiken und der orthodoxen Kirche auf Zypern sind gut – es gibt keine besonderen Spannungen, soweit das Gedächtnis zurückreicht. Was die Kirche im ganzen Nahen Osten betrifft, über Zypern hinaus, da war der Umgang zwischen dem niederen orthodoxen Klerus bzw. den orthodoxen Gläubigen und den Katholiken immer freundlich. Es hat im Nahen Osten nie diese Bitternis der gewollten Spaltung gegeben, die wir seit dem späten 15. Jahrhundert im europäischen Teil der Orthodoxie erlebt haben."
Die Bitterkeit hatte viel damit zu tun, dass Orthodoxe dem Westen vorwarfen, er habe nicht genug getan, um den Fall von Konstantinopel-Byzanz zu verhindern. Dieser Fall ereignete sich nur wenige Jahre nach einer Beinahe-Wiederversöhnung mit Rom; er traf eine orthodoxe Kirche, die vom Bosporus aus viele Missionserfolge vorweisen konnte. Konstantinopel, das war der letzte Dominostein, der kippte; vorher waren schon die alten orthodoxen Patriarchate Alexandrien, Antiochien und Jerusalem unter islamische Herrschaft geraten.
„Die Ostkirchen des Nahen Ostens haben sich zum Beispiell am Unionskonzil von Florenz 1439 beteiligt – sie haben die Union sogar unterschrieben. Sie haben die Union dann auch nie willentlich verlassen; stattdessen war es die veränderte Lage nach der türkischen Eroberung von Konstantinopel 1453, die zur Auflösung der Kirchenunion führte. Es gibt also im Nahen Osten da keine Überreste von Ressentiment gegenüber der katholischen Kirche – anders als das in Kleinasien oder in Griechenland gewesen sein mag, wenn man an die Geschehnisse in Konstantinopel 1204 dachte oder an das Versagen der Fürsten – nicht des Papstes! – im katholischen Europa, die dem belagerten Konstantinopel nicht zur Hilfe kamen."
Die „Geschehnisse von 1204" – das meint die Erstürmung und Plünderung von Konstantinopel durch katholische Ritter auf dem irregeleiteten Vierten Kreuzzug. Von dieser Schwächung hat sich die alte Kaiser- und Patriarchenstadt bis zu ihrer Eroberung durch die Türken nicht mehr richtig erholt. Doch wie Jaeger sagt: Orthodoxe in Nahost oder auf Zypern haben in dieser Hinsicht nie anti-katholische Ressentiments gehegt.
„Also – die Beziehungen sind gut, und wir haben allen Grund zu denken, dass der Besuch des Heiligen Vaters auf Zypern sie vertiefen und stärken wird!"
Zumindest die Beziehungen zur orthoxen Kirchenspitze: Denn natürlich denkt Erzbischof Chrysostomos II. überhaupt nicht an einen Boykott der Visite. Er soll den „Abtrünnigen" bereits aufgefordert haben, seine Haltung zu korrigieren, weil ihm sonst sogar der Ausschluss aus der Bischofssynode drohe. Die Gegner der Ökumene gelten auf Zypern als kleine, aber scharfe Minderheit. Vor allem Mönche vom griechischen Berg Athos führten zuletzt Proteste gegen eine katholisch-orthodoxe Annäherung an. Dort, auf dem Athos, erhielt auch der jetzige Bischof von Limassol seine Ausbildung… (rv)