Trotz Abkommens mit Vatikan: China zerstört zwei marianische Heiligtümer

PEKING – Trotz des Abkommens mit dem Vatikan treibt die Regierung Chinas die „Sinisierung“ der Kirche im Land gezielt voran: Arbeiter und Behörden haben diese Woche zwei weitere Marienheiligtümer abgerissen.

Berichten von „AsiaNews“ zufolge zerstörten Regierungsbeamte die Marienheiligtümer Unserer Lieben Frau der sieben Leiden in Dongergou (Shanxi) und Unserer Lieben Frau der Glückseligkeit, auch bekannt als Unsere Liebe Frau vom Berg, in Anlong (Guizhou).

Die Schreine waren Pilgerstätten sowohl für die offizielle, gleichgeschaltete „patriotische chinesisch-katholische“ Kirche als auch für die im Untergrund überlebende katholische Kirche in China.

Videos, die von Einheimischen aufgenommen und diese Woche auf „AsiaNews“ veröffentlicht wurden, zeigen Behörden, wie sie mit Kränen Statuen von den beiden Marienschreinen entfernen; in einem anderen Video sind Presslufthämmer zu hören, die den Schrein der Jungfrau der Glückseligkeit zerstören.

Die Abrisse sind die jüngsten einer Reihe von Aktionen gegen religiöse Stätten, die im Laufe des Jahres 2018 fortgesetzt wurden.

Die Behörden behaupten, dass der Schrein in Anlong zerstört wurde, weil ihm die notwendigen Baugenehmigungen fehlten. Lokale Katholiken erzählten „AsiaNews“, dass sie glauben, dass die Zerstörungen Teil der sogenannten „Sinisierung“ der Kommunistischen Partei seien, um die katholische Kirche stärker mit dem Verständnis der Regierung für die chinesische Kultur, Gesellschaft und Politik in Einklang zu bringen.

Im vergangenen Monat teilte der Heilige Stuhl mit, dass Papst Franziskus ein Abkommen mit der chinesischen Regierung unterzeichnet habe, um die Situation der chinesischen Katholiken zu normalisieren.

Bis dato ist die Kirche in der – offiziell atheistischen – Volksrepublik gespalten zwischen der „Untergrundkirche“, die loyal zu Rom stand, sowie der staatlichen „Chinesischen Patriotischen Katholischen Vereinigung“, die der Regierung und nicht dem Vatikan gegenüber loyal ist.

Durch das Abkommen – für das Papst Franziskus betonte, persönlich die Verantwortung zu übernehmen – sollen beide Teile vereint werden.

Doch der Deal, den Rom als „pastoral, nicht politisch“ bezeichnet hat, wurde von Menschenrechtsgruppen und einigen Kirchenführern, darunter Kardinal Joseph Zen, scharf kritisiert. Sie sehen darin unter anderem einen Ausverkauf der seit Jahrzehnten verfolgten, romtreuen Katholiken an die Kommunistische Regierung.

Im Zuge des als „vorläufig“ bezeichneten Abkommens hat Papst Franziskus die sieben bislang exkommunizierten Bischöfe anerkennen lassen, die von der chinesischen Regierung ernannt wurden.

Während die genauen Inhalte des Abkommens unbekannt sind, gab der Vatikan im September bekannt, dass Franziskus die Exkommunikation von sieben illegal geweihten Bischöfen nach der Unterzeichnung eines vorläufigen Abkommens mit der chinesischen Regierung aufgehoben habe.

Gemäß den Bedingungen der Vereinbarung wird die Regierung Pekings offenbar Kandidaten für das Amt des Bischofs vorschlagen; der Papst kann dann die endgültige Genehmigung erteilen – und eventuell wohl auch ablehnen.

Unklar ist jedoch, ob und wie der Vatikan letztlich wirklich neue Bischöfe ernennt oder eine Auswahl staatlicher Kandidaten nur noch vorgesetzt bekommt, und wie es mit den Katholiken im Untergrund weitergeht.

Dass diese zumindest weiter leiden müssen, räumte Franziskus auf seinem Rückflug aus dem Baltikum gegenüber Journalisten ein, wie CNA Deutsch berichtete.

Zwei von der kommunistischen Regierung ernannte Bischöfe nahmen an der Jugendsynode in Rom teil. Einer von ihnen, Bischof Joseph Guo Jincai, wurde zum Zeitpunkt seiner Ernennung im Jahr 2010 von Rom exkommuniziert. Nun wurde er von Papst Franziskus zur Synode persönlich begrüßt.

Im Dezember wurde eine katholische Kirche in der Provinz Shaanxi vollständig zerstört, obwohl sie laut „AsiaNews“ zuvor die notwendigen rechtlichen Genehmigungen vom Büro für religiöse Angelegenheiten erhalten hatte.

Ende Februar haben die lokalen Regierungsbehörden die Kreuze, Statuen und Glockentürme gewaltsam aus einer katholischen Kirche entfernt, so ein Bericht der „Union of Catholic Asian News“.

Im Mai berichtete die Menschenrechtsorganisation China Aid, dass eine christliche Kirche in der chinesischen Provinz Henan „vollständig zerstört“ worden sei, und 40 Gemeindemitglieder, die versuchten, die Zerstörung zu stoppen, wurden festgenommen. CNA Deutsch berichtete.

Anfang Juni wurde der Kreuzweg im Heiligtum Unserer Lieben Frau vom Berg Karmel in der chinesischen Provinz Henan, einem beliebten Wallfahrtsort für viele Katholiken, von den lokalen Regierungsbehörden ohne Angabe von Gründen abgerissen. CNA Deutsche berichtete.

Im Juli haben Regierungsbeamte die katholische Kirche von Liangwang in der Provinz Shandong terrorisiert, obwohl der Standort kürzlich eine Regierungsgenehmigung für den legalen Betrieb als Kirche erhalten hat.

Seitdem der „Präsident auf Lebenszeit“ der Volksrepublik, Xi Jinping, im Frühjahr 2018 die Aufsicht über die katholische Kirche im Land direkt der Kommunistischen Partei unterstellte, haben sich die Repressalien weiter verschärft.

Im Februar traten neue Vorschriften zur Religionsausübung in Kraft, darunter ein Verbot für Kinder und Jugendliche, Kirchen auch nur zu betreten.

Im September hat die chinesische Regierung die Evangelisierung – die Verbreitung christlicher Inhalte – weiter eingeschränkt. In China ist es verboten, Gebete, Katechesen oder Predigten online zu veröffentlichen oder in den Sozialen Medien zu teilen. CNA Deutsch berichtete.

Während Kardinal Zen in seinem Artikel diese Woche die Verletzungen der Religionsfreiheit verurteilte, warnte er den Klerus der Untergrund-Kirche davor, eine „Revolution“ zu starten.

„Den Bischöfen und Priestern im Untergrund kann ich nur das sagen: Bitte, zettelt keine Revolution an. Sienehmen euch eure Kirchen? Ihr könnt nicht mehr zelebrieren? Geht in die Häuser und betet mit euren Familien. Wartet auf bessere Zeiten. Kehrt zurück in die Katakomben. Der Kommunismus währt nicht ewig“.

(CNA Deutsch)

China: Kardinal Zen bittet treue Katholiken, in die Katakomben zurückzukehren

Das Abkommen zwischen Vatikan und Volksrepublik ist ein „Schritt hin zur Vernichtung der wahren Kirche in China“, warnt Hong Kongs Bischof emeritus.

VATIKANSTADT , 26 October, 2018 / 7:56 AM (CNA Deutsch).-

In einem dramatischen Kommentar in der „New York Times“ hat der emeritierte Bischof von Hongkong, Kardinal Joseph Zen, angesichts des umstrittenen Abkommens zwischen Vatikan und Volksrepublik die Katholiken Chinas aufgefordert, „in die Katakomben“ zurückzukehren.

Der chinesische Würdenträger wendet sich in seinem Artikel, der am 24. Oktober veröffentlicht wurde, direkt an die treuen Katholiken im Untergrund.

„Den Bischöfen und Priestern im Untergrund kann ich nur das sagen: Bitte, zettelt keine Revolution an. Sie nehmen euch eure Kirchen? Ihr könnt nicht mehr zelebrieren? Geht in die Häuser und betet mit euren Familien. Wartet auf bessere Zeiten. Kehrt zurück in die Katakomben. Der Kommunismus währt nicht ewig“.

Unter der Überschrift „Der Papst versteht China nicht“ schreibt der Kardinal, der auch in mehreren chinesischen Priesterseminaren unterrichtet hat, das „vorläufige“ Abkommen zwischen der kommunistischen Regierung und dem Vatikan sei „ein bedeutender Schritt hin zur Vernichtung der wahren Kirche in China.“

Im Gegensatz zu „Papst Franziskus, einem Argentinier, der scheinbar die Kommunisten nicht versteht“ würde er China kennen, schreibt Zen: Franziskus sei „sehr pastoral und kommt aus Südamerika, wo sich historisch gesehen die Militärregierungen und die Reichen verbünden, um die Armen zu unterdrücken. Und wer tauchte dort auf, um sie zu verteidigen? Die Kommunisten. Möglicherweise sogar einige Jesuiten“.

„Franziskus mag eine natürliche Sympathie für die Kommunisten haben, denn für ihn sind sie die Verfolgten. Er kennt sie nicht als die Verfolger, die sie werden, wenn sie einmal an der Macht sind, wie die Kommunisten in China.“

Der emeritierte Bischof von Hongkong erinnerte daran, dass „der Heilige Stuhl und Peking die Beziehungen in den 1950er Jahren abgebrochen hatten. Die Katholiken und andere Gläubige wurden verhaftet und in Arbeitslager geschickt. Ich kehrte 1974, während der Kulturrevolution, nach China zurück; und die Situation war schrecklich – jenseits jeglicher Vorstellung. Eine ganze Nation in Sklaverei. Wir vergessen diese Dinge zu schnell. Wir haben auch vergessen, dass man nie eine echte Übereinkunft mit einem totalitären Regime erreichen kann.“

„China hat sich seit den 1980er Jahren geöffnet, aber auch heute noch ist alles unter Kontrolle der Kommunistischen Partei Chinas. Die offizielle Kirche in China wird von der sogenannten Patriotischen Vereinigung und der Bischofskonferenz kontrolliert, die beide unter der Fuchtel der Partei stehen“.

Bischof Zen hob hervor, dass Kardinal Josef Tomko, der von 1985 bis 2002 Präfekt der Kongregation für die Evangelisierung der Völker war, „den Kommunismus verstanden hatte und weise war.“

Seiner Meinung nach änderten sich die Dinge, als Kardinal Tomko im Jahr 2002 in Ruhestand ging. Obwohl eine Sonderkommission für die Themen der Kirche in China eingerichtet wurde, der auch Kardinal Zen angehörte, verschlimmerten sich die Zustände.

Der Kardinal betonte, dass es mit Papst Benedikt XVI. neue Hoffnung gegeben habe.

Aber als dieser im Jahr 2007 seinen Brief an die Kirche Chinas herausbrachte, geschah etwas Unglaubliches. Die chinesische Übersetzung wurde mit Fehlern veröffentlicht, einschließlich einem, der sehr bedeutend war, und absichtlich zu sein schien.

Der Text verbreitete sich in der falschen Fassung, obwohl der Vatikan ihn korrigiert hatte, so Zen.

Das führte dazu, dass „einige Bischöfe den historischen Brief Benedikts als Ermutigung verstanden, der staatlich sanktionierten Kirche beizutreten“, während er im Gegenteil eine Kritik des Regimes war.

„Franziskus will nach China kommen. Alle Päpste wollten nach China, angefangen mit Johannes Paul II. Aber was brachte der Besuch Franziskus´ in Kuba im Jahr 2015 der Kirche? Was der kubanischen Bevölkerung? Fast nichts. Hat der die Gebrüder Castro bekehrt?“

Aufgrund der aktuellen Restriktionen der chinesischen Regierung gegen die Kirche „sagen mir Untergrund-Priester vom Festland, dass sie ihren Pfarreimitgliedern abraten, zur Messe zu kommen, damit sie nicht verhaftet werden“, so Zen.

„Vernichtung der wahren Kirche in China“

Hinsichtlich der Vereinbarung zur Ernennung von Bischöfen stellt der Kardinal die Frage:

„Aber was bringt es, das letzte Wort zu haben, wenn China schon vorher alle Wörter haben wird? In der Theorie kann der Papst die Ernennung eines jeden Bischofs verbieten, der ihm nicht würdig erscheint, aber wie viele Male wird er das in Realität tun können?“

Über die chinesischen Bischöfe, die an der Synode teilnehmen, sagte Kardinal Zen, dass beide „der chinesischen Regierung nahe stehen“ und „ihre Präsenz bei der Versammlung eine Beleidigung für die guten Bischöfe in China war.“

In der offiziellen Kirche, die vom Regime kontrolliert wird, gibt es derzeit „70 Bischöfe und in der Untergrund-Kirche circa 30. Die chinesischen Behörden sagen: Ihr erkennt unsere sieben (illegitimen) Bischöfe an und wir erkennen eure 30 an. Das hört sich wie ein guter Tausch an. Aber können diese 30 dann noch als Untergrund-Bischöfe wirken? Sicherlich nicht.“

„Sie werden gezwungen sein, der sogenannten Bischofskonferenz beizutreten. Sie werden gezwungen sein, sich den anderen in diesem Vogelkäfig anzuschließen und eine Minderheit darin sein. Das Abkommen des Vatikans, das im Namen der Einheit der Kirche in China getroffen wurde, bedeutet die Vernichtung der wahren Kirche in China.“

„Wenn ich ein Karikaturist wäre, würde ich den Heiligen Vater auf Knien zeichnen, während er Präsident Xi Jinping die Schlüssel des Himmelreiches anbieten und sagt: ‚Bitte erkenne mich als Papst an'“, schreibt der Kardinal.

Nach Unterzeichnung der Vereinbarung konnten zwei von der Volksrepublik eingesetzte chinesische Bischöfe an der Jugendsynode teilnehmen, die noch bis zum 28. Oktober stattfinden wird. Diese Bischöfe haben den Papst eingeladen, China zu besuchen.

Im aktuellen Monat Oktober haben die Behörden in China in drei Diözesen des Landes eine Offensive gegen Kreuze und Strukturen der Kirche gestartet.
Auf dem Rückflug von seiner Reise nach Lettland, Litauen und Estland erklärte Papst Franziskus Ende September zu den Journalisten: „Ich bin der Verantwortliche“ für diese Vereinbarung.

Bezüglich der sieben Bischöfe, die sich nicht in Gemeinschaft mit der Kirche befanden – wie der Volkskongress-Abgeordnete Bischof Guo Jincai, der an der Synode teilnimmt – erklärte Franziskus, dass „sie Fall für Fall studiert wurden. Die Akten eines jeden Bischofs lagen am Ende auf meinem Schreibtisch und ich war für die Unterzeichnung eines jeden Falles der Verantwortliche.“

Der Papst hat auch das Abkommen des Vatikans mit der Volksrepublik in einer Öffentlichen Botschaft verteidigt. Darin fordert Franziskus die Katholiken auf, „gute Bürger“ zu sein, sich um „Dialog“ und „Versöhnung“ zu bemühen. (CNA Deutsch)

Erzbischof Vigano veröffentlicht neues Schreiben (Bericht und vollständiger Wortlaut)

VATIKANSTADT – Erzbischof Carlo Maria Vigano hat eine Antwort auf Kardinal Marc Ouellet veröffentlicht. Darin widerspricht der ehemalige Nuntius in den USA der Aussage, der Heilige Stuhl habe nur von „Gerüchten“ über das Verhalten Theodore McCarricks gewusst, die nicht für Disziplinarmaßnahmen gegen den mutmaßlichen Straftäter ausgereicht hätten.

Vigano schreibt auch über „homosexuelle Korruption und moralische Feigheit“ in der Kirche. Er appelliert an Bischöfe und Priester, sich ebenfalls zu äußern.

Wie CNA Deutsch berichtete, hat Erzbischof Vigano in zwei Schreiben schwere Vorwürfe gegen Papst Franziskus, mehrere Kardinäle und hochrangige Kurienvertreter erhoben sowie Kardinal Marc Ouellet aufgefordert, die Akten im Fall McCarrick offenzulegen. In seiner Antwort kritisiert Ouellet zwar Vigano aufs Schärfste – bestätigt jedoch einen der zentralen Vorwürfe.

CNA Deutsch hat den vollen Wortlaut des auf den 19. Oktober 2018 datierten Schreibens von Erzbischof Vigano übersetzt.

Am Festtag der Nordamerikanischen Märtyrer

  1. Zeugnis abzulegen über die Korruption in der Hierarchie der katholischen Kirche war und ist für mich eine schmerzhafte Entscheidung. Aber ich bin ein alter Mann, der weiß, dass er dem Richter bald Rechenschaft über seine Taten und Unterlassungen ablegen muss, der Ihn fürchtet, der Körper und Seele in die Hölle werfen kann. Ein Richter, der, selbst in seiner unendlichen Barmherzigkeit, jedem Menschen Erlösung oder Verdammnis nach dem, was er verdient hat, bringen wird. In Erwartung der schrecklichen Frage dieses Richters — „Wie konntest du, der du die Wahrheit kennst, inmitten von Falschheit und Verderbtheit schweigen?“ — Welche Antwort könnte ich geben?
  2. Ich legte mein Zeugnis ab im vollen Bewusstsein, dass dieses viele bedeutende Persönlichkeiten alarmieren und bestürzen würde: Kirchenmänner, Mitbischöfe, Kollegen, mit denen ich gearbeitet und gebetet hatte. Ich wusste, dass sich viele verletzt und verraten fühlen würden. Ich erwartete, dass einige ihrerseits mich und meine Motive angreifen würden. Am schmerzhaftesten war mir, dass ich wusste, dass viele der unschuldigen Gläubigen durch das Schauspiel eines Bischofs, der Kollegen und Vorgesetzte bezichtigt, Amtsmissbrauch, sexuelle Sünden und schwere Pflichtverletzung begangen zu haben, verwirrt und verunsichert sein würden. Doch glaube ich, dass mein fortwährendes Schweigen viele Seelen in Gefahr bringen und sicherlich auch meine eigene [Seele] verdammen würde. Nachdem ich meinen Vorgesetzten und sogar dem Papst mehrmals über das abwegige Verhalten von Theodore McCarrick berichtet hatte, hätte ich die Wahrheiten, die mir bereits vorher bekannt waren, früher öffentlich verurteilen können. Wenn ich an dieser Verzögerung eine gewisse Verantwortung trage, dann bereue ich das. Diese Verzögerung war auf die Schwere der Entscheidung, die ich treffen würde, und auf das langwierige Bemühen meines Gewissens zurückzuführen.
  3. Mir wurde vorgeworfen, durch mein Zeugnis Verwirrung und Spaltung in der Kirche hervorgerufen zu haben. Für diejenigen, die glauben, dass es vor dem August 2018 keine nennenswerte Verwirrung und Spaltung gab, mag eine solche Behauptung vielleicht plausibel sein. Die meisten unparteiischen Beobachter wissen jedoch, dass es beides seit langem im Übermaß gegeben hat, wie es nun mal unvermeidlich ist, wenn der Nachfolger Petri bei der Ausübung seiner Hauptaufgabe fahrlässig verfährt, nämlich der Vergewisserung der Brüder im Glauben und in einer fundierten Morallehre. Wenn er dann die Krise durch widersprüchliche oder verwirrende Aussagen über diese Lehren noch verschlimmert, spitzt sich die Verwirrung zu.
  4. Deshalb habe ich gesprochen. Denn es ist dieses Schweigekomplott, dass in der Kirche großen Schaden angerichtet hat und weiterhin schadet — so vielen unschuldigen Seelen, der Berufung junger Priester, den Gläubigen im Allgemeinen. In Bezug auf meine Entscheidung, die ich mit meinem Gewissen vor Gott gefällt habe, nehme ich gerne jede brüderliche Zurechtweisung, jeden brüderlichen Rat, jede brüderliche Empfehlung und jede brüderliche Einladung an, in meinem Leben im Glauben und der Liebe zu Christus, zur Kirche und dem Papst voranzukommen.

Lassen Sie mich die Kernpunkte meines Zeugnisses wiederholen.

  • Im November 2000 informierte der Nuntius in den USA, Erzbischof Montalvo, den Heiligen Stuhl über das homosexuelle Verhalten von Kardinal McCarrick gegenüber Seminaristen und Priestern.
  • Im Dezember 2006 informierte der neue Nuntius in den USA, Erzbischof Pietro Sambi, den Heiligen Stuhl über das homosexuelle Verhalten von Kardinal McCarrick mit einem weiteren Priester.
  • Im April 2008 wurde ein Offener Brief von Richard Sipe an Papst Benedikt durch den Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal Levada, an Kardinalstaatssekretär Bertone weitergeleitet, in die weiteren Vorwürfe erhoben werden, dass McCarrick mit Seminaristen und Priestern geschlafen hat. Ich habe diesen einen Monat später erhalten, und im Mai 2008 habe ich selbst dem damaligen Substituten Erzbischof Fernando Filoni ein zweites Memorandum übermittelt, in dem ich über die Vorwürfe gegen McCarrick berichtete und Sanktionen gegen ihn forderte. Auch dieses zweite Memorandum erhielt keine Antwort.
  • Im Jahr 2009 oder 2010 erfuhr ich von Kardinal Re, [damals] Präfekt der Bischofskongregation, dass Papst Benedikt McCarrick angewiesen hatte, sein öffentliches Wirken einzustellen und ein Leben des Gebets und der Buße anzutreten. Nuntius Sambi überstellte McCarrick die Anweisungen des Papstes in einer Lautstärke, dass dies im Flur der Nuntiatur zu hören war.
  • Im November 2011 wiederholte Kardinal Ouellet, der neue Präfekt der Bischofskongregation, mir gegenüber, der ich der neue Nuntius in den USA war, die Sanktionen des Papstes für McCarrick, und ich selbst teilte sie McCarrick persönlich mit.
  • Am 21. Juni 2013, gegen Ende einer offiziellen Zusammenkunft der Nuntien im Vatikan, übte Papst Franziskus mir gegenüber mit einigen kryptischen Aussagen Kritik am Episkopat der USA.
  • Am 23. Juni 2013 traf ich Papst Franziskus persönlich in seiner Wohnung, um um Aufklärung zu bitten, und der Papst fragte mich: „il cardinale McCarrick, com’è (Kardinal McCarrick — was hältst du von ihm)?“– was ich nur als Vortäuschung von Neugierde interpretieren kann, um herauszufinden, ob ich ein Verbündeter von McCarrick war oder nicht. Ich erzählte ihm, dass McCarrick Generationen von Priestern und Seminaristen sexuell korrumpiert hatte und von Papst Benedikt angewiesen worden war, sich auf ein Leben voller Gebet und Buße zu beschränken.

Stattdessen genoss McCarrick weiterhin die besondere Wertschätzung von Papst Franziskus und erhielt von ihm neue Verantwortlichkeiten und Aufträge.McCarrick war Teil eines Netzwerks von Bischöfen, welche die Homosexualität vorantrieben und die Gunst von Papst Franziskus ausnutzten, um Bischofsernennungen zu beeinflussen, damit sie sich vor rechtlichen Konsequenzen schützen und das homosexuelle Netzwerk in der Hierarchie und in der Kirche insgesamt stärken konnten.Papst Franziskus selbst hat sich entweder an dieser Korruption beteiligt oder weiß, was er tut, und ist äußerst fahrlässig in seinem Versäumnis, sich dem zu widersetzen und es auszumerzen.

Ich habe vor Gott die Wahrheit meiner Behauptungen bezeugt, und niemand hat diese widerlegt. Kardinal Ouellet hat mir geschrieben, um mich für meine Frechheit zurechtzuweisen, das Schweigen gebrochen und solche schwerwiegenden Anschuldigungen gegen meine Brüder und Vorgesetzten erhoben zu haben, aber tatsächlich bestätigt er mit seiner Zurechtweisung meine Entscheidung, und rechtfertigt diese sowohl im Einzelnen wie insgesamt.

  • Kardinal Ouellet räumt ein, dass er mit mir über die Situation von McCarrick gesprochen hat, bevor ich nach Washington ging, um meinen Posten als Nuntius anzutreten.
  • Kardinal Ouellet räumt ein, dass er mir schriftlich die Bedingungen und Einschränkungen mitgeteilt hat, die Papst Benedikt McCarrick auferlegt hat.
  • Kardinal Ouellet räumt ein, dass diese Sanktionen McCarrick verboten haben, zu reisen oder öffentlich aufzutreten.
  • Kardinal Ouellet räumt ein, dass die Bischofskongregation schriftlich, zuerst durch Nuntius Sambi und dann noch einmal durch meine Person, McCarrick aufgefordert hat, ein Leben des Gebets und der Buße zu führen.

Was bestreitet Kardinal Ouellet?

  • Kardinal Ouellet bestreitet die Möglichkeit, dass Papst Franziskus an einem Tag, an dem er viele Nuntien traf und nur wenige Augenblicke mit einem jeden sprach, wichtige Informationen über McCarrick hätte aufnehmen können. Aber das war nicht meine Aussage. Meine Aussage ist, dass ich den Papst bei einem zweiten, privaten Treffen informiert habe, indem ich dessen eigene Frage über Theodore McCarrick beantwortete, der damals emeritierter Kardinalerzbischof von Washington war und eine prominente Persönlichkeit der Kirche in den USA, und dass ich dem Papst sagte, dass McCarrick seine eigenen Seminaristen und Priester sexuell korrumpiert habe. Kein Papst könnte das vergessen.
  • Kardinal Ouellet bestreitet, dass es in seinem Archiv Briefe von Papst Benedikt oder Papst Franziskus über Sanktionen gegen McCarrick gibt. Aber das war nicht meine Aussage. Meine Aussage war, dass sich in seinem Archiv wichtige Dokumente – unabhängig von deren Herkunft – befinden, die McCarrick belasten und dahingehend getroffene Maßnahmen dokumentieren, sowie andere Beweise für die Vertuschung seiner Situation. Und dies bestätige ich noch einmal.
  • Kardinal Ouellet bestreitet, dass in den Akten seines Vorgängers Kardinal Re „Audienz-Memoranden“ existieren, die McCarrick die bereits erwähnten Sanktionen auferlegen. Aber das war nicht meine Aussage. Meine Aussage ist, dass es andere Dokumente gibt: zum Beispiel eine Notiz von Kardinal Re, die nicht ex-Audientia SS.mi, unterzeichnet entweder vom Staatssekretär oder dem Substituten.
  • Kardinal Ouellet bestreitet, dass es falsch ist, die gegen McCarrick ergriffenen Maßnahmen als „Sanktionen“ darzustellen, die von Papst Benedikt erlassen und von Papst Franziskus aufgehoben wurden. Stimmt. Es handelte sich rein technisch nicht um „Sanktionen“, sondern um Maßnahmen, „Bedingungen und Einschränkungen“. Spitzfindig darüber zu debattieren, ob es sich um Sanktionen, Maßnahmen oder etwas anderes handelte, ist reiner Legalismus. Aus pastoraler Sicht sind sie alle genau das gleiche.

Kurzum: Kardinal Ouellet räumt die wichtigen Aussagen ein, die ich gemacht habe und auch weiterhin mache, und er bestreitet Aussagen, die ich nicht mache und nie gemacht habe.

In einem Punkt muss ich absolut widerlegen, was Kardinal Ouellet geschrieben hat. Der Kardinal erklärt, dass der Heilige Stuhl nur von „Gerüchten“ Kenntnis hatte, die nicht ausreichten, um Disziplinarmaßnahmen gegen McCarrick zu rechtfertigen. Ich behaupte dagegen, dass der Heilige Stuhl von einer Vielzahl konkreter Tatsachen Kenntnis hatte und im Besitz von Dokumenten ist, und dass die Verantwortlichen sich dennoch entschieden haben, nicht einzugreifen oder daran gehindert wurden. Entschädigung der Erzdiözese Newark und der Diözese Metuchen an die Opfer des sexuellen Missbrauchs von McCarrick, die Briefe von Pater Ramsey, der Nonnen Montalvo im Jahr 2000 und Sambi im Jahr 2006, von Dr. Sipe im Jahr 2008, meine beiden Memoranden an die Vorgesetzten des Staatssekretariats, welche die konkreten Vorwürfe gegen McCarrick ausführlich beschrieben haben; sind das alles nur Gerüchte? Es handelt sich um offizielle Korrespondenz, nicht um Klatsch und Tratsch aus der Sakristei. Die gemeldeten Verbrechen waren sehr schwerwiegend, einschließlich des Versuchs, Komplizen bei perversen Handlungen die sakramentale Absolution zu erteilen, mit anschließender sakrilegischer Feier der heiligen Messe. Diese Dokumente belegen die Identitäten der Täter und ihrer Beschützer sowie die zeitliche Abfolge der Fakten. Sie werden in den entsprechenden Archiven aufbewahrt; es sind keine außergewöhnlichen Ermittlungsverfahren erforderlich, diese ausfindig zu machen.

In den öffentlichen Zurechtweisungen meiner Person habe ich zwei Unterlassungen festgestellt, zwei tragische Fälle des Verschweigens. Das erste, was verschwiegen wird, ist die Not der Opfer. Das zweite betrifft den eigentlichen Grund, warum es so viele Opfer gibt, nämlich den korrumpierenden Einfluss der Homosexualität im Priestertum und in der Hierarchie. Was den ersten betrifft, so ist es erschreckend, dass inmitten all der Skandale und Empörungen so wenig über die Menschen nachgedacht werden sollte, die durch diese Sexualverbrechen geschädigt wurden und welche jene verübt haben, die zu Dienern des Evangeliums bestellt waren. Es geht hier nicht darum, Rechnungen zu begleichen oder über die Unbeständigkeit kirchlicher Laufbahnen zu schmollen. Es geht nicht um Politik. Es geht nicht darum, wie Kirchenhistoriker dieses oder jenes Papsttum bewerten werden. Es geht um Seelen. Die ewige Erlösung vieler Seelen stand – und steht weiterhin – auf dem Spiel.

Was den zweiten Umstand betrifft, der verschwiegen wird: Diese sehr schwere Krise kann nicht angemessen angegangen und gelöst werden, wenn wir nicht die Dinge bei ihrem wahren Namen nennen. Dies ist eine Krise aufgrund der Geißel der Homosexualität, ihrer Akteure, ihrer Motive, ihres Widerstands gegen Reformen. Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass Homosexualität zu einer Plage im Klerus geworden ist, und sie kann nur mit spirituellen Waffen ausgemerzt werden. Es ist eine enorme Heuchelei, den Missbrauch zu verurteilen, zu behaupten, man weine um die Opfer, und sich dennoch zu weigern, die Grundursache für so viel sexuellen Missbrauch anzugeben: die Homosexualität. Es ist Heuchelei, sich zu weigern, zuzugeben, dass diese Geißel auf eine schwere Krise im geistlichen Leben des Klerus zurückzuführen ist, und nicht die notwendigen Schritte zu unternehmen, diese zu beseitigen.

Zweifellos gibt es schürzenjagende Geistliche, und zweifellos schädigen sie auch ihren eigenen Seelen, den Seelen derjenigen, die sie verderben, und der Kirche insgesamt. Aber diese Verletzungen des priesterlichen Zölibats beschränken sich in der Regel auf die unmittelbar betroffenen Personen. Schürzenjagende Geistliche rekrutieren in der Regel keine anderen Schürzenjäger, bemühen sich nicht darum, diese zu fördern, und vertuschen deren Missetaten nicht – während die Beweise für homosexuelle Absprachen mit seinen tiefen Wurzeln, die so schwer auszumerzen sind, überwältigend sind.

  • Es ist allgemein bekannt, dass homosexuelle Täter das kirchliche Privileg zu ihrem Vorteil ausnutzen. Aber zu behaupten, die Krise selbst sei Klerikalismus, ist reine Sophisterei. Da wird so getan, als ob ein Mittel zum Zweck, ein Instrument, tatsächlich das Hauptmotiv wäre.
  • Die Verurteilung der homosexuellen Korruption und der moralischen Feigheit, die sie gedeihen lässt, findet in unserer Zeit keine Zustimmung, auch nicht in den höchsten Ebenen der Kirche. Es überrascht mich nicht, dass ich, wenn ich auf diese Plagen aufmerksam mache, der Untreue gegenüber dem Heiligen Vater bezichtigt werde und beschuldigt, eine offene und skandalöse Rebellion anzuzetteln.

Doch eine Rebellion würde bedeuten, andere zu drängen, das Papsttum zu stürzen. Ich fordere nichts dergleichen. Ich bete jeden Tag für Papst Franziskus – mehr, als ich es je für die anderen Päpste getan habe. Ich bitte, ja flehe den Heiligen Vater aufrichtig an, sich seiner Pflichten zu erinnern, die er sich selbst aufgetragen hat, als er sein Amt als Nachfolger Petri antrat. Er nahm die Mission auf sich, seine Brüder zu stärken und alle Seelen in der Nachfolge Christi, im geistlichen Kampf, auf dem Weg des Kreuzes zu führen. Lasst ihn seine Fehler eingestehen, bereuen, seine Bereitschaft zeigen, dem Auftrag, den Petrus erteilt hat, nachzukommen, und lasst ihn nach der Bekehrung seine Brüder stärken (Lk 22,32).Abschließend möchte ich meinen Appell an meine Brüder Bischöfe und Priester wiederholen, die wissen, dass meine Aussagen wahr sind und die dies bezeugen können, oder die Zugang zu Dokumenten haben, welche die Angelegenheit zweifelsfrei belegen können. Auch ihr steht vor einer Entscheidung. Ihr könnt euch aus dem Kampf zurückziehen, das Komplott des Schweigens unterstützen und eure Augen vor der Ausbreitung der Korruption abwenden. Ihr könnt Ausreden, Kompromisse und Rechtfertigungen finden, die den Tag der Abrechnung verzögern. Ihr könnt euch mit der Lüge und der Illusion trösten, dass es einfacher sein wird, morgen die Wahrheit zu sagen, und dann am nächsten Tag, und so weiter.

Auf der anderen Seite könnt ihr euch entscheiden, den Mund aufzumachen. Ihr könnt Ihm vertrauen, der uns gesagt hat: „Die Wahrheit wird euch befreien.“ [Joh 8,32] Ich sage nicht, dass es einfach sein wird, sich zwischen Schweigen und Reden zu entscheiden. Ich fordere euch auf, darüber nachzudenken, welche Entscheidung ihr – auf eurem Sterbebett und dann vor dem gerechten Richter – nicht bereuen werdet, getroffen zu haben.

+Carlo Maria Viganò 19. Oktober 2018
Titularerzbischof von Ulpiana Festtag der
Apostolischer Nuntius Nordamerikanischen Märtyrer
(CNA Deutsch)

Kardinal Ouellet antwortet mit Offenem Brief auf Erzbischof Vigano

VATIKANSTADT – In einem Offenen Brief hat der Präfekt der Bischofskongregation am heutigen Sonntag auf einige der Vorwürfe und Forderungen von Erzbischof Carlo Maria Viganò reagiert. Kardinal Marc Ouellet bezeichnet diese als „ungerecht und ungerechtfertigt“ und bestreitet einerseits, dass Papst Franziskus gegen Erzbischof Theodore McCarrick verhängte Sanktionen aufgehoben habe – solche habe es gar nicht gegeben. Andererseits räumt er ein, dass McCarrick bereits ein Verdächtiger gewesen sei – und dass die nun erneut laufenden Ermittlungen weitere Tatsachen ans Licht bringen könnten, auch über die Entscheidungen von Papst Franziskus.

Ouellets Offener Brief ist in Antwort auf zwei veröffentliche Aussagen Viganòs, in denen der ehemalige Nuntius schwere Vorwürfe gegen Papst Franziskus und mehrere hochrangige Kurienmitglieder im Fall des ehemaligen Kardinals und mutmaßlichen Kinderschänders McCarrick erhebt.

Wie CNA Deutsch berichtete, wurde Kardinal Ouellet im zweiten Schreiben Viganòs aufgefordert, die Akten zum Fall zu veröffentlichen.

In seiner heute veröffentlichten Antwort – einen Tag, nachdem der Vatikan angekündigt hat, die Akten im Fall McCarrick prüfen zu wollen – verurteilt der kanadische Kurienkardinal Viganòs Vorgehen aufs schärfste. Gleichzeitig bestätigt er Punkte Viganòs – und wirft selbst neue Fragen auf in einer Schlüsselpassage über den Papst.

„Unverständlich und äußerst verwerflich“

Vorneweg äußert Ouellet Unverständnis an den Vorwürfen des ehemaligen Nuntius in den USA sowie dessen Rücktrittsforderungen an Franziskus und weitere Kurienvertreter: Dies sei „unverständlich und äußerst verwerflich“, schreibt Ouellet und verteidigt im gleichen Abschnitt seine Zustimmung zu Amoris Laetitia:

„Meine Interpretation von Amoris Laetitia, über die du dich beschwerst, ist in dieser Treue zur lebendigen Tradition eingeschrieben, von der Franziskus uns mit der jüngsten Änderung des Katechismus der Katholischen Kirche zur Frage der Todesstrafe ein Beispiel gegeben hat.“

Im weiteren Brief geht der kanadische Kurienkardinal auf den Fall McCarrick ein. Dabei bestätigt er zunächst, dass Papst Benedikt XVI. gegen McCarrick vorgegangen ist – bestreitet aber, dass dies „Sanktionen“ waren.

Ouellet räumt wörtlich ein, dass McCarrick, „der im Mai 2006 in den Ruhestand ging“, von Papst Benedikt XVI. „nachdrücklich aufgefordert“ wurde, „weder zu reisen noch in der Öffentlichkeit aufzutreten, um keine weiteren Gerüchte über ihn hervorzurufen“.

Es sei jedoch „falsch, die gegen ihn ergriffenen Maßnahmen als ‚Sanktionen‘ darzustellen, die von Papst Benedikt XVI. erlassen und von Papst Franziskus aufgehoben wurden“, schreibt Ouellet wörtlich.

Seine Begründung: Nach Durchsicht der Archive stelle er fest, dass es keine von Papst Franziskus oder Kardinal Giovanni Battista Re unterzeichnete Dokumente gebe, in denen kirchenrechtliche Strafen verhängt werden.

(Kardinal Re war Ouellets Vorgänger als Präfekt der Bischofskongregation.)

Ouellet fährt fort: Der Grund dafür sei, „dass es im Gegensatz zu heute nicht genügend Beweise für [McCarricks] damalige mutmaßliche Schuld gab.“

Daher habe der Papst und die Kongregation „von Umsicht inspiriert“ die Haltung eingenommen, die auch Nuntius Pietro Sambri und Viganò selber gegenüber McCarrick wiederholt hätten, nämlich „ein zurückgezogenes Leben im Gebet und in der Buße zu führen, zum eigenen Wohl und zum Wohl der Kirche“.

Entscheidung des Papstes „nicht unfehlbar“

McCarricks Fall wäre Gegenstand neuer Disziplinarmaßnahmen gewesen, so Ouellet weiter, „wenn die Nuntiatur in Washington oder eine andere Quelle uns aktuelle und entscheidende Informationen über sein Verhalten gegeben hätte.“

Der Kardinal fährt fort, er „hoffe, wie so viele andere auch, dass uns die laufenden Ermittlungen in den Vereinigten Staaten und der Römischen Kurie aus Respekt vor den Opfern und der Notwendigkeit der Gerechtigkeit endlich einen kritischen Gesamtüberblick über die Verfahren und Umstände dieses schmerzhaften Falls geben werden, damit sich solche Ereignisse in Zukunft nicht wiederholen.“

Dann stellt der Kurienkardinal die zentrale Frage, die auch ihn „überrascht“ habe:

„Wie kann es sein, dass dieser Mann der Kirche, dessen Unbeständigkeit heute bekannt ist, mehrmals befördert wurde, bis hin zur höchsten Position des Erzbischofs von Washington und des Kardinals?“

Mit Blick darauf, und damit auch die – freilich indirekt – verknüpfte Frage, ob und wie Papst Franziskus kurz nach seiner Wahl zum Papst trotz der Mahnungen McCarrick rehabilitiert habe, wie Vigano behauptet hat, schreibt Ouellet:

„Ohne jedoch hier ins Detail zu gehen, muss man verstehen, dass die Entscheidungen des Papstes auf den in diesem Moment verfügbaren Informationen beruhen“ und „nicht unfehlbar“ seien.

Unklar ist damit, so Beobachter, ob Papst Franziskus nicht gewusst haben soll, dass McCarrick im Verdacht des Missbrauchs und sexueller Nötigung stand, beziehungsweise ob er ihn rehabilitiert hat.

Anspielung auf ‚Homo-Lobby‘ im Vatikan?

Kardinal Ouellet schreibt weiter, es erscheine ihm „ungerecht, zu dem Schluss zu kommen, dass die Verantwortlichen“ für diese Entscheidung „korrupt“ seien, wenngleich „im konkreten Fall einige Hinweise aus den Zeugnissen hätten weiter untersucht werden müssen“.

Der „fragliche Prälat“ – gemeint ist offensichtlich McCarrick – habe sich „mit großem Geschick“ verteidigt, so Ouellet in seiner Antwort an Viganò, und schreibt dann, was manche Beobachter für eine Anspielung auf eine ‚Homo-Lobby‘ im Vatikan halten:

„Andererseits berechtigt uns die Tatsache, dass es im Vatikan Menschen gibt, die in Fragen der Sexualität ein den Werten des Evangeliums widersprechendes Verhalten praktizieren und unterstützen, nicht, zu verallgemeinern und dies und jenes als unwürdig und mitschuldig zu bezeichnen, sogar den Heiligen Vater selbst.“

Vor solcher „Verleumdung“ sollten sich die „Diener der Wahrheit“ doch hüten, so Ouellet, der in den letzten Absätzen noch einmal bekräftigt, dass er Viganòs Vorgehen für unverständlich und ungerechtfertigt hält. Er lädt ihn ein, die Gemeinschaft mit dem Papst „wieder zu entdecken“.

Kardinal Ouellet schreibt weiter, er verstehe, „wie Bitterkeit und Enttäuschung deinen Weg im Dienst am Heiligen Stuhl gezeichnet haben, aber du kannst dein priesterliches Leben nicht auf diese Weise beenden, in einer offenen und skandalösen Rebellion, die der Braut Christi eine sehr schmerzhafte Wunde zufügt, von der du behauptest, ihr zu dienen, und die Spaltung und Verwirrung im Volk Gottes zu verschlimmern!“

Ouellet fordert Viganò auf: „Komm aus deinem Versteck heraus, bereue deine Revolte und kehre (…) zum Heiligen Vater zurück, anstatt die Feindseligkeit gegen ihn zu verschärfen“.

Er frage sich, wie Viganò „die Heilige Eucharistie feiern und seinen Namen im Kanon der Messe aussprechen“ könne, so Kardinal Ouellet. Er komme zu dem Schluss, dass die Vorwürfe „eine politische Intrige bar jeder Grundlage sind“, die der Einheit der Kirche schaden.

„Möge es Gott gefallen, dass diese Ungerechtigkeit schnell behoben wird und dass Papst Franziskus weiterhin als das anerkannt wird, was er ist: ein hervorragender Hirte, ein mitfühlender und standhafter Vater, ein prophetisches Charisma für die Kirche und für die Welt. Möge er mit Freude und vollem Vertrauen seine missionarische Reform fortsetzen, getröstet durch das Gebet des Volkes Gottes und durch die erneuerte Solidarität der ganzen Kirche mit Maria, der Königin des Heiligen Rosenkranzes.“


(CNA Deutsch)

Kirchenkrise: Papst Franziskus ordnet Überprüfung der McCarrick-Akten an

VATIKANSTADT – Der Vatikan hat am heutigen Samstag angekündigt, die vorliegenden Akten im Fall McCarrick zu prüfen. Dabei handelt es sich um Unterlagen rund um die Vorwürfe sexuellen Missbrauchs Minderjähriger sowie junger Männer gegen Erzbischof Theodore McCarrick. Im Raum stehen auch Vorwürfe gegen Papst Franziskus, die der ehemalige Apostolische Nuntius in den USA erhoben hat, Erzbischof Carlo Maria Viganò.

Die Erzdiözese New York hat bereits eine offizielle Untersuchung der Vorwürfe abgeschlossen, McCarrick habe einen Teenager in New York sexuell missbraucht.

Das Erzbistum hält die Beweise für „glaubwürdig“, so das im Juni vorgestellte Ergebnis der Ermittlungen, wie CNA Deutsch berichtete.

In seiner am heutigen 6. Oktober veröffentlichten Erklärung teilt der Vatikan mit, Papst Franziskus habe beschlossen, die Ergebnisse dieser Untersuchung

„mit einem weiteren gründlichen Studium der gesamten Dokumentation, die im Archiv der Dikasterien und Ämter des Heiligen Stuhls über den ehemaligen Kardinal McCarrick vorliegt, zu kombinieren, um alle relevanten Fakten zu ermitteln, sie in ihren historischen Kontext zu stellen und objektiv zu bewerten“.

„Der Heilige Stuhl ist sich bewusst, dass sich aus der Untersuchung der Fakten und Umstände ergeben kann, dass Entscheidungen getroffen wurden, die nicht mit einer zeitgemäßen Herangehensweise an solche Themen übereinstimmen würden“, fügt die Erklärung hinzu.

Man werde jedoch „dem Weg der Wahrheit folgen, wohin dieser auch führt“, so die Mitteilung weiter.

Kardinal Daniel DiNardo, Vorsitzender der US-Bischofskonferenz, hat den Papst wiederholt um eine gründliche vatikanische Untersuchung – eine Apostolische Visitation – des Falls McCarrick und seiner kirchlichen Laufbahn in den USA gebeten.

Obwohl DiNardo diese Bitte während eines Treffens zwischen dem Papst und den Leitern der Bischofskonferenz der Vereinigten Staaten am 13. September wiederholte, hat der Vatikan es bisher abgelehnt, diese Visitation anzuordnen.

Auch die heute angekündigte Untersuchung ist keine apostolische Visitation. Vielmehr werden Dokumente geprüft, die sich bereits „im Archiv der Dikasterien und Ämter des Heiligen Stuhls“ befinden.

Quellen haben der CNA gegenüber bestätigt, dass Papst Franziskus am 8. Oktober privat mit DiNardo und Erzbischof Jose Gomez, dem stellvertretenden Vorsitzenden der US-Bischofskonferenz, zusammentreffen soll.

Eine mit der Untersuchung vertraute Quelle sagte gegenüber CNA, dass die Erzdiözese Washington zusätzliche Informationen über McCarrick gesammelt hat, die in die vatikanische Ermittlung einbezogen werden könnten.

Fest steht: Zumindest einige Bischöfe sind mit McCarricks mutmaßlichem Fehlverhalten seit 2005 vertraut. Zwei Diözesen in New Jersey erzielten damals mit einigen mutmaßlichen Opfern des Erzbischofs einen Rechtsvergleich. Im Jahr 2007 wurde ein weiterer Vergleich erzielt.

Der Skandal löste auch Fragen aus darüber, ob diese Bischöfe richtig auf die Kenntnis von Anschuldigungen gegen McCarrick reagiert haben. Unklar ist zudem bis heute, ob und wann weitere Bischöfe, darunter Kardinal Donald Wuerl von Washington, Kenntnis vom Verhalten des Erzbischofs hatten.

Der Leiter des Dikasteriums für Laien, Familie und Leben, Kardinal Kevin Farrell, lebte jahrelang mit McCarrick zusammen. In einem Video-Statement erklärte er, nichts gewußt zu haben.

Ein weiterer amerikanischer Bischof, Kardinal Joseph Tobin von Newark, sagte einem Journalisten im August, dass er 2017 Gerüchte über sexuelles Fehlverhalten von McCarrick gehört habe. Er habe es aber abgelehnt, diese zu untersuchen, weil sie ihm unglaubwürdig schienen.

Am 25. August veröffentlichte Erzbischof Carlo Maria Vigano einen Offenen Brief, in dem er behauptet, dass er ab 2006 Berichte über McCarricks Fehlverhalten erstellt habe. Zudem gebe es sei seit dem Jahr 2000 Berichte über dessen Taten. Diese Berichte sind jedoch laut Viganò weitgehend ignoriert worden, bis Papst Benedikt XVI. im Jahr 2009 oder 2010 mehrere Sanktionen gegen McCarrick verhängte.

Vigano behauptet weiter, dass Papst Franziskus diese Beschränkungen McCarricks jedoch kurz nach seiner Wahl zum Papst aufgehoben hat – und dass McCarrick ein enger Berater von Franziskus gewesen sei.

Zu diesen Vorwürfen macht Papst Franziskus bislang keine direkten Aussagen.

In einem zweiten Brief, der am 29. September veröffentlicht wurde, behauptet Vigano, dass Kardinal Marc Ouellet, Präfekt der Kongregation für die Bischöfe, über den Fall McCarrick informiert sei, und forderte ihn auf, „die Wahrheit zu bezeugen“.

Während einige Behauptungen aus dem Vigano-Brief bestätigt wurden, wurde die Wahrhaftigkeit anderer Behauptungen in Frage gestellt, was zu erheblichen Kontroversen über deren Gehalt führte.

Erzbischof Vigano hat behauptet, dass Akten im Archiv des Vatikans und seiner Nuntiatur-Botschaft in den USA seine Anschuldigungen bestätigen werden.

In der Erklärung des Vatikans vom 6. Oktober ist von einer geänderten Kultur und Klerikalismus die Rede. Wörtlich heißt es: „Sowohl Missbrauch als auch seine Vertuschung können nicht mehr toleriert werden, und eine andere Behandlung von Bischöfen, die Missbrauch begangen oder vertuscht haben, stellt in der Tat eine Form von Klerikalismus dar, die nicht mehr akzeptabel ist“.

Auf dem Rückflug seiner Baltikum-Visite hatte Papst Franziskus gegenüber Journalisten gesagt, es sei unfair, heutige moralische Maßstäbe an frühere Vertuschungen anzulegen: Früher seien solche Verbrechen stets verschleiert worden. „Man hat sie auch zu Hause vertuscht: als der Onkel die Nichte vergewaltigte, als der Vater seine Kinder vergewaltigte. Es wurde vertuscht, weil es so beschämend war“, so Franziskus am 25. September 2018.

In der Mitteilung von heute heißt es: „Der Heilige Vater Papst Franziskus erneuert seine dringende Aufforderung, die Kräfte zu vereinen, um gegen die schwere Geißel des Missbrauchs innerhalb und außerhalb der Kirche zu kämpfen und zu verhindern, dass solche Verbrechen in Zukunft zum Schaden der unschuldigsten und verletzlichsten Menschen in der Gesellschaft begangen werden“. (CNA Deutsch)

Erzbischof Vigano veröffentlicht neue Stellungnahme zu Papst Franziskus und McCarrick

VATIKANSTADT – Erzbischof Carlo Maria Viganò hat ein neues Schreiben zu den Vorwürfen veröffentlicht, dass hochrangige Prälaten an der Vertuschung des mutmaßlichen sexuellen Missbrauchs durch Erzbischof Theodore McCarrick beteiligt waren.

Der auf den 29. September – dem Fest des Heiligen Erzengels Michael – datierte Brief trägt als Überschrift das bischöfliche Motto von Erzbischof Viganò: Scio Cui credidi (ich weiß, wem ich geglaubt habe – nach 2 Tim 1,12). Er wurde vor wenigen Stunden veröffentlicht.

Der ehemalige Apostolische Nuntius dankt in dem vierseitigen Dokument eingangs „Gott dem Vater für jede Situation und Prüfung, die er vorbereitet hat und die er für mich während meines Lebens vorbereiten wird“. Als Priester und Bischof der Heiligen Kirche sei er wie jeder Getaufte berufen, die Wahrheit zu bezeugen, schreibt Viganò, und erinnert an Psalm 103:33-34:

„Ich beabsichtige, dies bis zum Ende meiner Tage zu tun.“

Viganò erinnert daran, dass er vor einem Monat seine schweren Vorwürfe gegen Papst Franziskus und mehrere hochrangige Kirchenmänner veröffentlicht hat, denen er zur Last legt, vom sexuellen Fehlverhalten von Erzbischof Theodore McCarrick gewußt zu haben.

Er habe sich entschieden, diese Vertuschung zum Wohl der Kirche offenzulegen, „nach langem Nachdenken und Beten, während Monaten tiefen Leidens und Leidens, angesichts eines Crescendos ständiger Nachrichten über schreckliche Ereignissen“, schreibt Viganò.

„Das Schweigen der Hirten, die hätten Abhilfe schaffen und neue Opfer verhindern können, wurde immer unhaltbarer, ein verheerendes Verbrechen für die Kirche“.

Viganò betont: „Im Bewusstsein der enormen Folgen, die mein Zeugnis haben könnte, denn was ich enthüllen würde, betraf den Nachfolger Petri selbst, entschied ich mich dennoch zur Aussage, um die Kirche zu schützen, und ich erkläre mit reinem Gewissen vor Gott, dass mein Zeugnis wahr ist.“

Päpstliches Geheimnis

Der Erzbischof und ehemalige Nuntius räumt ein, dass ein Teil dessen, was er offenlegte, unter das Päpstliche Geheimnis fiel, rechtfertigt aber seine Entscheidung mit dem Argument, dass „der Zweck einer jeden Geheimhaltung, einschließlich des Päpstlichen Geheimnisses, darin besteht, die Kirche vor ihren Feinden zu schützen, nicht Verbrechen zu vertuschen oder sich daran zu beteiligen“.

Als „unfreiwilliger Zeuge schockierender Tatsachen“ berufe er sich auf des Katechismus der Katholischen Kirche, der – außer in der Beichte – eine Offenlegung eines Geheimnisse erlaubt, um Schaden abzuwenden.

Tatsächlich sieht der Katechismus dies in Fällen vor, wo „die Bewahrung des Geheimnisses dem, der es anvertraut, oder dem, dem es anvertraut wird, oder einem Dritten einen sehr großen Schaden zufügen würde“ (KKK, 2491) – und entbindet in solchen Fällen Katholiken von der Geheimhaltung.

Viganò stellt fest: „Weder der Papst noch einer der Kardinäle in Rom haben die Tatsachen geleugnet, die ich in meinem Zeugnis beschrieben habe“. Wenn sie seiner Darstellung widersprechen wollten, so der Erzbischof, „müssen sie es nur sagen und Unterlagen zur Verfügung stellen, um ihr Abstreiten belegen“.

Unvermeidlich sei da doch der Eindruck, dass der Grund, warum die Akten nicht veröffentlicht werden, darin bestehe, dass diese „meine Aussagen bestätigen“, so der Erzbischof.

McCarrick „eindeutig kein Einzelfall“

Erzbischof Viganò verweist darauf, dass Papst Franziskus auf die Vorwürfe antwortete, dass er dazu „kein einziges Wort“ sagen werde, jedoch dann „sein Schweigen mit dem von Jesus in Nazareth und vor Pilatus verglichen hat, und mich mit dem großen Ankläger Satan verglichen hat, der Skandal und Spaltung in der Kirche sät – wenn auch ohne jemals meinen Namen zu sagen“.

Der Erzbischof kritisiert die „mangelnde Bereitschaft des Papstes, auf meine Vorwürfe zu reagieren, und seine Taubheit gegenüber den Appellen der Gläubigen“. Das Verhalten von Franziskus sei weder vereinbar mit seiner Rechenschaftspflicht, noch stehe es im Einklang „mit seinen Forderungen nach Transparenz und Brückenbau“.

Viganò schreibt weiter, dass

„die Vertuschung von McCarrick durch den Papst eindeutig kein Einzelfall war“. Franziskus habe schließlich „homosexuelle Geistliche verteidigt, die schwere sexuelle Übergriffe gegen Minderjährige oder Erwachsene begangen haben“. Er nennt als Beispiele die Fälle der überführten Kinderschänder Julio Grassi aus Argentinien und Mauro Inzoli aus Italien – sowie den Fall der Überprüfung von „Anschuldigungen wegen sexuellen Missbrauchs gegen Kardinal Cormac Murphy O’Connor“.

Erzbischof Viganò fordert Kardinal Daniel DiNardo und weitere US-Bischöfe auf mitzuteilen, ob Papst Franziskus ihre Forderung nach einer Untersuchung der Vorwürfe durch den Vatikan abgelehnt hat.

(DiNardo hatte eine solche selbst gefordert, den Papst dazu am 13. September mit einer US-Abordnung im Vatikan getroffen, danach aber nicht mitgeteilt, wie Franziskus entschieden hat. Auch das Presse-Amt des Heiligen Stuhls machte dazu keine Angaben.)

Es stehe den Gläubigen zu, die Wahrheit zu erfahren, schreibt Viganò dazu.

Appell an Kardinal Ouellet

Der Erzbischof wendet sich in seinem neuen Schreiben auch an den kanadischen Kardinal Marc Ouellet, der als Präfekt der Bischofskongregation dient.

Erzbischof Viganò schreibt, dass Kardinal Ouellet in der Anfangszeit des Pontifikats noch seine Würde bewahrt habe.

„Später jedoch, als sein Amt als Präfekt der Bischofskongregation untergraben wurde, weil Empfehlungen für bischöfliche Ernennungen von zwei homosexuellen ‚Freunden‘ seines Dikasteriums unter Umgehung des Kardinals direkt an Papst Franziskus weitergegeben wurden, gab er auf. Sein langer Artikel im „Osservatore Romano“, in dem er sich für die umstritteneren Aspekte von Amoris Laetitia aussprach, stellt seine Kapitulation dar.“

Viganò wendet sich direkt an Ouellet: „Bevor ich nach Washington ging, waren Sie es, der mir von Papst Benedikts Sanktionen gegen McCarrick erzählt hat. Sie verfügen über Schlüsseldokumente, die McCarrick und viele in der Kurie für ihre Vertuschungen belasten. Eminenz, ich bitte Sie, die Wahrheit zu bezeugen.“

Erzbischof Viganò beendet sein Schreiben mit einer Ermutigung an Katholiken, „niemals mutlos zu sein“ und auf Christus zu vertrauen.

„Dies ist eine Zeit der Reue, der Umkehr, des Gebets, der Gnade, um die Kirche, die Braut des Lammes, vorzubereiten, bereit, mit Maria zu kämpfen und den Kampf gegen den alten Drachen zu gewinnen“, schreibt er.

Viganò erinnert an ein Kunstwerk in der Markuskirche in Venedig, das Jesus zweimal im gleichen Bild zeigt: Einmal, wie er im Boot liegt und schläft, während ein Sturm tobt, und Petrus versucht, zu wecken; und zugleich auch den erwachten Christus, der hinter den verängstigten Jüngern – die ihn nicht sehen – im Boot steht und das aufgewühlte Wasser bändigt.

„Die Szene ist sehr zeitgemäß, um den gewaltigen Sturm darzustellen, den die Kirche in diesem Moment durchmacht“, schreibt der Erzbischof, „aber mit einem wesentlichen Unterschied: Der Nachfolger von Petrus sieht nicht nur nicht den Herrn, der das Boot fest in der Hand hat, sondern scheint auch nicht die Absicht zu haben, den im Bug schlafenden Jesus zu wecken.“

Viganò schreibt: „Ist Christus vielleicht für diesen Vikar unsichtbar geworden? Vielleicht ist er versucht, als Ersatz für unseren einzigen Meister und Herrn zu dienen?“

Er schließt mit den Worten: „Der Herr hat die volle Kontrolle über das Boot! Möge Christus, die Wahrheit, immer das Licht auf unserem Weg sein!“ (CNA Deutsch)

Papst Franziskus über Abkommen mit China: „Ich bin verantwortlich“

VATIKANSTADT – Papst Franziskus hat bestätigt, dass er persönlich für das Abkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Volksrepublik China verantwortlich ist.

Der Pontifex sagte gegenüber Journalisten auf dem Rückflug von seiner Reise ins Baltikum am 25. September, dass bei solchen Verhandlungen „beide Seiten etwas verlieren“.

Der Journalist Antonio Pelayo von „Vida Nueva“ hatte Franziskus über das „provisorische Abkommen“ gefragt; die Vereinbarung zwischen Vatikan und Volksrepublik über die Ernennung von Bischöfen auf dem chinesischen Festland wurde am 22. September in Peking unterzeichnet, wie CNA Deutsch berichtete.

Franziskus sagte, dass die Vereinbarung das Ergebnis eines mehrjährigen Dialogs sei.

„Das Vatikan-Team hat viel gearbeitet“, so der Pontifex, der die Bemühungen von Erzbischof Claudio Maria Celli, emeritierter Präsident des Päpstlichen Rates für soziale Kommunikation, Pater Rota Graziosi, Beamter der römischen Kurie, und Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin hervorhob.

Franziskus sagte, Parolin „hat eine besondere Hingabe an die Lupe; er studiert alle Dokumente bis auf Punkt und Komma, achtet auf Notizen, und das gibt mir eine große Sicherheit“.

„Sie wissen, wenn man ein Friedensabkommen oder eine Verhandlung abschließt, dann verlieren beide Seiten etwas“, sagte der Papst weiter. „Das ist Gesetz. Beide Seiten. Und dann machst du weiter.“

„Ich habe meine Ideen eingebracht“

Franziskus sagte weiter, dass der Dialog mit der chinesischen Regierung, der zu dem Abkommen führte, ein Prozess gewesen sei, bei dem zwei Schritte vorwärts und ein Schritt zurück gegangen wurde.

„Dann vergingen Monate, ohne miteinander zu sprechen, und dann die Zeit Gottes, welche [die Zeit] der Chinesen zu sein scheint. Langsam. Das ist Weisheit, die Weisheit der Chinesen“, so der Papst wörtlich.

Mit Blick auf die exkommunizierten Bischöfe der direkt der Kommunistischen Partei unterstellten „Patriotischen Vereinigung“ sagte Franziskus, dass „die Bischöfe, die in Schwierigkeiten waren, von Fall zu Fall untersucht wurden“, und dass „die Dossiers über jeden einzelnen auf meinen Schreibtisch kamen. Und ich war dafür verantwortlich, den Fall der Bischöfe zu unterschreiben.“

Daraufhin seien die Entwürfe der Vereinbarung auf seinen Schreibtisch gekommen, sagte Franziskus. Man habe diese diskutiert und: „Ich habe meine Ideen eingebracht“, so der Papst, und weiter:

„Ich denke an den Widerstand, an die Katholiken, die gelitten haben. Es ist wahr. Und sie werden leiden. Bei einem Abkommen gibt es immer Leiden. Sie haben einen großen Glauben.“

Der Pontifex fuhr fort, dass „sie“ ihm geschrieben hätten: „Was der Heilige Stuhl, was Petrus sagt, ist das, was Jesus sagt. Der Märtyrer-Glaube dieser Menschen hält auch heute durch. Sie sind die Großartigen!“

„Ich habe die Vereinbarung unterschrieben“, sagte Papst Franziskus. „Ich bin verantwortlich.“

Dann fügte er hinzu: „Die anderen, die ich ernannt habe, arbeiten insgesamt seit mehr als 10 Jahren. Es ist keine Improvisation. Es ist ein Weg, ein wahrer Weg.“

Papst Franziskus sagte weiter, dass ihm nach der Veröffentlichung eines „berühmten Kommuniqués eines ehemaligen apostolischen Nuntius, die Episkopate der Welt schrieben und deutlich sagten, dass sie sich mir nahe fühlten, dass sie für mich beteten“.

Derr Pontifex weiter wörtlich:

„Die chinesischen Gläubigen schrieben mir und die Unterschrift dieses Schreibens kam von einem Bischof der, sagen wir mal so, traditionellen katholischen Kirche, und von einem Bischof der patriotischen Kirche, gemeinsam und treu, alle beide. Für mich war das ein Zeichen Gottes“.

Der Papst erinnerte dann die Journalisten im Flugzeug daran, dass es in Lateinamerika „350 Jahre lang Aufgabe des Königs von Portugal und Spanien war, die Bischöfe zu ernennen, und der Papst gab nur die Zuständigkeit“.

Franziskus weiter: „Wir vergessen den Fall von Österreich-Ungarn. Maria Theresia war es leid, die Ernennungen der Bischöfe zu unterschreiben und gab dem Vatikan die Zuständigkeit. Das waren andere Zeiten, und Gott sei Dank, dass sie sich nicht wiederholen.“

Was das Abkommen mit China betreffe, so Franziskus, werde die Volksrepublik einen Dialog mit dem Vatikan „über mögliche Kandidaten“ führen, „aber Rom ernennt, der Papst ernennt.“

Franziskus fügte hinzu: „Und lasst uns für das Leid derer beten, die das nicht verstehen und die so viele Jahre lang im Untergrund hinter sich haben.“

Tatsächlich sind die Einzelheiten des Abkommens nicht bekannt und somit sind die Modalitäten der Ernennung zukünftiger Bischöfe weiter unklar, einschließlich der Frage, inwiefern die Volksrepublik etwa Kandidaten bestimmt, aus denen dann der Papst einen Bischof auswählt.

In einer Erklärung am 22. September teilte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin laut „Vatican News“ mit, das Ziel des Abkommens sei „pastoral“.

„Papst Franziskus, wie es seine unmittelbaren Vorgänger auch schon getan haben, schaut mit besonderer Aufmerksamkeit auf das chinesische Volk. Was jetzt gebraucht wird, ist Einheit, ist Vertrauen und ein neuer Impuls“, so Parolin wörtlich.

Es gehe darum „Gute Hirten zu haben, anerkannt vom Nachfolger Petri – vom Papst – und von den legitimen zivilen Behörden“. Parolin sagte, er hoffe, dass das Abkommen ein Mittel dafür sein werde.

In China geht die Regierung systematisch gegen Religionsgemeinschaften vor, auch und gerade Christen. Die „Patriotische“ Kirche untersteht direkt der Kommunistischen Partei. Berichten zufolge werden immer wieder Kreuze entfernt, Kirchen abgerissen, Gläubige schikaniert. Seit kurzem ist selbst das Teilen von Gebeten in den Sozialen Medien verboten, wie CNA Deutsch berichtete. (CNA Deutsch)

„Scham und Trauer“: Stellungnahme des Vatikans zum Missbrauch- und Vertuschungsskandal

VATIKANSTADT – Mit einer Stellungnahme hat der Vatikan am heutigen Donnerstag auf den massiven Skandal reagiert, den der Untersuchungsbericht über tausendfachen, jahrzehntelangen Missbrauch durch etwa 300 Priester in Pennsylvania ausgelöst hat.

In Bezug auf den Bericht gebe es „zwei Wörter, die
die Gefühle angesichts dieser schrecklichen Verbrechen zum Ausdruck bringen: Scham und Trauer“, so die Mitteilung in italienischer Sprache, die auch in englischer und spanischer Arbeitsübersetzung erschien.

Weiter heißt es:

„Der Heilige Stuhl behandelt mit großer Ernsthaftigkeit die Arbeit der Untersuchungs-Grand Jury von Pennsylvania und den ausführlichen Zwischenbericht. Der Heilige Stuhl verurteilt unmissverständlich den sexuellen Missbrauch von Minderjährigen. Die im Bericht beschriebenen Missbräuche sind Straftaten und moralisch verwerflich. Das waren Vertrauensbrüche, der die Opfer ihrer Würde und ihres Glaubens beraubte“.

Die Kirche muss aus ihrer Vergangenheit „harte Lektionen“ lernen, so die Mitteilung des Vatikans weiter, und sowohl Täter wie jene, die deren Missbrauch zuließen, müssten zur Verantwortung gezogen werden.

Missbrauch aus 1960er-1980er Jahren

Mit Blick auf die Tatsache, dass der Bericht vor allem Missbrauch in den 1960er bis 1980er Jahren dokumentiere, heißt es in der Mitteilung des Vatikans weiter:

„Die meisten Diskussionen im Bericht beziehen sich auf Missbräuche vor den 2000er Jahren. Insofern man fast keine Fälle nach 2002 verzeichnet, stimmen die Schlussfolgerungen der Grand Jury mit früheren Studien überein, die zeigen, dass die Reformen der katholischen Kirche in den Vereinigten Staaten das Vorkommen von kirchlichem Kindesmissbrauch drastisch reduziert haben.“

Der Heilige Stuhl ermutige zu kontinuierlicher Reform und Wachsamkeit auf allen Ebenen der katholischen Kirche, um zu helfen, den Schutz von Minderjährigen und schutzbedürftigen Erwachsenen zu gewährleisten, so die Mitteilung weiter.

„Der Heilige Stuhl möchte auch die Notwendigkeit der Einhaltung des Zivilrechts unterstreichen, einschließlich der obligatorischen Meldung von Kindesmissbrauch“.

„Papst auf Seite der Opfer“

Die Mitteilung betont abschließend, dass der Papst „gut versteht, wie sehr diese Verbrechen den Glauben und den Geist der Gläubigen erschüttern können“.

Er wiederhole den Aufruf, alles zu tun, um ein sicheres Umfeld für Minderjährige zu schaffen, für schutzbedürftige Erwachsene in der Kirche und in der gesamten Gesellschaft.

Die Opfer sollten wissen, dass der Papst auf ihrer Seite stehe. „Diejenigen, die gelitten haben, sind seine Priorität, und die Kirche will ihnen zuhören um diesen tragischen Schrecken auszumerzen, der das Leben der Unschuldigen zerstört“. (CNA Deutsch)

Priester können nicht glaubwürdig auf Ehe vorbereiten: Kardinal Farrell

DUBLIN – Der für Familien und Laien zuständige Kardinal Kevin Farrell hat gesagt, dass Priester nicht die Glaubwürdigkeit und Erfahrung haben, um Paare auf die Ehe vorzubereiten.

In einem Interview mit dem in Irland erscheinenden, katholischen Magazin „Intercom“ sagte Kardinal Farrell wörtlich, „Priester sind nicht die geeignetsten Menschen, um andere für die Ehe auszubilden“.

„Sie haben keine Glaubwürdigkeit; sie haben nicht die Erfahrung; sie kennen vielleicht die Moraltheologie, die Dogmatik“, so Farrell weiter. Doch für die Praxis reiche nicht die Theorie.

Es ist nicht das erste Mal, dass der von Papst Franziskus im November 2016 zum Kardinal erhobene Geistliche diese Ansicht äußert: Bereits im September 2017 sagte Farrell auf einer Konferenz in Irland, dass Priester „keine Glaubwürdigkeit haben, wenn es um die gelebte Realität der Ehe“ gehe, und deshalb Laien aufgerufen seien, Programme für die Ehevorbereitung zu gestalten und zu organisieren.

Papst Franziskus, der Farrell 2016 zum ersten Präfekten der neu geschaffenen Behörde ernannte, hat selbst immer wieder über die Ehevorbereitung gesprochen, unter anderem in Amoris Laetitia – und betont, dass die Beichte wichtig für die Vorbereitung auf die Ehe ist.

Kevin Farrell wurde in Irland geboren und 1978 als Mitglied der Legionäre Christi zum Priester geweiht. 1989 siedelte er nach Washington (USA) über, und wurde 2002 zum Weihbischof in der gleichnamigen Diözese. Farrell war in dieser Zeit Generalvikar des von Kardinal Theodore McCarrick, mit dem er auch in einem renovierten Pfarrhaus im Kalorama-Viertel Washingtons zusammenlebte.

Im Jahr 2007 wurde Farrell zum Bischof von Dallas ernannt, und im September 2016 machte ihn Papst Franziskus zum ersten Präfekten des neu geschaffenen Dikasteriums für Laien, Familie und Leben. Dieses wurde durch die Auflösung und Zusammenlegung des Päpstlichen Rates für die Laien und des Päpstlichen Rates für die Familie geschaffen, um eine einzelne Behörde für die Herausforderungen der Ehevorbereitung, Familienbildung und der Förderung des Laien-Apostolates zu haben. (CNA Deutsch)

Frankreich/Vatikan: Kardinal Tauran verstorben

Den französischen Kardinal Jean-Louis Pierre Tauran ereilte am Donnerstagnachmittag in Connecticut in den Vereinigten Staaten, wohin er zu einer Therapie gereist war der Tod. Er war seit 2007 Präsident des Päpstlichen Rates für den interreligiösen Dialog und seit 2014 Camerlengo der Heiligen Römischen Kirche.

Tauran war 75 Jahre alt und litt seit Jahren an Parkinson. Papst Johannes Paul II. hatte ihn 2003 in den Kardinalsstand erhoben und verlieh ihm die Diakonie „S. Apollinare alle Terme Nenroniane-Alessandrine“.

Mit seinem Tod umfasst das Kardinalskollegium insgesamt 225 Purpurträger und von diesen sind 124 Kardinäle wahlberechtigt in einem künftigen Konklave. (vh)