Afrikanischer Kardinal: Jetzt sind wir dran

Die Katholiken in Afrika stehen in denal Startlöchern, um in Europa bei der neuen Evangelisierung zu helfen. Das sagt der Erzbischof von Daressalam in Tansania, Kardinal Polycarp Pengo, im Gespräch mit Radio Vatikan. Auf keinem Kontinent wächst das Christentum – auch das katholische – so stark wie auf dem afrikanischen: 1900 gab es dort nur etwa neun Millionen Christen, heute liegt ihre Zahl bei 475 Millionen.

„Die westlichen Kirchen reden viel von ihrem Priestermangel: Ohne Priester können sie keine neue Evangelisierung durchführen in ihren alten, traditionellen Kirchen. Das öffnet uns in den jungen Kirchen die Augen: Wenn wir zum Beispiel Priester ausbilden, dann wird uns jetzt klar, dass wir das nicht für uns tun, sondern allgemein für die Kirche!"

Kardinal Pengo hat im Oktober an der Bischofssynode im Vatikan zum Thema Neue Evangelisierung teilgenommen. Im Jahr 2000 lebten schon zwanzig Prozent aller Christen weltweit in Afrika; nach neuesten Statistiken soll ihre Zahl in Afrika mittlerweile über der der Muslime liegen.

„Wir sind keine Missionskirche mehr in dem Sinn, dass wir einfach die Hand aufhalten – wir müssen jetzt selbst geben und hinausgehen, um anderen zu helfen. In dem Sinn hat sich für uns sehr viel geändert in den Jahren seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil: Die Umstände sind jetzt ganz andere, Evangelisierung ist für uns nicht mehr wie früher, es ist jetzt auch für uns eine Aufgabe!"
(rv)

Kard. Koch: „Man müsste als Auto geboren werden“

„Neue Evangelisierung und ökumenische Verantwortung sind nicht voneinander zu trennen." Das sagte der vatikanische Ökumene-Verantwortliche, Kardinal Kurt Koch, am Montagnachmittag. In Rom eröffnete er die Vollversammlung des Päpstlichen Einheitsrates mit einem Grundsatzreferat, in dem er die Sicht der katholischen Kirche auf die Reformation umriss.

Kardinal Koch urteilte unter Berufung auf den Kirchenhistoriker Joseph Lortz, die Reformation habe „vor allem Spaltung" bedeutet und der Überzeugungskraft der christlichen Verkündigung „einen entscheidenden Schlag versetzt". Zwar sei das „das genaue Gegenteil von dem, auf das die Reformation eigentlich aus war"; Luther und seinen Anhängern sei es vor allem um die Reform der Kirche an Haupt und Gliedern gegangen. „Es kam aber nicht dazu, sondern zum Bruch; die Hauptaufgabe der Kirche wurde nicht angegangen", so der Schweizer Kurienkardinal. Er hoffe, so führte er immer noch mit einem Lortz-Zitat aus, dass das auch den Protestanten immer deutlicher werde. Die Reformation sei, wie auch der protestantische Denker Wolfhart Pannenberg, einräume, „gescheitert" und müsse erst noch „zu ihrer Vollendung geführt werden". Diese Vollendung der Reformation setze allerdings die Wiederherstellung der christlichen Einheit voraus. Die Entstehung protestantischer und reformierter Kirchen zeige „nicht den Erfolg, sondern das Scheitern der Reformation".

Die Säkularisierung der Neuzeit ist nach der Analyse von Kardinal Koch „eine nicht gewollte, tragische Konsequenz der Spaltung der westlichen Kirche im 16. Jahrhundert". Das Auseinanderbrechen der Christenheit habe also in letzter Konsequenz zur „Emanzipation der modernen Kultur" vom Christentum geführt, und darum sollten die Christen zuerst auf Ökumene setzen, wenn sie in unserer heutigen Zeit neu evangelisieren wollten. Bei der neuen Evangelisierung in den heutigen, pluralen Gesellschaften bräuchten die Christen allerdings nicht auf ihren Wahrheitsanspruch zu verzichten: „Die Universalität des christlichen Glaubens impliziert ja keineswegs den Anspruch auf eine exklusive, objektive Wahrheit im Bereich der menschlichen Kenntnisse, die wir hätten und anderen Religionen gegenüber ins Feld führen könnten. Universalität des christlichen Glaubens ist vielmehr das Gegenteil von Abgrenzung und Polarisierung, von Selbstbehauptung und Intoleranz." Schließlich sei ja die „Universalität der Wahrheit", die der Christ bekenne, „eine Person, nämlich Jesus Christus". „Diese Wahrheit und die universelle Liebe, die alle umarmt und keinen ausschließt, hat sich in Jesus Christus gezeigt."

Kardinal Koch riet dazu, in der modernen Gesellschaft auf die Verbindung der Menschenwürde zum „Geheimnis Gottes" hinzuweisen. Darum sei der Einsatz der Christen für das Leben wichtig. „Der Schutz der materiellen Dinge in unserer Gesellschaft ist viel klarer geregelt als der Schutz des Lebens in all seinen Phasen und Varianten", so Koch. Und wörtlich: „Autos zum Beispiel sind geschützter als ungeborene oder sterbende Menschen, so dass wir dem Wiener Theologen Paul Michael Zulehner zustimmen können, wenn er sagt, man müsste in der heutigen Gesellschaft das Glück haben, als Auto auf die Welt zu kommen!" (rv)

Kard. Sarah: „Viele hoffen auf Eingreifen des Papstes in Syrien“

Eigentlich hatte der Papst eine Friedensdelegation nach Damaskus schicken wollen. Daraus wurde wegen der Kämpfe in der syrischen Hauptstadt nur eine Ein-Mann-Friedensmission in den Libanon. Aber Kardinal Robert Sarah, der Sondergesandte Benedikts XVI., stellte bei seinen Gesprächen mit Politikern in Beirut fest, dass viele Menschen angesichts des blutigen Konflikts in Syrien Hoffnungen in den Vatikan setzen.

„Die Behörden denken, dass der Heilige Stuhl doch die Möglichkeit studieren könnte, diesen Krieg zu stoppen", so Sarah im Gespräch mit Radio Vatikan. „Der Heilige Vater hat eine Stimme, die auf der internationalen Bühne von großer Autorität ist, und vielleicht würden seine Interventionen, seine Appelle an die Großmächte doch gehört, um den Krieg zu beenden – und zwar nicht mit Gewalt, sondern auf dem Verhandlungsweg. Die Mehrheit derer, mit denen ich in Beirut gesprochen habe, setzen auf ein Eingreifen des Papstes. Als Benedikt XVI. beschloss, eine Delegation nach Syrien zu schicken, hat das sein Engagement für einen Verhandlungsfrieden in Syrien gezeigt. Es geht dem Heiligen Vater um eine politische Lösung, mit allen streitenden Parteien um einen Verhandlungstisch versammelt. Also: Hoffnung darauf, dass die Kirche mehr tut für ein Ende dieses Krieges."

Denn die Kämpfe haben schon genug Elend über Unschuldige gebracht, so Sarah. Der Kardinal, der das Päpstliche Hilfswerk Cor Unum leitet, hat sich in der Nähe der Grenze nach Syrien auch mit Flüchtlingen getroffen und ist erschüttert von ihrem Leid.

„Diese vielen Menschen in den Lagern zu sehen, ohne Wasser oder Strom, ohne Hygiene und mit dem Winter, der schon vor der Tür steht, es wird ja schon kalt, es regnet – das war sehr bewegend. Eine muslimische Frau, die vollkommen verschleiert war, fing an zu weinen, als ich mit ihr sprach. Ich fragte sie: Warum weinst du?, und sie antwortete: Weil Sie mich wie einen Menschen behandeln. Ich fühle mich auf einmal wieder wie ein Mensch."

Nach seiner Rückkehr aus dem Libanon hat Kardinal Sarah aufmerksam die Berichte verfolgt, dass die syrische Opposition auf einer Konferenz in Doha, im Katar, eine neue, einheitliche Plattform gegründet hat.

„Wir hoffen, dass diese Vereinigung auf Seiten der Opposition vielleicht einen Schritt hin zu Verhandlungen bedeutet. Denn bisher wusste man nicht so genau, mit welchen Oppositionellen sich denn eigentlich verhandeln ließe, es gab zu viele verschiedene Gruppen und Fraktionen. Also, aus meiner Sicht ist das ein Schritt nach vorne – aber ich würde schon zögern, wenn ich sagen müsste, ob das jetzt wirklich ein rundum positiver Schritt ist. Immerhin: Wir haben jetzt eine neue Lage, die eventuell zu einer Suche nach Frieden beitragen könnte. Jetzt gibt es wenigstens identifizierbare Verantwortliche, mit denen man reden kann."

Der aus Guinea stammende Kardinal hofft, dass sich jetzt auch die syrische Regierung unter Baschir al-Assad bewegt.

„Sie haben ja gehört, dass der syrische Präsident gesagt hat, er wolle in Syrien sterben. Er ist, glaube ich, entschlossen, gegebenenfalls Verhandlungen aufzunehmen – aber auch nicht mit irgendjemandem. Wenn sich das Regime jedenfalls zu Verhandlungen entschließt, dann ist einiges möglich. Ich hoffe, dass auch die internationale Gemeinschaft in diesem Sinne ein bisschen helfen kann."

Direkte Kontakte zu syrischen Rebellen habe er während seines Besuchs im Libanon nicht gehabt, sagt Kardinal Sarah.

„Es war nicht mein Ziel, Kontakt zu Rebellen oder auch zur Regierung von Herrn Assad aufzunehmen. Ich glaube auch nicht, dass man viele Rebellen im Libanon treffen könnte – aber jedenfalls war das nicht mein Ziel, Politik zu machen. Selbst wenn es Möglichkeiten zu einer entsprechenden Kontaktaufnahme gegeben hätte: Das war nicht die Mission, die mir der Heilige Vater aufgetragen hatte!" (rv)