Vatikan begrüsst UNO-Entscheidung zu Palästina

Der Vatikan begrüßt die Entscheidung der UNO-Vollversammlung in New York, Palästina einen Beobachterstatus als Nicht-Mitgliedsstaat zuzuerkennen. Nur kurz nach dem Votum in der Nacht auf Freitag veröffentlichte das vatikanische Staatssekretariat eine Erklärung. Sie verweist darauf, dass sich der vatikanische „Außenminister", Erzbischof Dominique Mamberti, schon letztes Jahr vor der UNO für eine Anerkennung der Staatlichkeit Palästinas eingesetzt habe. Wörtlich heißt es aus dem Vatikan: „Das Votum vom 29. November drückt die Gefühle einer Mehrheit der Mitglieder der internationalen Gemeinschaft aus." Auch der Heilige Stuhl hat einen Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen.

Es war eine Genugtuung für Palästinenserpräsident Mahmud Abbas: 138 der 193 Staaten in der UNO-Vollversammlung stimmten für eine diplomatische Aufwertung der Palästinenser. Abbas hatte die Vollversammlung dazu aufgerufen, eine „Geburtsurkunde für Palästina" auszustellen. Die USA und Israel werteten die Abstimmung als Rückschlag für die Friedensbemühungen im Nahen Osten, insgesamt neun Staaten stimmten mit Nein. In seinem Kommuniqué erinnert der Heilige Stuhl daran, dass der palästinensische Sieg „für sich allein noch keine hinreichende Lösung für die Probleme in der Region darstellt": Es brauche neue Anstrengungen für Frieden, Stabilität und Gerechtigkeit. Dabei müssten „die legitimen Erwartungen sowohl Israels als auch Palästinas respektiert" werden.

Eine definitive Lösung des Nahostkonflikts kann aus Vatikansicht – das wird in dem nächtlichen Statement erneut klar – nur auf Grundlage der UNO-Entscheidungen von 1947 gefunden werden. Diese sahen die Existenz zweier Staaten vor. Der Heilige Stuhl appelliert an beide Völker, die Verhandlungen „in gutem Glauben wiederaufzunehmen" und alles zu vermeiden, was der ernsthaften Suche nach einer dauerhaften Friedenslösung entgegensteht, heißt es weiter.

Ausdrücklich erinnert der Vatikan an seinen Grundlagenvertrag mit der PLO vom 15. Februar 2000. Dieser verlangt ein international überwachtes Statut für Jerusalem, das Religions- und Gewissensfreiheit garantiert, dem besonderen Charakter Jerusalems als Heiliger Stadt Rechnung trägt und den Zugang zu den Heiligen Stätten sichert. Der Vatikan habe sich wiederholt für eine Zwei-Staaten-Lösung in der Region ausgesprochen, betont das Staatssekretariat. Dabei habe er aber auch immer das Recht des Staates Israels auf ein Leben in Sicherheit innerhalb international anerkannter Grenzen bekräftigt. Zugleich habe er das Recht des palästinensischen Volkes auf ein unabhängiges und souveränes Heimatland und auf ein Leben in Würde und mit freien Reisemöglichkeiten verlangt.

Das Communiqué zitiert aus der Rede von Papst Benedikt XVI. zum Abschluss seiner Heilig-Land-Reise vom 15. Mai 2009 auf dem Flughafen von Tel Aviv: „Kein Blutvergießen mehr! Keine Kämpfe mehr! Kein Terrorismus mehr! Kein Krieg mehr! Lasst uns stattdessen den Teufelskreis der Gewalt durchbrechen! Lasst bleibenden Frieden herrschen, der auf Gerechtigkeit gründet, lasst echte Versöhnung und Heilung walten. Es möge allgemein anerkannt werden, dass der Staat Israel das Recht hat, zu existieren und Frieden und Sicherheit innerhalb international vereinbarter Grenzen zu genießen. Ebenso möge anerkannt werden, dass das palästinensische Volk ein Recht auf eine souveräne, unabhängige Heimat, auf ein Leben in Würde und auf Reisefreiheit hat. Die Zwei-Staaten-Lösung möge Wirklichkeit werden und nicht ein Traum bleiben!" (rv)

CCEE-Treffen in Rom: Einwanderer sind Brüder

Der Einsatz der Kirchen in Europa im Bereich der Migrantenseelsorge und die Neuevangelisierung – das waren die Hauptthemen beim Treffen des Rats der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) in Rom, das an diesem Donnerstag zu Ende ging. Ziel der Veranstaltung war unter anderem, eine „Road Map" für die Aktivitäten der Migrantenseelsorge zu erstellen.

Kardinal Antonio Maria Vegliò, der Vorsitzende des päpstlichen Rates für die Migrantenseelsorge, betonte bei dem Treffen, die Migranten seien im Herzen der Kirche. Innerhalb der CCEE ist die Kommission „Caritas in veritate" für das Treffen zuständig. Radio Vatikan hat mit Pater Luis Okulik gesprochen, dem Sekretär der Kommission für soziale Fragen. Wie die Kirche Migranten sieht, beschreibt er folgendermaßen:

„Ein Einwanderer ist ein Bruder, der kommt und Hilfe braucht. Er muss beim Aufbau einer neuen Existenz unterstützt und begleitet werden. Natürlich gibt es aufgrund von religiösen und kulturellen Unterschieden manchmal auch Schwierigkeiten. So hat beispielsweise die Einwanderung aus Ländern mit muslimischer Mehrheit zugenommen. Die Kirche hat da aber immer einen Sinn für Ausgewogenheit gezeigt: denn ihre Hilfe erfolgt unabhängig von ethnischen oder religiösen Einstellungen. Was für uns zählt, ist vielmehr: Denen, die Hilfe brauchen, zu helfen. Wenn ein Christ hilft, dann tut er es gerade weil er katholisch ist: Als Katholik weiß er, dass das der beste Weg ist, um die Erfahrung, die einem das Evangelium vermittelt, weiterzugeben. "

Außerdem berichtet Okulik über das aktuelle Treffen der CCEE in Rom:

„Unser Hauptziel war es, über die Botschaft des Papstes zum Welttag der Migranten aus dem vergangenen Jahr noch einmal nachzudenken. Dort sind Neuevangelisierung und eine erneuerte Seelsorge – eine Seelsorge der Kommunion – eng miteinander verbunden. Davon ausgehend hatten wir die Idee, die verschiedenen Verantwortlichen für die Migrantenseelsorge der europäischen Bischofskonferenzen in Rom zu versammeln. Hier konnten sie von ihren Erfahrungen berichten und sie teilen. Dem CCEE-Rat geht es außerdem darum, die Arbeit der verschiedenen Migrantenseelsorger in Europa besser zu koordinieren und so vielleicht auch die Bischofskonferenzen noch besser zu unterstützen."

Für die Zukunft komme es darauf an, auf der bestehenden, guten Grundlage der Migrantenseelsorge aufzubauen und nun die Schwierigkeiten und Herausforderungen in den Blick zu nehmen. Das Treffen in Rom habe gezeigt, dass einige Bedingungen für die regionale und überregionale Zusammenarbeit noch verbessert werden könnten, so Pater Luis Okulik, Sekretär der Kommission für soziale Fragen innerhalb der CCEE. (rv)

Frieden in Kolumbien „eine nahezu unmögliche Aufgabe

Der neue Kardinal aus Kolumbien, Rubén Salazar Gómez, ist nicht sehr optimistisch über die Friedensgespräche zwischen Regierung und FARC-Rebellen. Der blutige Konflikt, in dem sich seit einem halben Jahrhundert marxistische Rebellen, Armee und Paramilitärs gegenüberstehen, sei letztlich nur ein Symptom der vielen ungelösten Probleme in Kolumbien, vor allem der sozialen Ungleichheit, sagte Salazar Gómez im Gespräch mit Radio Vatikan.

„Kolumbien ist ein Land, das einen in sozialer Hinsicht sehr ernsten Konflikt durchmacht. Ein Land, dem das innere Ungleichgewicht praktisch schon von Geburt an mitgegeben worden ist und wo es – aus einer Vielzahl von Gründen – eine enorme Kluft gibt zwischen Reichen und Armen, Gebildeten und Analphabeten, zwischen Leuten, die am sozialen Leben teilnehmen können, und denen, die am Rand stehen. Auch das hat zu dem bewaffneten Konflikt geführt, der vielleicht der älteste noch anhaltende Konflikt in der Welt ist. Millionen von Menschen sind ihm in etwa fünfzig Jahren schon zum Opfer gefallen."

Nirgendwo in Lateinamerika hat sich die Schere zwischen Arm und Reich so weit geöffnet wie in Kolumbien. Am letzten Dienstag trafen sich in der kubanischen Hauptstadt Havanna Unterhändler von Kolumbiens Regierung und FARC-Rebellen zu einer neuen Gesprächsrunde. Die Verhandlungen scheinen zwar gut voranzugehen, doch stellt die Regierung auch während der Gespräche ihre Armee-Operationen gegen die FARC keineswegs ein. Die FARC haben einen einseitigen Waffenstillstand für zwei Monate Dauer erklärt (ihr erster in mehr als zehn Jahren) und ließen vor ein paar Tagen auch drei entführte Chinesen frei – womit sie ihre Beteuerungen, sie hätten keine Entführten mehr in ihrer Gewalt, selbst Lügen straften. Mitte Dezember wollen beide Seiten in Bogotà über eine Landreform sprechen, das wohl dornigste Problem.

„Hoffen wir auf ein Wunder"
„Jetzt hat es die Regierung endlich geschafft, sich mit Vertretern zumindest einer der Guerillas an einen Tisch zu setzen; die FARC sind womöglich die wichtigste Guerilla-Gruppe. Da müssen wir Christen wirklich hartnäckig darum beten, dass uns der Herr den Frieden schenkt! Die Lage ist ausgesprochen komplex und schwierig; es scheint eine nahezu unmögliche Aufgabe, zwischen Regierung und Guerilla zu einer Abmachung zu kommen. Hoffen wir also, dass der Herr ein Wunder wirkt und die Verhandelnden zu einem Einverständnis bringt, damit endlich der bewaffnete Konflikt aufhört."

In seiner ersten Botschaft als Kardinal hat Salazar Gómez zu mehr Wertschätzung für das menschliche Leben aufgerufen. Ihm scheint das eine der dringendsten Fragen für sein Land derzeit.

„Das liegt daran, dass sich in Kolumbien – vielleicht unter dem Eindruck des Konflikts, bei dem soviel Blut vergossen wurde – eine Mentalität herausgebildet hat, als ob das Leben nichts wert wäre. Dabei haben wir seit 1991 eine Verfassung, die völlig auf dem Prinzip der Grundrechte jeder menschlichen Person aufbaut. Tatsächlich wird in Kolumbien viel von den Rechten gesprochen, die es zum Beispiel für Minderheiten zu sichern gälte; dabei werden aber gleichzeitig Menschenrechte angegriffen, etwa durch einen Gesetzesvorstoß, der Abtreibung völlig liberalisieren möchte."

Der Gesetzesvorstoß stützt sich auf ein Urteil des Verfassungsgerichts in Bogotà von 2006. Danach wäre Abtreibung straffrei bei Gefahr für Leben oder Gesundheit der Mutter, bei schwerer Missbildung des Fötus oder nach einer Vergewaltigung. Ursprünglich galt auch der Erzbischof von Bogotà als Befürworter einer vorsichtigen Liberalisierung beim Abtreibungsverbot, vor allem nach einem Zeitungsinterview Mitte November. Doch auf Bitten aus dem Vatikan präzisierte Salazar Gómez seine Haltung: Er halte Abtreibung für ein „abscheuliches Verbrechen", und ihre Straffreiheit sei keineswegs „als ein Recht zu betrachten". Ähnlich klar ist seine Stellungnahme gegen einen Gesetzesvorschlag zur Sterbehilfe, über den der Kongress von Bogotà debattiert:

„Christliches Volk, aber antichristliche Gesellschaft"
„Ein umfassendes und ausgesprochen gefährliches Euthanasie-Gesetz! Denn es öffnet die Türe dahin, dass praktisch jeder über das Leben von anderen bestimmen kann, über das Leben von Kranken. Auch gegen die Familien werden sehr gefährliche Türen geöffnet. Ich würde sagen: Wir erleben einen Moment, wo das grundlegende, absolute Recht auf Leben aufs Spiel gesetzt wird. Und darum ist es so wichtig, dass wir in Kolumbien eine neue Mentalität entwickeln, die das Leben verteidigt und fördert."

Wie kommt es eigentlich, dass gerade Kolumbien so stark von Gewalt, inneren Konflikten und Ungleichheit geprägt ist? Das Land ist doch christlich: 86 Prozent der Bevölkerung gehören zur katholischen Kirche, die hier schon im frühen 16. Jahrhundert ihre ersten Bistümer gründete. Kardinal Salazar Gómez erklärt:

„Eines der großen Dramen, die wir in Kolumbien – aber auch allgemeiner in Lateinamerika überhaupt – haben, ist dass der Glaube fast immer als eine Privatsache angesehen wird, die im sozialen Leben null Auswirkungen hat. Das hat es überhaupt möglich gemacht, dass wir eine völlig ungerechte Gesellschaft aufgebaut haben, eine antichristliche Gesellschaft – obwohl doch das Volk im wesentlichen aus Christen besteht!"

Rubén Salazar Gómez ist seit vier Jahren Vorsitzender der Bischofskonferenz von Kolumbien, seit zwei Jahren Erzbischof der Hauptstadt Bogotà – und seit ein paar Tagen Kardinal. (rv)