Kardinal Tagle: Migranten ins Gesicht sehen

Die Caritas Internationalis-Kampagne „Begleite die Reise“ ist eine Einladung zu jener „Kultur der Begegnung“, die der Papst Franziskus weltweit fördern will. So erklärt Caritas Internationalis-Präsident Kardinal Luis Antonio Tagle das Anliegen der weltweiten Initiative; der Erzbischof von Manila stellte „Share the Journey“ an diesem Mittwoch im Vatikan vor, kurz nachdem der Papst bei der Generalaudienz darauf eingegangen war. Menschliche Begegnung habe das Potential, Vorurteile abzubauen, was weitreichende Folgen haben könne, sagte Kardinal Tagle gegenüber Radio Vatikan:

„Bevor echte Mauern gebaut werden, gibt es eine Mauer, die davor schon errichtet wurde: die Mauer der Überzeugungen. Diese Caritas-Kampagne ist ein Aufruf zur Bekehrung, zum Mentalitätswechsel durch persönliche Begegnungen – denn wenn wir einen Migranten als Menschen begegnen, von Angesicht zu Angesicht, öffnen sich unsere Augen. Man sieht nicht die Statistik oder eine Zahl, sondern einen echten Menschen, einen Bruder, eine Schwester, meinen Nächsten. Ich sehe in ihm vielleicht das Gesicht meiner Eltern oder Verwandten.“

Kardinal Tagle kann einen solchen Satz mit persönlicher Note sagen: Sein Großvater mütterlicherseits war ein Migrant, der aus China kommend auf den Philippinen eine Zukunft suchte.

Migration ein menschliches Gesichts geben – darum geht es bei „Share the Journey“. Die nationalen Caritasverbände informieren im Rahmen der Aktion über die Ursachen der Flucht, schaffen Räume der Begegnung mit Migranten und begleiten die Schutzsuchenden durch konkrete Hilfsangebote. Dabei geht es auch darum, angesichts der kriminellen Ausschlachtung des Phänomens an die Menschenwürde zu erinnern und diese zu schützen, so der Caritas Internationalis-Präsident weiter.

„Migration ist kein neues Phänomen in der Welt, die Menschheitsgeschichte ist eine Geschichte der Migration! Heute gibt es jedoch Faktoren und Phänomene, die Migration zum ,Störfaktor‘ machen: die neuen Formen der Sklaverei, die Nutzung der sozialen Medien für den Cyber Sex, der Verkauf von Kindern…Wir wollen die Welt daran erinnern, dass es eine Menschlichkeit gibt, die keine abstrakte Frage ist, sondern die die Würde des Menschen betrifft. Der Papst und Caritas Internationalis stellen diese Würde ins Zentrum.“ (rv)

Kardinal Tagle: „Wir brauchen ein humanitäres Umdenken“

Kardinal TagleAm ersten UNO-Gipfel für humanitäre Hilfe hat am Montag und Dienstag in Istanbul auch der philippinische Kardinal Luis Tagle teilgenommen. Der Erzbischof von Manila ist Präsident von Caritas Internationalis. Er wirbt im Gespräch mit Radio Vatikan für ein „humanitäres Umdenken“:

„Ich denke, der erste Schritt sollte sein, sich wirklich dem Menschen zuzuwenden. Die Opfer von Unglück und Leid bei der Hand zu nehmen, die Geschichten von Flüchtlingen anhören. Das ist das Eine. Der andere wichtige Punkt ist die humanitäre Hilfe – und damit beschäftigt sich besonders auch die Caritas. Bei der Caritas haben wir gelernt, dass internationale Förderer und Agenturen das Subsidiaritätsprinzip akzeptieren müssen. Anders geht es nicht. Denn die kommen von ganz oben, und manchmal meinen sie es zwar gut, aber die örtlichen Gemeinden kennen ihre eigene Kultur, ihre Bedürfnisse und ihre Situation besser. Also sollten wir den örtlichen Gemeinden bei ihrer eigenen Rehabilitation und dem Wiederaufbau helfen. Uns also nicht von oben herab einmischen.“

Der dritte Punkt, den Kardinal Tagle anspricht, hat vor allem mit der derzeitigen Flüchtlingskrise – nicht nur in Europa – zu tun. „Wir müssen die Gründe für die Konflikte, die Menschen dazu bewegen, aus ihrer Heimat wegzugehen, ansprechen. Wenn eine Naturkatastrophe der Grund ist, müssen wir das benennen und die dramatischen Veränderungen untersuchen, um sie in Zukunft verhindern zu können. Ich habe dieses ungute Gefühl, dass erfolgreiche Hilfsaktionen zwar gelobt werden – aber Menschen sollten nicht nur für kurze Zeit humanitäre Organisationen unterstützen. Das reicht nicht!“

Das Schicksal eines Menschen sei keine To-do-Liste, die man abhaken und dann wegwerfen könne, sagt Tagle. „Wenn eine Hilfsaktion erfolgreich ausgeführt wurde, meinen einige Bereiche der Gesellschaft sagen zu können: „Naja, die Bedürfnisse der Menschen sind gestillt … Damit ist es jetzt gut.“ Aber das ist kein Ersatz für politische Entscheidungen! Und leider denken gerade viele von denen so, die politischen Einfluss haben.“

Kardinal Tagle ist davon überzeugt, dass gerade in einer pluralen Welt die Menschen gut zusammenarbeiten können.

„Was für Ressourcen haben wir in unserer pluralen Welt, in der wir einander respektieren sollten, um Frieden zu schaffen? Wie können wir Brücken bauen? Wie schaffen wir Versöhnung? Wie können wir friedliebend sein? Ich bin mir sicher: Alle Religionen finden hierauf Antworten, denn alle Religionen haben genügend Ressourcen.“ (rv)

Kirche hofft auf „Friedens-Kampagne“ für Syrien

Kardinal TagleDas erlebt Kardinal Tagle nicht alle Tage: dass ein Mann am Straßenrand ruft „Es lebe die Caritas!“ Passiert ist die Szene in diesen Tagen im Libanon; da hat Tagle in der Bekaa-Ebene Flüchtlinge aus Syrien besucht. „Ich traf eine muslimische Familie, die aus Syrien stammt; der Familienvater rief: Es lebe die Caritas, es lebe die Kirche! Mich hat das sehr, sehr gefreut – nicht aus Stolz, sondern weil es zeigt, dass das Zeugnis der Nächstenliebe gültig ist.“

Luis Antonio Tagle ist Erzbischof von Manila auf den Philippinen; gleichzeitig leitet er auch die internationale Caritas, und dieses Amt war es, das ihn jetzt in den Libanon führte, in das von der libanesischen Caritas geleitete Flüchtlingslager. Was er dort gesehen hat, hat ihn beeindruckt.

„Es ist offensichtlich, dass das Leiden der Flüchtlinge nicht nur eine wirtschaftliche, sondern vor allem eine politische Ursache hat. Die internationale Gemeinschaft sollte dringend alles tun, um zu einer Lösung der politischen Konflikte zu kommen – wir brauchen eine echte Anstrengung, eine richtige Kampagne für den Frieden, damit das Leiden der Völker, der Vertriebenen und Flüchtlinge ein Ende nimmt!“

Von einer solchen Friedens-Kampagne träumt auch ein offizieller Kirchenvertreter in Damaskus: Mario Zenari, Erzbischof, Nuntius des Papstes in der syrischen Hauptstadt. Seit vier Tagen hört er keine Einschläge von Bomben und Raketen mehr: „Ich glaube, von ein paar Ausnahmen abgesehen scheint der Waffenstillstand zu halten. Wir wissen alle, dass das ein sehr, sehr zerbrechlicher und komplizierter Waffenstillstand ist – mit Leopardenflecken, sozusagen, weil der Islamische Staat und die Nusra-Front nicht mit inbegriffen sind. Aber es ist zu hoffen und zu beten, dass alle Träger dieser Waffenruhe sich ihrer Verantwortung bewusst sind.“

Syriens Präsident Assad hat Rebellen, die ihre Waffen niederlegen, eine Amnestie versprochen; UNO-Sondergesandter Staffan De Mistura kündigt für den 9. März eine Wiederaufnahme der Friedensgespräche an. Nuntius Zenari meint dazu: „Dieser Waffenstillstand soll, wie der Papst das auch in seinem Appell beim Angelus gesagt hat, zum einen das Verteilen von humanitärer Hilfe an die 450.000 Menschen möglich machen, die in belagerten Gebieten leben, und an die fünf Millionen Menschen, die in Gebieten wohnen, welche für Hilfe von außen nur schwer zugänglich sind. Und wenn dieser Waffenstillstand hält, dann sollte er zum Dialog und an den Verhandlungstisch führen!“ (rv)

Synode: „Barmherzigkeit und Gerechtigkeit sind in Gott vereint“

Kardinal TagleDer philippinische Kardinal und Synodenvater Luis Antonio Tagle wünscht sich einen „seelsorgerlichen Blick“ der Kirche auf die Familie, egal ob sie leidet oder freudig voranschreitet. Einen Gegensatz zwischen Barmherzigkeit und Wahrheit, wie manche Synodenväter ihn zeichnen, kann der Erzbischof von Manila nicht sehen. Kardinal Tagle unterstützt den Papst als einer von vier „delegierten Präsidenten“ wie schon 2014 bei der Durchführung der Synode und gilt als engster Papst-Vertrauter aus Asien. Im Gespräch mit Radio Vatikan sagte er:

„Barmherzigkeit, Gerechtigkeit und Mitleid sind in Gott vereint! Nur wir sterblichen Menschen, Geschöpfe mit einem Geist, der nicht alle Dinge vereinen kann, wir unterschieden das, um es uns selbst zu erklären. Aber wir müssen vorsichtig sein, denn in Gott und in den Augen des Glaubens gibt es keinen Gegensatz zwischen Barmherzigkeit und Gerechtigkeit. Ich als Hirte und als Glaubender brauche die Barmherzigkeit Gottes, und nicht nur Gottes, sondern vieler Menschen. Für mich ist das Gebet ‚Herr, erbarme dich!‘ zugleich ein Schrei: ‚Gott, sei gerecht mit mir!‘ Die wahre Gerechtigkeit finden wir nur in einem barmherzigen Gott.“

Letztes Jahr empfing Kardinal Tagle Papst Franziskus zu Besuch auf den Philippinen. Als Erzbischof von Manila versucht Tagle die Empfehlung des Papstes an die Priester und Bischöfe zu verwirklichen, das Volk aufzusuchen und mit den Menschen sich zu freuen und zu leiden. Das gilt auch für verletzte Familien. Das Um und Auf sieht Tagle in der persönlichen Begegnung mit den ihm anvertrauten Menschen.

„Persönliche Begegnung heißt nicht bloß körperliche Anwesenheit, sondern eine besondere Aufmerksamkeit mit den Augen des Glaubens und den Augen des Guten Samariters: die Augen von Jesus, dem Hirten. Das sind die Augen eines Bruders, der die Freuden und Leiden, die Träume und auch die Frustrationen der Geschwister teilt. Wie der Heilige Paulus sagte: ich bin alles für alle geworden. Wenn die Herde sich freut, dann wird das Herz des Hirten mit Empathie und freudigem Mitempfinden wissen, wie es sich mitfreut. Und dann gibt es die Aufmerksamkeit für die Wunden. Da muss man die Präsenz eines Gottes zeigen, der alle liebt, nicht nur die, die würdig sind: denn wer wäre der Liebe des Herrn überhaupt würdig? Das ist der Blick des Guten Samariters, ein seelsorgerlicher Blick.“

Die Philippinen sind – neben dem kleinen Osttimor – das einzige katholische Land Asiens. Armut, Mangel an Arbeit sowie Migration stellen die Familien dort auf eine harte Probe. „Aber in meiner Erfahrung lehren uns die armen Familien, wie man in der Hoffnung lebt“, so Kardinal Tagle. Mit Blick auf die Synode – für den erst 57 Jahre alten Kardinal ist es bereits die sechste – warnte er davor, Diversität als Anlass für Spaltung zu sehen.

„Es ist normal, dass es in jeder Synode verschiedene Beiträge gibt, denn die Teilnehmer kommen aus einer komplexen Diversität von Kulturen, Traditionen und Sprachen. Ich bin nicht nervös über diese Diversität, aber wir alle müssen in jeder Synode, auch in dieser, aufmerksam überprüfen, ob die Diversität nicht als Grund der Spaltung benutzt wird, statt ein Reichtum zu sein. Sie ist eine Gelegenheit, einen weiteren Horizont zu haben, um die Lehre, die Tradition, das Wort Jesu im Kontext der menschlichen Existenz zu verstehen.“

Kardinal Tagle wirkt seit diesem Frühjahr auch als Präsident von Caritas Internationalis, dem im Vatikan angesiedelten Dachverband der gut 160 nationalen Caritas-Einrichtungen der katholischen Kirche. In dieser Eigenschaft besuchte Tagle am Montag das griechische Flüchtlingslager Idomeni an der Grenze zu Mazedonien. „Welches Leid, welches Elend in diesen Lagern“, berichtete Tagle. „Die Leute haben nichts, nur das Wertvollste: die Familie, die Kinder. Ich habe diese müden Kinder gesehen, die schlafen wollten und Trost auf den Schultern der Mutter oder des Vaters gefunden haben. Und in all dem Elend des Lagers, in all dem Leid und der Demütigung, gibt es die Liebe.“ (rv)

Synode: Ergebnis oder nicht Ergebnis, das ist hier die Frage

Kardinal TagleNach dem Friedensappell von Papst Franziskus von diesem Freitag in der Synodenaula folgten die dreizehn Ansprachen und Präsentationen der einzelnen Sprachgruppen, die eine Überarbeitung des ersten Teiles des „Instrumentum laboris“ (Arbeitspapiers für die Ordentliche Bischofssynode über Ehe und Familie) präsentierten. Weniger Krise und mehr Hoffnung – so die erste Kurzzusammenfassung der aktuellen Entwicklungen. Die bisherigen Texte haben vor allem die Schönheit der Familie und nicht ihre Schwierigkeiten hervorgehoben. Eine genaue Zusammenfassung der Texte in den unterschiedlichen Sprachen finden Sie auf unserer Internetseite.

Am Freitagmittag war das Thema in dem Pressebriefing sowie die beliebteste Frage der Journalisten, welche Ergebnisse die Synode nun mit sich bringen werde. Journalisten fragten auch nach Veränderungen und konkrete Ergebnissen. Ein weiteres Mal wurde der Ablauf und Verlauf der Synode klargestellt und vor allem betont, wie erfolgreich die „circoli minores“ (Sprachgruppen) bisher verlaufen sind. Kardinal Luis Antonio Tagle, Präsident von Caritas Internationalis, der zum sechsten Mal an einer Synode teilnimmt, ist diesmal überzeugt, dass die Botschaft aus der Synode auch andere Religionsgemeinschaften und Lebensbereiche erreichen werde, denn die Familie sei ein universales Anliegen, ein seelsorgerliches Anliegen, so Kardinal Tagle. Die Lehre sei da, es gehe aber darum, wie sie lebendig gemacht werden solle.

„Es ist nicht nur die katholische Kirche, die sich um die Familie sorgt. Es ist eine universale Sorge von Gläubigen, Nichtgläubigen, Menschen mit und ohne Religionen. Die großen Erwartungen gibt es nicht nur für die Glaubenslehre, sondern es geht um die Unterstützung, die diese große christliche Gemeinschaft geben kann, als menschliche Institution, die die Gesellschaft fördert."

Der Erzbischof von Mardid, Carlos Osoro Sierra, betonte im Zuge der Pressekonferenz, dass die Familie der Kern der Gesellschaft sei und jeden einzelnen von uns formen würde, so wie auch ihn selbst. Er verneinte vehement, dass das Dokument nur nach den Westen ausgerichtet sei. Genau aus diesem Grund gebe es die Sprachgruppen, die eine globale Sichtweise darstellen sollten. (rv)

Kardinal Tagle schreibt Caritas Brief über „Laudato sì“

Kardinal TagleDer Präsident von Caritas Internationalis, Kardinal Luis Antonio Tagle, hat einen Brief an die Caritas-Gemeinschaft über Papst Franziskus' Enzyklika Laudato Si´ geschrieben. In der Enzyklika erinnere Franziskus die Menschen daran, Konsum durch einen Sinn für Aufopferung zu ersetzen, Geldgier durch Großzügigkeit und Verschwendung durch einen Geist des Teilens. „Wir sind aufgerufen, uns von allem Schweren, Negativen und Verschwenderischen zu befreien und mit unser globalen Familie in Dialog zu treten“, schreibt der philippinische Kardinal.

Kardinal Tagle hebt in dem Brief hervor, dass die Mitarbeiter der Caritas ein Band der Solidarität mit den Ärmsten haben und denjenigen, die vom Klimawandel betroffen sind, ihre Würde zurückgeben. „Als Caritas und als Mitglieder der Menschheitsfamilie spielen wir alle eine Rolle in dieser ökologischen Revolution, zu der uns Papst Franziskus eingeladen hat“, so der Kardinal. Die Organisationen müssten noch besser zusammenarbeiten und sich bei der Arbeit gegenseitig unterstützen. (rv)

Vatikan: Ernennungen für Caritas Internationalis und Cor Unum

Kardinal TagleDer Papst hat Kardinal Luis Antonio Tagle, Präsident von Caritas Internationalis und Erzbischof von Manila, zum Mitglied des Päpstlichen Rates „Cor Unum“ ernannt. Das gab der Vatikan an diesem Samstag bekannt. Zudem stockte Franziskus den Führungsausschuss von Caritas Internationalis mit drei weiteren Mitgliedern auf: dem Bischof von Gent und Präsidenten von Caritas Europa, Lucas Van Looy, dem Erzbischof von Zypern und Präsident der Caritas Zypern, Youssef Antoine Soueif, und dem Präsidenten von Caritas Ozeanien, Pater Gerard Patrick Burns. (rv)

Kardinal Tagle neuer Präsident von Caritas Internationalis

Kardinal TagleKardinal Luis Antonio Tagle ist der neue Präsident von Caritas Internationalis. Die Generalversammlung wählte den Erzbischof von Manila an diesem Donnerstag zum Nachfolger von Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga, der nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten konnte. Ausgelaufen war ebenfalls die Amstszeit von Generalsekretär Michel Roy, der aber erwartungsgemäß wiedergewählt wurde.

Die Vereinigung der katholischen Wohlfahrtsverbände hält derzeit in Rom ihre Generalversammlung unter dem Titel „Eine Menschheitsfamilie. Die Schöpfung bewahren“ statt. (rv)

Kardinal Tagle: Papstbesuch im Zeichen der Einfachheit

Kardinal TaglePapst Franziskus will in Asien vor allem den Armen und Bedürftigen begegnen – und das verträgt sich nicht so richtig mit Pomp und Spendierhosen. Darum wünscht er sich, dass möglichst wenig Geld in die Vorbereitungen seiner Visite auf die Philippinen gesteckt wird. Das erzählt der Erzbischof von Manila, Kardinal Luis Antonio Tagle, im Gespräch mit Radio Vatikan. „Die koreanischen Bischöfe haben uns darauf angesprochen, als wir Filipinos (vor fünf Monaten) zum Papstbesuch in Korea waren. Sie sagten, der Papst wird nicht zufrieden sein, wenn er teure Vorbereitungen bemerkt. Auch das Design des Altars muss nüchtern sein, wie das diesem Papst und seiner Einfachheit entspricht.“

Keine ganz einfache Vorgabe. Denn Geldausgeben ist Ehrensache, wenn ein Papst in Asiens einziges großes Land mit katholischer Bevölkerungsmehrheit kommt. Tagle gibt zu, es sei schwierig, seine Landsleute von aufwendigen Vorbereitungen abzuhalten. „Wir haben den Leuten erklärt, dass das nicht nur ein Wunsch des Papstes ist, sondern auch ein Zeichen der Zeit. Wir wollen keinen Anstoß erregen! Jeder kann ja trotzdem auf seine Art dem Papst einen herzlichen Empfang bereiten, aber wir sollten schon daran denken, wieviele Menschen wir auch im Alltag ebenso freundlich aufnehmen sollten: die Armen und die Hungrigen nämlich. Was wir bei diesem Papstbesuch an Einsparungen hinkriegen, wird an die Caritas gehen, an die Armen. Der Papst fordert das sehr ausdrücklich.“

„Der ganz alltägliche Taifun“

In die Schlagzeilen geraten die Philippinen immer wieder, wenn eine Naturkatastrophe das Land der 7107 Inseln heimsucht. Haiyan zum Beispiel: So hieß der Taifun, der Ende 2013 eine Schneise der Verwüstung über die Insel Leyte zog. Franziskus wird am Samstag die Menschen im Katastrophengebiet besuchen. „Ja, wir sind an Taifune gewöhnt, wir haben zwischen 20 und 22 davon jedes Jahr. Auch an Erdbeben mussten wir uns gewöhnen. Aber vergessen wir auch nicht den ganz alltäglichen Taifun, das ganz alltägliche Erdbeben, die von Armut, von Korruption, von unfairen Handelspraktiken und Geschäften ausgelöst werden! Selbst wenn die Sonne scheint, bleibt es im Leben so vieler Menschen dunkel.“ Vor allem Familien seien von Armut betroffen, sie schneide – so formuliert Kardinal Tagle – „mitten durch die Familie durch“ wie ein Messer. „Ich war mal in einem Heim für Straßenkinder, und da wurde mir auf einmal klar: Die Eltern dulden das. Weil ihre Kinder in diesen Heimen wenigstens einen Schlafplatz und etwas zu essen kriegen. Das sind nicht etwa Rabeneltern: Das sind Eltern, die nichts zu essen für ihre Kinder haben!“

Solche und ähnliche Geschichten wird auch Papst Franziskus in Manila und Tacloban zu hören bekommen. „Geschichten von Familien in Schwierigkeiten, Geschichten von Menschen, die in ihrem Leben schon mehrere Taifune überlebt haben. Dann das, was unsere jungen Leute erzählen. Der Papst wird zuhören und Trost spenden, aber ich erwarte mir noch mehr davon: Ich hoffe, dass er – der Papst – in seinem eigenen Glauben gestärkt wird durch diese armen Menschen!“ Denn die christliche Botschaft, davon ist der smarte Kardinal überzeugt, „endet nicht mit dem Leiden“. „Es gibt immer eine Auferstehung! Und ich hoffe, das wird der Heilige Vater inmitten dieser leidenden Menschen sehen.“ (rv)

Kardinal Tagle: „Dialog mit traditionellen Religionen möglich und nötig“

Wie sieht die Kirche in Asien Papst Franziskus? Und worauf kommt es bei der Missionierung dort an? Darüber hat Radio Vatikan mit Kardinal Luis Antonio Tagle, dem Erzbischof von Manila, gesprochen. Der Philippiner ist überzeugt: Missionierung ist in Asien nur über Dialog möglich, und sie müsse sich von der „missio ad gentes" hin zur „missio inter gentes" entwickeln. Tagle nennt hier drei Arten des Dialoges:

„Den Dialog mit den Armen, den Dialog mit den traditionellen und aufsteigenden Kulturen sowie den Dialog mit den traditionellen Religionen. Wir sind sehr froh, dass wir einen Papst haben, der diesen Weg des Dialogs verfolgt. Es ist zwar nicht einfach, als Minderheit mit den großen Religionen in Asien Dialog zu führen, es ist nicht einfach, aber es ist möglich."

Die katholische Kirche in Asien sei auch sehr froh, dass Erzbischof Parolin zum neuen Staatsekretär ernannt wurde, berichtet Tagle weiter. Parolin sei erfahren in Verhandlungen mit der Volksrepublik China und habe Asiens Kirche sehr viel geholfen, besonders, was die Beziehungen zu Vietnam angehe. Die Kirche in Asien beschreibt Tagle als eine Kirche der Armen, der Minderheiten und der Einwanderer. Der Erzbischof von Manila berichtet weiter, dass Papst Franziskus auf den Philippinen sehr gut ankommt:

„Die Leute hier haben Papst Franziskus mit Liebe, Sympathie und Enthusiasmus aufgenommen, denn er zeigt ein Gesicht der Kirche, das der asiatischen Kultur sehr nahe ist: So wie der Papst legen auch wir sehr viel Wert auf die zwischenmenschlichen Beziehungen – jeder Mensch ist wichtig! Wenn der Papst jemanden trifft, dann konzentriert sich für ihn in diesem einen Menschen die ganze Welt. Für die Asiaten ist das ein Ausdruck von Spiritualität, von der Nähe zum Herrn. So hat Papst Franziskus die Herzen der Gläubigen hier erobert." (rv)