Nach Chile-Besuch: „Es war eine schwierige Reise

Unser Redakteur Stefan von Kempis hat für Vatican News die Papstreise durch Chile von der Hauptstadt Santiago aus mit verfolgt. Im Gespräch mit uns zog er am Donnerstagabend Bilanz.

Mario Galgano – Vatikanstadt und Stefan von Kempis – Santiago de Chile.

VN:

Wie war dieser erste Teil der Lateinamerikareise von Papst Franziskus?

Von Kempis:

Es war eine schwierige Papstreise – vielleicht sogar die schwierigste von Franziskus bisher. Nicht nur, weil Chiles Gesellschaft gespalten und immer stärker säkularisiert ist; oder weil Anarchisten oder Aktivisten immer wieder Kirchen in Brand setzen. Oder weil in Chile gerade ein Machtwechsel im Gang ist. Schwierig war die Reise vor allem, weil sich das Ansehen der Kirche, das einstmals zur Zeit der Pinochet-Diktatur sehr hoch war, inzwischen im freien Fall befindet. Und das hat vor allem mit Skandalen rund um sexuellen Missbrauch im kirchlichen Ambiente zu tun.

“ ‚Also, unglaublich, wie dieser Papst Menschen anfasst ”

Wie tief diese Skandale das Vertrauen in die Kirche erschüttert haben, wurde mir klar, als ein chilenischer Priester mir am Mittwoch gesprächsweise sagte: ‚Also, unglaublich, wie dieser Papst Menschen anfasst. Der hat gar keine Angst, der umarmt die Leute, küsst die Babys.‘ Und dann erklärte er mir: ‚Wissen Sie, das mag Ihnen normal vorkommen. Aber die Menschen hier in Chile überrascht es total, es schockiert sie fast. Denn hier fassen schon seit längerem keine Priester mehr andere Menschen an. Die Priester trauen sich auch nicht mehr in Priesterkleidung raus auf die Straße. Alles wegen der Missbrauchsskandale. Und jetzt kommt der Papst und läuft einfach auf die Menschen zu und umarmt sie.‘

Man kann daran ermessen, wie stark die Skandale das Ansehen der Kirche in Chile ramponiert haben. Ich fragte den Priester daraufhin: ‚Aber glauben Sie denn, die Kirche in Chile traut sich jetzt, das aufzunehmen, was der Papst da in Gang gebracht hat?‘ Da meinte er ganz offen: ‚Das weiß ich nicht. Das wird auf jeden Fall sehr, sehr schwierig.‘ Und er sagte auch, die chilenische Kirche habe zwar schon einiges für die künftige Prävention von Missbrauch getan, aber das reiche noch lange nicht.

VN:

Aber Franziskus hat doch schon in seiner ersten Rede auf chilenischem Boden im Namen der Kirche um Verzeihung für die Missbrauchsskandale gebeten…

Von Kempis:

Ja, das war eine kraftvolle Vorwärts-Verteidigung, und im ersten Moment hat das auch großen Eindruck gemacht. Aber dann erschien noch am selben Abend auf einmal Bischof Juan Barros bei einem Treffen mit dem Papst, und am nächsten Morgen auch zur Papstmesse in Temuco im Süden, und am Tag darauf auch noch in Iquique ganz oben im Norden – und auf einmal stand sogar der Papst selbst in der Öffentlichkeit als unglaubwürdig da. Barros wird nämlich von vielen vorgeworfen, er habe von den Missbrauchs-Untaten eines Priesters namens Karadima gewusst, aber nichts dagegen unternommen. Franziskus hingegen steht auf dem Standpunkt: Es gibt keinerlei Beweise gegen Barros, das sind alles „Verleumdungen“, er habe das Dossier geprüft und sei von Barros‘ Unschuld überzeugt. Solange es also keine Beweise gegen den Bischof gebe, bleibe dieser auf seinem Posten.

“ Der Eindruck, den das bei vielen – und zwar auch gutwilligen – Chilenen hervorruft, ist einfach nur verheerend ”

Nun ist es zwar eine ehrenwerte Haltung, dass sich der Papst hinter einen angefeindeten Bischof stellt; aber man muss schon sagen, der Eindruck, den das bei vielen – und zwar auch gutwilligen – Chilenen hervorruft, ist einfach nur verheerend. So als würde der Papst nur verbal gegen Missbrauch eintreten, dem aber keine Taten folgen lassen. Dieser Fall Barros hat sicher einen sehr dunklen Schatten über die Papstreise nach Chile geworfen. Es steht zu befürchten, dass dadurch vieles von dem zunichte gemacht wird, was Franziskus hier aufzubauen versucht hat.

VN:

Das hört sich ja nach einer eher durchwachsenen Bilanz dieser Papstreise an.

Von Kempis:

Ehrlich gesagt: Ja. Hinzu kam ja auch, dass bei weitem nicht so viele Menschen zu den Papstmessen kamen wie vorgesehen. Statt 400.000 waren es bei den drei großen Messen nur jeweils 200.000, oder 100.000, oder sogar noch weniger in Iquique. Dabei hatten die Zeitungen tagelang von einem Massenaufbruch von Argentiniern geschrieben, die angeblich über die Grenzen nach Chile strömten, um ihren großen Landsmann zu sehen. Also, von dieser ‚Invasion‘ war dann de facto überhaupt nichts zu bemerken…

Aber ich will jetzt auch nicht über Gebühr schwarzmalen. Der Papst war gelassen, zugewandt, spritzig; seine Auftritte waren bewegend, die Menschen gingen mit, da war echte Begeisterung und echte Glaubensfreude zu spüren. Er hat wichtige Themen gesetzt: etwa dass Chile sich mehr um seine Ureinwohner, die Mapuche, kümmern soll. Oder dass die Kirche nicht alten Zeiten nachtrauern sollte, sondern die Ärmel hochkrempeln und auf die Menschen von heute zugehen sollte – die Menschen, so wie sie eben heute sind, nicht wie man sie gerne hätte.

Es kommt eben darauf an, was Chile – und auch, was die Kirche aus diesem Papstbesuch macht. Ein Chilene hat mir gesagt: ‚Also, hier im Land hat im Prinzip eine Handvoll Familien die Macht. Denen gehören die großen Zeitungen, und die haben ihre Abgeordneten im Parlament. Und an diese Familien muss sich die Kirche halten, wenn sie auf einen grünen Zweig kommen will. Wenn sie aber auf einmal sozialpolitisch unbequem wird, dann kann man sie erpressen, indem man einfach die alten Missbrauchs-Geschichten wieder aufkocht.‘

VN:

Hört sich nicht sehr optimistisch an.

Von Kempis:

Naja – inwieweit diese Analyse so stimmt oder noch weiter nuanciert werden müsste, kann ich nicht beurteilen nach ein paar Tagen im Land. Aber auch ein anderer Chilene, ein Priester, hat mir gesagt: ‚Jetzt wird erst einmal gar nichts passieren. Es ist ja Hochsommer; und außerdem kommt im März eine neue Regierung ans Ruder.‘ Das klang für mich auch nicht gerade nach Dynamik und Neuaufbruch.

“ Die Jesuiten hier in Chile aber – und sie bilden eine Art sozialpolitische Speerspitze der Kirche – wollen sogar eine Atempause für die Kirche ”

Die Jesuiten hier in Chile aber – und sie bilden eine Art sozialpolitische Speerspitze der Kirche – wollen sogar eine Atempause für die Kirche: einen Zeitraum des Innehaltens, um zu ‚unterscheiden‘, die klassische Jesuiten-Vokabel für scharfes Nachdenken. Die Ortskirche sollte in sich gehen und – auf dem aufbauend, was der Papst hier gesagt und getan hat – einen Schlachtplan entwickeln.

Übrigens hatten die Jesuiten auch Bischof Barros vor dem Beginn der Papstreise öffentlich aufgefordert, doch bitte zurückzutreten. Oder wenigstens den Papst-Auftritten fernzubleiben…

(vatican news)

Papst Franziskus: Hypokrisie wird immer deutlicher

Zu Beginn des Pontifikates von Franziskus sprach der Papst immer wieder davon, dass er für offene Diskussionen zu wichtigen kirchlichen Themen stehe und die Communio stärken wolle. Doch die Realität im Pontifikat des Papstes spricht eine andere radikale Sprache.

Zur Erinnerung – der Fall Kardinal Müller

 Anfang Juli 2017 verlängerte der Papst die fünfjährige Amtszeit von Kardinal Müller als Präfekt der Glaubenskongregation nicht. Als einzige fadenscheinige Begründung gegenüber Müller sagte der Papst:

„Ab sofort werden nur noch Amtszeiten von fünf Jahren zugelassen“.

Diese unbekannte und neue Regelung hätte somit einen Monat später den italienischen Kardinal Gianfranco Ravasi seines Amtes als Präsidenten des Päpstlichen Rates für die Kultur treffen müssen – hat sie aber nicht! Ravasi ist heute noch Dikasterienleiter des betreffenden Päpstlichen Rates.

Kardinal Müller hat in mehreren öffentlichen Äußerungen Kritik am Papst geübt. Sei es das Nachsynodale Apostolische Schreiben „Amoris laetitia“ oder die ungerechte, eines Papstes eigentlich nicht würdige Umgangsweise, mit den Dubia-Kardinälen. Hat der Papst nun im Fall Müller schlicht und einfach die Unwahrheit gesagt, oder ist er unaufrichtig, scheinheilig, und vortäuschend? Darf man dem Papst Hypokrisie vorwerfen?

Franziskus duldet keine Kritik

Müller ist jedoch alles andere als ein Einzelfall. Oftmals hinter den Kulissen der Öffentlichkeit werden unliebsame Kritiker aus ihren kirchlichen bzw. theologischen Ämtern entfernt. So neulich erst an einer großen italienischen Universität geschehen. Der Vatikanist Marco Tosatti berichtet von zwei Fällen an der renommierten Katholischen Universität vom Heiligen Herzen (Università Cattolica del Sacro Cuore) von Mailand. Hier wurden zwei Wissenschaftler von der Liste der Mitarbeiter der Universität gestrichen. Bereits im November hatten beide eine Abmahnung der Universität erhalten. Begründet wurde diese Maßnahme mit der Unterschrift der Wissenschaftler unter die „Correctio filialis gegen die Verbreitung von Häresien“ gegen Papst Franziskus. Unbekannt ist allerdings, ob beide Wissenschaftler auf Anweisung des Papstes oder durch vorauseilenden Gehorsam der Universitätsverantwortlichen vor die Tür gesetzt wurden. Zum Schutz der Wissenschaftler hat Marco Tosatti die Namen nicht veröffentlicht. Dieser aktuelle Vorfall zeigt:

„Wer nicht für den Papst ist, ist gegen ihn“.

und das sind die Konsequenzen. Die vom Papst anfangs propagierte offene Diskussion in seinem Pontifikat wird mehr und mehr zur Maskerade, eben zur Hypokrisie. Seit den Bischofssynoden 2014 und 2015, deren Ausfluss „Amoris laetitia“ war, haben viele Kirchenmänner und Theologen diese Wahrheit zu spüren bekommen.

„Wer nicht auf Kurs bleibt, fliegt raus“.

Papst Franziskus muss sich vorwerfen lassen, weder Kritik zu vertragen noch sich dieser auch nur im Ansatz zu stellen. Schweigen ist keine Lösung – Kritiker zu eliminieren auch nicht. (vh)

Die Ansprache des Papstes im Istituto Jorge Basadre

Vatikan News dokumentiert die Ansprache des Papstes im Istituto Jorge Basadre im Amazonasgebiet Perus in voller Länge und offizieller deutscher Übersetzung.

Liebe Brüder und Schwestern,

ich sehe, dass ihr nicht nur von allen Enden dieses peruanischen Amazonastieflands gekommen seid, sondern auch aus den Anden und anderen umliegenden Ländern. Was für ein schönes Bild der Kirche, die keine Grenzen kennt und in der alle Völker einen Platz finden können! Wie sehr brauchen wir diese Momente, wo wir einander begegnen und uns ermutigen können, über unsere jeweilige Herkunft hinaus eine Kultur der Begegnung zu schaffen, die uns in der Hoffnung erneuert.

Ich danke Bischof David für seine Begrüßung. Mein Dank geht auch an Arturo und Margarita, dass sie ihre Erfahrungen mit uns allen geteilt haben. Sie hatten uns gesagt: »Er besucht uns in diesem so vergessenen, verwundeten und an den Rand gedrängten Land … aber wir sind kein Niemandsland.« Danke für dieses Wort: Wir sind kein Niemandsland. Und es ist etwas, das nachdrücklich gesagt werden muss: Ihr seid kein Niemandsland. Dieses Land hat Namen, es hat Gesichter: Es hat euch.

Diese Region trägt diesen schönen Namen: Madre de Dios – Mutter Gottes. Ich kann nicht umhin, Maria zu erwähnen, ein junges Mädchen, das in einem abgelegenen, verlorenen Dorf lebte, das von vielen auch als „Niemandsland“ angesehen wurde. Dort empfing sie den erhabensten Gruß und den bedeutendsten Ruf, den eine Person erhalten konnte: die Mutter Gottes zu sein; es gibt Freuden, die nur die Kleinen wahrnehmen können.[1]

Ihr habt in Maria nicht nur ein anschauliches Beispiel, sondern eine Mutter. Und dort, wo es eine Mutter gibt, gibt es nicht das schreckliche Gefühl, zu niemandem zu gehören, ein Gefühl, das uns befällt, wenn die Gewissheit verblasst, zu einer Familie, zu einem Volk, zu einem Land, zu unserem Gott zu gehören. Liebe Brüder und Schwestern, das erste, was ich euch mitteilen möchte – und ich möchte es nachdrücklich tun – ist folgendes: Dies ist kein verwaistes Land, es ist das Land der Mutter! Und wenn es eine Mutter gibt, dann gibt es Kinder, dann gibt es eine Familie, dann gibt es eine Gemeinschaft. Und wo es eine Mutter, eine Familie und eine Gemeinschaft gibt, werden die Probleme zwar nicht verschwinden, aber es gibt sicher die Kraft, ihnen auf andere Weise zu begegnen.

Es ist schmerzlich festzustellen, wie so mancher diese Gewissheit auslöschen und Madre de Dios zu einem anonymen Land, ohne Kinder, zu einem unfruchtbaren Land machen will. Zu einem Ort, der einfach vermarktet und ausgebeutet werden kann. Deshalb ist es gut, dass wir in unseren Häusern, Gemeinschaften, in der Tiefe eines jeden Herzens wiederholen: Dies ist kein verwaistes Land! Es hat eine Mutter! Diese gute Nachricht wird von Generation zu Generation weitergegeben dank der Bemühungen so vieler, dieses Geschenk mit uns zu teilen, sich als Kinder Gottes zu begreifen und einander zu helfen, den anderen als Bruder oder Schwester anzuerkennen.

Ich habe mehrfach auf die Wegwerfkultur hingewiesen. Eine Kultur, die sich nicht nur damit begnügt auszuschließen – so wie wir es zu sehen gewohnt waren –, sondern dazu übergegangen ist, zum Schweigen zu bringen, zu ignorieren und abzulehnen, was nicht ihren Interessen dient; der entfremdende Konsumismus mancher kann scheinbar das erdrückende Leiden der anderen nicht ermessen. Es ist eine anonyme Kultur ohne Bindungen und ohne Gesichter, die Wegwerfkultur. Eine Kultur ohne Mutter, die nur konsumieren will. Mit der Erde wird nach dieser Logik umgegangen. Wälder, Flüsse und Bäche werden bis zu den letzten Ressourcen genutzt und dann brach und unbrauchbar zurückgelassen. Auch Menschen werden nach dieser Logik behandelt: Sie werden bis zur Erschöpfung ausgenutzt und dann als „unbrauchbar“ fallengelassen. Dies ist die Wegwerfkultur: man entledigt sich der Kinder, man entledigt sich der alten Menschen. Beim Rausgehen, als ich die Rundfahrt machte, war eine Großmutter von 97 Jahren da: Dürfen wir diese Großmutter aussondern? Nein! Denn die Großmutter besitzt die Weisheit eines Volkes. Einen Applaus für die Großmutter mit 97 Jahren!

Wenn ich über diese Dinge nachdenke, erlaubt mir, bei einem schmerzhaften Thema innezuhalten. Wir haben uns daran gewöhnt, den Begriff „Menschenhandel“ zu verwenden. Als ich in Puerto Maldonado ankam, habe ich am Flughafen eine Tafel gesehen, die auf positive Weise meine Aufmerksamkeit geweckt hat: „Vorsicht vor Menschenhandel!“ Man kommt offensichtlich zur Erkenntnis. Aber in Wirklichkeit sollten wir von Sklaverei sprechen: Sklaverei für Arbeit, sexuelle Sklaverei, Sklaverei für Profit. Es tut weh zu sehen, wie in diesem Land, das unter dem Schutz der Mutter Gottes steht, so viele Frauen derart entwertet, verachtet und endloser Gewalt ausgesetzt werden. Gewalt dürfen wir nicht als „normal“ ansehen und als etwas Natürliches erachten. Nein, Gewalt gegen Frauen darf man nicht als „normal“ ansehen, während eine Machokultur aufrechterhalten wird, die nicht die zentrale Rolle von Frauen in unseren Gemeinschaften anerkennt. Es ist uns nicht erlaubt, liebe Brüder und Schwestern, wegzuschauen und zuzulassen, dass auf der Würde so vieler Frauen, besonders der jüngeren, „herumgetrampelt“ wird.

Verschiedene Menschen sind auf der Suche nach einem Obdach, nach Land und Arbeit in das Amazonastiefland ausgewandert. Sie suchten nach einer besseren Zukunft für sich und ihre Familien. Sie haben ihr bescheidenes, armes, aber würdiges Leben aufgegeben. In der Hoffnung, dass bestimmte Arbeiten ihre prekäre Situation beenden würden, haben viele von ihnen auf das verheißungsvolle Funkeln des Goldschürfens gesetzt. Aber, vergessen wir nicht, dass Gold zu einem falschen Gott werden kann, der Menschenopfer fordert.

Die falschen Götter, die Götzen der Gier, des Geldes, der Macht verderben alles. Sie verderben die Menschen und die Institutionen und sie zerstören auch den Wald. Jesus sagte, dass es Dämonen gibt, deren Austreibung viel Gebet verlangt. Dies ist einer von ihnen. Ich ermutige euch, euch weiterhin in Bewegungen und Gemeinschaften aller Art zu organisieren, um angesichts dieser Situationen Abhilfe zu schaffen und sie zu überwinden; ich ermutige euch ebenso, euch aus dem Glauben heraus als lebendige kirchliche Gemeinschaften um die Person Jesu zu scharen. Vom aufrichtigen Gebet und der hoffnungsvollen Begegnung mit Christus werden wir die Umkehr erlangen können, die uns das wahre Leben entdecken lässt. Jesus hat uns das wahre Leben, das authentische Leben, das ewige Leben versprochen. Kein fiktives Leben, wie die schillernden falschen Versprechen, die Leben verheißen und uns schlussendlich in den Tod führen.

Liebe Schwestern und Brüder, Erlösung ist nicht generisch und nicht abstrakt. Unser Vater schaut auf konkrete Menschen mit konkreten Gesichtern und Geschichten. Alle christlichen Gemeinschaften müssen diese Sichtweise Gottes, diese Gegenwart widerspiegeln, die Bindungen schafft, die Familie und Gemeinschaft bildet. Es ist eine Möglichkeit, das Himmelreich sichtbar zu machen – Gemeinschaften, in denen sich jeder zugehörig fühlt, sich bei seinem Namen gerufen und angespornt fühlt, an der Gestaltung des Lebens für die anderen mitzuwirken.

Ich setze Hoffnung in euch… und als ich die Rundfahrt machte habe ich viele Kinder gesehen, und wo es Kinder gibt, da gibt es Hoffnung. Danke! Ich setze Hoffnung in euch, in die Herzen so vieler Menschen, die ein gesegnetes Leben wollen. Ihr seid hier, um nach einem Ausbruch an Lebensfülle auf dem Planeten zu suchen. Liebt dieses Land, betrachtet es als eures. Riecht es, hört es, staunt darüber. Verliebt euch in dieses Land namens Madre de Dios, engagiert euch und kümmert euch darum, verteidigt es. Benutzt es nicht als einfaches Einwegobjekt, sondern als echten Schatz, um es zu genießen, wachsen zu lassen und an eure Kinder weiterzugeben.

Vertrauen wir uns Maria, der Mutter Gottes und unserer Mutter an, stellen wir uns unter ihren Schutz. Und bitte vergesst nicht, für mich zu beten. Und ich lade euch alle ein, zur Mutter Gottes zu beten.

Gegrüßet seist du, Maria, …

[Segen]

Auf Wiedersehen!

[1] »Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du das vor den Weisen und Klugen verborgen und es den Unmündigen offenbart hast« (Mt 11,25). (vatican news)

Kardinal O’Malley: Worte des Papstes „eine Quelle großer Schmerzen“ für Missbrauchsopfer

BOSTON – Der Präsident der Kinderschutzkommission des Vatikans hat die jüngsten Aussagen von Papst Franziskus als schmerzhaft und befremdlich für Opfer des sexuellen Missbrauchs durch Geistliche bezeichnet.

„Es ist verständlich, dass die Äußerungen von Papst Franziskus gestern in Santiago, Chile, eine Quelle großer Schmerzen für Opfer sexuellen Missbrauchs durch Geistliche oder andere Täter waren“, sagte Kardinal Sean O’Malley, Erzbischof von Boston, in einer Erklärung vom 20. Januar.

Die Erklärung bezieht sich auf eine Aussage von Papst Franziskus gegenüber einem chilenischen Reporter am 18. Januar. Der Papst wurde nach dem von vier Missbrauchs-Opfern der Vertuschung des Missbrauchs durch einen anderen Priester beschuldigten Bischofs Juan Barros gefragt. Barros, der seine Unschuld beteuert, ist seit seiner Ernennung zum Diözesanbischof von Osorno im Jahr 2015 umstritten.

„An dem Tag, an dem sie mir Beweise gegen Bischof Barros bringen, werde ich sprechen“, sagte Papst Franziskus dem Reporter. „Es gibt keinen einzigen Beweis gegen ihn. Das ist alles Verleumdung. Ist das klar?“

„Da ich nicht persönlich in die Fälle involviert war, die das Thema des gestrigen Interviews waren, kann ich nicht darüber sprechen, warum der Heilige Vater die Worte wählte, die er zu diesem Zeitpunkt benutzte“, sagte O’Malley.

„Ich weiß jedoch, dass Papst Franziskus das ungeheuerliche Versagen der Kirche und ihres Klerus, die Kinder missbrauchten, und die verheerenden Auswirkungen, die diese Verbrechen auf die Opfer und ihre Angehörigen hatten, voll und ganz anerkennt.“

Papst Franziskus ist seit langer Zeit ein Verteidiger von Bischof Barros.

Am 6. Mai 2015, fünf Monate nach der Ernennung von Barros zur Diözese Osorno, sagte Diakon Jaime Coiro, Generalsekretär der chilenischen Bischofskonferenz, gegenüber Papst Franziskus, dass die Kirche in Osorno „für dich gebetet und gelitten hat“.

„Osorno leidet, ja“, sagte Papst Franziskus, „an Dummheit.“ Laut einem Video des Gesprächs, das von „Ahora Noticias“ veröffentlicht wurde, sagte der Papst zu Coiro, dass „die einzige Anklage gegen diesen Bischof durch das Gericht entkräftet wurde.“

„Denken Sie mit Ihrem Kopf nach und lassen Sie sich nicht von den Linken an der Nase herumführen, die diesen Fall zusammengebastelt haben“, fügte der Papst hinzu.

O’Malley wurde von Papst Franziskus zum Leiter der Päpstlichen Kommission für den Schutz von Minderjährigen ernannt, die vom Papst im Jahr 2014 gegründet wurde. Hohe Anerkennung und einen hervorragenden Ruf erarbeite sich der Kardinal für seine Führung der Erzdiözese Boston nach dem Rücktritt von Kardinal Bernard Law wegen zahlreicher Berichte über sexuellen Missbrauch durch Geistliche während Laws Leitung des Erzbistums.

„Wenn gesagt wird, ‚wenn Du Deine Aussagen nicht beweisen kannst, dann wird man Dir nicht glauben‘, dann werden damit diejenigen im Stich gelassen, die schwerste, kriminelle Verletzungen ihrer menschlichen Würde erlitten haben, und es wird ihnen ein schlechter Ruf angehängt“, schreibt O’Malley in seiner Mitteilung.

„Meine Gebete und meine Sorge werden immer den Opfern und ihren Angehörigen gelten. Wir können niemals das Leiden ungeschehen machen oder ihren Schmerz vollständig heilen“, fügte er hinzu.

„In einigen Fällen müssen wir akzeptieren, dass selbst unsere Bemühungen, Hilfe anzubieten, für die Opfer eine Qual sein kann und wir müssen still für sie beten, während wir sie gemäß unserer moralischen Verpflichtung voll und ganz unterstützen. Ich werde weiterhin für die Heilung aller arbeiten, die so geschädigt wurden und dafür sorgen, dass alles was nur möglich ist auch getan wird, um die Sicherheit der Kinder in der Gemeinschaft der Kirche zu gewährleisten, damit diese Verbrechen nie wieder vorkommen. “ (CNA Deutsch)

Jesuitentreffen: Papst Franziskus besucht seine Ordensbrüder in Peru

LIMA – Auf praktisch allen seinen internationalen Apostolischen Reisen hat Papst Franziskus die Jesuiten des Landes getroffen, das ihn bewirtete. So auch bei dieser Gelegenheit: Der Papst – wie zuvor in Chile – wollte vergangene Nacht privat mit seinen peruanischen Ordensbrüdern sprechen.

Papst Franziskus ist bekanntlich selber Mitglied der Societas Jesu: Er trat 1958 in das Noviziat „Villa Devoto“ ein und legte 1973 seine ewigen Gelübde ab. Sechs Jahre lang war er Provinzoberer in Argentinien.

Gestern Abend traf der Papst in der Kirche San Pedro in Lima eine Gruppe peruanischer Jesuiten. Der Papst gab ihnen ein Silberkreuz, das 1981 vom italienischen Goldschmied Antonio Vedele angefertigt wurde und die verschiedenen Stationen der Via Crucis darstellt, des Kreuzwegs. Der Goldschmied entwarf auch das Brustkreuz, das Papst Franziskus seit 1998 trägt.

Vor kurzem hatte der Papst informelle Gespräche mit seinen Mitbrüdern in Bangladesch und Burma anlässlich seines Apostolischen Besuchs im vergangenen November. Ein privates Treffen mit den Jesuiten fehlte auch während der Reise nach Kolumbien im September 2017 nicht.

Die Gespräche des Papstes werden pünktlich am Ende des Apostolischen Besuchs vom Jesuitenpater und engen Vertrauten von Franziskus, Pater Antonio Spadaro SJ berichtet, der als Redaktionsleiter des Jesuiten-Magazins „La Civiltà Cattolica“ fungiert.

In seinen Gesprächen mit den Mitbrüdern spricht der Papst auf sehr direkte, persönliche Art und Weise. So sagte er in Burma seinen Ordensbrüdern: „Das Volk Gottes lehrt uns heroische Tugenden: Ich schämte mich, Hirte eines Volkes zu sein, das mich kraft seines Durstes nach Gott an Tugend überwältigt, aus einem Zugehörigkeitsgefühl zur Kirche heraus, weil sie zu Petrus kamen. Ich habe es gewagt, und ich danke Gott, dass ich es ausprobieren darf.“ (CNA Deutsch)

March for Life: Kardinal Dolan ruft zum Gebet gegen „die Mächte des Bösen“ auf

WASHINGTON – Im Kampf gegen die Abtreibung ist es entscheidend, die Realität des Bösen und die Bedeutung des Gebets zu erkennen, sagte Kardinal Timothy Dolan von New York am Vorabend des jährlichen Marsches für das Leben, dem March for Life.

Die Macht des Bösen in der Welt, sagte er, „ist stärker als jede andere in der Schöpfung außer einer, unseres Herrn und Erlösers Jesus Christus, der sich selbst den Weg, die Wahrheit und das Leben nannte.“

„Deshalb kommen wir zu diesem Ort des Gebets, um unser Projekt zu beginnen: Ein Zuhause, vor dem die Mächte der Dunkelheit Angst haben, ein Haus, in dem Maria unsere Mutter ist, wo Jesus wohnt und wo wir mit der Familie leben“.

Kardinal Dolan betonte, man müsse dabei realistisch bleiben und reinräumen, dass es in einer Kultur, die Papst Franziskus ‚Wegwerf-Kultur‘ nenne und die Johannes Paul als ‚Kultur des Todes‘ bezeichnet habe, wirklich Mächte der Finsternis an der Arbeit sind.

Kardinal Dolan hielt die Predigt in der Vigil-Messe am 18. Januar, die in der Basilika des Nationalheiligtums der Unbefleckten Empfängnis in Washington, D.C., gefeiert wurde.

Die Vigil für das Leben wird jedes Jahr in der Nacht vor dem Marsch für das Leben gehalten, eine jährliche Veranstaltung, die zum Jahrestag der „Roe v. Wade“-Entscheidung des Supreme Court, die bundesweit in den USA legale Abtreibung erlaubt.

Der Marsch zieht routinemäßig Hunderttausende aus dem ganzen Land an, um die Würde jedes menschlichen Lebens zu bezeugen.

In seiner Predigt sagte Kardinal Dolan, dass Beobachter des Marsches – mittlerweile in seinem 45. Jahr – ihn mit den „friedlichen, aber so wirksamen Protesten für Bürgerrechte, die vom prophetischen Pastor [Martin Luther King] organisiert wurden“, verglichen haben.

„Wie bei Martin Luther King geht es bei unseren Gebeten und Zeugnissen um Bürgerrechte, das bürgerliche Recht auf Leben und gleichberechtigten Schutz durch die Verfassung, für die Zerbrechlichsten, Marginalisierten und Bedrohten – das winzige, unschuldige Baby im Mutterleib.“

„Wie Pastor King, treibt uns unser Glaube an die Würde der menschlichen Person und an die Heiligkeit des gesamten menschlichen Lebens dazu, sich für das menschliche Leben zu interessieren, wo auch immer, und wie auch immer es bedroht ist, vom Rassengegensatz zur Gerechtigkeit für Einwanderer, von dem zerrissenen Krieg Die Hungrigen.“

Der Kardinal verwies auf den Marsch für das Leben als ein Mittel, sich für das ungeborene Leben einzusetzen und zu zeigen, dass „Millionen, meist junge Menschen, eine Leidenschaft für den Glauben haben, dass das kleine Baby Menschenrechte hat.“ Es ist wichtig für die Gesetzgeber des Landes zu sehen die Stärke der Pro-Life-Bewegung, sagte er.

Er ermutigte die Anwesenden, „Apostel des Lebens zu sein, Apostel, die nicht mit Geld bewaffnet sind, nicht mit Hass oder zerstörerischen Worten, sondern bewaffnet, wie unser heiliger Vater es mit Liebe und Freude ermahnt.“ (CNA Deutsch)

Der Papst ist in Peru eingetroffen

Franziskus ist in Peru: Am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) landete das Flugzeug mit dem Papst an Bord auf dem Flughafen von Lima.

Stefan von Kempis – Santiago de Chile.

Franziskus kam aus Chile, der ersten Etappe auf seiner sechsten Lateinamerika-Reise. Im nordchilenischen Iquique hatte der Papst am Morgen eine Messe gefeiert und dabei zu mehr Aufmerksamkeit für Arme und Entrechtete aufgerufen. Außerdem traf er auch ein Opfer der Pinochet-Diktatur (1973-89).

Auf dem Flugfeld in Lima wurde der Papst von Staatspräsident Pedro Pablo Kuczynski begrüßt; Kinder überreichten Blumen. Der Präsident steht im Moment im Mittelpunkt einer heftigen innenpolitischen Kontroverse; dementsprechend bemerkte er vor dem Eintreffen des Papstes, er hoffe, dass Franziskus „uns auf den Weg des Friedens und des Dialogs zurückführt“. Reden wurden beim Eintreffen des Papstes nicht gehalten; die offizielle Begrüßung findet erst am Freitagabend statt. Stattdessen wurden die peruanische und die vatikanische Hymne intoniert, dazu auch Händels „Halleluja“.

Am Freitag will Franziskus zunächst nach Puerto Maldonado ins Amazonasgebiet reisen. Die Etappe ist von Bedeutung, weil der Papst für den Herbst 2019 eine Bischofssynode zum Thema Amazonien einberufen hat. Am Samstag besucht Franziskus Trujillo, eine Stadt, die im letzten April von schweren Überschwemmungen heimgesucht worden ist. Nach einer großen Messe in Lima reist er dann am Sonntag wieder zurück nach Rom. (vatican news)

Amazonasbischof Kräutler: Amazonassynode und zölibatäres Priestertum

Erwin Kräutler, von 1981 bis 2015 Bischof und Prälat von Xingu (Brasilien) und Angehöriger der Kongregation der Missionare vom Kostbaren Blut (C.C.P.S.) hat sich in einem Telefoninterview mit Christine Seuss von vatican.news erneut zur geplanten Amazonassynode 2019 geäußert.

Kräutler war Co-Autor der zweiter Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus aus dem Jahr 2015 die sich im ersten Kapitel mit dem Umweltschutz beschäftigte. Seither ist er zusammen mit Kardinal Hummes, ein Verfechter das Zölibat für das Amazonasgebiet außer Kraft zu setzen. Bei diesem Vorgehen stehen beide nicht alleine, bereits Anfang 2017 hatte der Papst eine mögliche Öffnung bei der Vorschrift der Ehelosigkeit für Priester angedeutet:

“Wir müssen darüber nachdenken, ob “viri probati” (bewährte verheiratete Männer) eine Möglichkeit sind. Dann müssen wir auch bestimmen, welche Aufgaben sie übernehmen können, zum Beispiel in weit entlegenen Gemeinden.”

Neben dem Interpretationschaos von „Amoris laetitia“ bei dem sogar ein Schisma nicht ausgeschlossen scheint, beabsichtigt Franziskus offenbar beim Zölibat einen Jahrhunderte alten Grundsatz der katholischen Kirche in seinem Sinne zu eliminieren. Bischof (Emeritus) Kräutler handelt genau in diesem Sinne. Im Interview mit Christine Seuss mit dem Titel „Amazonasbischof Kräutler: Indios verdanken ihr Überleben auch der Kirche“ äußerte er:

„Wir müssen endlich Abschied nehmen von einer „Evangelisierung der Kulturen“ und stattdessen eine Evangelisierung intensivieren, die von den Kulturen der Indigenen Völkern ausgeht und sie berücksichtigt, so wie wir uns das schon in der Kommission 26 der 4. lateinamerikanischen Bischofskonferenz (CELAM) in Santo Domingo 1992 gewünscht haben. Ich war damals Delegierter der Brasilianischen Bischofskonferenz und als Präsident des CIMI zusammen mit Dom José Maria Pires (für die Afroamerikaner) Mitglied dieser Kommission. Leider wurde damals unser Vorschlag brutal abgewürgt. Ich denke, die Synode wird nun diese Angelegenheit wieder aufs Tapet bringen. Ein weiteres Thema werden wohl sicher die Zulassungsbedingungen zum Weihepriestertum sein. Insbesondere bei den Indigenen Völkern ist größtenteils ein zölibatäres Priestertum sehr problematisch und praktisch unverständlich“.

Bisher gibt es drei Ausnahmemöglichkeiten als verheirateter Kleriker eingesetzt werden zu können.

  • Übergetretene Pfarrer aus einer evangelischen oder anglikanischen Kirche.
  • Priester einer katholischen Ostkirche.
  • Verheiratete Diakone, welche aber keine Priester werden können.

Kardinal Marx

 

Was Franziskus und Kräutler hier versuchen voranzutreiben, wird sicherlich nicht auf das Amazonasgebiet beschränkt bleiben. Schon kurz nach der päpstlichen Verlautbarung zu „viri probati meldete sich der deutsche Kardinal Marx mit den Worten:

„Das Thema “viri probati” muss einmal gründlich durchdacht und in der ganzen Bandbreite der Problematik besprochen werden„.

Weltweit haben Theologen begründete Argumente, dass eine Veränderung des zölibatären Priestertums die Probleme im Amazonasgebiet und der Weltkirche nicht lösen werden. Man kann davon ausgehen, dass das Pontifikat von Papst Franziskus hier sein nächstes Desaster erleben wird. (vh)

Amazonasbischof Kräutler: Indios verdanken ihr Überleben auch der Kirche

Ein schreckliches Jahr liegt hinter den Indigenen des Amazonasgebietes – Kardinal Claudio Hummes und Amazonasbischof Erwin Kräutler, ihres Zeichens Präsident des kirchlichen Amazonas-Netzwerkes REPAM und Präsident von REPAM-Brasilien, schlugen zu Neujahr mit einem Brandbrief Alarm. Christine Seuss hat im Vorfeld der Begegnung des Papstes mit Indios in Peru Bischof Kräutler telefonisch erreicht.

VN:

Sie haben in ihrer Funktion als Repam-Brasilien-Präsident gemeinsam mit Kardinal Hummes, Präsident von Repam, einen Brief geschrieben, in dem sie von 2017 als einem ,annus horribilis´ für die Indigenen sprechen. Was macht das zurück liegende Jahr so besonders schlimm für die Ureinwohner des Amazonas-Gebietes?

Bischof Kräutler:

In der Brasilianischen Verfassung von 1988 sind die Rechte der Indigenen Völker auf Ihr angestammtes Land, ihre kulturellen Ausdrucksformen und ihr soziales Gefüge festgeschrieben. Wir haben bei der Verfassungsgebenden Versammlung 1987/88 aktiv mitgewirkt und damals die Abgeordneten überzeugen können, dass die Rechte der Indigenen Völker in die Verfassung gehören. Die Promulgation der Verfassung am 5. Oktober 1988 bedeutete deshalb eine kopernikanische Wende für die Indios und für Brasilien. Damit sollte die brasilianische Apartheid Geschichte sein. Leider ist aber bis heute der qualitative Sprung vom Papier in die Realität der Indigenen Völker nicht gelungen und verantwortlich dafür ist der mangelnde politische Willen der folgenden Regierungen, die Verfassungsbestimmungen zu respektieren.

Inzwischen hat die „Bancada Ruralista“, also die Vertretung des Agrobusiness, das Sagen im Nationalkongress und für diese Abgeordneten sind die Indios ein Hemmschuh für den Fortschritt. So wird alles und jedes unternommen, um die längst fälligen Demarkierungen indigener Gebiete zu unterbinden. Mehr noch, es wird an einer Verfassungsänderung gebastelt, die die entsprechenden Artikel der Carta Magna (231 und 232) abändern soll. Also ein Zurück zu den Verfassungen von 1934, 1946 und 1967 (Militärdiktatur), in denen es hieß: „Die Waldbewohner sollen in die Nationale Gesellschaft eingegliedert werden“. Im Klartext: „Die Indios haben ihre indigene Identität aufzugeben“.

Eine brasilienweite anti-indigene Kampagne hat sich in letzter Zeit immer mehr zugespitzt. Mord und Todschlag und unmissverständliche Verfolgung der Indigenen in allen Breitengraden Brasiliens sind die Folge.

VN:

Was sind die Faktoren, die die bereits prekäre Situation nochmals verschlimmert haben?

Bischof Kräutler:

An allererster Stelle steht die Nichtbeachtung der in der Verfassung grundgelegten indigenen Rechte auf ihr angestammtes Gebiet. Alle indigenen Gebiete hätten innerhalb von fünf Jahren nach der Promulgation der Verfassung (also bis 1993) identifiziert, abgegrenzt und als Indigenes Gebiet ins Grundbuch eingetragen gehört. Nur bei etwa der Hälfte der Indiogebiete ist dieser Prozess bis zum Ende durchgeführt worden. Bei anderen Gebieten wird das wohl kaum mehr geschehen und damit stehen Tür und Tor für alle möglichen Invasionen in indigene Gebiete offen. Dazu kommen bundesstaatliche Entscheide, die Großgrundbesitzern Indioland zugestanden haben. Die Indios wollen ihr Land zurück und damit sind Konflikte an der Tagesordnung, bei denen die Indios immer die Verlierer sind. Im südlichen Bundesstaat Mato Grosso do Sul sind die Indios in winzige Reservate eingepfercht. Es ist ihnen so unmöglich, kulturell und teils sogar physisch zu überleben. Die Selbstmordrate ist alarmierend hoch, insbesondere bei Jugendlichen, die plötzlich absolut keine Perspektive mehr für ihre Zukunft erblicken und den Suizid wählen, weil sie glauben, im Jenseits als Guarani-Kaiowá in Frieden und glücklich leben zu können.

VN:

Wie kann die katholische Kirche den Indios helfen?

Bischof Kräutler:

Die Katholische Kirche hat sich immer wieder für die Rechte der Indios eingesetzt. Im Jahre 1972 wurde der Rat für Indigene Völker CIMI gegründet. Er ist der Bischofskonferenz CNBB angegliedert und widmet sich seither mit viel Engagement diesen Völkern. Die Missionarinnen und Missionare des CIMI sind vor Ort, kennen die indigenen Gemeinschaften und leben zum großen Teil in ihren Dörfern. Die andere Aufgabe dieses Rates ist die Öffentlichkeitsarbeit und Sensibilisierung der Gesellschaft für die Indios. Ich wage zu behaupten, dass die indigenen Völker Brasiliens ihr kulturelles und auch physisches Überleben zu einem Gutteil dem mutigen Einsatz der Katholischen Kirche verdanken. Unsere Kirche hat nicht geschwiegen, sondern sich dezidiert auf die Seite der Indios gestellt und sich nie gescheut, Verbrechen an den Indigenen Völkern zu denunzieren. Viele Missionarinnen und Missionare haben ihren Einsatz sogar mit dem Leben bezahlt. Es sind die Märtyrer der Causa Indígena.

VN:

Auch Papst Franziskus persönlich liegt das Schicksal der Ureinwohner besonders am Herzen, bei seiner Reise nach Peru wird er auch mit Völkern aus dem Amazonas-Gebiet zusammen treffen. Was erhoffen Sie sich von dieser Begegnung?

Bischof Kräutler:

Seit Anfang seines Pontifikats hat Papst Franziskus mit einer ganz besonderen Liebe und Aufmerksamkeit die Indigenen Völker Lateinamerikas in sein Herz geschlossen. Ich habe das selbst bei der Privataudienz erfahren, die er mir im April 2014 gewährte. In der Enzyklika Laudato Sì erwähnt er diese Völker und ihre Rechte wörtlich: „Denn für sie ist das Land nicht ein Wirtschaftsgut, sondern eine Gabe Gottes und der Vorfahren, die in ihm ruhen; ein heiliger Raum, mit dem sie in Wechselbeziehung stehen müssen, um ihre Identität und ihre Werte zu erhalten. Wenn sie in ihren Territorien bleiben, sind es gerade sie, die am besten für sie sorgen“ (LS 146). Ich bin der Überzeugung, dass die Begegnung mit den Indios in Porto Maldonado genau diese Dimension unterstreichen wird und ihnen noch einmal beweist, dass der Papst aus Lateinamerika die Ureinwohner dieses Kontinents besonders schätzt und für ihre Rechte (auch gegen Bergwerksgesellschaften) eintritt.

VN:

Im Oktober 2019 werden die Bischöfe in Rom auf Einladung von Papst Franziskus in einer außerordentlichen Synode über das Amazonas-Gebiet beraten. Was sind Ihrer Ansicht nach die Punkte, die in einer solchen Synode bevorzugt behandelt werden sollten?

Bischof Kräutler:

Papst Franziskus hat nach der Heiligsprechung der Protomärtyrer Brasiliens am 15. Oktober 2017 die Synode für Panamazonien mit einer ganz klaren Zielsetzung einberufen: Neue Wege und Formen der Evangelisierung sollen gesucht werden, besonders in Hinsicht auf die Indigenen Völker. Außerdem ist die Rettung Amazoniens für die ganze Menschheit von Bedeutung und somit auch eine besondere Aufgabe für die Kirche nicht nur vor Ort, sondern für die gesamte katholische Kirche. Darum eine Synode mit weltweitem Charakter.

Unsere bisherige pastorale Praxis in Amazonien mit allen Höhen und Tiefen, Sorgen und Nöten, Leiden und Freuden wird sicher die Hintergrundszenerie der Synode bilden, von der aus sich der Blick in die Zukunft für die Völker Amazoniens und ihre Mitwelt richten wird.

Wir müssen endlich Abschied nehmen von einer „Evangelisierung der Kulturen“ und stattdessen eine Evangelisierung intensivieren, die von den Kulturen der Indigenen Völkern ausgeht und sie berücksichtigt, so wie wir uns das schon in der Kommission 26 der 4. lateinamerikanischen Bischofskonferenz (CELAM) in Santo Domingo 1992 gewünscht haben. Ich war damals Delegierter der Brasilianischen Bischofskonferenz und als Präsident des CIMI zusammen mit Dom José Maria Pires (für die Afroamerikaner) Mitglied dieser Kommission. Leider wurde damals unser Vorschlag brutal abgewürgt. Ich denke, die Synode wird nun diese Angelegenheit wieder aufs Tapet bringen. Ein weiteres Thema werden wohl sicher die Zulassungsbedingungen zum Weihepriestertum sein. Insbesondere bei den Indigenen Völkern ist größtenteils ein zölibatäres Priestertum sehr problematisch und praktisch unverständlich.

Und im Zusammenhang mit der Bewahrung der Schöpfung in Amazonien wird es sich sicher um die Weiterführung und Applikation der Aussagen des Papstes in Laudato Sì (insbesondre N. (37/38 und 145/146) gehen. (vatican news)

Die prophetische Mission der Universität ist erneuerter Humanismus und Dialog: Franziskus

SANTIAGO DE CHILE – Vordergründig über zwei vermeintlich sperrige Themen hat Papst Franziskus beim Besuch der Päpstlichen Katholischen Universität von Chile in Santiago heute gesprochen: Das „Nationale Zusammenleben“ und die Herausforderung, „in Gemeinschaft voranzukommen“.

Bei genauerem Betrachten leistet diese Rede von einer „prophetischen Mission“ der Universität jedoch viel mehr, mit ihrem Appell an einen „erneuerten Humanismus“ und der Betonung des Dialogs, der Verteidigung von Familie, Gemeinschaft und, ja, Nation: Sie ist eine bündige Darstellung der Weltsicht von Papst Franziskus, worauf sich diese aufbaut – und was der Pontifex auch mit seinem eigenen Programm für die Kirche anstrebt.

Franziskus zitierte unter anderem die Philosophen Zygmunt Bauman und Gershom Sholem. Prominent gleich zum Anfang sprach Franziskus jedoch über einen anderen: Der ständige Begleiter von Papst Franziskus in Chile ist der Heilige Alberto Hurtado (1901-1952).

„Sein Leben wird zu einem klaren Zeugnis dafür, wie die Intelligenz, die akademische Exzellenz und die Professionalität im Berufsalltag mit dem Glauben, der Gerechtigkeit und der Nächstenliebe in Einklang gebracht – weit davon entfernt, geringer zu werden – eine prophetische Kraft erlangen, die fähig ist, Horizonte zu eröffnen und den Pfad zu erleuchten, vor allem für die aus der Gesellschaft Ausgeschlossenen“.

Die Figur des beliebtesten Heiligen des Landes verkörperte also auch in dieser Rede Franziskus‘ jene Friedens- und Dienstbotschaft, die der Pontifex für ein zerrissenes Chile und eine von Kontroversen und Bedeutungsverlust geplagte Kirche in Chile vermitteln will, aber auch als Hoffnungsschimmer und Abentuer für die Jugend des Landes bezeichnet.

„Nationales Zusammenleben“

In der heutigen „flüchtigen“ – im Sinne Zygmunt Baumans, wie das Redemanuskript zeigt – Gesellschaft schwinden die Bezugspunkte, von denen aus Menschen ihr Leben aufbauen können, warnte der Papst.

„Es scheint, dass heute die »Wolke« [die digitale ‚Cloud‘, Anm.d.Red.] der neue Ort der Begegnung ist, der vom Mangel an Stabilität geprägt ist, da ja alles sich verflüchtigt und deshalb an Konsistenz verliert“.

Nicht einfach als Vermittler von Werten ist das Bildungswesen daher wichtig, so Franziskus; seine Wichtigkeit bestehe auch in einer „Bildung (Alphabetisierung), die den Intellekt (den Kopf), die Affekte (das Herz) und die Aktion (die Hände) einbezieht und in Einklang bringt“.

Die klassische Forma Mentis sei das, sagte der Papst weiter – eine Geisteshaltung also.

„Und um dies zu erreichen, ist es notwendig, eine – wie ich es nennen würde – integrierende Alphabetisierung zu entwickeln, die es versteht, die Transformationsprozesse, die im Schoß unser Gesellschaften erzeugt werden, aufeinander abzustimmen.“

So könne das Individuum von der Beschränkung auf sich selbst bewahrt werden, argumentierte der Papst, und ein öffentlicher Raum gepflegt werden, der als „Bewusstsein“ notwendig ist, um eine Nation abzubilden, und Frieden zu sichern:

„Ohne das »Wir« eines Volkes, einer Familie, einer Nation und zugleich ohne das »Wir« der Zukunft, der Kinder und des Morgens; ohne das »Wir« einer Stadt, die »Mich« übersteigt und reicher ist als die individuellen Interessen, wird das Leben nicht nur immer mehr zerstückelt, sondern reicher an Konflikt und Gewalt.“

Die Universität stehe in diesem Sinn vor der Herausforderung, die „neuen Dynamiken  innerhalb ihres eigenen Lehrkörpers zu erzeugen, die jegliche Fragmentierung des Wissens
überwinden und zu einer wahrhaftigen universitas anregen sollen“, so der Papst.

„In Gemeinschaft vorankommen“

Von daher sei das zweite für dieses Haus des Studiums so wichtige Element: die Fähigkeit,  in Gemeinschaft voranzukommen, fuhr der Pontifex fort.

Er habe mit Freude von der Evangelisierungsbemühung der Universitätspastoral erfahren. Diese sei Zeichen einer jungen, lebendigen Kirche »im Aufbruch«, so der Pontifex. Mit Blick auf diese Aktivitäten sagte er weiter:

„Der »Missionar« kehrt nie als der Gleiche aus der Mission zurück; er erfährt den Vorübergang Gottes in der Begegnung mit so vielen Gesichtern.“

Solche Erfahrungen könnten dabei nicht vom universitären Geschehen getrennt bleiben: „Die klassischen Forschungsmethoden erfahren gewisse Grenzen, umso mehr, wenn es sich um eine Kultur wie die unsere handelt, die die direkte und unmittelbare Partizipation der Subjekte anregt“, so Franziskus wörtlich.

Die aktuelle Kultur erfordere jedoch „neue Formen, die geeignet sind, alle einzubeziehen, die das soziale Geschehen und daher das Bildungsgeschehen mitgestalten“.

Deshalb gelte es, „das Konzept der Bildungsgemeinschaft zu erweitern“, fuhr der Papst fort:

„Diese Gemeinschaft ist herausgefordert, nicht isoliert zu bleiben von den Erkenntnisweisen. (…) Es ist notwendig, dass der Erkenntniserwerb dazu befähigt, eine Interaktion zwischen dem Hörsaal und der Weisheit der Völker hervorzubringen, die diese gesegnete Erde mitgestalten. Eine Weisheit reich an Intuitionen, an »Geruchs-/Spürsinn«, den man nicht ignorieren kann (…) Auf diese Weise wird diese so bereichernde Synergie zwischen wissenschaftlicher Strenge und der Intuition des Volkes hergestellt werden.“

Das „Erkennen muss sich immer zum Dienst am Leben berufen fühlen und sich mit dem Leben konfrontieren, um weiter Fortschritte machen zu können“, so Franziskus. Von daher könne sich die Bildungsgemeinschaft nicht auf Hörsäle und Bibliotheken reduzieren.

„Der universitäre Dienst muss immer darauf abzielen, von Qualität und Exzellenz zu sein, die in den Dienst des nationalen Zusammenlebens gestellt werden. In diesem Sinn könnten wir sagen, dass die Universität zu einem Labor für die Zukunft des Landes wird, da es ihr gelingt, in ihrem Schoß das Leben und das Unterwegssein des Volkes aufzunehmen, indem sie jede antagonistische und elitäre Logik des Wissens überwindet.“

Eine alte Tradition der Kabbala erzähle, fuhr Franziskus an dieser Stelle fort, dass der Ursprung des Bösen in der Spaltung liege, die der Mensch verursache, „indem er vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse isst“. Auf diese Weise erlangte die Erkenntnis eine Vorherrschaft über die Schöpfung und unterwarf sie ihren Schemata und Wünschen, so der Papst im Redemanuskript unter Verweis auf Gershom Sholems Mystique Juive.

„Die latente Versuchung in jedem akademischen Umfeld ist wohl, die Schöpfung auf einige interpretative Schemata zu reduzieren und sie so des eigentlichen Mysteriums zu berauben, das ganze Generationen dazu bewegt hat, das unbedingt Notwendige, Gute, Schöne und Wahre zu suchen.“

Die Mission der Universität erweise sich daher „als eine prophetische“, so der Papst abschließend. Sie sei „aufgefordert, Prozesse zu schaffen, die die aktuelle Kultur erleuchten, indem sie einen erneuerten Humanismus vorstellen“ – es gehe darum, „Räume zu suchen, die mehr auf Dialog als auf Konfrontation zurückgreifen; Räume mehr der Begegnung als der Trennung; Wege der freundschaftlichen Auseinandersetzung“. (CNA Deutsch)