Ägypten: Sorge der Christen wächst

Unter den Ausschreitungen in Ägypten leiden auch die Christen: Fast 50 christliche Kirchen seien insgesamt in den vergangenen Tagen angegriffen worden oder in Flammen aufgegangen, darunter auch katholische und protestantische Gotteshäuser. Dies berichtet der Sprecher der katholischen Bischofskonferenz Ägyptens, Pater Rafic Greiche nach Angaben der Nachrichtenagentur Agi. Und das ist noch nicht alles: Andere Quellen berichten, das auch Schulen, Klöster und Geschäfte von Christen immer häufiger angegriffen werden. Radio Vatikan hat mit dem Bischof von Gizeh, Antonius Aziz Mina, über die Lage vor Ort gesprochen:

„Die Sorge hier ist sehr groß. Das ganze Volk steht dicht beisammen, abgesehen von den Muslimbrüdern, die ein Jahr lang an der Macht waren und das schlimmste von sich zeigen. Laut den Statistiken haben sie nicht mehr als 7.000 Anhänger, aber jetzt kommt heraus, dass sie mit der terroristischen Al-Kaida in Verbindung stehen und auch mit der Hamas. Sie interessieren sich nicht für das Land und auch nicht für die Ägypter, ihnen geht es nur um die Interessen der Muslimbruderschaft. In den vergangenen Tagen wurden weit mehr als zehn Kirchen abgefackelt, katholische, orthodoxe und protestantische. Sie glauben, dass sie auf diese Weise die Christen in den Konflikt verwickeln können und sie versuchen, so Unruhe im Land zu sähen. Die Christen sind sich aber bewusst, dass ein Preis gezahlt werden muss für die Isolierung der Muslimbrüder und ihrer Fraktion, die keinerlei Kraft und Erfahrung in der Politik haben. Die einzige Kraft, die diese Gruppierung hat, ist terroristisch."

Die Christen seien im Gebet vereint, auch wenn die Lage vor Ort jeweils sehr unterschiedlich aussehe. Die Situation der Christen im Libanon, sei beispielsweise nicht mit der Lage der Christen in Ägypten, im Irak oder in Syrien vergleichbar, so Bischof Mina.

„In Ägypten ist die Präsenz der Christen groß, auch wenn sie zum Großteil nicht katholisch ist. Aber im Inneren stehen Katholiken, Orthodoxe und Protestanten eng zusammen. Sie haben die gleichen Ansichten und wir hören sie alle vereint rufen: ,Nein zum Terrorismus und dieser Gewalt!’ Dieses ,Nein’ ist sehr friedlich."

Die Hintergründe der Situation in Ägypten lassen sich nicht so einfach erkennen, meint Bischof Mina. Die Wahrheit habe immer viele verschiedene Gesichter. Er vermutet, dass es Leute gibt, die ein Interesse daran haben, die Muslimbrüder zu unterstützen. Ägypten spiele eine wichtige Rolle im Nahen Osten, und irgendwer wolle da wohl das Gleichgewicht stören. Einen Bürgerkrieg sieht der Bischof von Gizeh in seinem Land jedenfalls nicht:

„Hier herrscht kein Bürgerkrieg! Von Bürgerkrieg spricht man, wenn es zwei sehr klar trennbare Fraktionen gibt, die aufeinander treffen. Wenn diese Fraktionen friedlich wären, dann würde keiner irgendetwas sagen. Aber wir sehen hier Verbrennungen, Tortur, Mord und Zerstörung… Das ist kein Bürgerkrieg!" (rv)

USA: Papstvertreter nimmt an Versammlung des LCWR teil

LCWRIn Orlando findet derzeit die jährliche Versammlung der „Leadership Conference of Women Religious" (LCWR), einer Organisation von amerikanischen Ordensfrauen, statt. Insgesamt 825 Ordensfrauen nehmen teil. Auf der Tagesordnung stehen mehrere wichtige Themen – die sich wandelnde Rolle der religiösen Amerikanerinnen in einer veränderten Gesellschaft, Fragen bezüglich der Migrationsströme und die Wahl eines neuen Präsidenten und Sekretärs des Vereins, in dem fast 80 Prozent der amerikanischen Frauenkonvente zusammen geschlossen sind. Die Versammlung ist aber auch Anlass, um den aktuellen Stand der im vergangenen Jahr vom Vatikan eingeleiteten Untersuchung der LCWR zu klären. Die Glaubenskongregation verdächtigte den amerikanischen Verband, die römisch-katholische Position nicht mehr vollends zu vertreten. Vor allem in den Fragen um Frauenordination, Verhütung, Abtreibung und Homosexualität habe der Verband die Linie der katholischen Kirche verlassen. Der LCWR wies diese Anschuldigungen zurück. Die vatikanische Kongregation für die Glaubenslehre setzte den Erzbischof von Seattle, James Peter Sartain, als Apostolischen Beauftragten ein, um eine Reform der LCWR zu überwachen. Erzbischof Sartain nimmt als Päpstlicher Sondergesandter ebenfalls an der Versammlung in Orlando teil. In seiner Eröffnungsrede am Dienstag unterstrich er die konstruktive Zusammenarbeit zwischen den Schwestern und dem Vatikan. „Ich bin als Vertreter von Papst Franziskus gekommen, aber ich bin auch als Bruder und Freund hier", sagte Sartain. (rv)

Katholischer Pfarrer in Kairo: „Analphabetismus verschlimmert die Lage“

ÄgyptenEin großes Problem für die Zukunft – aber auch für die Gegenwart – Ägyptens ist die hohe Zahl an Analphabeten. Diese Masse sei sehr „einfach zu manipulieren". Das betont im Gespräch mit Radio Vatikan der Pfarrer der deutschen katholischen Gemeinde in Kairo, Mons. Joachim Schroedel. Über 50 Prozent der fast 90 Millionen Ägypter hätten kein Schulabschluss, so Schroedel. Man brauche deshalb Geduld und müsse das Land nicht im Stich lassen, fügt er an.

Zur aktuellen Lage sagt Schroedel, dass die Situation ruhig sei. Die Zusammenstösse seien in einigen wenigen Quartieren der ägyptischen Hauptstadt zu verzeichnen. Angriffe auf Kirche gäbe es in Kairo bisher nicht, doch in anderen Städten des Landes sei dies nicht der Fall. Christen gingen derzeit vorsichtiger um.

„Ich kriege eigentlich eher mit, dass Muslime, die mich kennen, wenn sie mich sehen, auf mich zukommen. Sie sagen mir, dass es ihnen leid tue, für die Angriffe auf christliche Gotteshäuser. Das sei nicht die allgemeine Meinung der Muslime und seien selbst wütend auf die Muslimbrüder. Ich selber war am Donnerstag – wie immer – mit Soutane mitten in der Stadt unterwegs und wurde eher freundlich begrüßt. Man weiß auch hier, was ein Priester ist und jeder Muslim hat davor Respekt, weil ein Priester als Mann Gottes betrachtet wird."

Über die schwankenden Zahlen der Opfer werde in Ägypten sehr viel diskutiert. Für Pfarrer Schroedel handele es sich auf jeden Fall um eine Zahl, die man relativieren müsse. In Kairo leben rund 25 Millionen Menschen.

„Es ist eine Tatsache, dass sechs Wochen lang die Demonstrationscamps Widerstandszellen waren. Die Menschen dort waren nicht zu Gesprächen bereit und die Führer der Muslimbrüder auch nicht. So schwer das nun auch für einen Christen klingen mag, die hohe Zahl an Toten in Kauf zu nehmen. Hätte man noch etwas zugewartet, dann wäre es noch viel schlimmer kommen können."

Islamisten und Muslimbrüder hatten zu Großdemonstrationen und einem „Freitag der Wut" aufgerufen. Um aus der Krise rauszukommen, brauche es allerdings etwas ganz anderes, so Schroedel.

„Wir, die in Ägypten wohnen, brauchen ein Großmaß an Geduld, Toleranz und vor allem an Friedfertigkeit. Natürlich wird es weiterhin so sein, dass die Muslimbrüder spüren, dass sie ihre Macht verloren haben. Jeder Politiker im Westen, der sagt, man müsse im Gespräch kommen und die Muslimbrüder einbinden, der hat – mit Verlaub gesagt – keine Ahnung, wer die Muslimbrüder eigentlich sind." (rv)

Nordkorea: Humanitäre Arbeit braucht hier Fingerspitzengefühl

Notker WolfErfolgreiche Verhandlungen zwischen Nord- und Südkorea: Der gemeinsame Industriepark Kaesong soll wieder eröffnet werden. Das ist das Ergebnis eines Treffens zwischen beiden Staaten am Mittwochmorgen. Im April hatte Nordkorea 53.000 Arbeiter von dort abgezogen, die in südkoreanischen Unternehmen arbeiteten. Grund war ein gemeinsames Militärmanöver Südkoreas und der USA. Ein Datum für die Wiedereröffnung des Industrieparks ist noch nicht bekannt. Der Abtprimas der Benediktiner, Notker Wolf, ist gerade aus Nordkorea zurückgekehrt, wo sein Orden ein Krankenhaus baut. Er hat dort erlebt, wie verhärtet die Fronten sind:

„Wenn man in Nordkorea die Arbeiterzeitung aufschlägt, ist unglaublich wie sie sich dort über die anderen lächerlich machen. Bei uns wäre das beleidigend. Die südkoreanische Berichterstattung läuft aber auch nicht anders, sie sagen, wenn die Präsidentin es schafft, dass der Industriepark wieder geöffnet wird, dann ist das eine Niederlage für den nordkoreanischen Präsidenten Kim Jong-un. So etwas finde ich unmöglich, weil es eine Demütigung des anderen ist und damit auch wieder viele Dinge provoziert, die völlig unnötig sind."

Im Vordergrund der Gespräche an diesem Mittwoch stand seiner Meinung nach auch keinesfalls der Frieden zwischen Nord- und Südkorea, sondern wirtschaftliche Interessen. Dies gelte, so Abt Notker, vor allem für die Nordkoreaner:

„weil ihnen das Wasser bis zum Halse steht. Die USA versuchen ja, sie durch das Embargo in die Knie zu zwingen – was ich für eine völlig unmögliche Situation halte, wenn wir uns überlegen, wie lange dieses Embargo schon geht. Dabei leidet die Bevölkerung, sie leidet natürlich sehr darunter. Nicht so sehr die Regierung, aber die Bevölkerung. Deshalb bauen wir auch das Krankenhaus."

Die Klinik der Benediktiner im Norden des Landes wurde bereits im August 2005 eingeweiht. Sie ist so gut besucht, dass nun ein Erweiterungsbau mit einer Ambulanzklinik geplant ist:

„Das Krankenhaus ist inzwischen zum Bezirkskrankenhaus für andere Krankenhäuser gemacht worden. Ich habe bei meinem Besuch, nach der Unterzeichnung des Vertrages auch noch etwas sehr nettes erlebt: Der Stadtbürgermeister hat uns zum Abendessen eingeladen und als wir uns zu Tisch setzten, da sagte er: ,vergesst aber das Beten nicht.’ Das hat mich dann doch sehr erstaunt, das ist mir in Deutschland nicht so häufig passiert."

Wer in Nordkorea humanitäre Hilfe leisten wolle, der brauche allerdings Geduld und Fingerspitzengefühl, erklärt der Benediktiner:

„Ich meine, wir können auf dem humanitärem Sektor einiges tun und die nordkoreanischen Behörden sind durchaus bereit, auch humanitäre Hilfe anzunehmen, aber das geht nur, wenn es Verhandlungen auf Augenhöhe gibt und nicht in einer herablassenden, arroganten Haltung, wie das auch immer wieder geschieht. Andererseits ist diese Übersensibilität der Nordkoreaner schwierig zu handhaben, das bereitet einem bei Verhandlungen solche Schwierigkeiten, dass humanitäre Organisationen, Nicht-Regierungs-Organisationen, nach einiger Zeit das Handtuch werfen – und ich verstehe das." (rv)

Papst feiert „Ferragosto“ in Castelgandolfo

Papst Franziskus hat den größten Teil des Sommers im Domus Santa Marta verbracht, anders als seine Vorgänger, die die heißen Monate im etwas kühleren Castelgandolfo Urlaub machten oder auch arbeiteten. An diesem Donnerstag – dem Hochfest Aufnahme Mariens in den Himmel oder auf italienisch Ferragosto – wird der Papst die Tradition fortführen und die Messe in der Gemeindekirche des Ortes in den Albaner Bergen feiern. Zunächst wird er privat den Klarissenkonvent von der Unbefleckten Empfängnis besuchen, danach folgen dann die Messe und das sich daran anschließende Angelusgebet. Es wird bereits der zweite Besuch von Papst Franziskus in diesem Kloster sein. (rv)

Nord-Irland-Konflikt: „Insgesamt nimmt die Gewalt ab“

IrlandGewalt-Nachrichten aus Nordirland: Nach einem Marsch pro-britischer Demonstranten kam es in der Nacht auf Samstag in Belfast wieder einmal zu Krawall auf den Straßen. Nach Medienangaben wurden dabei mehr als 50 Polizisten verletzt. Die deutsche Uschi Grandel berichtet für die Internetseite info-nordirland.de schon lange über den Konfliktlösungsprozess auf der Insel und ist grade selbst in Nord-Irland unterwegs. Sie berichtet Radio Vatikan, wie es zu dem Zusammenstoß kam. Die Loyalisten seien grade in Krawall-Laune, meint Grandel. Sie hatten zwar die Erlaubnis, am Freitag gegen eine Demonstration in Belfast zu protestieren, hielten sich aber nicht an die Auflagen:

„Dieser Protest wurde erlaubt, allerdings sollten sie an der Seite demonstrieren und es sollten nicht mehr als insgesamt sechs Gruppen mit nicht mehr als 75 Leuten dabei sein, damit das ganze unter Kontrolle gehalten werden kann. Es war allerdings klar, dass die Hardliner unter den Krawallmachern das nicht beachten: Relativ früh haben sie die Straße im Stadtzentrum besetzt, an der die Demonstration entlanggehen sollte. Es gab ein riesiges Polizeiaufgebot. Die Polizei hat versucht, Recht durchzusetzen – was sie in früheren Jahren wohl kaum getan hätte. Sie hat die Loyalisten von der Straße vertrieben und die Demonstration umgeleitet. Das war der Anlass für die Krawalle, die es dann später gab: Da sind pro-britische Gruppen gezielt, wie sie es immer machen, gegen kleine und isolierte Viertel in Stadtnähe vorgegangen."

Diese Auseinandersetzung war also absehbar…

„Ja, das war absolut absehbar. Im Sommer, der so genannten ,marching-season’, wo auch die Oranierorden ihre Märsche abhalten, gab es in Belfast gewaltsame Auseinandersetzungen mit Loyalisten und auch Oranierorden, die bestimmte Auflagen nicht akzeptieren wollten, die ihnen auf ihre Marschrouten auferlegt wurden. Man muss aber dazu sagen, dass Belfast ein spezielles Thema ist: Es war lange die Hochburg der absoluten britischen Hardliner. Es gibt andere Orte, wo Konflikte zum Beispiel um Oranier-Märsche oder um Fahnen oder ähnliches, friedlich im Dialog ausgetragen werden. Das ist meistens da, wo es irische Mehrheit gibt, in Derry zum Beispiel. Dort sind die Märsche dieses Jahr absolut friedlich abgelaufen, weil im Vorfeld geredet wurde, weil man sich geeinigt hat, was in Belfast so leider nicht möglich war."

Wie ist denn die Lage aktuell in Belfast, auch für die Katholiken dort?

„Man sieht in den Nachrichten immer nur die Randale und die Krawall-Macher. Die sind aber nur ein ganz, ganz kleines Spektrum in Belfast. Im normalen Leben fallen die eigentlich kaum auf. Das war jetzt diese Blockade in der Innenstadt, das haben die Touristen auch gesehen, aber ansonsten sind solche Krawalle eigentlich eher sehr lokal in irgendwelchen Vierteln und flammen mal über eine Nacht oder so auf. Ansonsten ist es aber in Belfast ruhig, friedlich und im Moment sehr sonnig."

Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung der Lage ein, ist davon auszugehen, dass es weitere Krawalle gibt?

„Ich glaube, dass da noch etwas kommt, aber das ist auch nichts Neues. Ich glaube man muss verstehen, dass dieser Konfliktlösungsprozess zu ungeheueren Fortschritten geführt hat. Das Friedensabkommen ist 1998 unterschrieben worden, das ist also schon eine Zeit lang her. Danach gab es noch ziemlich heftige Auseinandersetzungen.

Es ging im Friedensprozess sehr viel um die Demokratisierung der Polizei und 2007 hat die Partei Sinn Féin den Schritt getan, die Polizei anzuerkennen.Das war vorher nicht der Fall. 2007 ist außerdem die Regionalregierung in Nordirland aufgestellt worden. Sie arbeitet seither unter Führung von dem Minister und dem stellvertretenden ersten Minister, die von Peter Robinson von der DUP (Democartic Unionist Party) als erster Minister und von Martin McGuinness (Sinn Féin) als stellvertretendem ersten Minister gleichberechtigt geführt wird. In diesen Etappen sind gewaltige Schritte nach vorne gemacht worden – zur Stabilisierung und zur Beruhigung der Lage. Aber dieser Konfliktlösungsprozess erfordert eine ganze Menge Themen: Auf der einen Seite eine Demokratisierung Nordirlands in allen Bereichen, weil das Land durch diese über 30 Jahre Konflikt zum einen extrem militarisiert ist, aber auch strukturell extrem auf Konflikt ausgerichtet war. Was auch ein wichtiges Thema ist, ist die Aufarbeitung der Vergangenheit, dass man sich wirklich als Gesellschaft klar wird über das, was passiert ist. Dass man sich gegenseitig respektiert und dass es gleiche Bedingungen für jeden gibt. Da tun sich etliche von den pro-britischen Unionisten sehr schwer, weil insbesondere ihre Führer die Lage in Nordirland sehr lange kontrolliert haben. Für die heißt Gleichberechtigung Abgabe von Macht. Das ist vor allem für die Oranierorden ein Problem, die ihren Einfluss schwinden sehen. So kann man sehen, dass es Führungspersönlichkeiten gibt, im pro-britischen Lager, die nicht auf Ausgleich setzen, sondern auf Eskalation, weil sie sich davon erhoffen, dass sie sich in dem Machtkampf, der dort tobt, die Hardliner auf ihre Seite ziehen und damit vielleicht Wähler fangen können. Es ist schade, dass es im Moment keine Führungspersönlichkeit auf dieser pro-britischen Seite gibt, die aufsteht und sagt: ,Leute, ihr lauft da in eine Sackgasse.’

Aber das ist ein Prozess, der sich da abspielt. Der ist im Moment nicht mehr oder weniger gewaltsam, wie letztes oder vorletztes Jahr. Der Gewaltlevel schwankt immer so ein bisschen, aber er nimmt ins gesamt extrem stark ab – und das ist die positive Botschaft daran." (rv)

Finanzaufsicht im Vatikan: „Ein positives Zeichen und ein Vertrauensbeweis“

IORDie Finanzaufsicht des Vatikan – AIF – hat mit den jüngsten Anordnungen von Papst Franziskus die „notwenigen Instrumente" in der Hand, um wirkungsvoll agieren zu können. Das sagt im Interview mit Radio Vatikan der Leiter der AIF, der Schweizer René Brülhart. Man habe jetzt die Grundlage, nun folge die Implementierung. Mit Blick auf den Vatikan ist er zuversichtlich: Die Aufklärung und Transparenz werde gewollt. In dem Motu Proprio, mit dem der Papst in der vergangenen Woche die Finanzaufsicht ausgeweitet hatte, sieht er auch einen Vertrauensbeweis für die bisher geleistete Arbeit.

Herr Brülhart, Sie sind Leiter der AIF, der Finanzaufsichsbehörde des Vatikan. In der vergangenen Woche hat Papst Franziskus mit einem Motu Proprio die Aufgabenbereiche und die Struktur geändert; was genau hat sich geändert?

„Es hat sich eigentlich nichts geändert, sondern es hat eine Ergänzung gegeben in dem Sinne, dass der Aufgabenkatalog des AIF um die so genannte ‚prudentielle Aufsicht’ erweitert worden ist. In anderen Worten: AIF ist jetzt schon zuständig als so genannte Geldwäsche-Meldestelle und hat zum jetzigen Zeitpunkt eine entsprechende Aufsichtsfunktion. Diese Aufsichtsfunktion ist ausgedehnt worden."

Also in Richtung einer allgemeinen Bankenaufsicht wie etwa der Bafin in Deutschland?

„Genau. Das, was wir mit dem Motu Proprio und den damit verbundenen Konsequenzen jetzt haben bedeutet eine umfassende Aufsichtsfunktion für AIF."

Kontrolle aller Finanzaktivitäten des Vatikans

Wen und was genau kontrollieren Sie? Natürlich die so genannte Vatikanbank IOR, aber auch andere Werke?

„Ob das IOR wirklich eine Bank ist, sei dahin gestellt, in meinen Augen ist es das nicht, sondern wirklich ein Finanzinstitut sui generis im Dienste des Heiligen Stuhls. Was AIF kontrolliert sind sämtliche Finanzaktivitäten die durch entsprechende zuständige Institutionen innerhalb des Vatikans durchgeführt werden."

Wer ist das noch außer dem IOR?

„In erster Linie ist es natürlich das IOR, wenn man auf den Moneyval- Bericht von 2012 zurück greift wird da unter anderem auch APSA erwähnt, das ist etwas, was wir momentan prüfen, inwieweit das eine Ausdehnung mit sich bringt …"

… nur zur Ergänzung: APSA ist die Güterverwaltung des Vatikan …

„… Genau. Und wir werden weiter sehen, wo weitere Finanzaktivitäten stattfinden und dort dann auch entsprechende Schritte einleiten."

Die Grundlagen sind geschaffen

Sie haben die Moneyval-Kommission erwähnt, die Ausweitung der Bankenaufsicht ist ja eine Empfehlung der Kommission gewesen. Das Ganze ist ein Prozess, was heißt, dass es noch weitere Schritte geben wird. In welche Richtung wird sich das weiter entwickeln?

„Ich denke, dass an dieser Stelle ein kleiner Rückblick dient. Mit dem ersten Motu Proprio von [Dezember] 2010 von Papst Benedikt hat man Ende 2010, Anfang 2012 begonnen, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Das ist eine relativ kurze Zeitspanne, über die wir hier sprechen, wo man doch in den letzten Monaten und Wochen doch sehr aktive Schritte hat einleiten können. Jetzt mit dem neuen Motu Proprio ist eine wie ich meine ganz zentrale Empfehlung seitens von Moneyval umgesetzt worden, zumindest ist die Grundlage für die entsprechende Umsetzung geschaffen worden. Was jetzt als Nächstes folgen wird ist die ganze Implementierung. Einen rechtlichen Rahmen zu setzen ist immer gut und schön, aber dann auch konkret Fakten schaffen zu können, die Implementierungen vorzunehmen, das ist eine andere Geschichte."

Vielleicht kurz noch zur Ergänzung: Die AIF – wie viele sind Sie denn eigentlich, wie groß habe ich mir Ihr Büro vorzustellen?

„[lacht] Keine Sorge, wir sind keine Monsterbehörde, zum jetzigen Zeitpunkt sind wir sieben Personen, da wird man in der nächsten Zeit sehen, wie sich das entsprechend entwickeln wird."

Umgang mit den Skandalen

Die Öffentlichkeit bekommt von den Finanzen des Vatikans meistens nur die Skandale mit, auch in der jüngeren Vergangenheit noch einmal. Sie werden in einer italienischen Zeitung zitiert damit, dass es eine „Zunahme von Verdachtsmomenten" gäbe, die Sie feststellen könnten. Was für ein Zeichen setzt das Motu Proprio hier? Haben wir hier eine Skandalgeschichte, die weiter geht, oder was für ein Zeichen sehen Sie hier?

„Ich finde, dass das ein sehr positives Zeichen ist und ein großer Vertrauensbeweis, dass man mit den Arbeiten, die man in den vergangenen Monaten eingeleitet hat, auf dem richtigen Weg ist. Wir haben den richtigen Weg gefunden, da sind aber noch einige Schritte zu gehen, da darf man keine falsche Erwartungshaltung haben. Entscheidend diesbezüglich ist, dass man entsprechende Instrumente geschaffen hat, sollten – was wir alle nicht hoffen – solche Geschichten wieder geschehen, diese aktiv anzugehen um ein Umfeld zu schaffen, das wir alle vorfinden möchten."

Also sagen Sie, dass ein Stoßen auf solche Fälle ein Zeichen der Erfolgsgeschichte ist.

„Ich glaube, dass wir ehrlich sein müssen. Überall dort, wo Finanzaktivitäten stattfinden, geschieht manchmal etwas, was nicht stattfinden sollte – wir sind halt Menschen. Nochmals: Entscheidend ist dann, dass man die entsprechenden Instrumente hat, um solche Vorfälle aufarbeiten zu können und die notwendigen Maßnahmen ergreifen zu können. Da sind wir auf einem sehr, sehr guten Weg.
Entscheidend in diesem Zusammenhang ist auch, dass man viel Aufklärungsarbeit betreibt, dass wir einen sehr präventiven Ansatz fahren möchten, um dort im Sinn einer Sensibilisierung die notwendigen Maßnahmen ergreifen zu können, dass in der Zukunft solche Vorfälle nicht mehr geschehen."

Kultur der Transparenz

Wie sehen Sie für die Zukunft eine Kultur der Transparenz und Aufklärung im Vatikan?

„Sehr positiv, weil das mit dem Geist, den man hier vorfindet, in Einklang geht. Ich glaube, dass alle ein Bedürfnis nach Transparenz haben, alle haben ein Bedürfnis nach Offenheit, insbesondere nach interner Offenheit. Wenn wir etwas dazu beitragen können, dass auch im Finanzbereich wie wir das in den vergangenen Monaten getan haben weiter vorwärts zu bringen, dann sind wir alle auf dem richtigen Weg."

Hintergrund
Im Juli 2012 attestierte der Expertenausschuss des Europarates, Moneyval, dem Vatikan Fortschritte bei der Bekämpfung der Möglichkeit von Geldwäsche, listete zugleich aber noch bestehende Mängel auf. Einer diese Mängel hing mit der Frage nach Finanzaufsicht zusammen.

Die normale Prozedur von der Moneyval-Kommission des Europarates sieht vor, dass ein Staat, der auf die „weiße Liste" der Staaten gelangen will, die nach Bewertung von Moneyval ausreichende Maßnahmen gegen Terrorfinanzierung und Geldwäsche eingeführt haben, im weiteren Verlauf der Untersuchungen Fortschrittsberiche erstellt, in dem nach einer ersten Prüfung die Umsetzung der einzelnen durch Moneyval ausgesprochenen Empfehlungen dokumentiert ist. Der nächste Bericht zum Vatikan ist für den Dezember dieses Jahres vorgesehen.

Mitte Mai hatte die AIF das erste mal einen Jahresbericht vorgelegt und darunter auch Verdachtsfälle aufgelistet, denen man nachgehe. Verdachtsmomente seien beispielsweise eine Nichtübereinstimmung von Kundenprofil und Finanzgebaren, plötzliche überhöhte Transaktionen oder Ähnliches.
Seit Anfang Juli ist die AIF Mitglied der Egmont-Gruppe, eines Anti-Geldwäsche-Verbandes von Finanzaufsichtsbehörden von 130 Ländern an. (rv)

Papst unterstützt Kampagne „Más por Menos“

bertonePapst Franziskus hat die argentinische Spendenkampagne „Más por Menos" begrüßt. Er unterstütze diese Initiative, so eine Botschaft des Papstes, die von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone unterzeichnet wurde. Am kommenden 8. September findet die Spendenaktion in dem südamerikanischen Land statt. Franziskus lade alle Argentinier ein, „eine christliche Tat zu vollbringen, die im Glauben an Gott fest geankert ist". Denn Gott selber sei für alle durch seine Großzügigkeit ein Vorbild, so Franziskus. Die Kampagne „Más por Menos" – auf Deutsch: „Plus mal Minus" – ist die kirchliche Kollekte für die nationale Caritas. Im vergangenen Jahr wurden knapp 2,9 Millionen US-Dollar gesammelt. (rv)

Motu Proprio: Papst weitet Finanzkontrolle im Vatikan aus

IORIm Kampf gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung stärkt Papst Franziskus die zuständigen Behörden des Vatikan: In einem an diesem Donnerstag unterschriebenen und bekannt gegebenen Motu Proprio setzt er einige konkrete Maßnahmen um.

Ziel dieses Rechtstextes ist es vor allem, das Bekenntnis des Vatikan im Einsatz gegen Geldwäsche zu bestätigen und dem konkrete und administrative Schritte folgen zu lassen. So erweitert der Papst die Anwendung bestehender Gesetze des Vatikans auf alle Behörden und alle Organisationen, die ihren Sitz im Vatikan haben. Zweitens stärkt der Papst die Aufsichts- und Regelungsfunktion der Finanzaufsichtsbehörde AIF (Autorità di Informazione Finanziaria). Der Papst nimmt eine Kritik und Empfehlung des Moneyval Komitees des Europarates auf und weitet die Befugnisse der AIF erheblich aus, sie ist nun eine allgemeine Finanzaufsicht und nicht mehr nur auf Geldwäsche und Terrorfinanzierung beschränkt. Damit nimmt sie eine internationalen und nationalen Aufsichtsbehörden vergleichbare Position ein.

Drittens etabliert das Motu Proprio ein Komitee für Finanzsicherheit, das die zuständigen Behörden des Heiligen Stuhles und des Staates der Vatikanstadt auf dem Gebiet der Geldwäschebekämpfung koordinieren soll. Sieben Mitglieder repräsentieren alle Institutionen, die in den Kampf gegen Geldwäsche einbezogen sind: So etwa die AIF und das Staatssekretrariat, der Staatsanwalt und die vatikanischen Sicherheitsbehörden.

All dies sind notwendige Schritte auf dem Weg zu dem transparenten und anerkannten Finanzsystem, zu dem sich der Vatikan verpflichtet hat. Papst Franziskus setzt damit die Linie von Papst Benedikt XVI. fort, die dieser ebenfalls in einem Motu Proprio Ende 2010 begonnen hatte.
(rv)

Acht Millionen Follower: Der Papst und die Netzpräsenz

Acht Millionen „Follower" und mehr: Damit ist Papst Franziskus in der Welt von Twitter eine der wichtigsten Persönlichkeiten. Seitdem Papst Benedikt diese Kommunikationsform begonnen hat, ist die Anzahl derer, die vom Papst direkt lesen wollen, stetig gestiegen, während des Weltjugendtages in Rio hat die Zahl dann den Sprung über die Achtmillionengrenze gemacht. Das ist aber nicht nur ein Zahlenspiel, wie Pater Antonio Spadaro meint. Er ist Leiter der italienischen kirchlichen Zeitschrift „" und selber eifriger Twitterer:

„Der Papst ist zu einer echten Persönlichkeit im Internet geworden, der Leitungsfigur, deren Nachrichten und Botschaften die meisten Menschen verfolgen und der deswegen der einflussreichste ist, nicht nur der Anzahl der Follower bei Twitter wegen, sondern auch weil er viele Retweets hat, wie es heißt, also dass seine Botschaften im Internet weitergeschickt werden. Er hat eine sehr physische Präsenz, wie wir in Brasilien gesehen haben: Er hatte sehr körperliche, sehr physische Begegnungen mit den Jugendlichen. Aber genau dieses Anfassbare hat den Jugendlichen erlaubt, ihre Erfahrungen mit seiner Präsenz auch in den sozialen Netzwerken zu verbreiten, und dieses Teilen setzt Integration voraus."

Pater Spadaro war selber beim WJT in Rio dabei, als Beobachter und als eifriger Twitterer. Ihm ist vor allem eines bei den vielen Begegnungen zwischen Papst und Jugendlichen aufgefallen: Die große Energie, welche die Jugendlichen ausgedrückt haben. Das zeige sich in der ‚realen’ genauso wie in der ‚virtuellen’ Welt.

Pater Spadaros eigene Tweets vom WJT sind jetzt in e-Book-Form erschienen und auf seiner Seite cyberteologia.it herunterladbar: Es sei eine Art Tagebuch geworden und das habe er in Zusammenhang veröffentlichen wollen, so der Internetfachmann. (rv)