Amerikanische Mönche in den Trümmern von Norcia

Der Geburtsort des heiligen Benedikt von Nursia liegt in Trümmern: Auch die nach ihm benannte, tausendjährige Basilika in Norcia krachte beim Erdbeben vom 30. Oktober ein. Aber die etwa zwanzig Benediktiner bleiben. Sie sind in der Regel Ausländer, fast alle US-Amerikaner, und haben ihr Kloster hier vor noch nicht einmal zwanzig Jahren gegründet. Jetzt wollen sie deprimierten Einwohnern Mut machen und denken darüber nach, wie sie am besten Geld für den Wiederaufbau sammeln können.

Doch auch Gegenseitigkeit ist im Spiel, sagte uns Pater Benedict Nivakoff, der US-Bürger ist Prior der Benediktiner von Norcia: „Wir leben diese Tage vor Weihnachten sozusagen auf symbolische Weise… Die Krippe, die wir gebaut und jedes Jahr erweitert hatten, ist zerstört worden, als der Glockenturm einstürzte. Aber als die Leute hier gehört haben, dass wir keine Krippe mehr haben, haben sie sich zusammengetan und uns eine neue gekauft. Das zeigt die unglaubliche Großzügigkeit der Menschen von Norcia! Dabei sind es gar nicht mehr viele, die meisten leben jetzt außerhalb; aber die wenigen, die hier sind, hängen an uns und versuchen uns zu helfen.“

Vor ein paar Tagen sind erste Holz-Fertighäuser angekommen, in denen der Staat außerhalb des zerstörten Städtchens Menschen unterbringt, die beim Beben ihr Heim verloren haben. „Hier herrscht noch viel Sorge, weil immer noch Menschen in Zelten untergebracht sind, und die Temperaturen sind sehr niedrig, es könnte sogar bald schneien. Aber gleichzeitig gibt es auch viel Solidarität. Leute kommen jetzt nach Norcia und sagen, sie wollen uns helfen, so etwas haben wir in der Form noch nie erlebt. Da kommen auch Australier, Chinesen, Amerikaner, Kanadier… Die kommen von überall her. Für uns sind sie ein bisschen wie die Sterndeuter, die Christus suchten.“

Die Mönche von Norcia haben fast alle lange Bärte; manche sehen fast wie Salafisten aus. Sie brauen Bier, das sie in Mittelitalien und in den USA verkaufen. Es ist, sagen sie, das einzige wirklich komplett von Benediktinern gebraute Bier weltweit.

„Wir bekommen viele Spenden und Geschenke – von Privatleuten, von Gruppen oder Familien. Die Malteserritter aus Rom haben uns Geld geschickt, der Botschafter Taiwans beim Heiligen Stuhl hat uns eine Spende überreicht – aber es gibt auch viele Gruppen, die kommen hier mit Lastwagen voller Kleidungsstücken und Nahrungsmitteln an. Die helfen uns wirklich sehr!“

Viele Weihnachtsdarstellungen zeigen die Geburt Jesu in einem Stall, bei eisigen Temperaturen draußen. So ähnlich sieht es heute eigentlich auch in Norcia aus. „Wir hatten die große Ehre, den Präfekten der Liturgiekongregation, Kardinal Sarah, hier zu haben; der hat sich unser Kloster angeguckt und gesagt: Eure Häuschen sehen ja aus wie in Betlehem! Wir haben das als eine große Ermutigung verstanden. Auch als eine Art neuen Startpunkt für unser Mönchsleben hier: Nach dem Erdbeben leben wir unser Armutsgelübde ehrlicher, das ist jetzt viel reeller, und wir fühlen uns solidarisch mit unseren vielen Nachbarn, die jetzt gar nichts mehr haben. Christus hat bei seiner Geburt in einem Stall gezeigt, dass auch jemand, der nichts hat, alles haben kann. Und das wird auf einmal wichtig, wenn man unter solchen Umständen wie wir lebt.“ (rv)

Nordkorea: Humanitäre Arbeit braucht hier Fingerspitzengefühl

Notker WolfErfolgreiche Verhandlungen zwischen Nord- und Südkorea: Der gemeinsame Industriepark Kaesong soll wieder eröffnet werden. Das ist das Ergebnis eines Treffens zwischen beiden Staaten am Mittwochmorgen. Im April hatte Nordkorea 53.000 Arbeiter von dort abgezogen, die in südkoreanischen Unternehmen arbeiteten. Grund war ein gemeinsames Militärmanöver Südkoreas und der USA. Ein Datum für die Wiedereröffnung des Industrieparks ist noch nicht bekannt. Der Abtprimas der Benediktiner, Notker Wolf, ist gerade aus Nordkorea zurückgekehrt, wo sein Orden ein Krankenhaus baut. Er hat dort erlebt, wie verhärtet die Fronten sind:

„Wenn man in Nordkorea die Arbeiterzeitung aufschlägt, ist unglaublich wie sie sich dort über die anderen lächerlich machen. Bei uns wäre das beleidigend. Die südkoreanische Berichterstattung läuft aber auch nicht anders, sie sagen, wenn die Präsidentin es schafft, dass der Industriepark wieder geöffnet wird, dann ist das eine Niederlage für den nordkoreanischen Präsidenten Kim Jong-un. So etwas finde ich unmöglich, weil es eine Demütigung des anderen ist und damit auch wieder viele Dinge provoziert, die völlig unnötig sind."

Im Vordergrund der Gespräche an diesem Mittwoch stand seiner Meinung nach auch keinesfalls der Frieden zwischen Nord- und Südkorea, sondern wirtschaftliche Interessen. Dies gelte, so Abt Notker, vor allem für die Nordkoreaner:

„weil ihnen das Wasser bis zum Halse steht. Die USA versuchen ja, sie durch das Embargo in die Knie zu zwingen – was ich für eine völlig unmögliche Situation halte, wenn wir uns überlegen, wie lange dieses Embargo schon geht. Dabei leidet die Bevölkerung, sie leidet natürlich sehr darunter. Nicht so sehr die Regierung, aber die Bevölkerung. Deshalb bauen wir auch das Krankenhaus."

Die Klinik der Benediktiner im Norden des Landes wurde bereits im August 2005 eingeweiht. Sie ist so gut besucht, dass nun ein Erweiterungsbau mit einer Ambulanzklinik geplant ist:

„Das Krankenhaus ist inzwischen zum Bezirkskrankenhaus für andere Krankenhäuser gemacht worden. Ich habe bei meinem Besuch, nach der Unterzeichnung des Vertrages auch noch etwas sehr nettes erlebt: Der Stadtbürgermeister hat uns zum Abendessen eingeladen und als wir uns zu Tisch setzten, da sagte er: ,vergesst aber das Beten nicht.’ Das hat mich dann doch sehr erstaunt, das ist mir in Deutschland nicht so häufig passiert."

Wer in Nordkorea humanitäre Hilfe leisten wolle, der brauche allerdings Geduld und Fingerspitzengefühl, erklärt der Benediktiner:

„Ich meine, wir können auf dem humanitärem Sektor einiges tun und die nordkoreanischen Behörden sind durchaus bereit, auch humanitäre Hilfe anzunehmen, aber das geht nur, wenn es Verhandlungen auf Augenhöhe gibt und nicht in einer herablassenden, arroganten Haltung, wie das auch immer wieder geschieht. Andererseits ist diese Übersensibilität der Nordkoreaner schwierig zu handhaben, das bereitet einem bei Verhandlungen solche Schwierigkeiten, dass humanitäre Organisationen, Nicht-Regierungs-Organisationen, nach einiger Zeit das Handtuch werfen – und ich verstehe das." (rv)