Prozess im Fall Vatileaks eröffnet

An diesem Samstag ist im Vatikan unter großer medialer Beachtung der Prozess gegen den ehemaligen Kammerdiener des Papstes, Paolo Gabriele, und einen weiteren Mitarbeiter des Vatikans, Claudio Sciarpelletti, eröffnet worden. Konkrete Ergebnisse des Prozesses waren am ersten Prozesstag freilich noch nicht zu erwarten. So konzentrierte sich Vatikansprecher Pater Federico Lombardi in der Pressekonferenz auch auf formale Angaben zum Prozess. Lombardi gab die Pressekonferenz zusammen mit Journalisten, die beim ersten Prozesstag dabei waren. Der Prozess ist öffentlich, eine begrenzte Anzahl an Journalisten darf die Verhandlungen direkt mitverfolgen. Auf der Via Conciliazione sind stehen die ersten Kamerateams auf eigens aufgebauten Gerüsten – die Ergebnisse des ersten Verhandlungstages scheinen diesen Aufwand allerdings nicht zu rechtfertigen. Pater Lombardi:

„Die Sitzung heute Morgen ist vom Präsident des Tribunals, Giuseppe Dalla Torre, geleitet worden und hatte vor allem vorbereitenden Charakter. Anwesend waren die Anwälte der Angeklagten, ebenso Paolo Gabriele, aber nicht Claudio Sciarpelletti, der von seinem Anwalt vertreten wurde. Auch die Zeugen wurden genannt, die nach und nach in den nächsten Sitzungen gehört werden."

Lombardi informierte darüber, dass die Prozesse gegen den Hauptangeklagten Paolo Gabriele und den wegen Beihilfe angeklagten Claudio Sciarpelletti voneinander getrennt worden seien, wie von der Verteidigung des letzteren gefordert worden war. Erst wenn der Urteilsspruch im Fall Gabriele sicher sei, werde der zweite Prozess wieder aufgenommen, so der Vatikansprecher. Aus dem Umfeld der Prozessbeobachter wurde unterdessen bekannt, dass auch der Privatsekretär des Papstes, Georg Gänswein, möglicherweise als Zeuge aussagen werde.

Auch die Verteidigerin von Paolo Gabriele habe mehrere Einwände vorgebracht, fuhr Lombardi fort, von denen allerdings nur einige von den Richtern zugelassen worden seien. Es handele sich vor allem um Einwände prozeduraler Art sowie die Anfrage, gewisse Verhörprotokolle, die ohne Beisein seines Rechtsbeistands mit Gabriele erstellt worden waren, nicht vor Gericht zuzulassen. Abgewiesen worden sei hingegen die Anfrage der Verteidigung, auch den Bericht der Kardinalskommission, der auf Anfrage von Papst Benedikt erstellt worden war, in den Prozess einzubeziehen. Auch Einwände in Bezug auf die Kompetenz des vatikanischen Gerichtes seien nach der eineinhalbstündigen Beratung durch die Richter abgewiesen worden.
Lombardi gab weiter bekannt, wann der Prozess fortgesetzt wird:
„Der Präsident hat schließlich angekündigt, dass die Fortsetzung des Prozesses am 2. Oktober um 9 Uhr am gleichen Ort stattfinden wird. Man wird mit der Anhörung von Paolo Gabriele beginnen, weil der Angeklagte der erste ist, der anzuhören ist. In Folge werden andere Zeugen gehört werden, die für diesen Prozess bestimmt worden sind. Der Gerichtspräsident hat zu verstehen gegeben, dass es durchaus möglich sei, dass in der kommenden Woche bis zu vier Sitzungen stattfinden werden. Er hat also den Wunsch, das Verfahren zügig voran zu bringen."
(rv)

Papst verabschiedet sich aus Castel Gandolfo

Papst Benedikt XVI. hat sich am Freitagabend von den Angestellten seiner päpstlichen Residenz in Castel Gandolfo verabschiedet. Wie der Papst bei dieser Gelegenheit erläuterte, erwarten die Weltkirche in den kommenden Monaten große Herausforderungen:

„Ich denke an meinen in Kürze stattfindenden Besuch in Loreto, mit dem ich an die Pilgerfahrt erinnern möchte, die der Selige Johannes XXIII vor 50 Jahren zu diesem Marienheiligtum unternommen hat, um das Zweite Vatikanische Konzil der Fürsorge der Gottesmutter anzuvertrauen; ich denke dabei auch an die Bischofssynode, die über die Neuevangelisierung im Heute in der Kirche und in der Welt nachdenken wird; und schließlich – am 50. Jahrestag nach Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils – an die Eröffnung des Jahres des Glaubens, das ich ausgerufen habe, um jedem Menschen dabei zu helfen, sein Herz und sein Leben Christus und dem Heilswort zu öffnen."

Der Papst sprach zu seinen Angestellten wie zu einer großen Familie, in deren Schoß er sich geborgen fühlte. Gleichzeitig verwies er aber auch auf die Vergänglichkeit der diesseitigen Freuden:

Alles geht vorbei in dieser Welt! Jede Sache, die einen Beginn hat, auch die schönste und beste, trägt unvermeidlich in sich auch ihren eigenen Schluss. Das gilt auch für die ruhige und ungetrübte Zeit, die ich hier im wunderschönen Rahmen von Castel Gandolfo mit euch verbracht habe. Hier habe ich zum wiederholten Mal ein familiäres und herzliches Klima erleben können. Einen herzlichen Gruß an alle Angestellten und ihre Familien!"

An diesem Samstagvormittag hat sich der Papst nochmals von allen Bürgern Castel Gandolfos verabschiedet – in der kleinen Stadt in den Albaner Bergen, die während der Sommermonate regen Zulauf erhält und zu einer richtigen „Papststadt" wird, kehrt nun für eine Weile wieder die gewohnte Ruhe und Beschaulichkeit ein. Ab Montag wird der Papst im Vatikan zurück erwartet.
(rv)

Vatikan: Ratzinger-Preis 2012

Ein französischer Philosoph und ein US-Jesuit bekommen den „Ratzinger-Preis 2012" für herausragende theologische Leistungen: Das wurde an diesem Freitag im Vatikan bekannt. Papst Benedikt überreicht die Auszeichnung persönlich am 20. Oktober an die beiden Geehrten. Es handelt sich zum einen um Rémi Brague; der französische Philosoph und Geistesgeschichtler hat u.a. den Romano-Guardini-Lehrstuhl in München inne. Zweiter Preisträger ist der US-Jesuit Brian E. Daley, ein Fachmann auf dem Gebiet der Kirchenväter. Die Auszeichnung ist mit insgesamt 50.000 Euro dotiert und wird zum zweiten Mal von der „vatikanischen Stiftung Joseph Ratzinger – Benedikt XVI." ausgelobt. Die Entscheidung für die diesjährigen Auszeichnungen wurde vom italienischen Kardinal Camillo Ruini vor der Presse erläutert. (rv)

Europäische Bischöfe beraten in St. Gallen

Warum gibt es gerade jetzt eine Wirtschaftskrise in Europa? Dieser drängenden Frage wollen europäische Bischöfe in St. Gallen nachgehen. Dort tagt die diesjährige Vollversammlung des „Rates der europäischen Bischofskonferenzen" (CCEE). „Es geht darum, zu den Wurzeln der Probleme vorzudringen", sagte CCEE-Präsident, Kardinal Peter Erdö, am Donnerstag zur Eröffnung. Das Treffen fasst einige „heiße Eisen" an, etwa das Verhältnis von Staat und Kirche oder das interreligiöse Zusammenleben in Europa.

Millionen von Menschen in Europa hätten heute mit Schwierigkeiten zu kämpfen, sagte Erdö. Die europäischen Bischöfe seien sich dessen bewusst. Deshalb wollten sie einen Beitrag zur Lösung der Probleme leisten. Aus ihrer Sicht sei die aktuelle Krise aber nicht in erster Linie eine ökonomische. Auch Papst Benedikt XVI. habe immer gesagt, die Krise sei zunächst eine Krise ethischer und moralischer Natur, so Erdö. Der ungarische Kardinal umschrieb die Malaise mit dem Begriff der „anthropologischen Revolution", die sich derzeit abspiele und zu Hoffnungslosigkeit führe. „Der einzige Wert, der heute zählt, ist das Wohlergehen des Augenblicks." Dadurch riskiere man aber zum einen, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen. Und zum anderen könne man keine Hoffnung im Hinblick auf die Zukunft haben.

Die Organisatoren der Konferenz finden, dass sich die katholische Kirche in Europa an der Schweiz ein Vorbild nehmen kann. Das sagte gegenüber Radio Vatikan der Mitorganisator der Vollversammlung und Sprecher der Schweizer Bischofskonferenz, Walter Müller.
Der CCEE-Vizepräsident, der polnische Erzbischof Jozef Michalik, wies bei der Pressekonferenz darauf hin, dass der CCEE eine „Frucht" des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) sei. Der Rat sei als Plattform des Austauschs für die europäischen Bischöfe geschaffen worden. So soll der CCEE die Zusammenarbeit und den Kontakt unter den 37 Bischofskonferenzen fördern. Darüber hinaus soll er aber auch die Begegnung mit den Bischofskonferenzen der anderen Kontinente ermöglichen.

Auch Papst Benedikt hat eine Botschaft an die Bischöfe in St. Gallen geschickt. Darin lädt er sie ein, „mit Hoffnung auf die „Ernte" zu blicken, die die Völker Europas sind". Der Papst erinnert an die Projekte Glaubensjahr und Neuevangelisierung: Die Bischöfe sollten „über die ewige Aufgabe der Evangelisierung und deren erneute Dringlichkeit" nachdenken. Die christliche Botschaft schlage da Wurzeln, „wo sie echt und deutlich von einer Gemeinschaft gelebt wird".

Die diesjährige Vollversammlung des CCEE findet in St. Gallen, seit 1978 Sitz von CCEE, statt, um das 1400-jährige Jubiläum der Ankunft des heiligen Gallus im gleichnamigen Kanton zu feiern. Der heilige Gallus, Schüler des heiligen Kolumban, kam mit ihm und anderen Schülern als Missionar aus Irland auf den Kontinent. Nachdem eine Krankheit ihn gezwungen hatte, seine Reise bei Arbon zu unterbrechen, beschloss er, sich dem Einsiedlerleben zu widmen. Bald schon aber zog sein Ruf der Heiligkeit viele andere zu ihm hin, und es entstand eine Klostergemeinschaft, die zum treibenden Zentrum für weitere Missionen unter zahlreichen Völkern wurde. (rv)

Stand der Dinge in der Causa Paolo Gabriele

Am Samstag beginnt der Prozess gegen den früheren Kammerdiener des Papstes, Paolo Gabriele, wegen schweren Diebstahls. 16 Seiten lang ist die Anklageschrift, und der Vatikan hat sie im Sommer zur Gänze ins Internet gestellt – auf ausdrücklichen Wunsch des Papstes. Vor dem vatikanischen Ermittlungsrichter hat der frühere Kammerdiener während seiner U-Haft ein umfassendes Geständnis abgelegt. Die Verhörprotokolle sind eingeflossen in die Anklageschrift.

Auf den Punkt gebracht: Gabriele nahm vertrauliche Dokumente vom Schreibtisch des Papstes, kopierte sie und gab sie dem Enthüllungs-Journalisten Nuzzi. Und zwar in der Absicht zu helfen. So sprach der Ex-Kammerdiener in einem seiner Verhöre von dem Bösen und der „Korruption überall in der Kirche", auch in der Verwaltung des Vatikanstaates; „mir wurde bewusst, dass der Papst über einige Punkte nicht oder nur schlecht informiert war" … „Ich dachte, ein medialer Schock würde helfen, die Kirche auf den rechten Weg zurückzuführen", so Gabriele wörtlich.

Theoretisch hätte Generalstaatsanwalt Nicola Picardi dem Mann noch andere Delikte zur Last legen können, beispielsweise Enthüllung von Staatsgeheimnissen oder Hehlerei, also Handel mit Diebsgut. Im Vatikan kennt man auch den Straftatbestand „kriminelle Vereinigung", mit einem anderen Wort: Mafia. Dazu müssten mindestens fünf Personen im Visier der Ermittler stehen. Doch der Generalstaatsanwalt fand offenbar keine Anhaltspunkte dafür, dass Gabriele in derartige Delikte verwickelt sein könnte. So lautet die Anklage für ihn bloß auf schweren Diebstahl – schwer, weil er in einem besonderen Vertrauensverhältnis zu seinem Vorgesetzten, dem Papst, stand.

Verteidigen lässt sich Paolo Gabriele vor Gericht von der Anwältin Cristiana Arru. Ein weiterer Verteidiger, der mit dem Angeklagten seit Jahren befreundet ist, hat vor wenigen Wochen sein Mandat niedergelegt. Gründe dafür waren seinen Angaben zufolge Meinungsverschiedenheiten über die Verteidigungslinie.

Sollte der Ex-Kammerdiener verurteilt werden, drohen ihm nach neuesten Angaben aus dem Vatikan bis zu vier Jahren Haft; die müsste er in Italien absitzen, denn der Vatikan hält keine geeigneten Zellen für Langzeit-Insassen vor. Wie lang der Prozess dauert, ist offen, jedenfalls arbeitet das Tribunal des Papstes deutlich zügiger als die Justiz in Italien. Noch nie hat ein im Vatikan verhandelter Fall länger als zweieinhalb Jahre gedauert, die Berufungsinstanz mit eingerechnet.

Die drei vatikanischen Richter sind im übrigen keine Priester, sondern zivile italienische Rechtsgelehrte. Der Papst kann in das Gerichtsverfahren nicht in dem Sinn eingreifen, dass er dem Prozess eine bestimmte Richtung gibt. Hypothetisch könnte er zwar als absoluter Herrscher den Angeklagten jederzeit begnadigen – „vorgesehen" ist eine solche Option aber allenfalls nach der Urteilsverkündigung wie in jedem anderen Staat auch. (rv)

Prozess gegen Paolo Gabriele: Hintergründe zum Gerichtsverfahren

Drei Monate bis vier Jahre für schweren Diebstahl – dieses Strafmaß im Fall eines Schuldspruches wartet auf Paolo Gabriele in dem Prozess um die Affäre „Vatileaks", der an diesem Samstag beginnen wird. Giovanni Giacobbe, Staatsanwalt beim vatikanischen Berufungsgericht und damit nicht im aktuellen Prozess involviert, führte in einer Pressekonferenz an diesem Donnerstag in das vatikanische Prozessrecht und den technischen Ablauf des Prozesses ein. Was das Strafmaß betrifft, war in früheren vatikanischen Pressebriefings stets von sechs Jahren, in besonders schweren Fällen acht Jahren Haft für schweren Diebstahl die Rede gewesen.

Der Ablauf werde von der Strafprozessordnung des Vatikan geregelt. So seien etwa die Prozesse am Vatikan-Tribunal öffentlich. Im Unterschied zu anderen Prozessordnungen aber gebe es keine direkte Befragung: Verteidigung und Staatsanwaltschaft richten ihre Fragen vielmehr an den vorsitzenden Richter, der sie dann an den Angeklagten richtet. Ebensowenig muss sich der Angeklagte zu Beginn schuldig oder nicht schuldig bekennen, und er muss auch keinen Eid ablegen, die Wahrheit zu sagen, im Unterschied zu den Zeugen, die diesen Eid leisten müssen. Der Angeklagte muss nicht bei allen Sitzungen anwesend sein, hat aber das Recht auf einen Anwalt, der ihm gegebenenfalls auch gestellt wird. Bei den Statements hat der Angeklagte außerdem das Recht auf das letzte Wort.

Das Strafmaß wird in einem eigenen Prozess verhandelt, nachdem der Schuldspruch gefällt ist. Danach können beide Parteien in die Berufung gehen. Sollten eine Verurteilung und eine Haftstrafe rechtskräftig werden, dann würde der Verurteilte diese in Italien absitzen, so sehen es die Verträge zwischen Italien und dem Vatikan vor.

Die Zeugen, die der Ermittlungsrichter während der vorausgehenden Untersuchung gehört hat und deren Aussage in die Anklageerhebung eingegangen ist, können auf Veranlassung von Staatsanwaltschaft oder Verteidigung erneut vom Gericht vorgeladen werden. Es können aber auch weitere Zeugen, die bisher nicht ausgesagt haben, geladen werden. Bei alldem geht es darum, die Anklage zu belegen oder zu widerlegen, was auch für das Geständnis der Angeklagten gelte.

Angeklagter muss keinen Eid ablegen

Der Prozess finde weitgehend nach dem Recht des Staates Italien statt, erklärte Giovanni Giacobbe. Durch das Konkordat, das 1929 den Staat der Vatikanstadt errichtete, ging dieses Recht in vatikanisches Recht ein. Darüber hinaus hat der Vatikan selber Prozessvorschriften und Gesetze erlassen. Vor allem gelten aber die Rechte des Papstes. Dieser könne nicht direkt in den Prozess eingreifen in dem Sinn, dass er ihm eine bestimmte Richtung gebe, er habe aber alle Rechte, die einem Staatsoberhaupt zukommen, wie etwa das der Begnadigung.

Der Prozess findet im Staat der Vatikanstadt statt, die Richter sind Laien: Sie sind nicht Teil der Hierarchie der Kirche und damit von der Leitung der Kirche unabhängig. Nie sei es ihm selber in seiner Praxis begegnet, dass Druck ausgeübt worden sei, so der Staatsanwalt des vatikanischen Berufungsgerichtes.

Ergebnisse der Kardinalskommission spielen im Prozess keine Rolle

Die interne Untersuchung im Vatikan, die von drei Kardinälen durchgeführt wurde, könne nicht Gegenstand der Verhandlungen werden, erklärte Giacobbe; hier werde die Trennung zwischen Leitung der Weltkirche – dem Heiligen Stuhl – einerseits und Staat der Vatikanstadt andererseits wirksam. Das Tribunal habe also nicht die Autorität, von der Weltkirche die Vorlage von Dokumenten zu verlangen. Die Kardinalskommission hat das Ergebnis ihrer internen Untersuchung dem Papst übergeben, veröffentlicht wurde ihr Bericht aber bisher nicht.

Durchschnittlich fänden etwa 30 Prozesse pro Jahr im Vatikan statt; bei den meisten handele es sich um kleinere Delikte wie etwa Diebstähle auf dem Petersplatz. Der letzte aufsehenerregende Prozess wäre der gegen den mutmaßlichen Mörder des Kommandanten der Schweizergarde Alois Estermann und seiner Frau 1998 gewesen, er fand allerdings nicht statt, weil sich der Tatverdächtige offenbar unmittelbar nach dem Mord selbst das Leben nahm, weswegen es zwar zu einer Untersuchung, aber nicht zu einer Anklageerhebung kam. Auch der Fall einer Schweizerin, die 2009 bei der Christmette im Petersdom den Papst attackierte, wurde vor dem Vatikangericht verhandelt. Das Verfahren kam zum Erliegen, weil die Frau einem Gutachten zufolge unzurechnungsfähig war.

Vor dem Vatikan-Tribunal müssen sich ab diesem Samstag zwei italienische Laien-Bedienstete verantworten, der frühere päpstliche Kammerdiener Paolo Gabriele und der Informatiker Claudio Sciarpelletti. Der erstere ist des schweren Diebstahls angeklagt, der zweitere der Begünstigung. Gabriele soll Dutzende vertrauliche Dokumente aus dem Vatikan gestohlen, kopiert und nach außen getragen haben. Sciarpelletti, der nach bisherigem Erkenntnissstand nicht als „Komplize" gelten kann, hatte sich bei Angaben über die Herkunft eines Umschlags mit solchen Dokumenten in Widersprüche verstrickt. (rv)

Vatikan: Ratzinger-Preis-Verleihung am 20.Oktober

Papst Benedikt XVI. verleiht am 20. Oktober den „Ratzinger-Preis" für herausragende wissenschaftliche Leistungen an Theologen. Die diesjährigen Preisträger sollen bereits am kommenden Freitag bekanntgegeben werden, teilte der Vatikan am Dienstag mit. Der mit insgesamt 50.000 Euro dotierte Preis war erstmals im Juni 2011 verliehen worden. Er wurde von der 2010 gegründeten „vatikanischen Stiftung Joseph Ratzinger – Benedikt XVI." ausgelobt. Die ersten Preisträger waren der aus Bayern stammende Abt des österreichischen Zisterzienserklosters Stift Heiligenkreuz, Maximilian Heim, der italienische Kirchenhistoriker Manlio Simonetti und der spanische Theologe Olegario Gonzalez de Cardedal. Nach Vorstellung des italienischen Kardinals Camillo Ruini soll sich der Ratzinger-Preis in Zukunft zu „einer Art Nobelpreis für Theologie" entwickeln. Ruini leitet den wissenschaftlichen Beirat der Stiftung. (rv)

Vatikan/UNO: Hoffnungszeichen für Frauenrechte

Der Heilige Stuhl würdigt das Engagement der Vereinten Nationen, um die Rechte der Frauen weltweit zu fördern. Das sagte der Ständige Beobachter bei der UNO in Genf, Erzbischof Silvano Tomasi, am Montag bei der 21. Vollversammlung des UNO-Menschenrechtsrats in der Schweizer Metropole. Unter anderem ging Erzbischof Tomasi auf den Einsatz der UNO gegen Müttersterblichkeit bei Entbindungen ein.

„Dank guter und konkreter Hilfseinsätze ist die Zahl von Müttern, die bei Geburten sterben, zwischen 1990 und 2010 drastisch gesunken. Dennoch muss man sagen, dass weiterhin das Leben von Millionen von Frauen bei Entbindungen bedroht ist. Dass es immer noch Frauen gibt, die bei einer Geburt ihres Kindes sterben, ist ein Zeichen dafür, dass die Rechte der Frauen noch nicht überall und in vollem Umfang gesichert sind. Das muss geändert werden."

Kritik äußerte Erzbischof Tomasi gegenüber der Politik der UNO-Weltgesundheitsorganisation, die Abtreibung als Form der Geburtenkontrolle unterstützt.

„Der Heilige Stuhl ist in dieser Hinsicht absolut dagegen. Gesetze, die Abtreibung fördern, sind genau das Gegenteil dessen, was Menschrechte überhaupt sind, nämlich die Sicherung des Lebens. Wir unterstützen hingegen Projekte, die die sexuelle Erziehung beinhalten. Die Förderung der Menschenrechte und des Lebens kann nur durch eine korrekte Bildung erreicht werden." (rv)

D: Müller nimmt Abschied von Regensburg

Erzbischof Gerhard Ludwig Müller hat Abschied genommen von Regensburg: Der bisherige Bischof der bayerischen Stadt geht als Präfekt der Glaubenskongregation nach Rom. Am Sonntag feierte Müller zum Abschied ein Pontifikalamt im Petersdom – dem von Regensburg natürlich. Am Nachmittag kamen etwa 5.000 Menschen zu einer Begegnung auf dem Domplatz. Der Päpstliche Nuntius in Deutschland, Erzbischof Jean-Claude Périsset, hob in Regensburg hervor, Müller habe sein Bistum vor der „Infizierung" durch den Zeitgeist bewahrt. Nun sei es seine Aufgabe, Strömungen innerhalb der Theologie auf der ganzen Welt zur Einheit des Glaubens zu führen.

Müller selbst lobte das kooperative Verhältnis von Staat und Kirche in Deutschland: Darauf könnten beide Seiten stolz sein. Es gelte, den Blick auf das Positive der Kirche wie auch der ganzen Gesellschaft zu richten und dieses nicht hinter einzelnen kritikwürdigen Fällen zurücktreten zu lassen. Denn nur so könne die Gesellschaft die Zukunft auch meistern. Er werde seiner Heimat verbunden bleiben und dort ein „zweites Standbein behalten", versprach der Erzbischof.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Zollitsch, dankte Müller in Regensburg vor allem für dessen ökumenisches Engagement: Er habe die entsprechende Kommission der Bischofskonferenz „mit hoher Sensibilität" geleitet. Müller bringe „die besten Voraussetzungen mit, um die neue Aufgabe in Rom auszufüllen". Es sei für die deutschen Bischöfe eine Ehre, dass einer der Ihren eine so wichtige Aufgabe im Vatikan übernehme. Müller war 2002 Bischof von Regensburg geworden.

In einem Hirtenwort zum Abschied schreibt Erzbischof Müller, Christen bräuchten auf ihrem „irdischen Pilgerweg" ständige Umkehr, Buße und Erneuerung. „Das ist etwas grundsätzlich Verschiedenes von klug ausgedachten Modernisierungskampagnen, um sich nach dem Maß von Werbeagenturen ein zeitgefälliges Outfit zuzulegen. Den Glauben kann und darf man nicht vermarkten. Denn die Menschen sind nicht schlau angelockte Kunden auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten, sondern geliebte Kinder Gottes, für die Christus den Preis seines Lebens bezahlt hat."

Papsthaus in Pentling eingeweiht

Am Samstagabend hatte Müller in Pentling bei Regensburg noch einen besonderen Termin wahrgenommen: Er eröffnete das frühere Wohnhaus von Papst Benedikt XVI. als Begegnungsstätte. Dabei nannte er das Haus, in dem Joseph Ratzinger als Professor wohnte, ein „großes Zeitzeugnis". Es lasse die „Atmosphäre eines deutschen Professorenhaushalts in den siebziger Jahren" lebendig werden.

Im September 2010 hatte der Bruder des Papstes, Georg Ratzinger, den Schlüssel des Gebäudes an den Direktor des „Instituts Papst Benedikt XVI.", Rudolf Voderholzer, übergeben. Der Dogmatikprofessor kündigte im Münchner Kirchenradio an, dass in dem Gebäude künftig Veranstaltungen angeboten werden. (rv)

Italien: Notker Wolf bleibt für weitere vier Jahre in seinem Amt als Abtprimas

Der 72-jährige Benediktiner ist seit zwölf Jahren Abtprimas der Benediktiner. Er wurde an diesem Freitag in sein Amt bestätigt. Bei der Wahl nahmen mehr als 250 Äbte der Benediktinischen Konföderation in Rom teil. Der Abtprimas ist oberster Repräsentant von rund 23.000 Benediktinern und Benediktinerinnen. In den 21 Zweigen des Ordens, den sogenannten Kongregationen, leben gegenwärtig 7.350 Mönche, der Internationalen Benediktinerinnengemeinschaft gehören 15.400 Nonnen und Schwestern an. Als Abtprimas steht Wolf zugleich der Abtei Sant’Anselmo in Rom vor und ist Großkanzler der päpstlichen Hochschule der Benediktiner, des Pontificio Ateneo Sant’Anselmo. In der benediktinischen Konföderation beschränkt sich sein Amt weitgehend auf repräsentative Aufgaben. (rv)