Erzbischof Müller: „Kirche sollte sich keine Machtkämpfe leisten“

Erzbischof MüllerDie Kirche sollte nicht nur „um eigene Strukturprobleme“ kreisen. Das sagte der Präfekt der Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, in einem Vortrag an der Katholischen Universität von Valencia in Spanien. Eine „Neujustierung von … bischöflicher Kollegialität und dem Primat des Papstes darf die epochale Herausforderung der Gottesfrage nie aus den Augen lassen“, so der designierte Kardinal. Sein Text erschien in Kurzfassung auch in der Vatikanzeitung „L'Osservatore Romano“ von diesem Freitag, zeitgleich zur Papstaudienz für die Glaubenskongregation also. Deutlich stellt sich der deutsche Kurienerzbischof in dem Vortrag hinter das Projekt von Papst Franziskus, die Kirche zu dezentralisieren: „Der Papst kann und muss nicht die vielfältigen Lebensbedingungen, die für die Kirche in den einzelnen Nationen und Kulturen sich zeigen, zentral von Rom aus erfassen und jedes Problem vor Ort selbst lösen“.

„Kein Signal für Richtungswechsel oder Revolution“

Zur Neuevangelisierung gehöre durchaus „auch eine reformierte Primatsausübung“, fuhr der Leiter des wichtigsten Vatikan-Ministeriums fort. Er bestätigte, dass „auch die Bischöfe, die Synoden und Bischofskonferenzen eine größere Verantwortung wahrnehmen (sollten) inklusive einer gewissen lehramtlichen Kompetenz“. Aber, so Müller wörtlich: „Im Gegensatz zu oberflächlichen Interpretationen ist damit nicht das Signal für einen Richtungswechsel oder eine ,Revolution im Vatikan‘ gegeben.“ Die Kirche solle sich keine „Machtkämpfe und Kompetenzstreitigkeiten“ leisten, sonst bliebe am Ende „eine säkularisierte und politisierte Kirche zurück, die sich von einer Nichtregierungsorganisation nur noch graduell unterschiede“. Die Einheit der Bischöfe mit und unter Petrus hänge mit dem sakramentalen Charakter der Kirche zusammen. Darum gelte: „Nur um den Preis einer Entsakramentalisierung der Kirche könnte ein Machtkampf zwischen zentralistischen und partikularistischen Kräften geführt werden.“

Erzbischof Müller erwähnte, dass das Apostolische Schreiben Evangelii Gaudium von Papst Franziskus vom 24. November letzten Jahres „kein dogmatischer“ Text sei. Es gehe Franziskus mit dem Schreiben „um eine Überwindung der Lethargie und Resignation angesichts der extremen Säkularisierung und um ein Ende der lähmenden innerkirchlichen Auseinandersetzungen“. Mit einer Prise Spott wies der künftige Kardinal darauf hin, dass die Kirche nicht eine „rein menschliche Organisation“ sei; darum „ist die Frage nach ihrer vereinsrechtlichen Gründung durch den ,historischen‘ Jesus sachlich verfehlt“.

„Kirche ist kein Weltbund, Papst ist kein Ehrenvorsitzender“

Zum Thema Kollegialität der Bischöfe bemerkte er, es gehe dabei „nicht um eine schwebende geistliche Vollmacht, die nach Erwägungen politischer und strategischer Zweckmäßigkeit zwischen dem Papst und den Bischöfen, der Universalkirche und den Ortskirchen aufgeteilt würde“. Vielmehr habe Christus die Apostel „als Kollegium“ berufen und „ihnen den Apostel Petrus vorangestellt als Grundlage und Prinzip der Einheit … für die gesamte Kirche“. Beim richtigen Austarieren „der Beziehung zwischen Universalität und Partikularität“ der Kirche helfe der Blick auf andere „Organisationsformen von menschlichen Gesellschaften und Unternehmen“ nicht weiter.

Skeptisch äußerte sich der designierte Kardinal über eine mögliche Aufwertung von Bischofskonferenzen: „Da das Bischofskollegium der Einheit der Kirche dient, muss es selbst das Prinzip seiner Einheit in sich tragen. Dies kann nur der Bischof einer Ortskirche sein und nicht der Präsident einer Föderation von regionalen und kontinentalen Kirchenbünden.“ Eine Bischofskonferenz könne „niemals separate verbindliche dogmatische Erklärung abgeben oder gar definierte Dogmen und konstitutive sakramentale Strukturen relativieren“. Die katholische Kirche sei „nicht eine Föderation von Landeskirchen oder ein Weltbund von konfessionsverwandten kirchlichen Gemeinschaften, die aus menschlicher Tradition den römischen Bischof als Ehrenvorsitzenden respektieren“.

„Bischofsamt ist sakramental“

Dass Bischöfe Nachfolger der Apostel sind und in „Einheit mit dem Nachfolger Petri als dem sichtbaren Haupt der ganzen Kirche und des Bischofskollegiums“ stehen, ist nach Erzbischof Müllers Überzeugung grundlegend „für den katholischen Begriff von Kirche“. Ohne einen Primat des Bischofs von Rom sei die katholische Kirche darum nicht vorstellbar. Die Glaubenskongregation habe den Primat 1998 mit Recht als „Befugnis“ des Papstes bezeichnet, „der Einheit aller Bischöfe und aller Gläubigen wirksam zu dienen“. Der Präfekt der Kongregation betonte aber gleichzeitig, es sei „wichtig, den bischöflichen Dienst selber als sakramentale Wirklichkeit in der sakramentalen Kirche aufzufassen und ihn nicht mit dem eines Moderators von rein menschlichen Vereinigungen zu verwechseln“. (rv)

Erzbischof Müller zur Seelsorge für wiederverheiratete Geschiedene – Volle Fassung

Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, der Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre, hat sich in einem Artikel für die Vatikanzeitung „L´Osservatore Romano" zur Unauflöslichkeit der Ehe geäußert. Der Text, der im Juni dieses Jahres zuerst in der deutschen „Tagespost" erschien, geht speziell auf die Debatte um die zivil Wiederverheirateten und die Sakramente ein. Wir dokumentieren Erzbischof Müllers Text hier in voller Länge.

Die Diskussion über die Problematik der Gläubigen, die nach einer Scheidung eine neue zivile Verbindung eingegangen sind, ist nicht neu. Von der Kirche wurde sie immer mit großem Ernst und in helfender Absicht für die betroffenen Menschen geführt. Denn die Ehe ist ein besonders tief in die persönlichen, sozialen und geschichtlichen Gegebenheiten eines Menschen hinabreichendes Sakrament. Aufgrund der zunehmenden Zahl der Betroffenen in Ländern alter christlicher Tradition handelt es sich um ein pastorales Problem von großer Tragweite. Heute fragen sich durchaus gläubige Menschen ernsthaft: Kann die Kirche die wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen nicht unter bestimmten Bedingungen zu den Sakramenten zulassen? Sind ihr in dieser Angelegenheit für immer die Hände gebunden? Haben die Theologen wirklich schon alle diesbezügliche Implikationen und Konsequenzen frei gelegt?

Diese Fragen müssen im Einklang mit der katholischen Lehre über die Ehe erörtert werden. Eine verantwortungsvolle Pastoral setzt eine Theologie voraus, die sich „dem sich offenbarenden Gott mit Verstand und Willen voll unterwirft und seiner Offenbarung willig zustimmt" (II. Vatikanisches Konzil, Konstitution Dei Verbum, Nr. 5). Um die authentische Lehre der Kirche verständlich zu machen, müssen wir vom Wort Gottes ausgehen, das in der Heiligen Schrift enthalten, in der kirchlichen Tradition ausgelegt und vom Lehramt verbindlich interpretiert wird.

Das Zeugnis der Heiligen Schrift

Es ist nicht unproblematisch, unsere Frage unvermittelt in das Alte Testament hineinzutragen, weil damals die Ehe noch nicht als Sakrament betrachtet wurde. Das Wort Gottes im Alten Bund ist aber insofern für uns von Bedeutung, als Jesus in dieser Tradition steht und von ihr her argumentiert. Im Dekalog steht das Gebot „Du sollst nicht die Ehe brechen!" (Ex 20,14), an anderer Stelle wird eine Ehescheidung aber als möglich angesehen. Mose bestimmt nach Dtn 24,1-4, dass ein Mann seiner Frau eine Scheidungsurkunde ausstellen und sie aus seinem Haus entlassen kann, wenn sie nicht mehr sein Wohlgefallen findet. Im Anschluss daran können Mann und Frau eine neue Ehe eingehen. Neben dem Zugeständnis der Scheidung findet sich im Alten Testament aber auch ein gewisses Unbehagen gegenüber dieser Praxis. Wie das Ideal der Monogamie, so ist auch das Ideal der Unauflöslichkeit in dem Vergleich enthalten, den die Propheten zwischen dem Bund Jahwes mit Israel und dem Ehebund anstellen. Der Prophet Maleachi bringt dies deutlich zum Ausdruck: „Handle nicht treulos an der Frau deiner Jugend…, mit der du einen Bund geschlossen hast" (Mal 2,14-15).

Vor allem Kontroversen mit den Pharisäern waren für Jesus Anlass, sich mit dem Thema auseinander zu setzen. Er distanzierte sich ausdrücklich von der alttestamentlichen Scheidungspraxis, die Mose gestattet hatte, weil die Menschen „so hartherzig" waren, und verwies auf den ursprünglichen Willen Gottes: „Am Anfang der Schöpfung… hat Gott sie als Mann und Frau geschaffen. Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen, und die zwei werden ein Fleisch sein. Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen" (Mk 10,5-9; vgl. Mt 19,4-9; Lk 16,18). Die katholische Kirche hat sich in Lehre und Praxis stets auf diese Worte Jesu über die Unauflöslichkeit der Ehe bezogen. Das Band, das die beiden Ehepartner innerlich miteinander verbindet, ist von Gott selbst gestiftet. Es bezeichnet eine Wirklichkeit, die von Gott kommt und deshalb nicht mehr in der Verfügung der Menschen steht.

Heute meinen einige Exegeten, diese Herrenworte seien schon in apostolischer Zeit mit einer gewissen Flexibilität angewandt worden: und zwar bei porneia/Unzucht (vgl. Mt 5,32; 19,9) und im Fall der Trennung zwischen einem christlichen und einem nicht christlichen Partner (vgl. 1 Kor 7,12-15). Die Unzuchtsklauseln wurden freilich in der Exegese von Anfang an kontrovers diskutiert. Viele sind der Überzeugung, dass es sich dabei nicht um Ausnahmen von der Unauflöslichkeit der Ehe, sondern um ungültige eheliche Verbindungen handle. Jedenfalls kann die Kirche ihre Lehre und Praxis nicht auf umstrittene exegetische Hypothesen aufbauen. Sie muss sich an die klare Lehre Christi halten.

Paulus verkündet das Verbot der Scheidung als ausdrücklichen Willen Christi: „Den Verheirateten gebiete nicht ich, sondern der Herr: Die Frau soll sich vom Mann nicht trennen – wenn sie sich aber trennt, so bleibe sie unverheiratet oder versöhne sich wieder mit dem Mann –, und der Mann darf die Frau nicht verstoßen" (1 Kor 7,10-11). Zugleich lässt er auf Grund eigener Autorität zu, dass sich ein Nichtchrist von seinem christlich gewordenen Partner trennen kann. In diesem Fall ist der Christ „nicht gebunden", unverheiratet zu bleiben (1 Kor 7,12-16). Ausgehend von dieser Stelle erkannte die Kirche, dass nur die Ehe zwischen einem getauften Mann und einer getauften Frau Sakrament im eigentlichen Sinn ist und nur für diese die unbedingte Unauflöslichkeit gilt. Die Ehe von Ungetauften ist zwar auf die Unauflöslichkeit hingeordnet, kann aber unter Umständen – eines höheren Gutes wegen – aufgelöst werden (Privilegium Paulinum). Es handelt sich hier also nicht um eine Ausnahme vom Herrenwort. Die Unauflöslichkeit der sakramentalen Ehe, der Ehe im Raum des Christusmysteriums, bleibt gewahrt.

Von großer Bedeutung für die biblische Grundlegung des sakramentalen Eheverständnisses ist der Epheserbrief, in dem es heißt: „Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie Christus die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat" (Eph 5,25). Und etwas weiter schreibt der Apostel: „Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden, und die zwei werden ein Fleisch sein. Dies ist ein tiefes Geheimnis; ich beziehe es auf Christus und die Kirche" (Eph 5,31-32). Die christliche Ehe ist ein wirksames Zeichen des Bundes zwischen Christus und der Kirche. Weil sie die Gnade dieses Bundes bezeichnet und mitteilt, ist die Ehe zwischen Getauften ein Sakrament.

Das Zeugnis der kirchlichen Tradition

Für die Herausbildung der kirchlichen Position bilden sodann die Kirchenväter und die Konzilien wichtige Zeugnisse. Für die Väter sind die biblischen Weisungen bindend. Sie lehnen die staatlichen Ehescheidungsgesetze als mit der Forderung Jesu unvereinbar ab. Die Kirche der Väter hat Ehescheidung und Wiederheirat zurückgewiesen, und zwar aus Gehorsam gegenüber dem Evangelium. In dieser Frage ist das Zeugnis der Väter eindeutig.

In der Väterzeit wurden geschiedene Gläubige, die zivil wieder geheiratet haben, auch nicht nach einer Bußzeit zu den Sakramenten zugelassen. Einige Vätertexte lassen wohl erkennen, dass Missbräuche nicht immer rigoros zurückgewiesen wurden und hin und wieder für sehr seltene Grenzfälle pastorale Lösungen gesucht wurden.

In manchen Gegenden kam es später, vor allem aufgrund der zunehmenden Verflechtung von Staat und Kirche, zu größeren Kompromissen. Im Osten setzte sich diese Entwicklung weiter fort und führte, besonders nach der Trennung von der Cathedra Petri, zu einer immer liberaleren Praxis. Heute gibt es in den orthodoxen Kirchen eine Vielzahl von Scheidungsgründen, die zumeist mit dem Verweis auf die Oikonomia, die pastorale Nachsicht in schwierigen Einzelfällen, gerechtfertigt werden, und den Weg zu einer Zweit- und Drittehe mit Bußcharakter öffnen. Mit dem Willen Gottes, wie er in den Worten Jesu über die Unauflöslichkeit der Ehe eindeutig zum Ausdruck kommt, ist diese Praxis nicht zu vereinbaren. Sie stellt jedoch ein nicht zu unterschätzendes ökumenisches Problem dar.

Im Westen wirkte die Gregorianische Reform den Liberalisierungstendenzen entgegen und stellte die ursprüngliche Auffassung der Schrift und der Väter wieder her. Die katholische Kirche hat die absolute Unauflöslichkeit der Ehe selbst um den Preis großer Opfer und Leiden verteidigt. Das Schisma einer vom Nachfolger Petri abgelösten „Kirche von England" erfolgte nicht aufgrund von Lehrdifferenzen, sondern weil der Papst dem Drängen von König Heinrich VIII. nach Auflösung seiner Ehe aus Gehorsam gegenüber dem Wort Jesu nicht nachkommen konnte.

Das Konzil von Trient hat die Lehre von der Unauflöslichkeit der sakramentalen Ehe bestätigt und erklärt, dass diese der Lehre des Evangeliums entspricht (vgl. DH 1807). Manchmal wird behauptet, dass die Kirche die orientalische Praxis faktisch toleriert habe. Das trifft aber nicht zu. Die Kanonisten sprachen immer wieder von einer missbräuchlichen Praxis. Und es gibt Zeugnisse, dass Gruppen orthodoxer Christen, die katholisch wurden, ein Glaubensbekenntnis mit einem ausdrücklichen Verweis auf die Unmöglichkeit von Zweit- und Drittehen zu unterzeichnen hatten.

Das Zweite Vatikanische Konzil hat in der Pastoralkonstitution Gaudium et spes über die „Kirche in der Welt von heute" eine theologisch und spirituell tiefe Lehre über die Ehe vorgelegt. Es hält klar und deutlich an der Unauflöslichkeit der Ehe fest. Die Ehe wird verstanden als umfassende leib-geistige Lebens- und Liebesgemeinschaft von Mann und Frau, die sich gegenseitig als Personen schenken und annehmen. Durch den personal freien Akt des wechselseitigen Ja-Wortes wird eine nach göttlicher Ordnung feste Institution begründet, die auf das Wohl der Gatten und der Nachkommenschaft hingeordnet ist und nicht mehr menschlicher Willkür unterliegt: „Diese innige Vereinigung als gegenseitiges Sich-Schenken zweier Personen wie auch das Wohl der Kinder verlangen die unbedingte Treue der Gatten und fordern ihre unauflösliche Einheit" (Nr. 48). Durch das Sakrament schenkt Gott den Gatten eine besondere Gnade: „Wie nämlich Gott einst durch den Bund der Liebe und Treue seinem Volk entgegenkam, so begegnet nun der Erlöser der Menschen und der Bräutigam der Kirche durch das Sakrament der Ehe den christlichen Gatten. Er bleibt fernerhin bei ihnen, damit die Gatten sich in gegenseitiger Hingabe und ständiger Treue lieben, so wie er selbst die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat" (ebd.). Durch das Sakrament enthält die Unauflöslichkeit der Ehe einen neuen, tieferen Sinn: Sie wird zum Bild der beständigen Liebe Gottes zu seinem Volk und der unwiderruflichen Treue Christi zu seiner Kirche.

Man kann die Ehe nur im Kontext des Christusmysteriums als Sakrament verstehen und leben. Wenn man die Ehe säkularisiert oder als bloß natürliche Wirklichkeit betrachtet, bleibt der Zugang zur Sakramentalität verborgen. Die sakramentale Ehe gehört der Ordnung der Gnade an, sie ist hinein genommen in die endgültige Liebesgemeinschaft Christi mit seiner Kirche. Christen sind gerufen, ihre Ehe im eschatologischen Horizont der Ankunft des Reiches Gottes in Jesus Christus, dem Fleisch gewordenen Wort Gottes, zu leben.

Das Zeugnis des Lehramts in der Gegenwart

Das bis heute grundlegende Apostolische Schreiben Familiaris consortio, das Johannes Paul II. am 22. November 1981 im Anschluss an die Bischofssynode über die christliche Familie in der Welt von heute veröffentlichte, bestätigt nachdrücklich die dogmatische Ehelehre der Kirche. Es bemüht sich aber pastoral auch in der Sorge um die zivil wiederverheirateten Gläubigen, die in einer kirchlich gültigen Ehe noch gebunden sind. Der Papst zeigt ein hohes Maß an Sorge und Zuwendung. Die Nr. 84 „Wiederverheiratet Geschiedene" enthält folgende Grundaussagen: 1. Die Seelsorger sind aus Liebe zur Wahrheit verpflichtet, „die verschiedenen Situationen gut zu unterscheiden". Man darf nicht alles und alle gleich bewerten. 2. Die Seelsorger und die Gemeinden sind gehalten, den betroffenen Gläubigen in „fürsorgender Liebe" beizustehen. Auch sie gehören zur Kirche, haben Anspruch auf Seelsorge und sollen am Leben der Kirche teilnehmen. 3. Die Zulassung zur Eucharistie kann ihnen allerdings nicht gewährt werden. Dafür wird ein doppelter Grund genannt: a) „ihr Lebensstand und ihre Lebensverhältnisse stehen in objektivem Widerspruch zu jenem Bund der Liebe zwischen Christus und der Kirche, den die Eucharistie sichtbar und gegenwärtig macht"; b) „ließe man solche Menschen zur Eucharistie zu, bewirkte dies bei den Gläubigen hinsichtlich der Lehre der Kirche über die Unauflöslichkeit der Ehe Irrtum und Verwirrung". Eine Versöhnung im Bußsakrament, die den Weg zum Eucharistieempfang öffnet, kann es nur geben bei Reue über das Geschehene und „Bereitschaft zu einem Leben, das nicht mehr im Widerspruch zur Unauflöslichkeit der Ehe steht". Das heißt konkret: Wenn die neue Verbindung aus ernsthaften Gründen, etwa wegen der Erziehung der Kinder, nicht gelöst werden kann, müssen sich die beiden Partner „verpflichten, völlig enthaltsam zu leben". 4. Den Geistlichen wird aus inner sakramenten-theologischen und nicht aus legalistischen Zwang ausdrücklich verboten, für Geschiedene, die zivil wieder heiraten, „irgendwelche liturgische Handlungen vorzunehmen", solange eben die erste sakramental gültige Ehe noch besteht..

Das Schreiben der Glaubenskongregation über den Kommunionempfang von wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen vom 14. September 1994 bekräftigt, dass die Praxis der Kirche in dieser Frage „nicht aufgrund der verschiedenen Situationen modifiziert werden kann" (Nr. 5). Zudem stellt es klar, dass die betroffenen Gläubigen nicht auf der Basis ihrer eigenen Gewissensüberzeugung zur heiligen Kommunion hinzutreten dürfen: „Im Falle, dass sie dies für möglich hielten, haben die Hirten und Beichtväter… die ernste Pflicht, sie zu ermahnen, dass ein solches Gewissensurteil in offenem Gegensatz zur Lehre der Kirche steht" (Nr. 6). Falls Zweifel über die Gültigkeit einer zerbrochenen Ehe bestehen, müssen diese durch die dafür kompetenten Ehegerichte überprüft werden (vgl. Nr. 9). Von fundamentaler Bedeutung bleibt, „in fürsorgender Liebe alles zu tun, was die Gläubigen, die sich in einer irregulären ehelichen Situation befinden, in der Liebe zu Christus und zur Kirche bestärken kann. Nur so wird es ihnen möglich sein, die Botschaft von der christlichen Ehe uneingeschränkt anzuerkennen und die Not ihrer Situation aus dem Glauben zu bestehen. Die Pastoral wird alle Kräfte einsetzen müssen, um glaubhaft zu machen, dass es nicht um Diskriminierung geht, sondern einzig um uneingeschränkte Treue zum Willen Christi, der uns die Unauflöslichkeit der Ehe als Gabe des Schöpfers zurückgegeben und neu anvertraut hat" (Nr. 10).

In dem nachsynodalen Apostolischen Schreiben Sacramentum caritatis vom 22. Februar 2007 fasst Benedikt XVI. die Arbeit der vorausgegangenen Bischofssynode zum Thema der Eucharistie zusammen und führt sie weiter fort. In Nr. 29 kommt er auf die Situation der wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen zu sprechen. Auch für Benedikt XVI. handelt es sich hierbei um ein „dornenreiches und kompliziertes pastorales Problem". Er bekräftigt „die auf die Heilige Schrift (vgl. Mk 10,2-12) gegründete Praxis der Kirche, zivil wiederverheiratete Geschiedene nicht zu den Sakramenten zuzulassen", beschwört aber die Seelsorger geradezu, den Betroffenen „spezielle Aufmerksamkeit" zu widmen: „in dem Wunsch, dass sie so weit als möglich einen christlichen Lebensstil pflegen durch die Teilnahme an der heiligen Messe, wenn auch ohne Kommunionempfang, das Hören des Wortes Gottes, die eucharistische Anbetung, das Gebet, die Teilnahme am Gemeindeleben, das vertrauensvolle Gespräch mit einem Priester oder einem geistlichen Führer, hingebungsvoll geübte Nächstenliebe, Werke der Buße und den Einsatz in der Erziehung der Kinder". Wenn Zweifel an der Gültigkeit der in Brüche gegangenen ehelichen Lebensgemeinschaft bestehen, sind diese von den zuständigen Ehegerichten sorgsam zu prüfen. Die heutige Mentalität steht dem christlichen Eheverständnis, etwa bezüglich der Unauflöslichkeit der Ehe oder der Offenheit für Kinder, weithin entgegen. Weil viele Christen davon beeinflusst werden, sind in unseren Tagen Ehen wahrscheinlich häufiger ungültig als früher, weil es am Ehewillen im Sinn der katholischen Ehelehre mangelt und die Sozialisation im gelebten Raum des Glaubens zu gering ist. Darum ist eine Überprüfung der Gültigkeit der Ehe wichtig und kann zu einer Lösung von Problemen führen. Wo eine Ehenichtigkeit nicht festgestellt werden kann, setzen die Lossprechung und der Kommunionempfang gemäß der bewährten kirchlichen Praxis ein Zusammenleben „als Freunde, wie Bruder und Schwester" voraus. Segnungen von irregulären Verbindungen sind „in jedem Fall zu vermeiden…, damit unter den Gläubigen keine Verwirrungen in Bezug auf den Wert der Ehe aufkommen". Die Segnung (bene-dictio: Gutheißung von Gott her) einer Beziehung, die dem Willen Gottes entgegensteht, ist ein Widerspruch in sich.

In seiner Predigt beim VII. Weltfamilientreffen in Mailand am 3. Juni 2012 kam Benedikt XVI. wiederum auf dieses schmerzliche Problem zu sprechen: „Ein Wort möchte ich auch den Gläubigen widmen, die zwar die Lehre der Kirche über die Familie teilen, jedoch von schmerzlichen Erfahrungen des Scheiterns und der Trennung gezeichnet sind. Ihr sollt wissen, dass der Papst und die Kirche euch in eurer Not unterstützen. Ich ermutige euch, mit euren Gemeinden verbunden zu bleiben, und wünsche mir zugleich, dass die Diözesen geeignete Initiativen ergreifen, um euch aufzunehmen und Nähe zu vermitteln".

Die letzte Bischofssynode zum Thema „Die neue Evangelisierung für die Weitergabe des christlichen Glaubens" (7. – 28. Oktober 2012) hat sich erneut mit der Situation der Gläubigen beschäftigt, die nach dem Scheitern einer ehelichen Lebensgemeinschaft (nicht dem Scheitern der Ehe, die als Sakrament bestehen bleibt) eine neue Verbindung eingegangen sind und ohne sakramentales Eheband zusammenleben. In der Schlussbotschaft wandten sich die Synodenväter mit folgenden Worten an die betroffenen Gläubigen: „Allen jenen möchten wir sagen, dass die Liebe des Herrn niemand allein lässt, dass auch die Kirche sie liebt und ein einladendes Haus für alle ist, und dass sie Glieder der Kirche bleiben, auch wenn sie die sakramentale Lossprechung und die Eucharistie nicht empfangen können. Die katholischen Gemeinschaften mögen gastfreundlich gegenüber all jenen sein, die in einer solchen Situation leben, und Wege der Versöhnung unterstützen".

Anthropologische und sakramententheologische Erwägungen

Die Lehre über die Unauflöslichkeit der Ehe stößt in einer säkularisierten Umwelt häufig auf Unverständnis. Wo die Grundeinsichten des christlichen Glaubens verloren gegangen sind, vermag eine bloß konventionelle Zugehörigkeit zur Kirche wichtige Lebensentscheidungen nicht mehr zu tragen und in Krisen im Ehestand – wie auch im Priester- und Ordensleben – keinen Halt mehr zu bieten. Viele fragen sich: Wie kann ich mich für das ganze Leben an eine einzige Frau bzw. an einen einzigen Mann binden? Wer kann mir sagen, wie es mir in zehn, zwanzig, dreißig, vierzig Jahren in der Ehe gehen wird? Ist eine endgültige Bindung an eine einzelne Person überhaupt möglich? Die vielen ehelichen Gemeinschaften, die heute zerbrechen, verstärken die Skepsis der Jugend gegenüber definitiven Lebensentscheidungen.

Andererseits hat das in der Schöpfungsordnung begründete Ideal der Treue zwischen einem Mann und einer Frau nichts von seiner Faszination verloren, wie aus neueren Umfragen unter jungen Menschen hervorgeht. Die meisten von ihnen sehnen sich nach einer stabilen, dauerhaften Beziehung, wie sie auch der geistigen und sittlichen Natur des Menschen entspricht. Darüber hinaus ist an den anthropologischen Wert der unauflöslichen Ehe zu erinnern: Sie entzieht die Partner der Willkür und der Tyrannei der Gefühle und Stimmungen. Sie hilft ihnen, persönliche Schwierigkeiten durchzustehen und leidvolle Erfahrungen zu überwinden. Sie schützt vor allem die Kinder, die am Zerbrechen der Ehen am meisten zu leiden haben.

Die Liebe ist mehr als Gefühl und Instinkt. Sie ist ihrem Wesen nach Hingabe. In der ehelichen Liebe sagen zwei Menschen wissentlich und willentlich zueinander: nur du – und du für immer. Dem Wort des Herrn "Was Gott verbunden hat…" entspricht das Versprechen der Brautleute: „Ich nehme dich an als meinen Mann… Ich nehme dich an als meine Frau… Ich will dich lieben, achten und ehren, solange ich lebe, bis der Tod uns scheidet." Der Priester segnet den Bund, den die Brautleute miteinander vor Gottes Angesicht geschlossen haben. Wer Zweifel hat, ob das Eheband von ontologischer Qualität ist, möge sich vom Wort Gottes belehren lassen: „Am Anfang hat Gott Mann und Frau geschaffen. Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden und die zwei werden ein Fleisch sein. Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins" (Mt 19,4-6).

Für Christen gilt, dass die Ehe von Getauften, die in den Leib Christi eingegliedert sind, sakramentalen Charakter hat und damit eine übernatürliche Wirklichkeit darstellt. Ein ernstes pastorales Problem besteht darin, dass manche heute die christliche Ehe ausschließlich mit weltlichen und pragmatischen Kriterien beurteilen. Wer nach dem „Geist der Welt" (1 Kor 2,12) denkt, kann die Sakramentalität der Ehe nicht begreifen. Dem wachsenden Unverständnis gegenüber der Heiligkeit der Ehe kann die Kirche nicht entsprechen durch pragmatische Anpassung an das vermeintlich Unausweichliche, sondern nur durch das Vertrauen auf „den Geist, der aus Gott stammt, damit wir erkennen, was uns von Gott geschenkt worden ist" (1 Kor 2,12). Die sakramentale Ehe ist ein Zeugnis für die Macht der Gnade, die den Menschen verwandelt und die ganze Kirche vorbereitet für die heilige Stadt, das neue Jerusalem, die Kirche, die bereit ist „wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat" (Offb 21,2). Das Evangelium von der Heiligkeit der Ehe ist in prophetischem Freimut zu verkünden. Ein müder Prophet sucht in der Anpassung an den Zeitgeist sein Heil, aber nicht das Heil der Welt in Jesus Christus. Die Treue zum Jawort der Ehe ist ein prophetisches Zeichen für das Heil, das Gott der Welt schenkt. „Wer es fassen kann, der fasse es!" (Mt 19, 12). Durch die sakramentale Gnade wird die eheliche Liebe gereinigt, gestärkt und erhöht. „Diese Liebe, die auf gegenseitiger Treue gegründet und durch Christi Sakrament geheiligt ist, bedeutet unlösliche Treue, die in Glück und Unglück Leib und Seele umfasst und darum unvereinbar ist mit jedem Ehebruch und jeder Ehescheidung" (Gaudium et spes, Nr. 49). Die Gatten haben kraft des Ehesakramentes an der endgültigen, unwiderruflichen Liebe Gottes teil. Sie können deshalb Zeugen der treuen Liebe Gottes sein, müssen ihre Liebe aber beständig nähren durch ein Leben aus dem Glauben und der Liebe.

Freilich gibt es Situationen – jeder Seelsorger weiß darum –, in denen das eheliche Beisammensein aus schwerwiegenden Gründen, etwa aufgrund von physischer oder psychischer Gewalt, praktisch unmöglich wird. In solchen Härtefällen hat die Kirche immer gestattet, dass sich die Gatten trennen und nicht länger zusammen wohnen. Dabei ist aber zu bedenken, dass das Eheband einer gültigen Ehe vor Gott weiterhin aufrecht bleibt und die einzelnen Partner nicht frei sind, eine neue Ehe zu schließen, solange der Ehepartner am Leben ist. Die Seelsorger und die christlichen Gemeinschaften müssen sich dafür einsetzen, Wege der Versöhnung auch in diesen Fällen zu fördern oder, falls dies nicht möglich ist, den betroffenen Menschen zu helfen, ihre schwierige Situation im Glauben zu bewältigen.

Moraltheologische Anmerkungen

Immer wieder wird vorgeschlagen, man soll wiederverheiratete Geschiedene selber in ihrem Gewissen entscheiden lassen, ob sie zur Kommunion hinzutreten oder nicht. Dieses Argument, dem ein problematischer Begriff von „Gewissen" zugrunde liegt, wurde bereits im Schreiben der Glaubenskongregation von 1994 zurückgewiesen. Natürlich müssen sich die Gläubigen bei jeder Messfeier im Gewissen prüfen, ob ein Kommunionempfang möglich ist, dem eine schwere nicht gebeichtete Sünde immer entgegensteht. Sie haben dabei die Pflicht, ihr Gewissen zu bilden und an der Wahrheit auszurichten. Dabei hören sie auch auf das Lehramt der Kirche, das ihnen hilft, „nicht von der Wahrheit über das Gute des Menschen abzukommen, sondern, besonders in den schwierigeren Fragen, mit Sicherheit die Wahrheit zu erlangen und in ihr zu bleiben" (Johannes Paul II., Enzyklika Veritatis splendor, Nr. 64). Wenn wiederverheiratete Geschiedene in ihrem Gewissen subjektiv der Überzeugung sind, dass eine vorausgehende Ehe nicht gültig war, muss dies objektiv durch die zuständigen Ehegerichte nachgewiesen werden. Die Ehe betrifft nämlich nicht nur die Beziehung zweier Menschen zu Gott, sie ist auch eine Wirklichkeit der Kirche, ein Sakrament, über dessen Gültigkeit nicht der einzelne für sich, sondern die Kirche entscheidet, in die er durch Glaube und Taufe eingegliedert ist. „Wenn die vorausgehende Ehe von wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen gültig war, kann ihre neue Verbindung unter keinen Umständen als rechtmäßig betrachtet werden, daher ist ein Sakramentenempfang aus inneren Gründen nicht möglich. Das Gewissen des einzelnen ist ausnahmslos an diese Norm gebunden" (Kardinal Joseph Ratzinger, Die Ehepastoral muss auf der Wahrheit gründen: L’Osservatore Romano. Wochenausgabe in deutscher Sprache, 9. Dezember 2011, S. 7).

Auch die Lehre von der Epikie, wonach ein Gesetz zwar allgemein gilt, aber das konkrete menschliche Handeln nicht immer angemessen abdeckt, kann hier nicht angewandt werden, weil es sich bei der Unauflöslichkeit der sakramentalen Ehe um eine göttliche Norm handelt, über die die Kirche keine Verfügungsgewalt hat. Die Kirche hat jedoch – auf der Linie des Privilegium Paulinum – die Vollmacht, zu klären, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit eine im Sinne Jesu unauflösliche Ehe zustande kommt. Sie hat, davon ausgehend, Ehehindernisse festgelegt, Gründe für die Ehenichtigkeit erkannt und ein ausführliches Prozessverfahren entwickelt.

Ein weiterer Vorschlag für die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zu den Sakramenten plädiert mit dem Argument der Barmherzigkeit. Da Jesus sich selbst mit den Notleidenden solidarisiert und ihnen seine erbarmende Liebe geschenkt habe, sei die Barmherzigkeit ein besonderes Zeichen wahrer Nachfolge. Dies ist richtig, greift aber als sakramenten-theologisches Argument zu kurz. Denn die ganze sakramentale Ordnung ist ein Werk göttlicher Barmherzigkeit und kann nicht mit Berufung auf dieselbe aufgehoben werden. Durch die sachlich falsche Berufung auf die Barmherzigkeit besteht zudem die Gefahr einer Banalisierung des Gottesbildes, wonach Gott nichts anderes vermag, als zu verzeihen. Zum Geheimnis Gottes gehören neben der Barmherzigkeit auch seine Heiligkeit und Gerechtigkeit. Wenn man diese Eigenschaften Gottes unterschlägt und die Sünde nicht ernst nimmt, kann man den Menschen letztlich auch nicht seine Barmherzigkeit vermitteln. Jesus begegnete der Ehebrecherin mit großem Erbarmen, sagte ihr aber auch: „Geh und sündige von jetzt an nicht mehr" (Joh 8,11). Die Barmherzigkeit Gottes ist keine Dispens von den Geboten Gottes und den Weisungen der Kirche. Sie verleiht vielmehr die Kraft der Gnade zu ihrer Erfüllung, zum Wiederaufstehen nach dem Fall und zu einem Leben in Vollkommenheit nach dem Bild des himmlischen Vaters.

Die pastorale Sorge

Auch wenn eine Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zu den Sakramenten aus ihrer inneren Natur heraus nicht möglich ist, sind umso mehr die pastoralen Bemühungen um diese Gläubigen geboten, wobei diese auf die offenbarungstheologischen und lehramtlichen Vorgaben der Kirche verwiesen bleiben. Der von der Kirche aufgezeigte Weg ist für die Betroffenen nicht einfach. Sie dürfen aber wissen und spüren, dass die Kirche als Heilsgemeinschaft ihren Weg begleitet. Indem die Partner sich bemühen, die Praxis der Kirche zu verstehen und nicht zur Kommunion zu gehen, legen sie auf ihre Weise Zeugnis für die Unauflöslichkeit der Ehe ab.

Die Sorge um wiederverheiratete Geschiedene darf freilich nicht auf die Frage des Eucharistieempfangs reduziert werden. Es geht um eine umfassendere Pastoral, die versucht, den unterschiedlichen Situationen möglichst gerecht zu werden. Wichtig ist dabei, dass es außer der sakramentalen Kommunion noch andere Weisen der Gemeinschaft mit Gott gibt. Verbindung zu Gott gewinnt man, wenn man sich ihm in Glaube, Hoffnung und Liebe, in Reue und Gebet zuwendet. Gott kann den Menschen auf unterschiedlichen Wegen seine Nähe und sein Heil schenken, auch wenn sie sich in einer widersprüchlichen Lebenssituation befinden. Wie die neueren Dokumente des kirchlichen Lehramts durchgängig unterstreichen, sind die Seelsorger und die christlichen Gemeinden gerufen, die Menschen in irregulären Situationen offen und herzlich aufzunehmen, ihnen einfühlsam und helfend zur Seite zu stehen und sie die Liebe des Guten Hirten spüren zu lassen. Eine in Wahrheit und Liebe gründende Seelsorge wird dafür immer wieder neu die rechten Wege und Formen finden. (rv)

Papst traf Präfekten der Bischofs- und Glaubenskommission

An diesem Samstag hat Papst Franziskus Kardinal Marc Ouellet, den Präfekt der Bischofskommission im Vatikan empfangen. Zudem begrüßte Franziskus auch den Botschafter der Slovakei beim Heiligen Stuhl, Peter Sopko. Dieser überreichte Franziskus sein Beglaubigungsschreiben. Dies teilte der Vatikan im Anschluss an die Begegnung mit. Aus der Mitteilung geht weiter hervor, dass sich Franziskus am Freitag mit Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, dem Präfekten der Glaubenskongregation, im Vatikan traf. Über den Inhalt der Gespräche wurde nichts bekannt. (rv)

Schweiz/Vatikan: Schweizer Bischöfe bei der Glaubenskongregation

Die Bischöfe aus Basel, Chur und St. Gallen werden am 1. Juli bei der Glaubenskongregation über die so genannte Pfarrei-Initiative sprechen. Das teilte die Schweizer Bischofskonferenz an diesem Mittwoch mit. Der Gesprächsprozess mit den Unterzeichnern der Pfarrei-Initiative sei in den drei hauptbetroffenen Bistümern Basel, Chur und St. Gallen fortgeschritten, so die Mitteilung. Die Bischöfe der drei Bistümer werden sich in Rom mit dem Präfekt der römischen Kongregation für die Glaubenslehre, Erzbischof Gerhard Müller, über die im Gesprächsprozess angesprochenen Fragen austauschen. Das Gespräch mit Erzbischof Müller sei schon länger geplant gewesen, so die Bischofskonferenz. Ein erster Termin wurde wegen der Wahl des neuen Papstes hinfällig. (rv)

Franziskus an Glaubenskongregation: Kampf gegen Missbrauch fortführen

Erzbischof MüllerPapst Franziskus hat die vatikanische Glaubenskongregation dazu angehalten, den Kampf gegen sexuellen Missbrauch durch Kleriker entschieden fortzuführen – und zwar „in der von Benedikt XVI. gewollten Richtung". Franziskus traf an diesem Freitagmorgen den Präfekten der Glaubenskongregation.
Missbrauch in der katholischen Kirche, das war ein zentrales Thema bei der ersten offiziellen Papstaudienz für Erzbischof Gerhard Ludwig Müller an diesem Freitagmorgen. Papst Franziskus will auf dem von Benedikt XVI. beschrittenen Weg weitergehen, ist der Vatikanmitteilung zu dem Treffen zu entnehmen. Der Papst habe die Glaubenskongregation dazu angehalten, bei Fällen sexuellen Missbrauchs durch Kleriker „mit Entschiedenheit" zu handeln und dabei die von Benedikt XVI. begonnene Linie fortzuführen. Schutzmaßnahmen für Kinder sowie die Hilfe für die Opfer sexuellen Missbrauchs sollten gefördert werden und die notwendigen Strafverfahren gegenüber den Schuldigen fortgeführt werden, heißt es. Auch sollten die Bischofskonferenzen zur Ausformulierung und Anwendung von Maßnahmen in dem Bereich angehalten werden.

Die Glaubenskongregation hatte während des Pontifikates von Benedikt XVI. die nationalen Bischofskonferenzen dazu aufgefordert, Leitlinien für den Umgang mit sexuellen Missbrauchsfällen zu erarbeiten. Ausdrücklich wurde dabei der Opferschutz, eine Verbesserung der Priesterausbildung und die Zusammenarbeit mit den staatlichen Behörden bei Missbrauchsfällen betont. Der Großteil der Konferenzen hat dies bereits umgesetzt. Der Umgang mit dem Thema sei „für das Zeugnis der Kirche und ihre Glaubwürdigkeit sehr wichtig", heißt es in der Vatikanmitteilung zur Audienz des Präfekten der Glaubenskongregation bei Papst Franziskus weiter. Den Opfern des sexuellen Missbrauchs gelte die Aufmerksamkeit und das Gebet des Papstes „in besonderer Weise".

Was Benedikt XVI. gegen sexuellen Missbrauch durch Kleriker unternahm, hören Sie am kommenden Dienstagabend bei Radio Vatikan in einer Sonderreihe zum Pontifikat des deutschen Papstes. (rv)

Vatikan: Jahresversammlung der Päpstlichen Bibelkommission

Erzbischof Gerhard Ludwig MüllerKatholische Bibelwissenschaftler aus der ganzen Welt beraten vom kommenden Montag an im Vatikan vier Tage lang über Fragen der Bibelauslegung. Die Jahresversammlung der Päpstlichen Bibelkommission führt das Thema „Inspiration und Wahrheit der Bibel" aus den vergangenen vier Jahren fort. Dies gab der Vatikan am Mittwoch bekannt. Geleitet wird das Treffen von Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, dem Präfekten der Glaubenskongregation. Müller ist zudem auch Präsident der Bibelkommission, die einmal im Jahr zusammentritt. (rv)

Der Papst und der Teufel

Erzbischof Müller„Wir dürfen nicht dem Bösen glauben, der uns einredet, dass wir gegen die Gewalt, die Ungerechtigkeit und die Sünde nichts tun können." So lautet die zweite Twitterbotschaft des Papstes von diesem Sonntag. Das Böse: Mehrfach hat Papst Franziskus bereits darüber gesprochen, mehrfach auch den Teufel angesprochen, zuletzt in seiner Predigt am Palmsonntag. Vielen Menschen ist dieser Ausdruck fremd oder fremd geworden. Radio Vatikan hat also Erzbischof Gerhard Ludwig Müller gefragt, was es heute mit dem Teufel auf sich hat.

„Wir sehen gewaltige Kräfte, die Unheil bewirken, und wir sind davon überzeugt, dass das nicht in der Schöpfung begründet ist, sondern durch den freien Willen des Menschen entsteht", sagte uns der Präfekt der Glaubenskongregation. So sei es auch mit dem, was wir „Teufel" nennen: Ursprünglich gut erschaffen sei er durch freie Entscheidung zum Träger des Bösen und zum Versucher geworden, so Müller:

„Eine gewaltige Macht, die auch über den Menschen herrschen kann und ihn vom Guten, vom Weg zu Gott, abbringt. Das Neue Testament und dort Jesus selber zeichnet ja den Teufel in eine zweifache Richtung. Er ist der Mörder und der Vater der Lüge. Es geht also um eine gewaltige Macht, die gegen das Leben ist, gegen die Liebe ist und gegen die Wahrheit. Wir sehen die Mächte, die oft auch anonym wirken und schwer fassbar sind, aber trotzdem sehr real sind."

Es gehe um diejenigen, die um Prestige und Macht willen Kriege mit all ihrem Unrecht und Elend beginnen, so Müller weiter, um falsche Ideologien und Maßstäbe, die den Menschen eingetrichtert würden und die dann verheerende Konsequenzen hätten:

„Deshalb ist mit Teufel nicht – wie es in der öffentlichen Meinung vielleicht scheinen könnte – so eine mythische Vorstellung gemeint, sondern eine reale Kraft, die das Böse mit bewirkt und die die Menschen auch versucht, das heißt, zum Bösen verleitet."

Unterdrückung, Ausbeutung, aber auch Verwüstungen im eigenen Leben, in der Zerstörung von Vertrauen und Mitmenschlichkeit, seien die Folgen, wenn man diesen Verleitungen zur Lüge und Lebensfeindlichkeit nachgebe, so Erzbischof Müller. Als Gemeinschaft und im persönlichen Leben werden wir von Unwahrheit und Lebensfeindlichkeit bedroht, diese Gefahr dürfe man nicht herunter spielen, so Müller, ihr gelte es die Stirn zu bieten:

„Wir sind als Christen dazu aufgerufen, tagtäglich der Versuchung zur Lüge und Unwahrheit, zum Zerstörerischen und Destruktiven zu widerstehen und umgekehrt zu Botschaftern der Wahrheit und des Lebens zu werden." (rv)

Weitere Aufgabe für Erzbischof Müller

 Papst Benedikt XVI. hat an diesem Samstag zwei hochrangige Mitglieder der Kurie in den Päpstlichen Rat für die Interpretation von Gesetzestexten berufen. Kardinal Fernando Filoni und Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, ihres Zeichens Präfekt der Kongregation für die Evangelisierung der Völker und Präfekt der Glaubenskongregation, werden ab sofort in dem von Erzbischof Francesco Coccopalmerio geleiteten Gremium anderen Dikasterien bei der Abfassung von kirchenrechtlichen Normen helfen. Im Rat sitzen, neben andern, bereits die Kardinäle Joachim Meisner und Walter Kaspar. (rv)

Erzbischof Müller: „Gewisse Debatten überwinden“

Am Mittwoch hat der neue Präfekt der Glaubenskongregation auf der Bischofssynode gesprochen. Der deutsche Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, bis vor kurzem Bischof von Regensburg, wies darauf hin, dass die Neuevangelisierung die „Überwindung gewisser innerkirchlicher Debatten" erfordere. Hier der Redebeitrag der Erzbischofs:

„Wir alle leben in einer Welt, die sich täglich von "Neuigkeiten" nährt. Bei diesen vielen Neuigkeiten fragen wir uns, was nun das eigentlich Neue sei. Die Welt von heute, betäubt durch unzählige Veränderungen, bietet eigenlich keine Neuigkeiten, weil ihr Denken begrenzt ist und sie immer auf der Suche nach Emotionen ist, da sie von tausend Sachen belastet ist, die sie nicht wirklich zufrieden stellen. Man stellt sich deshalb die grosse Frage: wo ist wirklich die Neuigkeit? In dieser Hinsicht hören sich die Worte des Heiligen Irenäus von Lyon immer noch aktuell an: Christus "hat einzige Neuigkeit gebracht, indem er sich selbst brachte" (Adversus haereses, IV, 34, 1).In Ihm ist alles Neue enthalten.

Die Neuevangelisierung erfordert die Überwindung gewisser innerkirchlicher Debatten, in denen seit vielen Jahren immer wieder die gleichen Themen vorgeschlagen werden, damit der christliche Glaube in seiner Fülle und zeitlosen Aktualität erneut diskutiert werden kann. In dieser Fülle und Neuigkeit findet die Kollegialität zwischen den Bischöfen Zusammenhalt und Kraft zur Einheit, die jedoch nicht Vorwand für eine falsch verstandene Autonomie sein darf. Das II. Vatikanische Konzil lehrt, dass der Herr, "damit aber der Episkopat selbst einer und ungeteilt sei, (hat er) den heiligen Petrus an die Spitze der übrigen Apostel gestellt und in ihm ein immerwährendes und sichtbares Prinzip und Fundament der Glaubenseinheit eingesetzt" hat (LG 18). Die neue Evangelisierung muß auf diese Gemeinschaft zurückgreifen und sie wird nur Erfolg haben, wenn sie auf der Einheit der Bischöfe mit dem Nachfolger Petri und der Einheit zwischen ihnen gründet. Diese Einheit ist das Fundament, auf das der Herr seine Kirche baut.

Indem wir erneut vor Christus stehen, schöpfen wir für das Leben aus dieser Botschaft, die uns im tiefsten Inneren verändern kann. Es geht darum, den Glauben in unseren Herzen zu erneuern, darum "die Kirche in unseren Seelen wieder zu beleben" (R.. Guardini). Nur wenn wir selbst erneuert sind, können wir bei der Neuevanglisierung mitwirken. Die Kirche geht aus dem auferstandenen Christus hervor als Sakrament seiner Präsenz und seiner Einheit mit Gott und mit den Menschen (vgl .LG 1). Von ihm geht der Glaube der Kirche aus: ein immer neuer Glaube, auch wenn er zu allen Zeiten durch dieselben Gaben genährt wurde. Verwurzelt mit Christus und mit der Kirche, stützen wir uns auf den Glauben Petri, in dessen Umkreis wir jene sichere Einheit finden, die nicht von uns ausgeht und die nie endet (vgl. UR 4). Zu dieser Einheit gehören wir alle. Dieser Einheit wollen wir dienen "auf dass die Welt glaubt" Joh 17,21)." (rv)

Keine Gespräche mehr mit der Piusbruderschaft

Die Piusbruderschaft „ist für die Kirche kein Verhandlungspartner, weil es über den Glauben keine Verhandlungen gibt". Das hat der Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, in einem Interview mit dem NDR betont. Die Bruderschaft lehnt wichtige Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils ab, unter anderem zur Religionsfreiheit und den Menschenrechten. Der Vatikan hat die Piusbruderschaft aufgefordert, diese Beschlüsse zu akzeptieren, wenn die Bruderschaft wieder ein Teil der Kirche werden will. Mit Blick auf eine mögliche Wiederaufnahme der Traditionalisten sagte Erzbischof Müller: „In einem pastoralen Sinn ist die Tür immer offen". Der Glaubenspräfekt stellte im Gespräch mit NDR Kultur aber klar: „Es gibt keine Ermäßigungen, was den katholischen Glauben angeht, gerade wie er auch vom Zweiten Vatikanischen Konzil gültig formuliert worden ist. Das Zweite Vatikanische Konzil steht nicht im Gegensatz zur gesamtkirchlichen Tradition, allenfalls im Gegensatz zu mancher falschen Interpretation des katholischen Glaubens." Erzbischof Müller sagte weiter: „Wir können den katholischen Glauben nicht den Verhandlungen preisgeben. Da gibt es keine Kompromisse". Man werde in der Glaubenskongregation in Einheit mit dem Papst nun das weitere Vorgehen beschließen. Den Piusbrüdern läge die Erklärung vor, die sie zu akzeptieren hätten, betonte Müller. Und er fügte an: „Ich glaube, es gibt jetzt keine neuen Gespräche mehr." (rv)