Stand der Dinge in der Causa Paolo Gabriele

Am Samstag beginnt der Prozess gegen den früheren Kammerdiener des Papstes, Paolo Gabriele, wegen schweren Diebstahls. 16 Seiten lang ist die Anklageschrift, und der Vatikan hat sie im Sommer zur Gänze ins Internet gestellt – auf ausdrücklichen Wunsch des Papstes. Vor dem vatikanischen Ermittlungsrichter hat der frühere Kammerdiener während seiner U-Haft ein umfassendes Geständnis abgelegt. Die Verhörprotokolle sind eingeflossen in die Anklageschrift.

Auf den Punkt gebracht: Gabriele nahm vertrauliche Dokumente vom Schreibtisch des Papstes, kopierte sie und gab sie dem Enthüllungs-Journalisten Nuzzi. Und zwar in der Absicht zu helfen. So sprach der Ex-Kammerdiener in einem seiner Verhöre von dem Bösen und der „Korruption überall in der Kirche", auch in der Verwaltung des Vatikanstaates; „mir wurde bewusst, dass der Papst über einige Punkte nicht oder nur schlecht informiert war" … „Ich dachte, ein medialer Schock würde helfen, die Kirche auf den rechten Weg zurückzuführen", so Gabriele wörtlich.

Theoretisch hätte Generalstaatsanwalt Nicola Picardi dem Mann noch andere Delikte zur Last legen können, beispielsweise Enthüllung von Staatsgeheimnissen oder Hehlerei, also Handel mit Diebsgut. Im Vatikan kennt man auch den Straftatbestand „kriminelle Vereinigung", mit einem anderen Wort: Mafia. Dazu müssten mindestens fünf Personen im Visier der Ermittler stehen. Doch der Generalstaatsanwalt fand offenbar keine Anhaltspunkte dafür, dass Gabriele in derartige Delikte verwickelt sein könnte. So lautet die Anklage für ihn bloß auf schweren Diebstahl – schwer, weil er in einem besonderen Vertrauensverhältnis zu seinem Vorgesetzten, dem Papst, stand.

Verteidigen lässt sich Paolo Gabriele vor Gericht von der Anwältin Cristiana Arru. Ein weiterer Verteidiger, der mit dem Angeklagten seit Jahren befreundet ist, hat vor wenigen Wochen sein Mandat niedergelegt. Gründe dafür waren seinen Angaben zufolge Meinungsverschiedenheiten über die Verteidigungslinie.

Sollte der Ex-Kammerdiener verurteilt werden, drohen ihm nach neuesten Angaben aus dem Vatikan bis zu vier Jahren Haft; die müsste er in Italien absitzen, denn der Vatikan hält keine geeigneten Zellen für Langzeit-Insassen vor. Wie lang der Prozess dauert, ist offen, jedenfalls arbeitet das Tribunal des Papstes deutlich zügiger als die Justiz in Italien. Noch nie hat ein im Vatikan verhandelter Fall länger als zweieinhalb Jahre gedauert, die Berufungsinstanz mit eingerechnet.

Die drei vatikanischen Richter sind im übrigen keine Priester, sondern zivile italienische Rechtsgelehrte. Der Papst kann in das Gerichtsverfahren nicht in dem Sinn eingreifen, dass er dem Prozess eine bestimmte Richtung gibt. Hypothetisch könnte er zwar als absoluter Herrscher den Angeklagten jederzeit begnadigen – „vorgesehen" ist eine solche Option aber allenfalls nach der Urteilsverkündigung wie in jedem anderen Staat auch. (rv)

Prozess gegen Paolo Gabriele: Hintergründe zum Gerichtsverfahren

Drei Monate bis vier Jahre für schweren Diebstahl – dieses Strafmaß im Fall eines Schuldspruches wartet auf Paolo Gabriele in dem Prozess um die Affäre „Vatileaks", der an diesem Samstag beginnen wird. Giovanni Giacobbe, Staatsanwalt beim vatikanischen Berufungsgericht und damit nicht im aktuellen Prozess involviert, führte in einer Pressekonferenz an diesem Donnerstag in das vatikanische Prozessrecht und den technischen Ablauf des Prozesses ein. Was das Strafmaß betrifft, war in früheren vatikanischen Pressebriefings stets von sechs Jahren, in besonders schweren Fällen acht Jahren Haft für schweren Diebstahl die Rede gewesen.

Der Ablauf werde von der Strafprozessordnung des Vatikan geregelt. So seien etwa die Prozesse am Vatikan-Tribunal öffentlich. Im Unterschied zu anderen Prozessordnungen aber gebe es keine direkte Befragung: Verteidigung und Staatsanwaltschaft richten ihre Fragen vielmehr an den vorsitzenden Richter, der sie dann an den Angeklagten richtet. Ebensowenig muss sich der Angeklagte zu Beginn schuldig oder nicht schuldig bekennen, und er muss auch keinen Eid ablegen, die Wahrheit zu sagen, im Unterschied zu den Zeugen, die diesen Eid leisten müssen. Der Angeklagte muss nicht bei allen Sitzungen anwesend sein, hat aber das Recht auf einen Anwalt, der ihm gegebenenfalls auch gestellt wird. Bei den Statements hat der Angeklagte außerdem das Recht auf das letzte Wort.

Das Strafmaß wird in einem eigenen Prozess verhandelt, nachdem der Schuldspruch gefällt ist. Danach können beide Parteien in die Berufung gehen. Sollten eine Verurteilung und eine Haftstrafe rechtskräftig werden, dann würde der Verurteilte diese in Italien absitzen, so sehen es die Verträge zwischen Italien und dem Vatikan vor.

Die Zeugen, die der Ermittlungsrichter während der vorausgehenden Untersuchung gehört hat und deren Aussage in die Anklageerhebung eingegangen ist, können auf Veranlassung von Staatsanwaltschaft oder Verteidigung erneut vom Gericht vorgeladen werden. Es können aber auch weitere Zeugen, die bisher nicht ausgesagt haben, geladen werden. Bei alldem geht es darum, die Anklage zu belegen oder zu widerlegen, was auch für das Geständnis der Angeklagten gelte.

Angeklagter muss keinen Eid ablegen

Der Prozess finde weitgehend nach dem Recht des Staates Italien statt, erklärte Giovanni Giacobbe. Durch das Konkordat, das 1929 den Staat der Vatikanstadt errichtete, ging dieses Recht in vatikanisches Recht ein. Darüber hinaus hat der Vatikan selber Prozessvorschriften und Gesetze erlassen. Vor allem gelten aber die Rechte des Papstes. Dieser könne nicht direkt in den Prozess eingreifen in dem Sinn, dass er ihm eine bestimmte Richtung gebe, er habe aber alle Rechte, die einem Staatsoberhaupt zukommen, wie etwa das der Begnadigung.

Der Prozess findet im Staat der Vatikanstadt statt, die Richter sind Laien: Sie sind nicht Teil der Hierarchie der Kirche und damit von der Leitung der Kirche unabhängig. Nie sei es ihm selber in seiner Praxis begegnet, dass Druck ausgeübt worden sei, so der Staatsanwalt des vatikanischen Berufungsgerichtes.

Ergebnisse der Kardinalskommission spielen im Prozess keine Rolle

Die interne Untersuchung im Vatikan, die von drei Kardinälen durchgeführt wurde, könne nicht Gegenstand der Verhandlungen werden, erklärte Giacobbe; hier werde die Trennung zwischen Leitung der Weltkirche – dem Heiligen Stuhl – einerseits und Staat der Vatikanstadt andererseits wirksam. Das Tribunal habe also nicht die Autorität, von der Weltkirche die Vorlage von Dokumenten zu verlangen. Die Kardinalskommission hat das Ergebnis ihrer internen Untersuchung dem Papst übergeben, veröffentlicht wurde ihr Bericht aber bisher nicht.

Durchschnittlich fänden etwa 30 Prozesse pro Jahr im Vatikan statt; bei den meisten handele es sich um kleinere Delikte wie etwa Diebstähle auf dem Petersplatz. Der letzte aufsehenerregende Prozess wäre der gegen den mutmaßlichen Mörder des Kommandanten der Schweizergarde Alois Estermann und seiner Frau 1998 gewesen, er fand allerdings nicht statt, weil sich der Tatverdächtige offenbar unmittelbar nach dem Mord selbst das Leben nahm, weswegen es zwar zu einer Untersuchung, aber nicht zu einer Anklageerhebung kam. Auch der Fall einer Schweizerin, die 2009 bei der Christmette im Petersdom den Papst attackierte, wurde vor dem Vatikangericht verhandelt. Das Verfahren kam zum Erliegen, weil die Frau einem Gutachten zufolge unzurechnungsfähig war.

Vor dem Vatikan-Tribunal müssen sich ab diesem Samstag zwei italienische Laien-Bedienstete verantworten, der frühere päpstliche Kammerdiener Paolo Gabriele und der Informatiker Claudio Sciarpelletti. Der erstere ist des schweren Diebstahls angeklagt, der zweitere der Begünstigung. Gabriele soll Dutzende vertrauliche Dokumente aus dem Vatikan gestohlen, kopiert und nach außen getragen haben. Sciarpelletti, der nach bisherigem Erkenntnissstand nicht als „Komplize" gelten kann, hatte sich bei Angaben über die Herkunft eines Umschlags mit solchen Dokumenten in Widersprüche verstrickt. (rv)

Vatikan stellt Details des Prozesses gegen Gabriele vor

Im Fall „Vatileaks" wird noch im September der Prozess gegen Paolo Gabriele und Claudio Scharpelletti eröffnet werden. In einer Pressekonferenz an diesem Freitag ging Vatikansprecher Pater Federico Lombardi genauer auf die technischen Details dieses Prozesses ein. Der erste Verhandlungstag wird der 29. September sein, das Gericht – bestehend aus den drei Richtern Giuseppe Dalla Torre, Paolo Pappanti Pelletier und Venerando Marano – wird um 9.30 Uhr zusammen treten. Einen genauen Zeitplan gibt es im Augenblick und könne es auch noch nicht geben, führte Lombardi aus. Das hinge vom Verfahren selbst und von der Verteidigung ab. In jedem fall fänden die Verhandlungen aber an Vormittagen statt.

Wie bei Gerichtsprozessen allgemein üblich werde es keine Audio- oder Videoaufzeichungen geben, der Prozess werde auch nicht in Ton oder Bild übertragen, auch lasse die Größe des Raumes nur eine begrenzte Anzahl von Journalisten zu, der Vorsitzende des Gerichtes habe – neben den Vatikanjournalisten von jeweils einem vom Osservatore Romano und von Radio Vatikan – acht Journalisten zugelassen. Nach den Verhandlungen werde es aber Pressekonferenzen geben. (rv)

Vatileaks: Prozess für Ex-Kammerdiener und einen weiteren Vatikanangestellten

Der frühere päpstliche Kammerdiener Paolo Gabriele wird sich vor Gericht verantworten müssen. Das wurde an diesem Montag im Vatikan bekannt. Neben dem Ex-Butler wird einem weiteren Laienangestellten der Prozess gemacht, nämlich dem 48-jährigen Informatiker Claudio Sciarpelletti aus dem päpstlichen Staatssekretariat. Gabriele ist des schweren Diebstahls angeklagt, Sciarpelletti lediglich der Beihilfe; den Anklagepunkt Geheimnisverrat gegen den Informatiker ließ Untersuchungsrichter Piero Bonnet nach gründlichen Erhebungen fallen, sagte Vatikansprecher Pater Federico Lombardi vor Journalisten.

Der Vatikan veröffentlichte gleichzeitig sowohl den Untersuchungsbericht als auch die Anklageschrift gegen die beiden Männer. Sciarpelletti, ein Bekannter Paolo Gabrieles, war nur eine Nacht lang in Haft und wurde anschließend wieder auf freien Fuß gesetzt. Lombardi:

„Bei einer Untersuchung des Arbeitsplatzes von Sciarpelletti haben die Fahnder einen Umschlag mit vertraulichen Vatikandokumenten gefunden, die der Journalist Gianluigi Nuzzi veröffentlicht hatte. Der Informatiker verstrickte sich dann in Widersprüche über die Herkunft dieser Dokumente und wird hauptsächlich deswegen prozessiert. In jedem Fall steht die Schwere seines Fehlverhaltens in keinem Vergleich zu den Taten von Paolo Gabriele. Die Richter betrachten ihn nicht als Komplizen des Kammerdieners. Und sie halten es für wahrscheinlich, dass Sciarpelletti mit einer milden Strafe davonkommt, bis hin zum Freispruch."

In Paolo Gabrieles Wohnung fanden die Beamten hingegen nicht nur „Massen von Dokumenten" – viele von ihnen standen nicht in Bezug zum Datenschwund -, sondern sogar Geschenke an den Papst wie einen Scheck über 100.000 Euro, ein Goldstück und ein wertvolles Buch aus dem 16. Jahrhundert.

„Gabriele hat dies in der Vernehmung mit der großen Unordnung in seiner Wohnung begründet. Zu dem Buch sagte er, er habe den Papstsekretär Gänswein gebeten, es einem Literaturlehrer seiner Kinder zeigen zu dürfen, und es deshalb mitgenommen."

Zwei psychiatrische Gutachten, die der Generalstaatsanwalt und Gabrieles Anwälte unabhängig voneinander beantragt hatten, bescheinigten dem Kammerdiener schwere seelische Probleme. Paolo Gabriele hatte erklärt, er habe mit der Weitergabe der vertraulichen Papiere dem Vatikan helfen wollen.

„Es gibt da einen fast tragischen Widerspruch zwischen der erklärten Absicht, Gutes zu tun, und einer objektiven Schwere der vollbrachten Tat. Da gibt es das persönliche Interesse Gabrieles, er selbst spricht von seinem Interesse für Geheimdienste und seiner Leidenschaft, Dokumente zu sammeln und dergleichen. Die psychiatrischen Gutachten helfen, diesen Widerspruch zu verstehen und einzuordnen."

In dem vom Justizpromotor angeforderten Gutachten liest sich das so: „Paolo Gabrieles Persönlichkeit ist fragil und unsicher und zeichnet sich durch ein tiefes Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Zuneigung durch andere aus". Dennoch wird Gabriele Schuldfähigkeit bescheinigt. Anders das Gutachten der Anwälte, das zum Schluss kommt, der Kammerdiener sei aufgrund seiner seelischen Störung nicht gerichtlich belangbar; der Untersuchungsrichter schloss sich dieser Beurteilung allerdings nicht an.

Mit der Aufnahme des Prozesses gegen die beiden Angeklagten sind die Ermittlungen über die Affäre „Vatileaks" keineswegs abgeschlossen, betonte Lombardi. Die Richter hätten bei ihren Untersuchungen eine Reihe wichtiger Hinweise erhalten, wie es zu dem Datendiebstahl und der folgenden Veröffentlichung in Buchform und im Internet kommen konnte, und würden ihnen nachgehen, erklärte der Vatikansprecher. Papst Benedikt sei an einer kompletten Aufklärung der Causa gelegen.

Unter Verschluss bleibt vorerst der Bericht der dreiköpfigen Kardinalskommission, die Papst Benedikt im März mit parallelen Ermittlungen im Vatikan beauftragt hatte. Die Kardinäle hatten ebenfalls ein langes Gespräch mit Paolo Gabriele. Der Kammerdiener schickte dem Papst über die Kardinalskommission einen Brief, in dem er seinen früheren Dienstherren um Vergebung bat, bestätigte Lombardi. Papst Benedikt könne Gabriele jederzeit begnadigen, indem er in das Verfahren eingreift, wahrscheinlich sei das aber nicht, sagte der Vatikansprecher.

„Wenn der Papst Gabriele begnadigen will, wird er wohl zuerst das Urteil des Gerichts abwarten, sonst gibt es Verwirrung."

Prozessauftakt für die beiden Angeklagten wird voraussichtlich im Herbst dieses Jahres sein. Die Verhandlungen sind nach Vatikanrecht öffentlich. (rv)

Vatikan: Kammerdiener bittet um Vergebung

Der frühere päpstliche Kammerdiener Paolo Gabriele hat Benedikt XVI. nach Informationen der italienischen Tageszeitung „Corriere della Sera" um Vergebung gebeten. Gabriele versichere in einem persönlichen Brief auch, dass er keine Komplizen gehabt habe, berichtet die Zeitung am Dienstag unter Berufung auf dessen Anwalt. Der Brief sei der Kardinalskommission übergeben worden, die mit Ermittlungen in der Affäre „Vatileaks" beauftragt ist. Gabriele, der seit einigen Tagen aus der Vatikan-Haft in Hausarrest entlassen wurde, soll vertrauliche Schreiben aus den Privaträumen des Papstes gestohlen und weitergegeben haben. Der Anwalt sagte der Zeitung, sein Mandant habe persönlich entschieden, den Brief an den Papst zu schreiben. Mit dem Erhebungsverfahren gegen ihn habe dieser Entschluss nichts zu tun. Zugleich betonte Fusco, der Vatikan habe Gabriele nie beschuldigt, planvoll gemeinsam mit anderen Vertrauten des Papstes gehandelt zu haben. (rv)

Ex-Kammerdiener soll allein gehandelt haben

Paolo Gabriele ist vorläufig aus der Haft entlassen und unter Hausarrest gestellt worden. Das teilte Vatikansprecher Federico Lombardi am Samstagabend vor Journalisten mit. Der ehemalige päpstliche Kammerdiener saß fast zwei Monate in einer vatikanischen Arrestzelle ein, weil er möglicherweise Geheimdokumente vom Schreibtisch Papst Benedikts gestohlen und weitergegeben hat. Gabriele befindet sich nun provisorisch auf freiem Fuß, wie Lombardi bei der Pressekonferenz erläuterte.

„Der vatikanische Untersuchungsrichter Piero Bonnet hat nach einer abschließenden Befragung entschieden, den Beschuldigten nach 60-tägigem Gefängnisaufenthalt unter Hausarrest zu stellen. Die vatikanische Justiz muss nun in den nächsten Tagen entscheiden, ob sie ein förmliches Verfahren gegen Gabriele eröffnet oder den Fall zu den Akten legt. Die von Benedikt XVI. eingesetzte Kommission der Kardinäle, die die Hintergründe des Falles untersucht, hat ihre Befragungen und Nachforschungen ebenfalls abgeschlossen."

Der – vertrauliche – Abschlussbericht der Kardinäle liegt Papst Benedikt bereits seit mehreren Tagen vor, sagte Lombardi. Dass Paolo Gabriele weder Hintermänner im Vatikan noch außerhalb hatte, das bekräftigte einer der beiden Anwälte des früheren Kammerdieners, Carlo Fusco, im vatikanischen Pressesaal.

„Paolo Gabriele hat aus rein persönlichen, inneren Motiven gehandelt, aus Liebe zum Papst und um diesem zu helfen. Mein Mandant hat allein gehandelt, er gehört nicht zu einem Netzwerk oder zu einer inner- oder außer-vatikanischen Verschwörung. Und Gabriele hat weder Geld noch sonstige persönliche Vorteile erhalten. Zudem hat er seit seiner Verhaftung umfassend mit der vatikanischen Justiz kooperiert."

In den vergangenen Monaten waren Dutzende teils brisante Dokumente aus dem Vatikan an die Öffentlichkeit gelangt, so zu einem angeblichen Mordkomplott gegen Papst Benedikt oder über das Finanzgebaren der Vatikanbank IOR. Ein Gerichtsverfahren gegen den ehemaligen Butler würde frühestens im Herbst beginnen, informierte Lombardi. Laut Vatikangesetz wäre ein solches Verfahren öffentlich. Sollte Gabriele des schweren Diebstahls für schuldig befunden werden, drohen ihm bis zu acht Jahre Haft. Vorerst wird sich das Leben des dreifachen Familienvaters in sehr engen Kreisen abspielen. Lombardi:

„Paolo Gabriele wird nun mit seiner Familie wohnen. Er darf sein im Vatikanstaat gelegenes Haus aber nur verlassen, um zum Gottesdienst zu gehen." (rv)

Ex-Kammerdiener bleibt weiterhin in Haft

Der ehemalige Kammerdiener des Papstes, Paolo Gabriele, bleibt noch für weitere Tage in Untersuchungshaft. Das hat Vatikansprecher Pater Federico Lombardi an diesem Donnerstag vor Journalisten im Vatikan bekanntgegeben. An diesem Donnerstag sind die von der vatikanischen Gesetzgebung festgelegten 50 Tage abgelaufen, die bei einer Untersuchungshaft gelten. Lombardi sagte dazu wörtlich:

„Der Untersuchungsrichter muss noch einige Zeugen vernehmen, und das geschieht in den nächsten Tagen. Zum Abschluss dieser Phase wird dann nochmals Gabriele vernommen. Wir rechnen damit, dass diese Untersuchungsphase in zehn Tagen abgeschlossen wird."

Lombardi sprach auch über den Gesundheitszustand des ehemaligen Kammerdieners:

„Es geht ihm gut. Er fühlt sich auch nicht psychologisch unter Druck gesetzt, wie einige Medien in den letzten Tagen gemutmaßt haben. Sein Anwalt hat mir das bestätigt und gesagt, dass Gabriele viel bete und ruhig sei."

Paolo Gabriele bleibe weiterhin der einzige Verdächtige, so Lombardi. Weitere mögliche Komplizen seien derzeit nicht bekannt. Es seien im Übrigen keine Journalisten verhört worden, wie einige italienische Medien am Mittwoch geschrieben hatten. Was die Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden betrifft, sagte Lombardi:

„Wir haben gegenüber dem italienischen Staat oder italienischen Behörden keine Rechtshilfegesuche gestellt. Das scheint im Augenblick nicht nötig zu sein."

Lombardi bestätigte, dass ein möglicher Prozess gegen Gabriele erst nach dem Sommer beginnen würde. (rv)

Päpstlicher Kammerdiener im Verdacht

In der Affäre um die Weitergabe vertraulicher Vatikan-Dokumente ist der Kammerdiener von Papst Benedikt XVI. festgenommen worden. Vatikansprecher Federico Lombardi bestätigte die Verhaftung des 46-jährigen Paolo Gabriele am Samstag in einer Mitteilung. Der Hausangestellte befindet sich bereits seit vergangenem Mittwochabend in Haft. Er habe zwei Anwälte benannt und sich mit diesen beraten, so der Vatikansprecher.

Die erste Phase der Erhebungen gegen Gabriele ist nach Angaben von Lombardi bereits abgeschlossen. Durchgeführt wurde sie vom vatikanischen Generalstaatsanwalt Nicola Picardi. Derzeit sei der Untersuchungsrichter Piero Antonio Bonnet am Zug. Die Ermittlungsphase diene dazu, ein angemessenes Gesamtbild der Lage zu erhalten. Danach werde der Untersuchungsrichter den Kammerdiener entweder freilassen oder ein Hauptverfahren eröffnen.

Vor Journalisten erklärte Vatikansprecher Lombardi, bei den Nachforschungen sei nicht von „kurzen Fristen" auszugehen. Welche weiteren Fragen dabei auftauchten, sei ungewiss. So fragen sich beispielsweise etliche Beobachter, ob es noch weitere Verdächtige in der Affäre um die Weitergabe vertraulicher Vatikan-Dokumente gibt. Lombardi ließ anklingen, dass mit der Verhaftung des Kammerdieners noch nicht der Abschluss der Affäre erreicht sei. Bisher sei ausschließlich die vatikanische Justiz mit dem Fall befasst. Der tatverdächtige Kammerdiener wohne auf vatikanischem Staatsgebiet, daher unterliege er „vollständig den vatikanischen Justiznormen".

Der Vatikan habe die Verhaftung erst nach Abschluss der Vorermittlungen bestätigten wollen, erläuterte der Vatikansprecher. Die Festnahme Gabrieles habe im Vatikan „Erstaunen und Schmerz" ausgelöst. „Alle im Vatikan kannten ihn, es gibt großes Mitgefühl mit seiner Familie", betonte Lombardi. Er hoffe, dass die Familie des Mannes „diese Prüfung überstehen" könne.

Der 46-jährige lebte mit seiner Frau und den drei Kindern in einer Wohnung im Vatikanstaat. Er arbeitete seit 2006 als Kammerdiener für Benedikt XVI. Neben vier Ordensfrauen und den beiden Privatsekretären Georg Gänswein und Alfred Xuereb war Gabriele einer der wenigen Vertrauten, die Zugang zu den Privaträumen des Papstes hatten.

In den vergangenen Monaten waren immer wieder interne Dokumente an italienische Medien weitergegeben worden, in denen es unter anderem um Korruptionsvorwürfe ging. Einige davon sind in dem Buch „Sua Santità" („Seine Heiligkeit") von Gianluigi Nuzzi abgedruckt, das vor einer Woche in Italien erschien. Unter den Dokumenten, die dem Autor zugespielt wurden, sind unter anderem streng geheime und private Briefe des Papstes. Der Vatikan bezeichnete die Veröffentlichung als kriminellen Akt.

Nach ersten Enthüllungen im Januar hatte Benedikt XVI. im April eine Untersuchung der „Vatileaks"-Affäre angeordnet und eine Kommission von Kardinälen unter der Leitung des „Innenministers" des Heiligen Stuhles, Erzbischof Angelo Becciu, mit den Ermittlungen betraut. Im Fokus der Korruptionsvorwürfe stand zumeist das vatikanische Geldinstitut IOR, dessen Präsident Ettore Gotti Tedeschi am Donnerstag zurücktrat. Zuvor hatte ihm der Aufsichtsrat einstimmig das Misstrauen ausgesprochen. Der Vatikan teilte mit, Gotti Tedeschi habe nicht den „grundlegenden Anforderungen" seines Amts genügt. Als Interimschef wurde sein bisheriger Stellvertreter, der Deutsche Ronaldo Hermann Schmitz ernannt. (rv)