Kardinalsrat K9: Neue Kurienordnung verabschiedet

Zum Abschluss der jüngsten Beratungsrunde des Kardinalsrates K9 gab der Pressesprecher Greg Burke bekannt, dass der Entwurf einer neuen Kurienordnung verabschiedet wurde.

Vaticanhistory – Martin Marker

Der Kardinalsrat tagte vom 11. bis 13. Juni. Das Treffen war die 25. Beratungsrunde des Beratungsgremiums des Papstes. Das vorläufig verabschiedete Dokument trägt den Namen Praedicate Evangelium“ (Predigt das Evangelium) und soll dem Papst zur Begutachtung und weiteren Bearbeitung vorgelegt werden. Es wird die aus dem Jahr 1988 stammende Apostolische Konstitution „Pastor Bonus“ ablösen und regelt die Struktur der künftigen römischen Kurie.

Nach Aussage von Greg Burke fehlte bei den Beratungen nur Kardinal George Pell, dieser hat sich derzeit in Australien vor Gericht wegen Missbrauchsfällen zu verantworten. Seit Gerichtsbeginn darf Pell Australien nicht mehr verlassen und kann weder an den Beratungen des Kardinalsrates teilnehmen noch seine Tätigkeit als Präfekt des vatikanischen Wirtschaftssekretariats wahrnehmen. Pell ist seit Juni 2017 von seinen Ämtern durch Papst Franziskus beurlaubt.

Neben den Beratungen zur Kurienordnung referierte Kardinal Sean Patrick O’Malley über die von ihm geleitete päpstliche Kinderschutzkommission. Laut Greg Burke bleiben die Mitgliedschaften im Kardinalsrat auch über die sonst im Vatikan übliche Amtszeit von fünf Jahren hinaus bestehen. Die nächste Beratungsrunde des Kardinalsrates findet vom 10. bis 12. September im Vatikan statt. (vh – mm)

Vatican News: Kardinal Pell bleibt vorerst beurlaubt

Der Heilige Stuhl nimmt die Entscheidung der Justiz in Australien gegenüber Kardinal George Pell zur Kenntnis. Als vatikanischer Finanzchef bleibt der Australier, der sich in seiner Heimat gegen Missbrauchsvorwürfe verteidigt, im Amt, ist aber weiterhin beurlaubt.

Das steht in einer knappen Mitteilung des Direktors des vatikanischen Pressesaals Greg Burke von diesem Dienstag. Letztes Jahr habe Papst Franziskus dem Kardinal eine Auszeit genehmigt, um sich von den Vorwürfen reinzuwaschen. „Diese Verfügung bleibt gültig“, heißt es in dem Statement.

Ein Gericht in Melbourne hatte am Dienstag nach umfangreichen Voruntersuchungen entschieden, dass gegen den Kardinal ein Prozess wegen Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs eröffnet wird. Pell steht der Anklage zufolge im Verdacht, in den 1970er bis 1990er Jahren als Priester und Bischof in Australien mehrere Jungen belästigt zu haben.

Kardinal Pell ist Präfekt des vatikanischen Wirtschaftssekretariates, das Papst Franziskus zur Kontrolle der Ausgaben und der Geldflüsse im Vatikan eingerichtet hatte. Überdies berief der Papst den australischen Kardinal in den „K9“ genannten Kardinalsrat, der ihn bei der Vorbereitung der Kurienreform unterstützt. (vatican news – gs)

Prozess gegen Paolo Gabriele: Hintergründe zum Gerichtsverfahren

Drei Monate bis vier Jahre für schweren Diebstahl – dieses Strafmaß im Fall eines Schuldspruches wartet auf Paolo Gabriele in dem Prozess um die Affäre „Vatileaks", der an diesem Samstag beginnen wird. Giovanni Giacobbe, Staatsanwalt beim vatikanischen Berufungsgericht und damit nicht im aktuellen Prozess involviert, führte in einer Pressekonferenz an diesem Donnerstag in das vatikanische Prozessrecht und den technischen Ablauf des Prozesses ein. Was das Strafmaß betrifft, war in früheren vatikanischen Pressebriefings stets von sechs Jahren, in besonders schweren Fällen acht Jahren Haft für schweren Diebstahl die Rede gewesen.

Der Ablauf werde von der Strafprozessordnung des Vatikan geregelt. So seien etwa die Prozesse am Vatikan-Tribunal öffentlich. Im Unterschied zu anderen Prozessordnungen aber gebe es keine direkte Befragung: Verteidigung und Staatsanwaltschaft richten ihre Fragen vielmehr an den vorsitzenden Richter, der sie dann an den Angeklagten richtet. Ebensowenig muss sich der Angeklagte zu Beginn schuldig oder nicht schuldig bekennen, und er muss auch keinen Eid ablegen, die Wahrheit zu sagen, im Unterschied zu den Zeugen, die diesen Eid leisten müssen. Der Angeklagte muss nicht bei allen Sitzungen anwesend sein, hat aber das Recht auf einen Anwalt, der ihm gegebenenfalls auch gestellt wird. Bei den Statements hat der Angeklagte außerdem das Recht auf das letzte Wort.

Das Strafmaß wird in einem eigenen Prozess verhandelt, nachdem der Schuldspruch gefällt ist. Danach können beide Parteien in die Berufung gehen. Sollten eine Verurteilung und eine Haftstrafe rechtskräftig werden, dann würde der Verurteilte diese in Italien absitzen, so sehen es die Verträge zwischen Italien und dem Vatikan vor.

Die Zeugen, die der Ermittlungsrichter während der vorausgehenden Untersuchung gehört hat und deren Aussage in die Anklageerhebung eingegangen ist, können auf Veranlassung von Staatsanwaltschaft oder Verteidigung erneut vom Gericht vorgeladen werden. Es können aber auch weitere Zeugen, die bisher nicht ausgesagt haben, geladen werden. Bei alldem geht es darum, die Anklage zu belegen oder zu widerlegen, was auch für das Geständnis der Angeklagten gelte.

Angeklagter muss keinen Eid ablegen

Der Prozess finde weitgehend nach dem Recht des Staates Italien statt, erklärte Giovanni Giacobbe. Durch das Konkordat, das 1929 den Staat der Vatikanstadt errichtete, ging dieses Recht in vatikanisches Recht ein. Darüber hinaus hat der Vatikan selber Prozessvorschriften und Gesetze erlassen. Vor allem gelten aber die Rechte des Papstes. Dieser könne nicht direkt in den Prozess eingreifen in dem Sinn, dass er ihm eine bestimmte Richtung gebe, er habe aber alle Rechte, die einem Staatsoberhaupt zukommen, wie etwa das der Begnadigung.

Der Prozess findet im Staat der Vatikanstadt statt, die Richter sind Laien: Sie sind nicht Teil der Hierarchie der Kirche und damit von der Leitung der Kirche unabhängig. Nie sei es ihm selber in seiner Praxis begegnet, dass Druck ausgeübt worden sei, so der Staatsanwalt des vatikanischen Berufungsgerichtes.

Ergebnisse der Kardinalskommission spielen im Prozess keine Rolle

Die interne Untersuchung im Vatikan, die von drei Kardinälen durchgeführt wurde, könne nicht Gegenstand der Verhandlungen werden, erklärte Giacobbe; hier werde die Trennung zwischen Leitung der Weltkirche – dem Heiligen Stuhl – einerseits und Staat der Vatikanstadt andererseits wirksam. Das Tribunal habe also nicht die Autorität, von der Weltkirche die Vorlage von Dokumenten zu verlangen. Die Kardinalskommission hat das Ergebnis ihrer internen Untersuchung dem Papst übergeben, veröffentlicht wurde ihr Bericht aber bisher nicht.

Durchschnittlich fänden etwa 30 Prozesse pro Jahr im Vatikan statt; bei den meisten handele es sich um kleinere Delikte wie etwa Diebstähle auf dem Petersplatz. Der letzte aufsehenerregende Prozess wäre der gegen den mutmaßlichen Mörder des Kommandanten der Schweizergarde Alois Estermann und seiner Frau 1998 gewesen, er fand allerdings nicht statt, weil sich der Tatverdächtige offenbar unmittelbar nach dem Mord selbst das Leben nahm, weswegen es zwar zu einer Untersuchung, aber nicht zu einer Anklageerhebung kam. Auch der Fall einer Schweizerin, die 2009 bei der Christmette im Petersdom den Papst attackierte, wurde vor dem Vatikangericht verhandelt. Das Verfahren kam zum Erliegen, weil die Frau einem Gutachten zufolge unzurechnungsfähig war.

Vor dem Vatikan-Tribunal müssen sich ab diesem Samstag zwei italienische Laien-Bedienstete verantworten, der frühere päpstliche Kammerdiener Paolo Gabriele und der Informatiker Claudio Sciarpelletti. Der erstere ist des schweren Diebstahls angeklagt, der zweitere der Begünstigung. Gabriele soll Dutzende vertrauliche Dokumente aus dem Vatikan gestohlen, kopiert und nach außen getragen haben. Sciarpelletti, der nach bisherigem Erkenntnissstand nicht als „Komplize" gelten kann, hatte sich bei Angaben über die Herkunft eines Umschlags mit solchen Dokumenten in Widersprüche verstrickt. (rv)