Chile: Kirche begrüßt Missbrauchs-Untersuchung durch Papst

Die Bischöfe begrüßen die Entscheidung des Papstes, seinen erfahrensten Missbrauchs-Ankläger nach Chile zu schicken, um die Vorgänge um Bischof Barros aufzuklären.

Stefan von Kempis und Christine Seuss – Vatikanstadt.

Das beweise, „dass die Papstreise nach Chile für ihn auch eine Haltung des echten Zuhörens und der Nähe zur Realität und zu den Herausforderungen der Gesellschaft und der Kirche in Chile“ bedeutet habe. Das schreiben die Bischöfe in einer Erklärung auf ihrer Webseite.

Wie der Vatikan am Dienstag bekanntgab, wird der maltesische Erzbischof Charles Scicluna auf Bitten des Papstes nach Chile reisen. Er solle „diejenigen anhören, die den Wunsch hätten, Elemente vorzulegen, die sich in ihrem Besitz befinden“, heißt es in einer Mitteilung aus dem Vatikan. Scicluna ist Vorsitzender der Einheit, die an der Glaubenskongregation für die Untersuchung von schwerwiegenden Delikten wie Kindesmissbrauch durch Kleriker zuständig ist. Franziskus hatte die Stelle vor vier Jahren eingerichtet.

Der Papst reagierte mit diesem Schritt auf einen Sturm der Entrüstung, den seine Verteidigung des chilenischen Bischofs Juan Barros ausgelöst hatte. Barros wird vorgeworfen, von Missbrauch durch seinen Freund und Mentor, Pater Fernando Karadima, in dessen Pfarrei gewusst zu haben, diesen aber stillschweigend geduldet zu haben. Der „Fall Karadima“, der im Jahr 2004 öffentlich wurde, hat die Kirche in Chile schwer getroffen, noch immer ist sie mit der Aufarbeitung beschäftigt.

Barros selbst ließ am Dienstag in einer kurzen Erklärung wissen, er nehme „alles, was der Papst anordnet, mit Glauben und Freude auf“. Er bete darum, „dass die Wahrheit aufleuchten möge“.

Papst Franziskus hatte bei seiner jüngsten Lateinamerika-Reise große Anerkennung dafür erhalten, dass er bei seiner ersten Ansprache auf chilenischem Boden für sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche um Verzeihung gebeten hatte. Nur wenig später jedoch hatte er Opfer damit vor den Kopf gestoßen, dass er Vorwürfen gegen Barros eine Absage erteilt und diese als „Verleumdungen“ bezeichnet hatte. Er werde erst über den Fall reden, wenn es „Beweise“ gegen Barros gebe, hatte der Papst gegenüber Journalisten gesagt. Nach öffentlicher Kritik auch durch den Vorsitzenden der vatikanischen Kinderschutzkommission Kardinal Sean O´ Malley hatte sich der Papst auf dem Rückflug nach Rom für seine Wortwahl entschuldigt. (vatican news)

China-Konflikt: Kardinal Parolin verschleiert die Fakten

Nach dem kläglichen Versuch des Pressesprechers des Heiligen Stuhls, Greg Burke, die Vorwürfe von Kardinal Zen Ze-kiun zur China-Diplomatie zu entkräften hat sich nun der Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin in der italienischen Zeitung La Stampa zu Wort gemeldet.

Vatican News berichtet heute in Auszügen des Interviews auf seiner Webseite mit der Überschrift „China: Kardinal Parolin antwortet auf Kardinal Zen“.

Doch was hier von Vatican News als sogenannte „Antwort“ tituliert wird, ist bestenfalls ein erneuter Versuch die Tatsachen zu verschleiern und Kardinal Zen Ze-kiun zu diffamieren. Bezeichnenderweise erwähnt Parolin im gesamten Interview Kardinal Zen Ze-kiun an keiner einzigen Stelle namentlich.

Parolin versuchte in dem Original-Interview „langatmig“ den pastoralen Weg des Vatikans in den Verhandlungen mit der Regierung in Peking, zu rechtfertigen. Der schwierige Dialog mit Peking stehe jedoch immer unter dem Wohl der unterdrückten Christen in dem asiatischen Land, betonte er.

Parolin wörtlich:

„Ich glaube, dass es keinen persönlichen Standpunkt gibt, von dem aus jemand exklusiv beurteilen könnte, was gut ist für die Katholiken in China. Wir brauchen mehr Demut und einen Geist des Glaubens – auch mehr Vorsicht und Mäßigung, um nicht in Polemik zu verfallen, die Gemeinschaft verletzt und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft blockiert“.

Scheinbar spricht der Staatssekretär der grauen Eminenz der Untergrundkirche von China, Kardinal Zen Ze-kiun, durch die Blume, jegliches Urteilsvermögen ab. Nach dem Motto:

„Was für die Katholiken in China gut ist, kann nur der Heilige Stuhl beurteilen“.

Ferner führt Kardinal Parolin an:

„Die Katholiken haben in China vielleicht stärker als anderswo trotz aller Schwierigkeiten und Leiden das authentische Glaubensgut zu bewahren gewusst, indem sie an der Gemeinschaft mit dem Papst festgehalten haben. Hauptziel unseres Dialogs ist es, die Gemeinschaft in der Kirche aufrecht zu erhalten“.

Parolin geht in seinen Ausführungen an keiner Stelle auf die Forderung des Vatikans ein, die rechtmäßigen Untergrundbischöfe sollten von sich aus Zurücktreten und so den Weg freimachen für die regimetreuen exkommunizierten Bischöfe Pekings. Der Vatikan verschleiert weiterhin seine Vorgehensweise in der Volksrepublik China. (vh)

Papst schickt Sonderermittler nach Chile im Fall von Bischof Barros

VATIKANSTADT – Nachdem er jüngst seine Unterstützung für einen chilenischen Bischof bekräftigt hat, der beschuldigt wird, sexuellen Missbrauch vertuscht zu haben, hat Papst Franziskus nun einen Delegierten ernannt, der „neue Informationen“ zum Fall untersuchen soll.

Wie der Vatikan am heutigen Dienstag mitteilte, „hat der Papst Erzbischof Charles J. Scicluna von Malta gebeten, nach Bekanntwerden einiger Informationen über den Fall von Juan de la Cruz Barros Madrid, nach Santiago zu reisen“. Dort soll Erzbischof Scicluna sich mit Personen treffen, die „Dinge übermitteln“ wollen, so der Heilige Stuhl.

Zusätzlich zu seiner Hirtenrolle in Malta wurde Erzbischof Scicluna im Jahr 2015 vom Papst mit der Aufsicht über die Bearbeitung der Beschwerden von Geistlichen betraut, die vor der Kongregation für die Glaubenslehre des Missbrauchs angeklagt sind. Scicluna ist weithin bekannt für seine kirchenrechtliche Expertise im Umgang mit Vorwürfen sexuellen Missbrauchs.

Die Entscheidung des Papstes, Erzbischof Scicluna nach Santiago zu schicken folgt der andauernden Kontroverse über Bischof Barros, die im Zuge des Verhaltens und der Äußerungen von Papst Franziskus im Rahmen seiner Chile-Reise vom 15.-18. Januar weiter eskaliert ist.

Vier Opfer sexuellen Missbrauchs des überführten Kinderschänders Fernando Karadima beschuldigen Barros, von den Verbrechen seines langjährigen Freundes und Mentors gewusst zu haben. Ihre Aussagen sind öffentlich wiederholt publiziert und bekräftigt worden.

Karadima, der einst eine Laienbewegung leitete, wurde 2011 in einem vatikanischen Prozess wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen verurteilt. Im Alter von 84 Jahren wurde er zu einem Leben in Gebet und Einsamkeit verurteilt.

Barros, der seine Unschuld beteuert, ist seit seiner Ernennung zum Diözesanbischof von Osorno im Jahr 2015 in dieser Rolle umstritten. Papst Franziskus verteidigt Barros seit Jahren.

Während seines Besuches in Chile vom 15. bis 18. Januar traf Papst Franziskus auch mit Missbrauchsopfern zusammen. Als er jedoch am letzten Tag im Land von Journalisten über Barros befragt wurde, sagte er:

„An dem Tag, an dem sie mir Beweise gegen Bischof Barros bringen, werde ich sprechen“, und weiter: „Es gibt keinen einzigen Beweis gegen ihn. Das ist alles Verleumdung. Ist das klar?“

Die Aussagen des Papsts in Chile waren international auf heftigen Widerstand gestoßen. Kritiker warfen Franziskus vor, seine Aussagen seien Opfern gegenüber unsensibel.

Der derzeitige Präsident der Kinderschutzkommission des Vatikans bezeichnete die Worte des Papstes als schmerzhaft und befremdlich für Opfer des sexuellen Missbrauchs durch Geistliche. Kardinal Sean O’Malley, Erzbischof von Boston und einer von neun Mitgliedern des Kardinalrates des Papstes, gab am 20. Januar eine Erklärung ab. Darin heißt es:

„Es ist verständlich, dass die Äußerungen von Papst Franziskus (…) eine Quelle großer Schmerzen für Überlebende sexuellen Missbrauchs durch Geistliche oder andere Täter waren“.

Daraufhin präzisierte der Papst auf dem Rückflug von Lateinamerika seine Aussagen, und entschuldigte sich dafür, Opfer möglicherweise verletzt zu haben, sagte aber weiterhin, es gebe keine Beweise gegen Barros.

Der Bischof selber wiederum hat wiederholt darauf bestanden, dass er nichts von den Misshandlungen wusste

Er bestand darauf, dass der Fall von Barros „studiert wurde, dass er neu studiert wurde und dass es keine Beweise gibt … Das wollte ich sagen. Ich habe keine Beweise, um ihn zu verurteilen. Und wenn ich ihn ohne Beweise oder ohne moralische Gewissheit verurteile, würde ich das Verbrechen eines schlechten Richters begehen. „

„Wenn eine Person kommt und mir Beweise gibt“, sagte er, „bin ich die erste, die ihm zuhört. Wir sollten gerecht sein „. (CNA Deutsch)

Heiliger Stuhl: Kläglicher Versuch der Rechtfertigung in der China-Diplomatie

Welches Spiel treibt die vatikanische Diplomatie in der Volksrepublik China? Offenbar opfert der Vatikan rechtmäßige katholische Bischöfe der Politik des Papstes. Oder handelt der Vatikan ohne Wissen des Pontifex? Wohl eher nicht.

Was derzeit hinter den Kulissen der chinesisch-vatikanischen Politik abläuft, ist haarsträubend. Da werden durch den Papst in China eingesetzte Untergrundbischöfe, durch den Vatikan, zum Rücktritt aufgefordert. Da reist sogar eine vatikanische Delegation nach Peking unter der Leitung von Kurienerzbischof Maria Celli, dem ehemaligen Präsidenten des päpstlichen Rates für die sozialen Kommunikationsmittel, und forderte zwei Bischöfe zum Rücktritt auf. Hintergrund der Maßnahmen ist das Vorantreiben diplomatischer Beziehungen des Heiligen Stuhl mit dem kommunistischen Regime der Volksrepublik China, oder um genauer zu sein, rechtmäßige Bischöfe der katholischen Kirche aufzufordern, zugunsten von exkommunizierten und unrechtmäßigen Bischöfen des chinesischen Staatsapparates zum Rücktritt zu bewegen.

Quelle: Bulletin (Screenshot vom 30. Januar)

Diese Machenschaften sollten sicherlich geheim und ohne großes Aufsehen in der Öffentlichkeit abgewickelt werden. Doch nach dem Appelle der Untergrundkirche an den Heiligen Stuhl ohne Erfolg blieben, machte der chinesische emeritierte Bischof von Hongkong Kardinal Zen Ze-kiun diese unglaublichen Machenschaften öffentlich. AsiaNews veröffentlichte am 22. Januar die Details zum Fall.

 

Durch die Veröffentlichung Zens ist der Heilige Stuhl in Erklärungsnotstand geraten. Vatican News, das offizielle Organ des Vatikans, hatte nach publik werden der Meldung von AsiaNews lediglich Fakten dessen Berichts in verkürzter Form auf der eigenen Website wiedergegeben.

Gestern kam dann die erste offizielle Meldung des Presseamtes des Heiligen Stuhls in Form eines Bulletin. Die Erklärung des Direktors des Pressezentrums, Greg Burke vom 30.01.2018 lautet wie folgt:

„In Bezug auf die verbreiteten Nachrichten über eine angebliche Nichtübereinstimmung von Gedanken und Handlungen zwischen dem Heiligen Vater und seinen Mitarbeitern in der römischen Kurie zu chinesischen Fragen kann ich folgendes erklären: Der Papst steht in ständigem Kontakt mit seinen Mitarbeitern, insbesondere dem Staatssekretariat, und wird in chinesischen Fragen von ihnen in einer getreuen und detaillierten Weise über die Situation der katholischen Kirche in China und über die Schritte des fortwährenden Dialogs zwischen dem Heiligen Stuhl und der Volksrepublik China, die er mit besonderer Sorgfalt begleitet, informiert. Es ist überraschend und bedauerlich, dass das Gegenteil von Personen der Kirche behauptet, und somit Verwirrung und Polemik genährt wird“.

Das Bulletin des Staatssekretariats ist vorsichtig ausgedrückt:

„Ein kläglicher Versuch der Rechtfertigung“.

Greg Burke geht mit keinem Wort auf die Vorwürfe Kardinal Zen Ze-kiuns bezüglich der Rücktrittsforderungen der Untergrundbischöfe ein, ja er unterschlägt sogar Titel und Namen und nennt Kardinal Zen Ze-kiun, eine „Person der Kirche“. Oder meint er vielleicht hintergründig „Persona non grata“, weil Kardinal Zen Ze-kiun die Wahrheit ans Tageslicht gebracht hat? Der Kardinal hatte in der Vergangenheit mehrfach vor dem Regime in China gewarnt. Die Diplomatie des Heiligen Stuhls geht im Fall der rechtmäßigen Bischöfe der Kirche Chinas einen beschämenden Weg und die brennende Frage, wer diese Vorgehensweise letztlich zu verantworten hat, bleibt weiterhin vollkommen offen. (vh)

„Veritatis gaudium“: Was will der Papst von katholischen Unis? Ein Interview

Dialogfähig sein und den Mut haben, für das Gemeinwohl neue Wege zu suchen: das soll man in Zukunft an katholischen Universitäten und Fakultäten lernen können, wie Papst Franziskus in „Veritatis gaudium“ festschrieb. Wir sprachen darüber mit Pater Friedrich Bechina, Untersekretär der vatikanischen Bildungskongregation.

Vatican News: Der Papst spricht im Vorwort zur neuen Apostolischen Konstitution „Veritatis gaudium“ von einer umfassenden anthropologischen und sozio-ökologischen Krise, er nennt globale Probleme wie Umweltverwüstungen, aber auch Finanzkrisen. Kirchliche Unis und Fakultäten hätten vor diesem Hintergrund die Aufgabe, eine neue Führungsgeneration auszubilden, die solche Probleme lösen kann. Welche Schlüsselqualifikationen braucht es hier – oder andersherum gefragt: was fehlt den heutigen Entscheidern, die globale Probleme bisher nicht lösen konnten?

Bechina: Zunächst müssen wir hier unterscheiden: Wenn eine Apostolische Konstitution den kirchlichen Fakultäten – also theologischen und philosophischen, kirchenrechtlichen und anderen spezialisierten Fakultäten – einen Auftrag gibt, dann ist das auch ein Auftrag an die Kirche ad intra. Es trifft hier sicher auch die innerkirchliche Leadership-Frage, aber es ist eine Entwicklung der vergangenen 50 Jahre, durch das Engagement des Heiligen Stuhls auch in einer breiteren Öffentlichkeit und in der Gesellschaft das Spektrum zu erweitern. Man darf hier durchaus beides sehen: die Frage nach kirchlicher Leadership und die Frage nach Leaderships für die Gesellschaft insgesamt. Da spielen die kirchlichen Fakultäten eine wichtige Rolle.

Vatican News: Und die gefragten Schlüsselqualifikationen?

Bechina: Bei den Qualifikationen, die hier vermittelt werden sollen, so denke ich, geht es um die Fähigkeit, aus dem Evangelium heraus eine Vision zu verbreiten und für das Reich Gottes einzustehen. Dieses Fürs-Gute-Einsetzen gilt auch für die politische Seite. Um das umsetzen zu können, braucht es konkrete Fähigkeiten. Eine, die in dem Dokument genannt wird, ist die Dialogfähigkeit. Und zwar 360 Grad, im ganzen Spektrum! Das ist nicht nur der ökumenische Dialog, der bereits in „Sapientia christiana“ genannt wurde. Es geht auch um den innerkirchlichen Dialog, den Dialog in einer polarisierten Gesellschaft, den Dialog in einer manchmal polarisierten Kirche. Diese Dialogfähigkeit steht an erster Stelle unter den Kompetenzen. Das zweite, das genannt wird, ist die Inter- und Transdisziplinarität. Das ist auch eine Aufforderung gegen jegliche Selbstbezogenheit, also fähig zu sein, über den eigenen Tellerrand zu blicken und so ein fruchtbares Gespräch mit anderen Disziplinen zu suchen. Der dritte Punkt ist die Frage der Zusammenarbeit. Netzwerk ist hier der Schlüsselbegriff. Das ist auch eine Frage der Qualifikation und breiten Zusammenarbeit, also das Zusammenführen der Ressourcen und Kräfte um des guten Willens.

Vatican News: Eine Neuigkeit, die dem Papst vorschwebt, ist die Einrichtung von Forschungseinrichtungen, die sich den epochalen heutigen Problemen widmen. Welche Themenbereiche wären hier denkbar?

Bechina: Durch das päpstliche Lehramt ist das meiner Meinung nach sehr klar wieder neu positioniert worden. Da möchte ich zunächst an Papst Benedikt XVI. erinnern, der mit „Caritas in veritate“ eigentlich die katholische Soziallehre wieder in den öffentlichen Diskurs gebracht hat. Er zitiert dort Papst Paul VI. und sagt, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der es an Gedanken fehlt. Damit spricht er eine gewisse Oberflächlichkeit an. Da wäre sicher ein Gegengewicht auch von den kirchlichen Fakultäten zu wünschen, dass über eine Oberflächlichkeit der Kommunikation, eine Oberflächlichkeit leider manchmal auch im Universitätsbetrieb, hinausgeht und wieder zu einer ,Tiefgründigkeit eines echten Studiums einer seriösen Forschung gelangt, die dann die Lehre durchformt.

Der zweite Punkt stammt auch von „Caritas in veritate“ und ist die Frage des Gemeinwohls, die Frage der individuellen Gewinn- und Nutzungsmaximierung gegenüber einem altruistischen und sorgsamen Umgang in der Gesellschaft, also die Bereitschaft zu dienen. Das ist das Thema der Liebe, die über die Gerechtigkeit hinausgeht. Es gibt aber keine Gerechtigkeit ohne Liebe, und Liebe heißt immer, über sich selbst hinaus zu blicken, für den anderen etwas zu tun. Es ist jener Dienstcharakter, der ihn ausprägt. Ein Schlüsselbegriff diesbezüglich wäre etwa das Service-Learning.

Vatican News: Wie knüpft Papst Franziskus daran an?

Bechina: Papst Franziskus greift die Thematik auf. Er bezieht sich explizit auf seinen Vorgänger Benedikt XVI. und zitiert eben, dass es an tiefgründigen Gedanken fehlt. Franziskus weitet das in weiteren Bereiche aus. Wieder ausgehend von der Frage: Eigennutz oder gemeinsamer Nutzen? Die Erweiterung des Horizontes beschränkt sich nicht nur auf die unmittelbar soziale Frage, sondern auch die globalen anderen Fragen, die das Bewahren der Schöpfung und das ganze Thema der Nachhaltigkeit betrifft. Und das nicht nur in einem materiellen Sinn, sondern durchaus in einem politischen Sinn. Das ist auch eine Botschaft im Blick auf das politische Szenario heute, in dem sehr viel auch zu Polarisierung und Oberflächlichkeit hinführt und zu all dem, was wir heute Populismus nennen.

Vatican News: Franziskus spricht von Kontemplation und Verinnerlichung der Frohbotschaft des Evangeliums Jesu – warum braucht es hier Anpassungen?

Bechina: Der Mensch ist ein Lebewesen, das in einer lebendigen Gesellschaft lebt. Die Menschen verändern sich immer wieder von ihrer ganzen Kommunikationsfähigkeit. Wir sprechen von einer digitalen Revolution und von anderen kulturellen Revolutionen in unseren Tagen. Und da braucht es auch eine neue Fähigkeit, vor diesen Voraussetzungen sich einfach wieder neu vom Evangelium inspirieren zu lassen. Das heißt, neu in das Evangelium hineinzuhören und davon ausgehend, auch mit den Mitteln einer digitalen Kommunikation und anderen Formen des menschlichen Kontakts, brauchen wir immer wieder neue Ausdrucksformen, aber immer wieder des gleichen Evangeliums. Kardinal Versaldi hat bei der Pressekonferenz im Vatikan an diesem Montag gesagt, dass die stärkste Tradition in der Kirche in ihrer Fähigkeit liegt, sich immer wieder zu erneuern.

Vatican News: Franziskus spricht von einer neuen Etappe der Evangelisierung, von einer „missionarischen Neuausrichtung der Kirche“ – wie soll sich das fortan in die kirchlichen Lehreinrichtungen übersetzen?

Bechina: Die „Kirche im Aufbruch“, das „Hinausgehen“, wie es der Papst sagt, stehen im Gegensatz zu der Autoreferenzialität, also des In-Sich-Verschlossen-Bleibens, wie es den kirchlichen Fakultäten in der Vergangenheit oft vorgeworfen wurde. Es ist die Kritik, nicht zu versuchen, mit anderen Fakultäten einen Dialog aufzubauen und nicht zu versuchen, in der Öffentlichkeit präsent zu sein. Das ist dann auch die Frage des Sprachstils – also in welcher Weise kommunizieren wir Theologie? Kann sich unter den Formulierungen, die im theologischen Jargon verwendet werden, ein Mensch etwas vorstellen, der selbst nicht Theologie studiert hat? Sind wir kommunikationsfähig?

Auf der anderen Seite: Können wir uns auf die Sprachfrage auch in andere Bereichen einlassen, ohne in Banalitäten zu fallen? Das ist eine große Herausforderung. Dafür sind die Fakultäten auch geschaffen. Theologische Fakultäten sind nicht Trittbrettfahrer, wir erwarten von den katholischen Fakultäten, dass sie Ideen entwickeln und in der Forschung neue Ansätze suchen und weiterentwickeln! Das ist ja auch der Grund, warum dieses Schreiben jetzt nicht die großen Neuerungen unter den Normen bringt, sondern vielmehr die Verantwortung zurückspielt an die Fakultäten, mit ein paar großen Richtungsweisungen sie aufzufordern, hier mutig neue Wege zu suchen.

Vatican News: Und welche Neuerungen gibt es?

Bechina: Abgesehen von ein paar kleinen Modifikationen, die einfach notwendig sind, wie es auch in staatlichen Gesetzen der Fall ist, könnten wir sagen, dass es fünf bis sechs wichtige Neuerungen gibt. Das erste ist der Verweis auf die päpstliche Agentur zur Qualitätssicherung „Avepro“, die ihr zehnjähriges Jubiläum gefeiert hat und die noch keine Rechtsgrundlage in der früheren Apostolischen Konstitution „Sapientia Christiana“ hatte. Das ist jetzt im ersten Artikel aufgenommen worden, damit ein klares Zeichen gesetzt wird und gesagt wird, dass wir Fakultäten wollen, die eine erwiesene Qualität bringen und die ständig auch damit befasst sind, sich selber zu verbessern und sich immer wieder weiter zu entfalten.

Der zweite Punkt ist auch sehr wichtig. Der Heilige Stuhl hat eine ganze Anzahl von bilateralen Verträgen über Hochschulzusammenarbeit. Das geht von Serbien bis Rumänien, Slowakei bis hin nach Taiwan. Es sind Staaten, mit den wir bilaterale Verträge haben und dann gibt es eine ganze Reihe von internationalen Konventionen, meistens unter der Unesco, in der der Heilige Stuhl eine führende Rolle innehat. Wir sind weltweit präsent. Die neue Gesetzgebung bezieht sich also auch ausdrücklich auf diese Konventionen und erhebt damit auch das, was der Heilige Stuhl hier in den bilateralen und multilateralen Verträgen zugesagt hat, auf Gesetzesrang.

Vatican News: Was kann noch als Novum bezeichnet werden?

Bechina: Ein drittes Novum ist die technologische Entwicklung, in der es eine gewisse Öffnung in Anspruch genommen wird, das gilt auch im Lehrbetrieb. Ich denke hierbei an die sogenannte Distance-Education. Da können wir aber nicht einfach, dem Belieben des Einzelnen überlassen wollen, sondern auch auf die Erhaltung eines menschlichen Kontakts im Lerngeschehen und Lehrgeschehen hinweisen und dem auch erhalten wollen.

Ein vierter Punkt betrifft die Situation der Studenten im Flüchtlings- oder Migrationsstatus. Damit sind auch Studenten gemeint, die Probleme haben, ihre bereits erworbenen Qualifikationen nachzuweisen und das sind wir auch gerufen, neue Wege zu finden, wie man hier bestimmte Qualifikationen feststellen kann und wie man Flüchtlingen entgegenkommen kann. Indirekt ist damit auch das Thema betroffen, dass die Kirche ja großartige Arbeit leistet, in Flüchtlingslagern und ähnlichen Gebieten, um dorthin Bildung und Hochschulbildung zu bringen. Das sind wir teils auch mit kirchlichen Fakultäten vertreten.

Ein letzter Punkt ist die ganze Frage der Studentenmobilität, die für uns selbstverständlich ist, die aber heute neue Instrumente braucht, die in allen Ländern zum Standard gehören und mit denen der Heilige Stuhl mit den Ländern sehr eng zusammenarbeitet.

Vatican News: Der Papst spricht ja von einem „Paradigmenwechsel“ und sogar von einer „kulturellen Revolution“. Da horcht man schon auf, das scheint eine gewisse Dringlichkeit zu haben. Wie verstehen Sie das?

Bechina: Zum einen ist die kulturelle Revolution nicht etwas, das wir jetzt veranstalten oder darüber diskutieren müssten. Das ist ein gegebenes Faktum. Das sind Umbrüche. Es ist aber nicht einfach eine Epoche von Veränderungen, sondern es ist eine epochale Veränderung. Das ist ein Wortspiel, das in dieser Konstitution vorkommt. Zum einen findet die Revolution statt, ob wir es wollen oder nicht. In der Revolution stehen wir drinnen und darauf müssen wir antworten. Das Interessante dahinter ist, dass das Evangelium selber den Keim einer Revolution in sich trägt, einer ganz anderen Revolution. Das hat auch Papst Benedikt XVI. seinerzeit erwähnt in seinen Schreiben, und das hat nun auch Papst Franziskus stark weitergedacht. Jesus selbst tritt mit der Aufforderung der Bekehrung auf – und Umkehr ist ja auch Evolution in einer gewissen Weise. Das ist eine Revolution, die in den Herzen beginnt und durchaus ihre politischen Auswirkungen haben muss, weil die Umkehr in den Herzen immer auch eine politische Veränderung beinhaltet. Es gibt also einen doppelten Ansatz: einerseits die uns in der Gesellschaft vorgegebene kulturelle Revolution, der aber – andererseits – die vom Evangelium herkommende innere Revolution entsprechen soll. Diese innere Revolution ist die Antwort, um über die kulturelle Revolution hinauszugehen, um nicht einfach Getriebene der Revolution zu werden, sondern selbst gestalterisch tätig sein zu können.

Die Fragen stellte Anne Preckel. (vatican news)

Was Kardinal Zen dem Papst über die Kirche in China sagte

HONG KONG – Der emeritierte Bischof von Hongkong, Kardinal Joseph Zen Ze-kiun, hat am Montag, den 29. Januar, einen Brief veröffentlicht. Darin erklärt er die schwierige Situation der katholischen Kirche in China und analysiert den Druck und die Verfolgung – vor allem auch der Bischöfe.

In dem Brief, den er auf seiner Website veröffentlichte, erinnert der Kardinal daran, dass die Medien in den letzten Tagen berichtet hatten, der Vatikan habe einen Bischof zum Rücktritt aufgefordert und einen weiteren dazu, der Niederlegung seines Amtes zuzustimmen, um zu ermöglichen, dass von der Regierung ausgesuchte Bischöfe deren Position einnehmen.

Einer der beiden Bischöfe, Monsignore Zhuang, bat den Kardinal, einen von ihm verfassten Brief an Papst Franziskus zu senden. Der Kardinal konnte diesen Auftrag erfüllen und den Brief übergeben, als er am vergangenen 10. Januar nach Rom reiste und an der Generalaudienz teilnahm, die in der Audienzhalle stattfand.

Am gleichen Tag erhielt er einen Anruf aus der Casa Santa Marta, in der der Papst wohnt, und man teilte ihm mit, dass er am 12. Januar, dem Vorabend der Papstreise nach Chile und Peru, ihn in Audienz empfangen würde.

Das Treffen dauerte circa eine halbe Stunde, kommentiert der chinesische Kardinal, und der Papst sagte, er „würde sich die Sache ansehen.“ Des weiteren erklärte der Heilige Vater, er würde ihnen (seinen Mitarbeitern beim Heiligen Stuhl) sagen, keinen weiteren Fall Mindszenty zu schaffen.

Kardinal Mindszenty war während der kommunistischen Diktatur in Ungarn Erzbischof von Budapest gewesen. Er wurde inhaftiert, konnte aber letztendlich 1956 in die amerikanische Botschaft fliehen.

Unter dem Druck der damaligen kommunistischen Regierung bat ihn der Vatikan, das Land zu verlassen und ersetzte ihn durch einen Bischof, der mehr „nach dem Geschmack“ der Regierung gewesen war.

Der emeritierte Bischof von Hongkong erklärt in seinem Brief:

„Das Problem ist nicht der Rücktritt der legitimen Bischöfe, sondern die Bitte, den illegitimen und sogar exkommunizierten Platz zu machen. Viele ältere Bischöfe im Untergrund haben – obwohl das Alter für den Rücktritt in China nie eingehalten wurde – eindringlich um einen Nachfolger gebeten, aber nie eine Antwort vom Heiligen Stuhl erhalten.“

Indes, so Kardinal Zen weiter, „könnte es sein, dass einige andere, die schon einen designierten Nachfolger haben, bereits sogar die Bulle seiner Ernennung in Händen halten, unterzeichnet vom Heiligen Vater, aber die Weisung erhalten haben, nicht mit der Ordination fortzufahren, aus Angst, die Regierung zu brüskieren.“

„Ich weiß, dass ich hinsichtlich der gegenwärtigen Situation der Kirche in China pessimistisch bin, aber mein Pessimismus gründet auf meiner langen und direkten Erfahrung mit der Kirche in China. Zwischen 1989 und 1996 verbrachte ich gewöhnlich sechs Monate im Jahr damit, in verschiedenen Seminaren der offiziellen Kirche zu lehren. Deshalb habe ich direkt die Sklaverei und die Erniedrigung gesehen, der unsere Brüder im Bischofsamt ausgesetzt sind.“

Der Kardinal berichtet auch, dass die Regierung die Religionsfreiheit sogar noch weiter einschränkt, da die Gläubigen, zum Beispiel, ab dem 1. Februar diesen Jahres nicht mehr an der Heiligen Messe in der Untergrundkirche, die Rom treu bleibt, teilnehmen dürfen.

Der chinesische Kardinal weist ebenso darauf hin, dass „einige sagen, dass die Bemühungen um eine Übereinkunft dazu dienen sollen, ein kirchliches Schisma zu vermeiden. Wie lächerlich! Das Schisma ist da, in der unabhängigen Kirche!“ die von der Regierung kontrolliert wird.

„Die Päpste haben es vermieden, das Wort Schisma zu gebrauchen, weil sie wussten, dass viele in der offiziellen katholischen Kirche dort nicht aus freiem Willen waren, sondern aufgrund großen Drucks. Die vorgeschlagene ´Vereinigung´ würde jeden dazu zwingen, ihr anzugehören.“

Wenn dies geschieht, „würde der Vatikan – nach Meinung des emeritierten Bischofs – einer gestärkten schismatische Kirche seinen Segen geben.“

Dann stellt er die Frage: „Ist es gut, zu versuchen, eine gemeinsame Grundlage zu finden, um den Vatikan und China, die seit Jahrzehnten getrennt sind, zu vereinen? Aber kann es denn etwas ´Gemeinsames´ mit einem totalitären Regime geben? Man ergibt sich oder akzeptiert die Verfolgung, aber bleibt sich selbst treu. Können Sie sich eine Vereinbarung zwischen dem heiligen Josef und König Herodes vorstellen?

Der Kardinal fährt in seinem Brief fort: Da die Dinge so stehen: „Glaube ich, dass der Vatikan die katholische Kirche in China verkauft? Ja, definitiv, wenn er in die Richtung geht, die in dem aufscheint, was er in den letzten Jahren und Monaten getan hat.“

Abschließend fragt sich der chinesische Kardinal, ob vielleicht

„ich das Haupthindernis in dem Prozess zum Erreichen einer Vereinbarung zwischen dem Vatikan und China bin? Wenn es eine schlechte Vereinbarung ist, wäre ich mehr als glücklich, das Hindernis zu sein.“

Die diplomatischen Beziehungen zwischen China und dem Vatikan brachen 1951 ab, zwei Jahre nach der Machtübernahme der Kommunisten, die die ausländische Geistliche ausgewiesen haben.

Seitdem hat China die katholischen Religionsausübung nur durch die Chinesische Katholisch-Patriotische Vereinigung erlaubt, die der chinesischen Regierung gegenüber loyal ist und die Autorität des Heiligen Stuhls bei der Ernennung der Bischöfe und in der Kirchenleitung ablehnt.

Die rechtmäßigen Bischöfe hingegen, die dem Papst treu bleiben, leben in einer Situation, die einer Untergrundbewegung ähnlich ist, und die ständig von den kommunistischen Behörden belauert wird.

Seit einigen Jahren arbeitet der Heilige Stuhl an einer Übereinkunft für die Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen zu China – eine Annäherung, die durch Papst Franziskus ermutigt wird.

Im August 2014 sandte der Heilige Vater, während er nach Südkorea reiste, ein Telegramm an den Präsidenten Chinas, als das Flugzeug den Luftraum über China durchflog, und drückte ihm seine besten Wünsche aus.

Die Tatsache, dass der Papst die Erlaubnis erhalten hatte, diesen Luftraum zu durchfliegen, wurde als ein kleiner Schritt nach vorne bewertet. Papst Johannes Paul II. musste den Luftraum bei seinen Reisen nach Asien meiden. (CNA Deutsch)

China: Vatikan will staatstreue Bischöfe einsetzen

Der Heilige Stuhl will chinesische Untergrundbischöfe dazu bewegen, ihre Position zugunsten illegitimer, aber durch das Regime in Peking anerkannter Bischöfe aufzugeben. Das schreibt in einem langen Brief an die Nachrichtenagentur Asianews der Hongkonger emeritierte Erzbischof Joseph Zen.

Der betagte Kardinal gilt als einer der schärfsten Kritiker von Versuchen, den chinesischen Repressalien gegen die Glaubensfreiheit mit Zugeständnissen zu begegnen. In seinem ausführlichen Brief scheut Zen sich nicht, auch „vertrauliche“ Details aus seinen Unterredungen mit dem Heiligen Vater selbst bekannt zu geben. Demnach habe er persönlich dafür gesorgt, Franziskus auf die Situation der Bischöfe von Shantou und Mindong aufmerksam zu machen.

Im Oktober die erste Aufforderung zum Rücktritt

Bereits im Oktober, so bestätigt der Kardinal in der Presse erschienene Berichte, habe der legitime Bischof von Shantou von einer vatikanischen Delegation die Aufforderung erhalten, zurückzutreten. Dieser Schritt solle den Weg für einen Bischof freimachen, der seit vielen Jahren in der offiziellen chinesischen katholischen Kirche wirkt und unter strenger Überwachung durch die Machthaber in Peking steht. Was an dem Fall die chinesischen Gläubigen der Untergrundkirche beunruhigt: Der betroffene „offizielle“ Bischof ist ohne das Einverständnis des Heiligen Stuhles geweiht und daher exkommuniziert. Eine ähnliche Sachlage liegt für den Bischof der Diözese Mindong vor.

Bitte um Hilfe bei Papst Franziskus

In Folge dieser Ereignisse habe Kardinal Zen, der durch den im Untergrund und mit vatikanischem Einverständnis geweihten Bischof der Diözese Shantou um Hilfe gebeten worden war, dem Papst einen Brief zukommen lassen. In diesem habe er Franziskus über die Situation der Untergrundbischöfe unterrichtet. Nachdem im Dezember jedoch eine erneute Aufforderung an den Bischof von Shantou ergangen sei, seinen Stuhl zu räumen, habe er selbst eine Reise nach Rom unternommen, um dem Papst die Problematik persönlich vorzulegen. Sein „verspätetes Eintreffen bei der Generalaudienz vom 10. Januar“ sei nicht unbemerkt geblieben, schreibt der Kardinal, der bei dieser Gelegenheit dem Papst sein Schreiben persönlich übergeben konnte.

„Kein zweiter Fall Mindszenty“

Noch am Abend desselben Tages habe er einen Anruf aus der päpstlichen Residenz mit der Zusage einer persönlichen Audienz am folgenden Freitagabend erhalten, nur kurz vor der Abreise des Papstes nach Chile und Peru. Bei dem Treffen habe der Papst ihm zugesichert, es dürfe keinen weiteren „Fall Mindszenty“ geben. Der ungarische Kardinal und Erzbischof von Budapest war in Zeiten des kommunistischen Regimes lange im Gefängnis, wurde während der kurzen Revolution befreit und flüchtete sich in die US-amerikanische Botschaft. Von dort aus musste er auf Drängen des Regimes und mit Einverständnis des Vatikans das Land verlassen, und ein den Machthabern genehmer Nachfolger wurde ernannt.

Er habe diese Papstworte als Ermutigung verstanden, schreibt der Kardinal, der abschließend betont, mit einem totalitären Regime wie demjenigen in Peking könne es keine Gemeinsamkeiten geben. Ab dem kommenden ersten Februar, so erinnert Zen, dürfen die Untergrundkirchen laut Gesetz keine Messen mehr feiern. Doch die inoffizielle Untergrundkirche zugunsten der offiziellen, staatstreuen Kirche aufzugeben, würde bedeuten, eine schismatische Gemeinschaft wie die Chinesische Katholische patriotische Vereinigung zu tolerieren und zu stärken, genauso wie es ein Schlag ins Gesicht derer wäre, die unter großen Opfern ihren Glauben im Untergrund lebten. Manch einer sehe in ihm das größte Hindernis auf dem Weg zu einer Einigung zwischen China und dem Vatikan. Doch „wenn die Einigung schlecht ist, dann bin ich glücklich, ein Hindernis dafür darzustellen,“ schließt der Kardinal.


(vatican news)

Hinweis: Links ergänzt durch Vaticanhistory (vh).

Papst: Antisemitismus „an der Wurzel“ bekämpfen

Nicht nachlassen im Kampf gegen Antisemitismus – und nicht nur den offenen Hass bekämpfen, sondern auch schon die Gleichgültigkeit: Dazu hat Papst Franziskus aufgerufen. Auch Einzelne, nicht nur Staaten, trügen Verantwortung dafür, dass es nicht zu „Verbrechen aus antisemitischem Hass“ komme.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt.

„Verantwortung tragen bedeutet imstande sein, zu antworten.“ Das sagte der Papst vor den Teilnehmern einer internationalen Konferenz gegen Antisemitismus der OSZE, die er zwei Tage nach dem Holocaust-Gedenktag im Vatikan empfing.

„Es geht nicht nur darum, die Gründe für Gewalt zu analysieren und die perverse Logik, die dahintersteht, zurückzuweisen, sondern auch darum, schnell und aktiv dagegenzuhalten. Der Feind, gegen den wir kämpfen, ist nicht nur der Hass in all seinen Formen, sondern – noch stärker an der Wurzel liegend – die Gleichgültigkeit. Sie ist es, die Menschen lähmt und daran hindert, das zu tun, was sie für gerecht erkennen.“

„Wo ist dein Bruder?“ Das habe Gott nach Angaben des Buches Genesis den Kain gefragt, nachdem dieser seinen Bruder Abel erschlagen hatte (vgl. Gen 4,7). Und Kain habe keine Antwort auf die Frage gegeben, sondern stattdessen versetzt: „Bin ich der Hüter meines Bruders?“ (V. 9) „Sein Bruder ist ihm egal – hier ist die perverse Wurzel, die Wurzel des Todes, die zu Verzweiflung und Schweigen führt! Ich erinnere mich von meinem Besuch in Auschwitz-Birkenau her an dieses betäubende Schweigen. Ein beunruhigendes Schweigen, das nur Raum lässt für Tränen, für Gebet und für die Bitte um Vergebung.“

“ Impfstoff der Erinnerung ”

Gegen das „Virus der Gleichgültigkeit“ empfahl Papst Franziskus den „Impfstoff der Erinnerung“. Entscheidend sei dabei, dass man sich nicht nur an das Glorreiche und Angenehme erinnere, sondern an „alles“ – auch das Schmerzliche und Unangenehme. „Wir haben vor kurzem den Tag der Erinnerung (an den Holocaust) begangen. Um unsere Menschlichkeit wiederzugewinnen, um ein menschliches Verständnis der Wirklichkeit wiederzugewinnen und so viele Formen der Apathie gegenüber unserem Nächsten zu überwinden, brauchen wir diese Erinnerung, diese Fähigkeit, uns gemeinsam zu erinnern. Erinnerung ist der Schlüssel zur Zukunft. Es liegt in unserer Verantwortung, ihn auf würdige Weise an die kommenden Generationen zu übergeben.“

Die eintägige Konferenz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) findet unter hochrangiger Teilnahme am Montag in Rom statt. Anwesend sind unter anderem der Präsident des Jüdischen Weltkongresses Ronald Lauder und der Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses Moshe Kantor.

Aus Österreich ist Außenministerin Karin Kneissl angereist, die auf einem FPÖ-Ticket in der Regierung sitzt. In den vergangenen Tagen wurde bekannt, dass der hochrangige FPÖ-Politiker Udo Landbauer Vizechef einer Burschenschaft war, die in einem Liederbuch eindeutig antisemitisches und nationalsozialistisches Gedankengut verbreitete. Kneissl sagte gegenüber der österreichischen Presseagentur APA, man müsse alles unternehmen, um zu verhindern, dass Antisemitismus in Österreich wieder Fuß fasse. Sie regte eine ähnliche Konferenz wie die in Rom auch in Österreich an. (vatican news)

Papst besucht Ukrainer: Großerzbischof betont Freundschaft

Papst Franziskus besucht an diesem Sonntagnachmittag, um 16 Uhr, die ukrainisch griechisch-katholische Pfarrei in Rom. Vor der Basilika Heilige Sofia wird ihn der Gastgeber, der Großerzbischof von Kyiv-Halytsch, Swjatoslaw Schewtschuk, begrüßen. Wir sprachen mit ihm im Vorfeld der Visite.

Mario Galgano – Vatikanstadt.

VN: Die ukrainisch griechisch-katholische Kirche ist eine der 23 mit Rom unierten Ostkirchen. Sie ist eine sogenannte Kirche „sui iuris“, also mit einer kirchlichen Eigenständigkeit und trotzdem in Verbundenheit mit dem Nachfolger Petri in Rom. Wie kommt es aber dazu, dass Papst Franziskus Ihre Gemeinschaft besucht?

Schewtschuk: Unsere Gemeinde hier in Rom besteht vor allem aus Gastarbeitern. Papst Franziskus legt bekanntlich ein besonderes Augenmerk auf die Probleme der Migranten, Flüchtlinge und Menschen, die ihr Zuhause verlassen. Wir haben den Papst deshalb als Oberhirte Roms eingeladen, um diese Gemeinschaft zu treffen. Das Anliegen des Papstes ist es, diese konkreten Menschen zu treffen, ihr Leben und ihre Ansichten zu hören. Er will wissen, wer wir sind. Es sind vor allem Mütter oder sogar Großmütter, die die Ukraine verlassen haben, um in Rom einen Lebensunterhalt zu finden.

“ Der Papst will wissen, wer wir sind ”

VN: Es gibt in Rom – und auch anderswo – viele ausländische Gemeinden. Gibt es denn einen persönlichen Bezug von Papst Franziskus zur Ukraine und zur griechisch-katholischen Kirche?

Schwetschuk: Diese Kirche, die Basilika Heilige Sofia, ist im Grunde ein Mahnmal. Sie erinnert an die vielen Kirchen, die während der Sowjetzeit in Osteuropa zerstört wurden. Dieses Gebäude erinnert auch an alle Toten, die während des Zweiten Weltkriegs ihr Leben verloren haben. Unter der Basilika befindet sich nämlich eine Krypta, in der man dieser Toten gedenkt. Und dort unten befindet sich auch ein ganz besonderes Grabmal. Es handelt sich um den ersten geistlichen Lehrer des heutigen Papstes. Er hieß Stepan Tschmil und war ein Salesianerpater, der im 20. Jahrhundert in Buenos Aires geflohen war und dort der erste Lehrer von Jorge Mario Bergoglio war. Papst Franziskus kommt also hierher, um seinen Lehrer die Ehre zu erweisen.

VN: Papst Franziskus hat immer wieder in seinen Ansprachen an das Leid in der heutigen Ukraine erinnert. Was erwarten Sie diesbezüglich von diesem Papstbesuch bei Ihnen?

Schewtschuk: Nun, die ukrainische Gemeinde ist zwar mit ihrem Leib hier in Rom präsent, aber ihre Herzen sind weiterhin in der Ukraine geblieben. Wir dürfen nicht vergessen, in der Ostukraine wird weiter gekämpft. Jeden Tag gibt es Tote. Es sterben Menschen wegen des militärischen Konflikts aber auch wegen anderen Ursachen. Es gibt Menschen, die wegen der Kälte, Hunger oder schlicht und einfach wegen der Gleichgültigkeit der internationalen Staatengemeinschaft sterben. Deshalb ist der Besuch des Papstes für uns so wichtig, weil er die Aufmerksamkeit auf diesen vergessenen Konflikt lenkt. Wir hoffen auch, dass mit diesem Besuch eine Reise der Papstes in der Ukraine geebnet wird.

“ Politiker sind nicht mehr bereit, den Weg des Dialogs einzugehen ”

VN: Weshalb wird weiter gekämpft in der Ukraine? Und wie sind die Beziehungen mit den anderen christlichen Kirchen in Ihrem Land?

Schewtschuk: Das Problem besteht vor allem darin, dass die heutigen Politiker nicht mehr bereit sind, den Weg des Dialogs einzugehen. Viele denken nur an sich und an ihre persönlichen Interessen. Man muss bereit sein, auf die Mitmenschen zuzugehen. Die Ukraine war schon immer ein Land, in der es verschiedene Religionsgemeinschaften gab. Wir Katholiken sind eine Minderheit. Die Mehrheit der Ukrainer ist Orthodox, doch innerhalb der Orthodoxie in der Ukraine gibt es schmerzliche Trennungen. Der Papst versteht sich als Brückenbauer und wir sind dankbar, dass er sich für unser Land und für den Frieden so stark einsetzt. (vatican news)

Niederlande: Kardinal Eijk kritisiert offen den Papst

In einem Interview, anlässlich seines zehnjährigen Jubiläums als Erzbischof von Utrecht mit der Zeitung „Trouw“, hat der niederländische Kardinal Willem Jacobus Eijk Papst Franziskus offen kritisiert.

„Der Papst darf den geschiedenen Katholiken, die wiederverheiratet sind, die Kommunion nicht zu leicht machen“.

Ferner hat Eijk Zweifel, dass sich der Papst nicht deutlich genug geäußert hat.

„Die Leute sind verwirrt und das ist nicht gut. In der Frage der sogenannten „wiederverheirateten Geschiedenen“ gibt es derzeit weltweit heftige Diskussionen innerhalb der katholischen Kirche“.

Laut Kardinal Eijk lässt Franziskus das Problem ungelöst liegen und fordert von ihm:

„Nimm diesen Zweifel weg. Zum Beispiel in Form eines weiteren Dokuments“.

Der Kardinal fordert eine strenge Linie, um Klarheit in dieser Frage zu schaffen. Die Erzdiözese Utrecht hält an dem Grundsatz fest „die Ehe ist unauflösbar“.

„Wenn eine Ehe von einem kirchlichen Gericht für ungültig erklärt wurde, wurde offiziell bestätigt, dass sie nie geschlossen war. Nur dann wirst du frei sein zu heiraten und die Beichte und Kommunion zu empfangen“.

Häresie

Das Dokument „Amoris laetitia“ ist das Ergebnis der Bischofssynoden 2014 und 2015 in Rom. Dieses Dokument hat nach Kardinal Eijk unterschiedliche Interpretationen zugelassen und führte zu einer Spaltung der Kirche.

„Die Bischöfe widersprechen sich. Offene Briefe werden an den Papst geschrieben, und orthodoxe Katholiken denken sogar, dass Franziskus Häresien verbreitet“.

Eijk betrachte die Diskussion mit Unmut und sagt:

„Die eine Bischofskonferenz Regel es so und die Andere anders. Aber was hier richtig ist, kann wo anders nicht falsch sein“.

Obgleich Kardinal Eijk mit Äußerungen in den Medien sehr zurückhaltend ist, stellt er sich mit diesem Interview klar auf die Seite der Dubia-Kardinäle und argumentiert ähnlich den kasachischen Bischöfen mit ihrem öffentlichen Glaubensbekenntnis. Der Bruch, der durch die katholische Kirche geht, wird bei Gläubigen und Episkopalen der Weltkirche immer deutlicher. Die Zeit ist reif, dass der Papst endlich zu „Amoris laetitia“ und den Vorwürfen der Häresie handelt. (vh)