Papst schickt Sonderermittler nach Chile im Fall von Bischof Barros

VATIKANSTADT – Nachdem er jüngst seine Unterstützung für einen chilenischen Bischof bekräftigt hat, der beschuldigt wird, sexuellen Missbrauch vertuscht zu haben, hat Papst Franziskus nun einen Delegierten ernannt, der „neue Informationen“ zum Fall untersuchen soll.

Wie der Vatikan am heutigen Dienstag mitteilte, „hat der Papst Erzbischof Charles J. Scicluna von Malta gebeten, nach Bekanntwerden einiger Informationen über den Fall von Juan de la Cruz Barros Madrid, nach Santiago zu reisen“. Dort soll Erzbischof Scicluna sich mit Personen treffen, die „Dinge übermitteln“ wollen, so der Heilige Stuhl.

Zusätzlich zu seiner Hirtenrolle in Malta wurde Erzbischof Scicluna im Jahr 2015 vom Papst mit der Aufsicht über die Bearbeitung der Beschwerden von Geistlichen betraut, die vor der Kongregation für die Glaubenslehre des Missbrauchs angeklagt sind. Scicluna ist weithin bekannt für seine kirchenrechtliche Expertise im Umgang mit Vorwürfen sexuellen Missbrauchs.

Die Entscheidung des Papstes, Erzbischof Scicluna nach Santiago zu schicken folgt der andauernden Kontroverse über Bischof Barros, die im Zuge des Verhaltens und der Äußerungen von Papst Franziskus im Rahmen seiner Chile-Reise vom 15.-18. Januar weiter eskaliert ist.

Vier Opfer sexuellen Missbrauchs des überführten Kinderschänders Fernando Karadima beschuldigen Barros, von den Verbrechen seines langjährigen Freundes und Mentors gewusst zu haben. Ihre Aussagen sind öffentlich wiederholt publiziert und bekräftigt worden.

Karadima, der einst eine Laienbewegung leitete, wurde 2011 in einem vatikanischen Prozess wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen verurteilt. Im Alter von 84 Jahren wurde er zu einem Leben in Gebet und Einsamkeit verurteilt.

Barros, der seine Unschuld beteuert, ist seit seiner Ernennung zum Diözesanbischof von Osorno im Jahr 2015 in dieser Rolle umstritten. Papst Franziskus verteidigt Barros seit Jahren.

Während seines Besuches in Chile vom 15. bis 18. Januar traf Papst Franziskus auch mit Missbrauchsopfern zusammen. Als er jedoch am letzten Tag im Land von Journalisten über Barros befragt wurde, sagte er:

„An dem Tag, an dem sie mir Beweise gegen Bischof Barros bringen, werde ich sprechen“, und weiter: „Es gibt keinen einzigen Beweis gegen ihn. Das ist alles Verleumdung. Ist das klar?“

Die Aussagen des Papsts in Chile waren international auf heftigen Widerstand gestoßen. Kritiker warfen Franziskus vor, seine Aussagen seien Opfern gegenüber unsensibel.

Der derzeitige Präsident der Kinderschutzkommission des Vatikans bezeichnete die Worte des Papstes als schmerzhaft und befremdlich für Opfer des sexuellen Missbrauchs durch Geistliche. Kardinal Sean O’Malley, Erzbischof von Boston und einer von neun Mitgliedern des Kardinalrates des Papstes, gab am 20. Januar eine Erklärung ab. Darin heißt es:

„Es ist verständlich, dass die Äußerungen von Papst Franziskus (…) eine Quelle großer Schmerzen für Überlebende sexuellen Missbrauchs durch Geistliche oder andere Täter waren“.

Daraufhin präzisierte der Papst auf dem Rückflug von Lateinamerika seine Aussagen, und entschuldigte sich dafür, Opfer möglicherweise verletzt zu haben, sagte aber weiterhin, es gebe keine Beweise gegen Barros.

Der Bischof selber wiederum hat wiederholt darauf bestanden, dass er nichts von den Misshandlungen wusste

Er bestand darauf, dass der Fall von Barros „studiert wurde, dass er neu studiert wurde und dass es keine Beweise gibt … Das wollte ich sagen. Ich habe keine Beweise, um ihn zu verurteilen. Und wenn ich ihn ohne Beweise oder ohne moralische Gewissheit verurteile, würde ich das Verbrechen eines schlechten Richters begehen. „

„Wenn eine Person kommt und mir Beweise gibt“, sagte er, „bin ich die erste, die ihm zuhört. Wir sollten gerecht sein „. (CNA Deutsch)

Papst in Santiago: Die Familie als Schule der Menschlichkeit

Papst FranziskusBei seinem letzten offiziellen Termin in Kuba widmete sich Papst Franziskus dem zentralen Thema der kommenden Weltbischofssynode in Rom, einem Thema, das ihm selbst besonders am Herzen liegt: der Familie.

„Wir sind „in der Familie“! Und wenn man in der Familie ist, fühlt man sich zu Hause. Danke, liebe kubanische Familien, danke, liebe Kubaner, dass ihr mir in all diesen Tagen das Gefühl vermittelt habt, ‚in der Familie‘ zu sein, das Gefühl, zu Hause zu sein.“

Bei einer Begegnung mit Familien in der Kathedrale von Santiago rief Papst Franziskus dazu auf, der Familie mehr Aufmerksamkeit zu schenken, denn dies sei die wahre Schule der Menschlichkeit. Die Familie sei das „Zentrum der Menschlichkeit“, das als solches gewahrt bleiben müsse. Hochzeiten, Hausbesuche und Abendessen, diese Momente seien etwas Besonderes im Leben der Menschen, betonte der Papst vor den versammelten Familien in der Kathedrale von Santiago. Vor allem unser Zuhause sei ein Ort der Zusammenkunft, der geschützt werden müsse.

„Im Hause lernen wir die Geschwisterlichkeit, die Solidarität, lernen wir, die anderen nicht zu überfahren. Im Hause lernen wir, das Leben als Segen zu empfangen und dafür zu danken, und wir lernen, dass jeder den anderen braucht, um voranzukommen. Im Hause erfahren wir Vergebung und sind ständig aufgefordert, zu vergeben und uns verwandeln zu lassen. Im Hause gibt es keinen Platz für „Masken“; wir sind die, die wir sind, und so oder so sind wir eingeladen, nach dem zu streben, was das Beste für die anderen ist.“

Die Räume der Geborgenheit und der Familie gingen immer öfter verloren, sagte Papst Franziskus. Immer mehr Kulturen verlören diese Tradition isolierten und sich selbst immer mehr. Ohne familiäre Strukturen verliere der Mensch seine Basis und dies führe zur Spaltung der Gesellschaft und zu einer Uniformierung. Gespaltene, zerbrochene, berührungslose oder stark uniformierte Gesellschaften seien die Folge des Zerreißens der familiären Bindungen – wenn die Beziehungen verloren gingen, die uns zu Personen machten. Dafür sei vor allem das Abendessen ein wichtiger Fixpunkt des familiären Lebens.

„Ich möchte nicht schließen, ohne die Eucharistie zu erwähnen. Ihr werdet bemerkt haben, dass Jesus die Feier seines Gedächtnisses in den Rahmen eines Abendmahls legen wollte. Als Rahmen für seine Gegenwart unter uns wählt er einen konkreten Moment im Familienleben. Einen Moment, den alle erleben und den alle verstehen können: das Abendessen.“

Schließlich verließ er in Begleitung seiner Entourage, unter ihnen auch Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, die gut gefüllte Kathedrale.

Menschenmassen warteten vor der Kathedrale, fächerwehende Besucher und blitzende Smartphones bildeten ein stimmiges Bild des letzten Punkts des Kuba-Programms, während Franziskus von einem Balkon der Kathedrale aus, die Stadt segnete, und nochmals an die wichtigsten „Säulen“ der Gesellschaft erinnerte:

„Ich möchte euch noch ein Wort der Hoffnung mitgeben, für den Blick nach vorn und zurück. Wenn ihr nach hinten blickt, seht ihr die Erinnerung. Die Erinnerung der Großeltern. Einen speziellen Gruß an die Großeltern, vergessen wir sie nicht. Sie sind die lebende Erinnerung. Und wenn wir nach vorne seht, so sehen wir die Kinder und die Jugendlichen, sie sind die Kraft des Volks. Ein Volk, dass auf die Älteren und Jüngeren achtet, wird mit Sicherheit triumphieren.“

Nach dem Treffen mit den Familien in der Hafenstadt Santiago reist Papst Franziskus weiter nach Washington, wo er von US-Präsident Barack Obama und First Lady Michelle Obama empfangen. (rv)

Der Papst in der Kathedrale von Santiago im Wortlaut

Papstbesuch in Spanien. 1. Tag

Der Papst hat die Kathedrale von Santiago de Compostela besucht. Lesen Sie hier die Ansprache auf Deutsch. (rv)
 Hochwürdigste Herren Kardinäle,
liebe Mitbrüder im Bischofsamt,
geschätzte Vertreter des öffentlichen Lebens,
liebe Priester, Seminaristen, Ordensmänner und Ordensfrauen,
liebe Brüder und Schwestern,
liebe Freunde!
Ich danke dem Herrn Erzbischof Julián Barrio Barrio von Santiago de Compostela für die freundlichen Worte, die er soeben an mich gerichtet hat, die ich gerne erwidere. So grüße ich euch alle herzlich in Christus und danke euch für euer Kommen an diesen so bedeutsamen Ort.
Pilgern heißt nicht einfach irgendeinen Ort aufsuchen, um seine Naturschönheiten, Kunstschätze oder seine Geschichte zu bewundern. Pilgern bedeutet vielmehr, aus uns herauszutreten, um Gott dort zu begegnen, wo er sich offenbart hat, wo sich die göttliche Gnade mit besonderem Glanz gezeigt hat und unter den Gläubigen überaus große Früchte der Bekehrung und Heiligkeit hervorgebracht hat. Christen pilgerten zunächst zu den Orten, die mit dem Leiden, dem Tod und der Auferstehung des Herrn verbunden sind, in das Heilige Land. Dann nach Rom, der Stadt des Martyriums der Apostel Petrus und Paulus, und ebenso nach Compostela, das als ein mit dem Andenken des heiligen Jakobus verbundener Ort viele Pilger aus aller Welt aufgenommen hat, die Sehnsucht danach hatten, ihren Geist mit dem Zeugnis des Glaubens und der Liebe des Apostels zu stärken.
In diesem Heiligen Jahr von Compostela wollte auch ich als Nachfolger des heiligen Petrus zum Haus des „Señor Santiago", des heiligen Jakobus, pilgern, das sich anschickt, sein 800jähriges Weihejubiläum zu feiern. Ich komme, um euren Glauben zu stärken, eure Hoffnung zu beleben und eure Sorgen, Mühen und Anstrengungen für das Evangelium der Fürbitte des Apostels anzuvertrauen. Als ich sein heiliges Bild umarmte, habe ich im Gebet auch alle Söhne und Töchter der Kirche mitgenommen. Die Kirche hat ja ihren Ursprung im Geheimnis der Gemeinschaft, die Gott ist. Durch den Glauben sind wir hineingeführt in das Geheimnis der Liebe, das die Heiligste Dreifaltigkeit ist. Wir werden in gewisser Weise von Gott umarmt und umgewandelt von seiner Liebe. Die Kirche ist diese Umarmung Gottes, in der die Gläubigen auch lernen, die eigenen Brüder zu umarmen, indem sie in ihnen Abbild und Ähnlichkeit Gottes entdecken, die die tiefste Wahrheit ihres Seins begründen und Ursprung der wahren Freiheit sind.
Zwischen Wahrheit und Freiheit gibt es einen engen und notwendigen Zusammenhang. Das aufrichtige Suchen und Streben nach der Wahrheit ist die Bedingung für eine authentische Freiheit. Man kann nicht das eine ohne das andere leben. Die Kirche, die bemüht ist, der menschlichen Person und ihrer Würde mit allen ihren Kräften zu dienen, steht im Dienst beider, der Wahrheit und der Freiheit. Die Kirche kann auf beide nicht verzichten, weil hier das Sein des Menschen auf dem Spiel steht und weil die Liebe zum Menschen, „der auf Erden das einzige Geschöpf ist, das Gott um seiner selbst willen gewollt hat" (Gaudium et spes, 24), sie bewegt. Ohne solches Streben nach Wahrheit, nach Gerechtigkeit und nach Freiheit würde der Mensch sich selbst verlieren.
Erlaubt mir, hier in Compostela, dem geistlichen Herzen Galiciens und zugleich Lehrstätte einer Universalität ohne Grenzen, alle Gläubigen dieser geschätzten Erzdiözese und alle Gläubigen der Kirche in Spanien aufzufordern, im Licht der Wahrheit Christi zu leben, den Glauben mit Freude, Konsequenz und Schlichtheit zu Hause, bei der Arbeit und bei den staatsbürgerlichen Aufgaben zu bekennen.
Die Freude, sich als geliebte Kinder Gottes zu erkennen, führe euch auch zu einer immer tieferen Liebe zur Kirche, indem ihr sie in ihrer Aufgabe unterstützt, Christus zu allen Menschen zu bringen. Betet zum Herrn der Ernte, daß sich viele junge Menschen dieser Sendung im Amt des Priesters und im gottgeweihten Leben übereignen: Heute, wie immer, lohnt es sich, das ganze Leben der Aufgabe zu widmen, die Neuheit des Evangeliums zu verkünden.
Ich will nicht schließen, ohne vorher allen spanischen Katholiken meine Segenswünsche und meinen Dank für die Großzügigkeit bekundet zu haben, mit der sie zahlreiche Einrichtungen der Caritas und der humanitären Hilfe unterstützen. Werdet nicht müde, diese Werke aufrecht zu erhalten, die der ganzen Gesellschaft zugute kommen und deren Wirksamkeit sich besonders in der gegenwärtigen Wirtschaftskrise sowie bei den großen Naturkatastrophen, von denen verschiedene Länder heimgesucht wurden, gezeigt hat.Mit diesen Gedanken bitte ich den Allerhöchsten, daß er allen den Mut gebe, den der heilige Jakobus hatte, um den auferstandenen Christus zu bezeugen. Bleibt ebenso treu auf den Wegen der Heiligkeit. Gebt euch für die Ehre Gottes und das Wohl der am meisten verlassenen Brüder hin. Vielen Dank. (rv)

Papstreise: Schlechtes Wetter und gute Stimmung

Es wird keine politische, sondern eine pastorale Reise sein, die Benedikt XVI. an diesem Wochenende nach Spanien unternimmt. Die Hauptbotschaft des Papstes beim Besuch in Santiago ist wohl allen klar: Es geht ihm vor allem darum, das Pilgern auf dem Jakobsweg wieder christlich zu deuten. Der Abschluss des „Heiligen Jahres" in Santiago bietet dem Papst dazu die passende Gelegenheit. Mario Galgano ist für uns vor Ort. Wir haben unseren Korrespondenten gefragt, wie die Stimmung vor dem Papstbesuch ist.
„Wenn es nach den Wettervoraussagen geht, dann sieht es düster aus. Aber die Pilger und Besucher in Santiago sind zuversichtlich. Zumindest sieht man sie zahlreich und fröhlich in den Straßen und in der Jakobskathedrale. Vatikan-Fähnchen und Papst-Bilder hängen und trotzen dem Atlantikwind. Aus allen Ecken der Welt trifft man hier Menschen. Alles in allem ist die Stimmung aber auch sehr besinnlich, schließlich ist Santiago ein Ort der Einkehr und des Gebets."
Wie sieht das Papstprogramm in Santiago überhaupt aus? Gibt es Besonderheiten?
„Ja, die gibt es in der Tat. An diesem Samstag wird der Papst zum Auftakt seiner Wochenendvisite und aus Anlass des Heiligen Jahres das Grab des Apostels Jakob in der Kathedrale von Santiago besuchen. Doch im Gegensatz zu den anderen Wallfahrern wird der Papst kein Pilger-Zertifikat erhalten. Der Erzbischof von Santiago hat uns Journalisten gerade vor wenigen Augenblicken erklärt, dass man wenigstens 100 Kilometer zu Fuß oder 200 Kilometer mit dem Fahrrad zurücklegen muss. Der Papst hingegen kommt vom Flughafen direkt mit dem Papamobil und das zählt eben nicht als Pilgermarsch."
Sie haben mit dem Erzbischof Julián Barrio gesprochen. Was hat er zur Papstvisite gesagt?
„Er sagte uns Journalisten, dass der Besuch des Papstes die Pilgerrouten des Jakobswegs in aller Welt bekanntmachen werde. Und er fügte an, dass der Papst eine solche Pilger-Bescheinigung wirklich nicht nötig habe. Benedikt XVI. sei ein Vorbild für alle Pilger, so Bischof Barrio."
In den spanischen Medien wird auch von Protesten berichtet. Was ist im Augenblick von den Protesten zu sehen?
„Es gibt Gruppen, die den Papstbesuch für persönliche Zwecke „missbrauchen" möchten. Aber diese Gruppen sind marginal. Das schreiben auch die Medien selber. Man kann schon sagen, dass Benedikts Reise nach Santiago und Barcelona eher konfliktfrei sein dürfte. Auch wenn wir nicht vergessen dürfen, dass es noch bis vor wenigen Jahren ziemliche Spannungen zwischen dem Vatikan und Madrid gegeben hatte. Spaniens Vatikan-Botschafter Francisco Vázquez sagte in den spanischen Medien hierzu, die Beziehungen zwischen Spanien und Vatikan bzw. Staat und Kirche seien hervorragend und es gebe nichts, was diesen Besuch stören könnte." (rv)