Papst nimmt Rücktritt von Kardinal Meisner an

Kardinal MeisnerJoachim Kardinal Meisner ist nicht mehr Erzbischof von Köln. An diesem Freitag nahm Papst Franziskus das Rücktrittsgesuch des 80jährigen an. Das gab der Vatikan am Mittag bekannt. Meisner war 25 Jahre lang Erzbischof in Köln, davor war er für neun Jahre Erzbischof von Berlin. Das vom Kirchenrecht vorgeschriebene Rücktrittsgesuch zum 75. Geburtstag hatte Papst Benedikt 2008 nicht angenommen. Meisner will weiterhin in Köln wohnen bleiben und sich in der Seelsorge vor allem für alte Priester und Ordensleute engagieren, hatte er wiederholt gesagt.

Joachim Meisner
Ursprünglich hatte Joachim Meisner eine Lehre zum Bankkaufmann gemacht. Danach, mit 18 Jahren, trat der gebürtige Breslauer ins Priesterseminar in Magdeburg ein, machte Abitur, studierte Philosophie und Theologie und empfing im Dezember 1962 die Priesterweihe. Das Priesteramt sollte Meisner später als „das Beste“ bezeichnen, was ihm je passiert sei.

Dreizehn Jahre später wurde er zum Weihbischof des Bischöflichen Amtes Erfurt-Meiningen geweiht, bevor Papst Johannes Paul II. ihn 1980 zum Bischof von Berlin ernannte. Die beiden kannten sich schon seit Jahren. Auch zu Papst Benedikt XVI. hatte er ein gutes und persönliches Verhältnis.

Joachim Kardinal Meisner
Nur drei Jahre nach der Ernennung zum Bischof von Berlin wurde Meisner in das Kardinalskollegium aufgenommen. 1989 – kurz vor der deutschen Einheit – kam er vom Papst ernannt nach Köln, was damals von Kontroversen begleitet war. Es war der Beginn einer Amtszeit, in der der Kardinal stets profiliert, streitbar und mit klarer Sprache auftrat. Kardinal Meisner scheidet die Geister. Er wusste Gegenwind zu erzeugen, wusste mit Gegenwind umzugehen und konnte auch selbst zum Sturm werden. „Herr, lass mich stehen, wo die Stürme wehen“, sei sein Jugendgebet gewesen, erklärte Meisner einmal. (rv)

Gerhard Ludwig Müller: Ein Kardinal mit Erfahrungen vom „Ende der Welt“

Kardinal MüllerDie Erfahrungen Lateinamerikas werden die Kirche der Zukunft prägen. Davon ist Bischof Norbert Strotmann überzeugt. Der Herz-Jesu Missionar ist in Peru Bischof von Chosica und war zur Kardinalserhebung und zur Buchvorstellung Gerhard Ludwig Müllers in Rom. Er kennt den Kardinal seit Jahren von dessen Wirken in Peru. Müller war seit Ende der 80er Jahre in den Armenvierteln von Lima seelsorgerisch tätig, außerdem wirkte er durch Vorlesungen bei der Priesterausbildung mit. Dort lernte er 1988 auch den „Vater der Befreiungstheologie“ Gustavo Gutierrez kennen und schätzen.

Müller bringe viel Erfahrung aus Peru mit in sein Amt, die Theologie der Befreiung habe den Kardinal geprägt, ist Strotmann überzeugt, und zwar…

„insgesamt dadurch, dass Theologie stark an den Problemen des Menschen geerdet wird. In der christlichen Gotteserfahrung haben wir ja eine ganz spezielle Sichtweise, weil wir den Gott kennen, der sich um Menschen kümmert, der in Sorge um Menschen lebt. Gerhard Müller hat wiederholt gesagt, dass er Gustavo Gutierrez viel zu verdanken habe, gerade was Theologie angehe. Ich glaube, da geht es darum, Menschwerdung Gottes eben nicht als reine Vergangenheit zu sehen, sondern als tägliche Herausforderung. Was ist Gottes Sorge für den Menschen heute? Das sehe ich als die Fragestellung an, die Gerhard Ludwig Müller bei Gustavo Gutierrez gelernt hat.“

Diese Erfahrungen bringt aber nicht nur Kardinal Müller mit, sie prägen auch Papst Franziskus‘ Denken und Schreiben, etwa in Evangelii Gaudium. Schon als Kardinal habe Jorge Mario Bergoglio die Nähe zu den Menschen gepflegt, das zeige sich nun auch in seiner Amtsführung als Papst. Franziskus hatte bei seinem Amtsantritt die Formulierung einer „armen Kirche für die Armen“ geprägt, die jetzt auch im Titel von Kardinal Müllers neuem Buch „Armut: Herausforderung für den Glauben“ aufscheint. Eine „arme Kirche“ – das sei eine spannende Herausforderung für die gesamte Kirche, vor Ort wie auch im Vatikan, findet der Bischof:

„Arme Kirche, das ist nicht mehr die selbstgefällige Selbstverwaltung von Besitzstandards, sondern der Versuch, Christus nachzufolgen mit dem Risiko, das nicht aus der Position des Besitzenden, sondern aus der Position dessen zu tun, der sich wie Christus ganz einfach auf den Menschen einlässt. Gerade auch auf den, der es am meisten nötig hat. Und das, glaube ich, ist eine schöne Herausforderung für die Kirche der Zukunft, es dürfte aber auch für die römische Zentralbehörde vieles an Neuigkeiten bringen, so dass wir auch da noch nicht wissen, wie es weitergehen wird. Ich bin aber guten Mutes, weil ja Franziskus angedeutet hat, dass er auf jeden Fall insistiert, dass die Mitarbeit und Mitverantwortung der Bischöfe auf Weltebene ganz neu in den römischen Alltag reinkommen soll.“ (rv)

Konsistorium: „Ein bisschen frustrierend“

barbarinGanz so geheim ist es mittlerweile nicht mehr, was der Papst letzte Woche mit seinem Kardinalskollegium alles so besprochen hat. Der deutsche Kardinal Reinhard Marx und einige andere haben von ihren Eindrücken beim „Konsistorium“ vom Donnerstag und Freitag hinter verschlossenen Türen berichtet. Wir haben noch einmal mit dem Erzbischof von Lyon, Kardinal Philippe Barbarin, gesprochen und ihn vor allem nach dem Stil des neuen Papstes gefragt. Wie ist das denn so, wenn Papst Franziskus zur Beratung in die Synodenaula des Vatikans bittet?

„Das ist ein brüderlicher Moment und gleichzeitig ein bisschen frustrierend, denn jeder spricht zwischen fünf und sieben Minuten, also hört man etwa achtzig Wortmeldungen direkt hintereinander! Es gibt keine wirklichen Diskussionen unter uns. Man spricht mit seinen Sitznachbarn, mit dem, der vor einem sitzt, dem, der hinter einem sitzt, aber sonst hat man kaum brüderliche Kontakte. Es gibt kleine Kaffeepausen, wenn man da etwas auf dem Herzen hat, stürzt man auf einen Kardinal zu und sagt: ‚Weißt du, dies und das wollte ich dir noch sagen…’ Aber das ist schon etwas heftig, an einem Nachmittag 25 Wortmeldungen am Stück zu hören!“

Papst Franziskus will das synodale Element noch stärker betonen als seine Vorgänger, und darum richten sich große Erwartungen auf die angesetzten Bischofssynoden vom Herbst 2014 und 2015. Doch die Art und Weise der Debatten in der Synodenaula hat sich, so ergibt sich aus den Bemerkungen von Kardinal Barbarin, im Vergleich zu früher noch nicht so richtig verändert.

„Man hört allen aufmerksam zu; viele haben ja wirklich neue und interessante Vorstellungen, darum macht man sich Notizen – aber alles in allem hat man da noch nicht die Formel gefunden, man muss sie weiter suchen. Also, ein gutes und brüderliches Klima, ohne Zweifel, man ist auch einfach froh, sich mal wieder zu sehen. Man braucht ja auch diese brüderlichen Kontakte untereinander, man hat sich Dinge zu sagen, lädt sich gegenseitig ein… also, es herrscht da eine gewisse Brüderlichkeit.“ (rv)

Der Methusalem des Papst-Senates

Kardinal CapovillaEr ist nicht nur mit Abstand der Älteste im Kardinalskollegium – Loris Capovilla ist auch in manch anderer Hinsicht außergewöhnlich. Der 98-Jährige war einmal – das ist fünfzig Jahre her! – der Privatsekretär von Johannes XXIII. Ende April nun wird der Roncalli-Papst heilig gesprochen, und Capovilla ist – seit dem vergangenen Wochenende – Kardinal. Im Gespräch mit Radio Vatikan scherzt der Methusalem des Papst-Senates:

„Ich grüße euch als römischer Priester! Ich bin zufrieden darüber, denn diese Tatsache, ein ‚neuer’ römischer Priester zu sein, erinnert mich an meine Berufung.“

Tatsächlich entstand das heutige Kardinalskollegium historisch aus den römischen Pfarreien und Pfarrei-ähnlichen Einheiten, Roms Priester gehörten also zu den ersten Senatoren ihres Bischofs. Kardinal Capovilla war zu alt, um zum Konsistorium nach Rom zu reisen; er hat die Kardinalserhebung am Fernseher mitverfolgt.

„Mein Eindruck von der Predigt des Heiligen Vaters (am Sonntag) war, dass er uns in ein Klima der Heiligkeit eintreten lässt. Tatsächlich wird dieses Jahr ja geprägt vom feierlichen Einschreiben Johannes XXIII. und Johannes Pauls II. ins Buch der Heiligen.“

Es sei kein „Luxus“, heilig zu sein, sondern etwas Notwendiges für das Heil der Welt, sagte Papst Franziskus in seiner Predigt. Capovilla kommentiert:

„Ich habe da an das fünfte Kapitel (des Konzilstextes) Lumen Gentium gedacht, das die Überschrift hat: Universelle Berufung zur Heiligkeit. Nicht der Priester, oder der Kardinal, oder der Bischof, oder der Mönch, sondern alle Christen – alle Männer und Frauen, die Träger von Gottes Licht sind – alle sind wir zur Nächstenliebe berufen, zur Güte, zum Dienst, zur Demut, zum Opfer. Und das soll leuchten in der Welt. Nicht umsonst hat Papst Benedikt XVI. – dem unsere ganze Verehrung gilt – gesagt, der Polarstern des XXI. Jahrhunderts müsse das Zweite Vatikanische Konzil sein. Es geht um die Hoffnung einer Gemeinschaft, die sich auf eine Zivilisation der Liebe zubewegt. Die Ansprachen von Papst Franziskus in diesen Tagen, nein: an allen Tagen, haben mich dazu inspiriert.“

Ein neuer Kardinal trete ein in die Kirche von Rom – nicht in einen Hofstaat. Diese Papstworte vom Sonntag sind von vielen Medien zitiert worden. In dem 98-jährigen Kardinal aus Norditalien sind bei diesen Worten Erinnerungen aufgestiegen.

„Ich habe an das gedacht, was mich Papst Johannes gelehrt hat. Er sagte mir: ‚Loris, sprich von der Gegenwart mit Milde und Zutrauen, verlier nie den Mut. Von der Vergangenheit sprich möglichst gut und sei denen, die vor dir kamen, dankbar für das, was sie geleistet haben, trotz der Grenzen ihrer Zeit, ihrer Bildung und Lage. Und was die Zukunft betrifft: Da mach keine Vorhersagen, das steht dir nicht zu!’ Ich erinnere mich auch an die letzten Worte von Papst Johannes, sein Testament an die Kirche, die er so sehr geliebt hat: Er sagte, um Christ zu sein, müsse man groß denken und weit sehen. Das ist mein Wunsch… Ich habe sehr wenig geleistet in meinem Leben, ich fühle mein ganzes Kleinsein. Aber mit Jesus werde auch ich zu jemandem. Im Namen Jesu kann auch ich in das Haus eines Kranken gehen und sagen ‚Steh auf und geh!’ Im Namen Jesu kann auch ich Gift trinken oder in einem entchristlichten Umfeld leben, ohne dass ich vergiftet werde, denn ich entgifte mich durch das Gebet… Jesus hat mir gesagt, dass ich mit seiner Hilfe alle Sprachen sprechen kann: Sie fließen zusammen in der Sprache der Liebe.“

Capovilla wurde am 14. Oktober 1915 in der Nähe von Padua geboren; ab 1953 war er Sekretär von Angelo Giuseppe Roncalli, der zunächst Patriarch von Venedig und ab 1958 Papst war. Nach dem Tod des Papstes 1963 wurde Capovilla Erzbischof; seit Ende der achtziger Jahre wohnt er im Geburtsort Johannes XXIII., er hat viele Bücher über ihn geschrieben oder herausgegeben.  (rv)

 

Erzbischof Gänswein: Zum Abschied eines Papstes

Erzbischof Gänswein28. Februar 2013 – Abschied eines Papstes. Benedikt XVI. verzichtet auf sein Amt, lebend, ohne Druck von außen, nach reiflicher Überlegung und langem Gebet. Zum bevorstehenden Jahrestag des Amtsverzichtes sprachen wir mit Erzbischof Georg Gänswein, Präfekt des Päpstlichen Hauses und nach wie vor Privatsekretär von Benedikt XVI. Gudrun Sailer führte das Gespräch und wollte von Erzbischof Gänswein zunächst wissen, wie es dem emeritierten Papst geht.

„Es geht ihm gut! Er ist guter Dinge, er ist mit sich und Gott im Frieden.“

Papst Benedikt, so war zu erfahren, empfängt nach wie vor allerlei Post. Wie viel?

„Nach der Verzichtserklärung kamen stapelweise, sackweise Briefe. Dann ist es Gottseidank nach der Wahl von Papst Franziskus ruhiger geworden, und erst nach einem halben Jahr ging es wieder ganz langsam los, und es ist in er Musik würde man sagen ein Crescendo: es steigt. Es kommen Briefe über das Staatssekretariat, oder über mich oder direkt ins Kloster Mater Ecclesiae [an den Wohnort des emeritierten Papstes, Anm.], und am Ende kommt es zu ihm. Manchmal hat man den Eindruck, die Post nimmt kein Ende.“

Welche Anliegen tragen die Menschen an den emeritierten Papst heran?

„Es sind Briefe, die Dankbarkeit zum Ausdruck bringen, auch Briefe, die nicht Enttäuschung, sondern ein Schocksituation zum Ausdruck gebracht haben, weil viele nicht wahrhaben wollten, dass es so etwas gibt , wie auf das Amt des Petrus zu verzichten; es gibt Briefe mit der Bitte um Gebet, Briefe mit der Bitte um Begegnung, es sind viele Formen des Inhalts der Briefe. Alle werden so gut es geht beantwortet, aber der Heilige Vater kann natürlich nicht allen Bitten um Begegnung entgegenkommen, weil ihm das über den Kopf wachsen würde.“

Wie erklären Sie sie, dass so viel geistlicher Bedarf daran besteht, mit diesem versteckten Papst in Verbindung zu bleiben?

„Ich glaube, dass es eine natürliche Empfindung der Dankbarkeit ist, die sich nach dem ersten Schock des Verzichtes deutlich gezeigt hat, und dass nicht wenige Menschen diese Dankbarkeit nicht nur für sich behalten, sondern auch Papst Benedikt mitteilen wollen, und ich finde das eine schöne und menschliche Geste, und man will dadurch wohl auch zum Ausdruck bringen, dass man die Jahre Benedikts nicht vergessen hat, zumal die ersten Monate von Papst Franziskus ein wahrer Euphorismus ausgebrochen ist, und das ist auch gut für die Kirche und für den Glauben, und manche haben die Sorge, dass darunter die Vorgängerjahre von Papst Benedikt XVI. total vergraben werden. Da möchten sie auch zeigen, dem ist nicht so.“

Vor einem Jahr, am 28. Februar 2013: Der Abschied des sich zurückziehenden Papstes aus Rom, der Hubschrauberflug nach Castelgandolfo; Sie waren dabei. Was ist Ihr innerer Soundtrack für diesen Abschied, was werden Sie daran nie vergessen?

„Die Optik war wunderbar vom Hubschrauber aus, noch einmal Peterskuppel und Petersplatz, das alte klassische antike Rom bis hin zu den Ville Pontificie in Castelgandolfo. Der Seelenzustand bei mir war alles andere als heiter, schön und großartig. Es war schon eine große Traurigkeit, weil es Abschied bedeutete und auch ein Lassen von Jahren, von großen Erfahrungen, die natürlich auch Schweres beinhaltet haben. Es war ein Feedback von all dem in kurzer Zeit, was die Jahre des Pontifikates von Papst Benedikt XVI. für mich bedeutet haben.“

Ein Lassen ist doch auch etwas Leichtes?

„Im Augenblick des Lassens war es für mich schwer. Ich habe danach gelernt, dass Lassen schön ist, wichtig ist, und dass man Lassen können muss, sonst wird’s schwierig. Es ist mir geschenkt worden, das zu sein was ich war, Sekretär von Papst Benedikt, nun ist ein anderer dran, nun ist die Aufgabe eines anderen die, die ich hatte, und dem wünsche ich viel Glück.“

Herr Erzbischof, Sie sind Diener zweier Herren in einer Form, die noch nie da war. Sie arbeiten an der Seite zweier Päpste, sehen beide jeden Tag aus der Nähe. Was ist aus Ihrer Sicht der wesentliche Unterschied – nicht der äußerliche, sondern der wesentliche Unterschied zwischen diesen beiden Päpsten?

„Der wesentliche Unterschied ist die Erfahrung, die sie mit hineingebracht haben ins Papstamt. Siewissen, Papst Benedikt hat als Kardinalpräfekt der Glaubenskongregation 23 Jahre an der Seite mit Johannes Paul II. gearbeitet, und Papst Franziskus hat als Erzbischof, als Kardinal Bergoglio fast 20 Jahre eine große Erzdiözese in Argentinien geleitet. Die Erfahrungen, die aus dieser Zeit gewachsen sind, haben beide mit ins Papstamt genommen, und das ist der große wesentliche Unterschied.“

Was lernen Sie mit Papst Franziskus?

„Zunächst habe ich gelernt, dass Papst Franziskus ein Mann ist, der unberechenbar ist und bleibt. Natürlich, ein Tag muss geplant werden, vor allem, das ist unsere Aufgabe als Präfektur, dass wir Vorschläge machen für die Audienzen, damit ein ordnungsgemäßer Ablauf da ist, das war am Anfang nicht ganz so einfach, dass sich das einmal kurzzeitig überschlägt; ich habe gelernt, dass man auch auf kurzzeitige Änderungen richtig, schnell, beherzt und auch humorvoll reagieren muss.“

Viele sagten, der Amtsverzicht eines Papstes hat Auswirkungen auf das Amt selbst. Wie sehen Sie diese Aussage nach Ablauf eines Jahres?

„Ich glaube schon, dass es Auswirkungen hat auf die Sicht des Petrusamtes, aber nicht auf das Wesen, sondern dass man noch besser unterscheiden lernt zwischen der Person und dem Amt, zwischen dem Amt und dem Amtsinhaber. Das Petrusamt ist einer Person gegeben worden, momentan ist es so, dass eben das Kardinalskollegium wählt, in der Regel einen aus ihrer Reihe, und dass man tatsächlich das Amt mit dem Papst so verbunden hat, dass es gar nicht mehr anders ging als ein Amtsende, das durch den Tod des Papstes eintritt, und dann die Sedisvakanz. Aber es gab immer auch im kanonischen Recht, in der Theologie, das Faktum, dass auch eine Verzichtserklärung zur Sedisvakanz führen kann. Nur das hat Jahrhunderte nicht mehr stattgefunden. Jetzt erst wieder und deshalb ist es für viele neu, vor allem empfindungsmäßig neu. Insofern glaube ich, dass ein tieferes Nachdenken über Amt, Amtsperson, stattfinden wird und dass da auch gute Früchte herauskommen werden.“

Wie empfindet der eine Papst den anderen auf diesem engen Raum? 44 Hektar ist nicht viel!

„Es ist Luft genug für beide gut zu leben – das ist gar keine Schwierigkeit, ganz im Gegenteil, sie suchen auch die Nähe. Sie meinen, dass sie nahe aufeinander leben, und diese Nähe würde Schwierigkeiten bereiten? Ganz im Gegenteil. Sie leben in einem Abstand von 400 Metern und manchmal suchen sie den Abstand von 30 Zentimetern. Das heißt, die Nähe ist eine gute, hilfreiche Form der Begegnung und in dieser Zeit ist auch eine große tiefe Freundschaft gewachsen, vor allem auch ein gemeinsame Miteinander und überhaupt keine Schwierigkeit zwischen dem, was der regierende Papst zu tun hat und dem, was der Papa emeritus Tag für Tag tut.“

Erzbischof Gänswein, wohin wird die vieldiskutierte Kurienreform führen?

„Da bin ich selber gespannt, was einmal die Kommission der acht Kardinäle, die von Papst Franziskus eingesetzt worden ist, was die dem Papst aus Hausaufgaben mitgebracht haben. Bis jetzt ist noch nichts Konkretes herausgekommen. Ich selber bin gespannt, so wie Sie, so wie andere, glaube aber nicht, dass da Umstürzendes geschehen wird. Ich arbeite jetzt 15 Jahre da, kenne ein bisschen Personen und Strukturen Situationen und erwarte mir nicht allzu große Veränderungen. Es gibt einige Elemente, die man verbessern muss, und ich kann nur hoffen, dass das gemacht wird.“

Welche Elemente muss man verbessern?

„Da möchte ich der Kommission nicht vorgreifen und nichts sagen, wenn es soweit ist, werde ich sagen, ob das, von dem ich meinte, dass man es verbessern kann, auch verbessert worden ist.“

(Das Gespräch wurde vor dem Konsistorium vom 22. Februar zur Schaffung von 19 Kardinälen aufgezeichnet, bei dem Papst Benedikt XVI. überraschend im Petersdom anwesend war.)  (rv)

Caritas internationalis nimmt an Expo 2015 teil

Kardinal Rodriguez MaradiagaAn der Expo 2015 in Mailand wird auch Caritas internationalis teilnehmen. Das kündigte der Präsident des katholischen Hilfswerkes, Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga, an. Damit will der Dachverband, der 164 nationale Caritasverbände bündelt, das Evangelium dort verkünden, wo man über Wirtschaft und Handel spricht, sagte der aus Honduras stammende Kardinal im Gespräch mit Radio Vatikan.

„An der Expo 2015 werden alle Länder der Welt teilnehmen. Deshalb haben wir gedacht, dass es sinnvoll ist, wenn auch wir dort vertreten sind, um die Frohe Botschaft in einem besonderen Kontext zu vermitteln. Es wäre sonst schade, wenn bei einer Weltausstellung nur Wirtschafts- und Handelsfragen behandelt werden.“

Das Motto der Ausstellung lautet „Den Planeten ernähren“. Dazu habe Caritas internationalis einiges zu sagen, findet Kardinal Maradiaga.

„Weil es auch darum geht, etwa die Bedeutung der Landwirtschaft hervorzuheben. Wir müssen leider feststellen, dass in diesem Bereich in den vergangenen Jahren viel Schaden gerichtet wurde. Aber denken wir doch mal darüber nach, welches Potential beispielsweise Afrika im Bereich der Landwirtschaft hätte! Positive Resultate können aber erst erreicht werden, wenn wir alle mithelfen.“

Caritas internationalis führt derzeit eine Kampagne gegen den Hunger durch, die just zum Start der Expo 2015 beendet sein soll. Maradiaga ist einer der engsten Berater von Papst Franziskus. Im Erzbistum Mailand hoffen viele auf einen Besuch des Papstes auf der Expo. (rv)

Kardinal Ricard über wiederverheiratete Geschiedene

Kardinal RicardBei den internen Kardinalsberatungen mit dem Papst letzte Woche hat sich ein möglicher Weg gezeigt, wie die Kirche stärker auf wiederverheiratete Geschiedene zugehen könnte. Das gab der Erzbischof von Bordeaux, Kardinal Jean-Pierre Ricard, im Gespräch mit der Zeitschrift „Famillie Chrétienne“ zu erkennen. Es gehe nicht darum, die Enzyklika Humanae Vitae Pauls VI. in der Schublade verschwinden zu lassen noch die katholische Lehre der Zeit anzupassen, sondern Betroffenen einen Weg anzubieten, der zu ihrer Wiederzulassung zu den Sakramenten führen könne. Am Ausgangspunkt müssten das tatsächliche Scheitern der ersten Ehe und die Tatsache stehen, dass aus der zweiten Ehe Kinder geboren worden seien. Dann müsse der Betreffende den wirklich starken Wunsch nach dem Sakramentenempfang und den Willen haben, seinen Kindern den Glauben weiterzugeben. Hier könnte ein individueller Weg der inneren Buße beginnen, der von der Kirche begleitet werde. Einen Automatismus dürfe es allerdings nicht geben, so Kardinal Ricard, sonst werde der Begriff der christlichen Barmherzigkeit banalisiert. Der Weg der Buße und zurück zu den Sakramenten könne auch keine allgemeine Norm werden, sondern nur in konkreten Einzelfällen beschritten werden.  (rv)
 

Vatikansprecher Lombardi: Rolle des IOR weiter ungeklärt

Pater Lombardi PressekonferenzDie Zukunft des vatikanischen Geldinstitutes IOR ist weiter ungewiss. Durch die Einrichtung eines neuen Wirtschaftssekretariats durch Franziskus am Montag ist die zukünftige Rolle des „Istituto per le Opere di Religione“ noch nicht geklärt worden. Das sagte Vatikansprecher Federico Lombardi am Montag im Interview mit Radio Vatikan.

„Das ,Istituto per le Opere di Religione‘ bleibt weiter ein Objekt der Analyse und der Reflektion, es wurde von dieser Reorganisation nicht berührt. Diese hat einen sehr viel weiteren Horizont – sie betrifft die wirtschaftlichen und administrativen Dimensionen des Heiligen Stuhles und des Vatikanstaates in ihrem Zusammenspiel. Das ist also ein sehr viel weiterer und komplexerer Rahmen, während das IOR eine einzelne Institution ist und eine spezifische Funktion hat – es ist ein kleiner Dübel in einer sehr viel breiteren Realität“.

Die von Franziskus am Montag mit einem Motu Proprio eingerichtete Aufsichtsbehörde beschreibt der Sprecher als „starke Institution“ mit zentralen Kompetenzen, die alle wirtschaftlichen Angelegenheiten des Heiligen Stuhles und des Vatikanstaates betreffen.

„Sie macht die Bilanzen, veröffentlicht sie und ist einem Rat für Wirtschaft aus 15 Mitgliedern verantwortlich (…), von denen acht Kleriker sind, Kardinäle oder Bischöfe, und sieben Laien, alles Finanz- und Wirtschaftsexperten. Der neue Rat für wirtschaftliche Angelegenheiten nimmt also den Platz des bisherigen Rates der 15 Kardinäle ein, der bislang die Finanzen des Heiligen Stuhles kontrollierte.“

Mit dem Motu Proprio habe der Papst die bisherige Rolle der vatikanischen Güterverwaltung (APSA) als Zentralbank des Vatikans „bestärkt“ und „präzisiert“, so Pater Lombardi. Auch die Finanzaufsichtsbehörde Aif werde ihre bisherige Rolle behalten, erklärte der Sprecher: Aufgrund ihrer Funktion im Kampf gegen Geldwäsche müsse sie eine Institution bleiben, „die völlig unabhängig von den anderen“ sein müsse, so Lombardi. Unabhängig sei im Übrigen auch der neue „Revisor“. Laut Motu Proprio soll er das Recht und die Aufgabe haben, jederzeit jede Institution des Heiligen Stuhles oder des Vatikanstaates zu kontrollieren. Lombardi:

„Natürlich ist der Revisor an sich unabhängig vom Wirtschaftssekretariat, weil er wirklich eine Aufgabe der Revision hat.“

Franziskus war mit der Schaffung eines neuen Sekretariates sowie eines Rates für Wirtschafts- und Verwaltungsangelegenheiten einer Empfehlung der Kardinalskommission zur Prüfung der wirtschaftlichen und administrativen Strukturen des Heiligen Stuhles gefolgt. Zum Präfekten des Wirtschaftssekretariats hat der Papst den australischen Kardinal George Pell ernannt. Der Rat soll aus 15 Mitgliedern bestehen, davon acht Kardinäle oder Bischöfe und sieben Laien-Experten unterschiedlicher Nationalität. Dass das vatikanische Finanz- und Wirtschaftsministerium den Titel Sekretariat erhält, rückt es sprachlich in die Nähe des vatikanischen Staatssekretariats, dem es einige Kompetenzen abnehmen wird. Franziskus` Entscheidung vom Montag ist die einschneidenste Kurienreform seit fast zwanzig Jahren. (rv)

Päpstlicher Familienrat: Familien gestalten mit

Erzbischof Vincenzo PagliaMit seinem Brief an die Familien will der Papst diese in den synodalen Weg miteinbeziehen. Das schreibt der Präsident des Päpstlichen Familienrates, Erzbischof Vincenzo Paglia, in einem Begleitschreiben zum Papstbrief an die Familien von diesem Dienstag. Das Gebet sei „die erste Art und Weise, an diesem gemeinsamen Weg teilzunehmen“, so Paglia wörtlich: „Die Familien – und das ist die Absicht von Papst Franziskus – sind nicht einfach das Objekt der Aufmerksamkeit. Sie sind auch Subjekt dieses Pilgerweges – sie stellen den überwiegenden Teil der Kirche.“ In der Liebe der Familie und ihrer Mitglieder verwirkliche sich das Werk Gottes, so der Präsident des Päpstlichen Familienrates weiter. Die heutige Zeit sei „verwirrend und unruhig“ – gerade deshalb brauche die Kirche das Zeugnis christlicher Familien, die das Wort Gottes und die Lehre der Kirche mit Leben füllten.

Die Ergebnisse der Vatikanumfrage zu Ehe und Familie dürften bereits in die Vorbereitung der Weltbischofssynode im Oktober 2014 mit einfließen. Das hat der Generalsekretär der Bischofsfamiliensynode, Kardinal Lorenzo Baldisseri, angedeutet. (rv)

Papstbotschaft an Medienschaffende: „Köpfe und Herzen berühren“

SIGNIS2014Die kommunikative Macht der Bilder prägt durch die Massenmedien die Erfahrungen, Hoffnungen und die Sorgen der kommenden Generationen. Das schreibt Papst Franziskus in einer Botschaft für den SIGNIS-Weltkongress katholischer Medien, der an diesem Dienstag in Rom beginnt. Die Botschaft ist von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin unterzeichnet.

„In einer globalisierten Welt, in der ständig neue Kulturen und neue Sprachen und Symbole geboren werden, entsteht eine neue Vorstellungswelt“, so der Papst. „Katholische Medienschaffende sind ständig herausgefordert, die Weisheit, Wahrheit und Schönheit des Evangeliums in einer Sprache zu vermitteln, welche die Köpfe und Herzen der vielen Menschen berührt, die nach Sinn und Richtung in ihrem Leben suchen.“ Der Papst erhoffe sich von dem Kongress Inspiration, Ermutigung und neue Ideen für diese „aufregende und anspruchsvolle Aufgabe.“

Thema des Kongresses ist „Medien für eine Kultur des Friedens“. Mehr als 300 katholische Medienschaffende werden sich in Workshops, Konferenzen und Podien über Herausforderungen und Entwicklungen austauschen. Es wird unter anderem um Kino und Spiritualität, um „social marketing“ und um Ausbildungsfragen gehen. Die Eröffnungsansprache wird der Leiter der Zeitschrift „La Civiltà Cattolica“ Pater Antonio Spadaro halten.

Am Donnerstag wird der Papst die Teilnehmer des Kongresses in Audienz empfangen.

SIGNIS ist der weltweite katholische Medienverband, er entstand 2001 aus dem Zusammenschluss verschiedener Organisationen, die ihrerseits bis in das Jahr 1928 zurück gehen. Er wird vom Vatikan als der offizielle katholische Medienverband anerkannt und hat Beobachterstatus unter anderem bei der UNESCO. Der letzte Weltkongress fand 2009 statt. (rv)