Vor 75 Jahren: Pius XI. stirbt

Papst Pius XI.Am 10. Februar vor 75 Jahren starb im Vatikan Papst Pius XI. – der Papst der Lateranverträge und der Enzyklika „Mit brennender Sorge“. Wenige Monate vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs sprangen die Zeiger damit auf Wechsel im Vatikan. Der gelehrte Lombarde Achille Ratti hatte 17 Jahre lang als Nachfolger des heiligen Petrus auf dem römischen Bischofsstuhl gesessen. Sein größtes Verdienst in dieser Zeit: Er hatte mit Mussolini die Lateranverträge geschlossen und damit seinen Frieden mit Italien gemacht, der Vatikan war entstanden und hatte eine völkerrechtliche Absicherung.

„Einige Biografien von Pius XI. verzeichnen, dass dieser schon als Anwärter aufs Priesteramt zu seinen Freunden gesagt habe: Wenn ich eines Tages mal Papst werden sollte, dann würde ich mit dem italienischen Staat per Konkordat Frieden schließen.“ Das berichtet Agostino Gavazzi vom Pius-XI.-Studienzentrum aus Desio, der Heimatstadt des Papstes. Aber Pius sah durchaus auch die dunklen Seiten an Mussolini und überhaupt an den Diktatoren seiner Zeit: Mit ihm begann das Papsttum als Verteidigerin der Menschenwürde die Stimme zu erheben. „Er tat das mit Enzykliken, die den atheistischen Kommunismus verurteilten, die den Faschismus als Einschränkung der Freiheit des Einzelnen verurteilten und die den Nationalsozialismus mit seiner Brutalität verurteilten.“

Enzyklika gegen Rassenwahn blieb in der Schublade

„Mit brennender Sorge“ hieß die Enzyklika von Pius XI. gegen die Nazis in den dreißiger Jahren. Es war die erste Enzyklika überhaupt, die auf deutsch verfasst wurde, richtete sie sich doch vor allem an das Reich. Sie wurde dort überall von den Kanzeln verlesen, nährte den Widerstand vieler Katholiken gegen Hitler. Eine weitere Enzyklika gegen Rassenwahn und Judenverfolgung blieb Entwurf, der Tod des Papstes verhinderte ihre Veröffentlichung, erst Jahrzehnte danach wurde der Text bekannt – lange nach dem Holocaust.

Pius` Tod fiel in die schwierige Zeit kurz vor dem Zweiten Weltkrieg. Sofort erhoben sich Gerüchte, er sei vergiftet worden. Nun war zwar der Vater von Mussolinis Geliebter einer der im Vatikanischen Gesundheitszentrum tätigen Ärzte. Doch es gibt bis heute nicht den geringsten Hinweis auf einen Mord an Pius XI. Am 2. März wurde nach einem kurzen Konklave sein Kardinalstaatssekretär Eugenio Pacelli zum Papst gewählt: Pius XII.

Zwei Flaschen Wein für den Nachfolger

„An Pius XI. fällt vor allem auf, von welcher Aktualität er auch heute noch ist“, sagt Agostino Gavazzi. „Er hat sich sehr geschickt der Medien bedient, vor allem des Radios.“ Gavazzi gefällt vor allem die Sozialenzyklika Quadragesimo Anno: „Sie spricht, vielleicht zum ersten Mal überhaupt, vom Prinzip der Subsidiarität. Und sie nennt die Arbeit ein Instrument der Menschenwürde und des menschlichen Wachstums. Und Profit sei zwar nichts Schlechtes in sich, solle aber dem Wohl der Menschheit insgesamt zugute kommen. Auch hier zeigt sich wieder mal die Aktualität von Papa Ratti!“

Im Geburtshaus des Papstes in Desio werden einige Erinnerungsstücke an Pius aufbewahrt. Die kurioseste ist bestimmt – eine Flasche Wein. „1938 war der Papst krank geworden; da bekam er ein paar Flaschen Wein aus Karthago geschenkt. Daraufhin entschied er, zwei davon übrigzulassen für den, der im Jahr 2000 Papst sein würde. Das Interessante ist, dass sich Pius XI. als ein polnischer Bischof bezeichnete, weil er in seiner Zeit als Nuntius in Polen zum Bischof geweiht worden war; und der Papst des Jahres 2000, der die Flaschen zum Geschenk bekam, war der polnische Papst Karol Wojtyla! Johannes Paul II. behielt eine dieser Flaschen für sich, die zweite schenkte er dem Museum in Desio. Und die haben wir heute hier in der Vitrine, mit dem Etikett: Pius XI., für seinen Nachfolger des Jahres 2000.“ (rv)

Staatsekretär Parolin für schlanke Kurie

EB Pietro ParolinDie römische Kurie solle ein „bewegliches und schlankes“ Mittel im Dienst an der „Mission der Kirche in der Welt von heute“ sein. Das sagt der neue Staatsekretär Piero Parolin in einem langen Interview mit der italienischen Zeitung „Avvenire“ vom Sonntag. Die Kurie müsse dem Papst, den Bischöfen, der Welt- und den Ortskirchen dienen. Es gebe immer die Gefahr des Machtmissbrauchs, allerdings reichten Strukturreformen allein nicht aus, es sei immer auch eine persönliche Bekehrung notwendig. Parolin kritisierte zugleich das einseitige Bild, das manche Medien von der Kurie zeichneten. In Vergangenheit und Gegenwart habe es viele heilige Menschen an der Kurie gegeben.
Zum Vatileaks-Skandal äußerte der zweite Mann im Vatikan die Hoffnung, dass er definitiv überwunden sei. Die Krise habe in ungerechter Weise Benedikt XVI. leiden lassen und bei vielen Menschen Anstoß erregt. Zum politischen Einsatz des Heiligen Stuhls befragt, unterstreicht der Staatsekretär die Priorität des Themas Frieden auf der Agenda der Vatikandiplomatie. Angesichts von Kritiken aus dem konservativen Spektrum an der vermeintlich „marxistischen Linie“ von Papst Franziskus in wirtschaftlichen Fragen, stellt Parolin die Gegenfrage: „Ist es Marxismus, wenn man zu nicht interessegeleiteter Solidarität auffordert und zur Rückkehr und einer Wirtschafts- und Finanzpolitik im Dienst am Menschen?“ Die starken Appelle im Schreiben „Evangelium Gaudii“ seien motiviert von der Wahrnehmung von Unrechtssituationen und von Ausschluss in Lateinamerika und in anderen Teilen der Welt. (rv)