55 Jahre „Pacem in Terris“

Ein ganz besonderer Geburtstag: „Pacem in Terris“ wird an diesem Mittwoch 55 Jahre alt. Die Enzyklika des heiligen Papstes Johannes XXIII. war gleich in mehrfacher Hinsicht bahnbrechend.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt.

„Pacem in Terris soll in diesem Jahr des Herrn 1963 unser Ostergeschenk sein“: So kündigte der Roncalli-Papst damals seinen Text an. 1963: Das ist mitten im Kalten Krieg. Kuba-Krise, Angst vor einem neuen Weltkrieg, zugleich Zweites Vatikanisches Konzil und letztes Pontifikatsjahr von Johannes.

„Der Text breitet die Lehre der Kirche zum Thema Frieden aus. Es geht um die Elemente, die zu einem authentischen Frieden führen – im persönlichen, familiären und im öffentlichen Ambiente.“

Zum ersten Mal schreibt ein Papst eine Enzyklika nicht nur an eine bestimmte Gruppe – etwa die Bischöfe oder alle katholischen Gläubigen – sondern ausdrücklich an „alle Menschen guten Willens“. Eine Formel, die sich seither für diese päpstlichen Lehrdokumente eingebürgert hat.

Johannes schreibt bewusst an alle in Ost und West. Seine These: Frieden kann nicht durch ein Gleichgewicht des Schreckens, also durch nukleare Abschreckung, entstehen.

„Frieden ist nicht so sehr ein Gleichgewicht äußerer Kräfte als vielmehr ein Gottesgeschenk, Unterpfand der Liebe Christi, der die Seelen der Menschen mit dem Vater aussöhnt und sie mit seiner Gnade umfängt.“

“ Kirche gehört nicht zum Osten und nicht zum Westen ”

Der 11. April ’63, Tag der Veröffentlichung, ist der Gründonnerstag. Johannes ist schwerkrank; er weiß, dass er nicht mehr lange leben wird. Das macht „Pacem in Terris“ zu seinem Vermächtnis. „Wahrheit, Gerechtigkeit, Liebe und Freiheit“ nennt der Papst schon im Untertitel die Hauptvoraussetzungen für Frieden.

„Wir vertrauen darauf, dass die Botschaft der Enzyklika Pacem in Terris von den Menschen freudig und mit offenem Herzen aufgenommen werden wird. Und wir werden ihren Lauf mit unserem Gebet begleiten und mit der Zuneigung, die alle Völker umarmt.“

Erstmals macht ein hochrangiger päpstlicher Text auf die wichtige Rolle der Frauen aufmerksam. Aber auch dieser Satz findet sich in der Jahrhundert-Enzyklika, unter der Nummer 41: „Es kann nicht ein für allemal entschieden werden, welche Staatsform die geeignetere ist…“

Die Kirche gehört nicht zum Westen und nicht zum Osten, macht der Papst klar. Auch deswegen wird seine Enzyklika diesseits wie jenseits des Eisernen Vorhangs interessiert aufgenommen. Bis heute inspiriert sie die Friedensarbeit der Kirche überall auf der Welt.

Unser Video zeigt historische Aufnahmen aus der Entstehungszeit der Enzyklika; dazu hören Sie eine Ton-Aufnahme der Ankündigung von Pacem in Terris durch Johannes XXIII. in italienischer Sprache. (vatican news)

„Die Enzyklika ist fertig“

DokumenteSelten ist eine Enzyklika derart mit Spannung erwartet worden wie die zweite von Papst Franziskus: Von der Umwelt soll sie handeln, auch vom Klimawandel – die Themenwahl ist eine Premiere für eine Enzyklika. Jetzt sagt der Kanzler der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften, Erzbischof Marcelo Sánchez Sorondo, am Dienstag zu Radio Vatikan: „Der Papst hat heute (Dienstag, Anm. d. Red.) gesagt, dass die Enzyklika fertig ist. Im Moment werden die Übersetzungen erstellt, und dann kommt sie wohl Ende Mai oder Anfang Juni heraus.“

Sánchez Sorondo hat am Dienstag eine Konferenz zum Thema Klimawandel im Vatikan abgehalten, an der auch UNO-Chef Ban Ki-Moon und Italiens Präsident Sergio Mattarella teilnahmen. Dass der Vatikan sich das Thema Umwelt und Klima dermaßen zu Herzen nimmt, ist neu. Und es hat nach Angaben des Erzbischofs zwei Gründe: „Der eine kommt von der Bibel her. Für sie ist der Mensch der Hüter – in dem Sinn, dass er mit der Schöpfung auf nachhaltige Weise, wie wir heute sagen, umgehen soll. Das hat vor allem Paul VI. in seiner Enzyklika ‚Populorum Progressio’ durchbuchstabiert: Es bedeutet u.a. soziale Inklusion und eine Landwirtschaft, die auf die wirklichen Ernährungsbedürfnisse antwortet. Der zweite Punkt ist, dass die Lage der Erde vor allem von den Bio- und Sozialwissenschaften her beschrieben wird. Wir denken, dass die Enzyklika diese zwei Themen berühren wird.“

Schöpfungstheologie ist natürlich ein zentraler Punkt im christlichen Denken. Doch der zweite Bereich – das, was Sánchez Sorondo „die Lage der Erde“ nennt, die „von den Bio- und Sozialwissenschaften her beschrieben wird“ – ist nun nicht gerade ein theologischer Bereich. Gehört so etwas in eine Enzyklika, Herr Erzbischof? „Ja, natürlich! Das haben alle Päpste so gemacht: In nahezu allen Enzykliken haben sie Glauben und Vernunft zusammengebracht, einfach weil sich ohne Vernunft nicht argumentieren lässt… In unserem Fall liegt mehr wissenschaftliche als philosophische Vernunft vor – aber es bleibt Vernunft.“ (rv)

Vor 75 Jahren: Pius XI. stirbt

Papst Pius XI.Am 10. Februar vor 75 Jahren starb im Vatikan Papst Pius XI. – der Papst der Lateranverträge und der Enzyklika „Mit brennender Sorge“. Wenige Monate vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs sprangen die Zeiger damit auf Wechsel im Vatikan. Der gelehrte Lombarde Achille Ratti hatte 17 Jahre lang als Nachfolger des heiligen Petrus auf dem römischen Bischofsstuhl gesessen. Sein größtes Verdienst in dieser Zeit: Er hatte mit Mussolini die Lateranverträge geschlossen und damit seinen Frieden mit Italien gemacht, der Vatikan war entstanden und hatte eine völkerrechtliche Absicherung.

„Einige Biografien von Pius XI. verzeichnen, dass dieser schon als Anwärter aufs Priesteramt zu seinen Freunden gesagt habe: Wenn ich eines Tages mal Papst werden sollte, dann würde ich mit dem italienischen Staat per Konkordat Frieden schließen.“ Das berichtet Agostino Gavazzi vom Pius-XI.-Studienzentrum aus Desio, der Heimatstadt des Papstes. Aber Pius sah durchaus auch die dunklen Seiten an Mussolini und überhaupt an den Diktatoren seiner Zeit: Mit ihm begann das Papsttum als Verteidigerin der Menschenwürde die Stimme zu erheben. „Er tat das mit Enzykliken, die den atheistischen Kommunismus verurteilten, die den Faschismus als Einschränkung der Freiheit des Einzelnen verurteilten und die den Nationalsozialismus mit seiner Brutalität verurteilten.“

Enzyklika gegen Rassenwahn blieb in der Schublade

„Mit brennender Sorge“ hieß die Enzyklika von Pius XI. gegen die Nazis in den dreißiger Jahren. Es war die erste Enzyklika überhaupt, die auf deutsch verfasst wurde, richtete sie sich doch vor allem an das Reich. Sie wurde dort überall von den Kanzeln verlesen, nährte den Widerstand vieler Katholiken gegen Hitler. Eine weitere Enzyklika gegen Rassenwahn und Judenverfolgung blieb Entwurf, der Tod des Papstes verhinderte ihre Veröffentlichung, erst Jahrzehnte danach wurde der Text bekannt – lange nach dem Holocaust.

Pius` Tod fiel in die schwierige Zeit kurz vor dem Zweiten Weltkrieg. Sofort erhoben sich Gerüchte, er sei vergiftet worden. Nun war zwar der Vater von Mussolinis Geliebter einer der im Vatikanischen Gesundheitszentrum tätigen Ärzte. Doch es gibt bis heute nicht den geringsten Hinweis auf einen Mord an Pius XI. Am 2. März wurde nach einem kurzen Konklave sein Kardinalstaatssekretär Eugenio Pacelli zum Papst gewählt: Pius XII.

Zwei Flaschen Wein für den Nachfolger

„An Pius XI. fällt vor allem auf, von welcher Aktualität er auch heute noch ist“, sagt Agostino Gavazzi. „Er hat sich sehr geschickt der Medien bedient, vor allem des Radios.“ Gavazzi gefällt vor allem die Sozialenzyklika Quadragesimo Anno: „Sie spricht, vielleicht zum ersten Mal überhaupt, vom Prinzip der Subsidiarität. Und sie nennt die Arbeit ein Instrument der Menschenwürde und des menschlichen Wachstums. Und Profit sei zwar nichts Schlechtes in sich, solle aber dem Wohl der Menschheit insgesamt zugute kommen. Auch hier zeigt sich wieder mal die Aktualität von Papa Ratti!“

Im Geburtshaus des Papstes in Desio werden einige Erinnerungsstücke an Pius aufbewahrt. Die kurioseste ist bestimmt – eine Flasche Wein. „1938 war der Papst krank geworden; da bekam er ein paar Flaschen Wein aus Karthago geschenkt. Daraufhin entschied er, zwei davon übrigzulassen für den, der im Jahr 2000 Papst sein würde. Das Interessante ist, dass sich Pius XI. als ein polnischer Bischof bezeichnete, weil er in seiner Zeit als Nuntius in Polen zum Bischof geweiht worden war; und der Papst des Jahres 2000, der die Flaschen zum Geschenk bekam, war der polnische Papst Karol Wojtyla! Johannes Paul II. behielt eine dieser Flaschen für sich, die zweite schenkte er dem Museum in Desio. Und die haben wir heute hier in der Vitrine, mit dem Etikett: Pius XI., für seinen Nachfolger des Jahres 2000.“ (rv)

Papst arbeitet an Enzyklika zu „Ökologie des Menschen“

Pater LombardiVatikansprecher Pater Federico Lombardi hat am Freitagabend bestätigt, dass Papst Franziskus an einem Text zur „Ökologie des Menschen“ arbeitet. Dies hatte zuvor der französische Präsident Francois Hollande im Anschluss an sein Treffen mit Franziskus am Freitagmittag verlauten lassen. Franziskus arbeite an einem Text zu Umwelt-Themen; „die Perspektive ist die einer Enzyklika“, so Lombardi. Bisher handele es sich allerdings um ein grade erst begonnenes Projekt; wie lange Franziskus noch daran schreibe und wann mit einer Veröffentlichung zu rechnen sei, lasse sich deshalb aktuell nicht sagen. Grundsätzlich lasse sich aber feststellen, dass Papst Franziskus beabsichtige, die Bedeutung einer „Ökologie des Menschen“ herauszustellen, so der Vatikansprecher. (rv)

Aktenzeichen: Enzyklika „Mit brennender Sorge“

Vor 75 Jahren veröffentlichte Papst Pius XI. seine Enzyklika an die Deutschen. Papst Pius XI. wandte sich ab 1931 erstmals per Radio aus dem Vatikan direkt an die Menschen. Noch herrschte Frieden auf der Welt. Aber es sollte nicht mehr lange dauern bis zur Katastrophe des 2. Weltkrieges. In der Tat: 1933 kam Adolf Hitler zur Macht, im Vatikan sah man mit zunehmender Sorge auf das dumpfe Geschehen in Berlin. Papst Pius XI. und sein Kardinalstaatssekretär Eugenio Pacelli – langjähriger Nuntius in Deutschland – trugen immer schwerer die Last einer großen Verantwortung.

„Mit brennender Sorge und steigendem Befremden beobachten Wir seit geraumer Zeit den Leidensweg der Kirche, die wachsende Bedrängnis der ihr in Gesinnung und Tat treubleibenden Bekenner und Bekennerinnen inmitten des Landes und des Volkes, dem St. Bonifatius einst die Licht- und Frohbotschaft von Christus und dem Reiche Gottes gebracht hat."

Es ist in diesen Tagen 75 Jahre her, dass Papst Pius XI. sich mit diesen Worten an alle deutschen Katholiken wandte. „Mit brennender Sorge" ist die erste und bisher einzige Enzyklika in deutscher Sprache. Lange hatten fünf deutsche Bischöfe und der Papst darum gerungen, in welcher Form und mit welchen Inhalten es klug und richtig sei, in aller Öffentlichkeit die Rechte der deutschen Katholiken gegenüber dem nationalsozialistischen Staat einzuklagen. Die Enzyklika trug die Handschrift Eugenio Pacellis und Kardinal Michael Faulhabers. Alle diplomatischen Bemühungen hatten nichts erbracht.

Diese Enzyklika vom Passionssonntag 1937 sollten sich alle diejenigen zu Gemüte führen, die es sich angewöhnt haben, die katholische Kirche anzuklagen, man habe damals nichts und zu wenig gegen den Nationalsozialismus unternommen. Natürlich blieb der Kirche keine andere Basis als die der geistig-geistlichen Auseinandersetzung mit dieser christusfeindlichen Ideologie. Sie nutzte aber auch alle Möglichkeiten, die den Konkordatspartnern offenstanden. Drei Bände umfassten allein die Briefe zwischen 1934 und 1936, die Nuntius Pacelli, der spätere Pius XII., an die deutsche Seite in Berlin richtete. Und dabei war eine der ersten und wichtigsten Forderungen Pacellis, die Freiheit der Katholischen Presse. Später kamen alle Bereiche hinzu, in denen die Rechte einer freien Religionsausübung und grundsätzliche Menschenrechte verletzt wurden. Dass dies alles mit scheinbar leiser Stimme geschah, lag am Charakter diplomatischer Beziehungen, aber auch an der alles überdröhnenden nationalsozialistischen Propaganda. Wohl auch deshalb stellte Nuntius Pacelli allen deutschen Bischöfen seine Korrespondenz mit der Reichsregierung zu. Der Grat war schmal zwischen Einmischung in staatliche Angelegenheiten und dem Bestehen auf kirchlichen Belangen. Deshalb gilt für die Enzyklika "Mit brennender Sorge":

„Die Enzyklika blieb ein geistliches Wort…. Die Beschreibung, die das politische System Deutschlands in der Enzyklika fand, war zugleich seine Verurteilung. Es war vertragsbrüchig, kirchenfeindlich, verletzte Rechte und Menschenwürde, Freiheit der Religion und des Gewissens, vergötzte Rasse, Volk, Staat und Führer."

14. März 1937 unterschrieben, wurde der Brief bereits am darauffolgenden Sonntag in allen deutschen katholischen Kirchen verlesen. Viele Priester verschlossen ihn, um ganz sicher zu gehen, nach Erhalt im Tabernakel in der Kirche. Keiner der Priester hat sich geweigert, den recht langen Text zu verlesen. Die Berichte über die Wirkung der Enzyklika betonen den tiefen Eindruck, den die Verlesung bei den Zuhörern hinterließ. Die Enzyklika war „bei weitem das Schärfste, was eine souveräne Instanz in Ausübung ihres Amtes über das Dritte Reich bisher öffentlich ausgesprochen hat..

Nicht zufällig wurden aber noch zwei andere totalitäre Systeme in den gleichen Tagen angeprangert. In „Divini Redemptoris" klagte Pius XI. den leninistisch-stalinistischen Kommunismus an, unterschrieben am 19. März 1937, und am 28. März richtete sich der Papst an die Kirche in Mexiko (Firmissimam constanziam), die schwer unter ihren antichristlichen Machthabern zu leiden hatte. Diese drei Enzykliken zusammen waren das Kernstück der Lehramtlichen Aussagen gegenüber den totalitären Systemen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts

Es hat etwas Tragisches an sich, dass die deutsche Bischofskonferenz zwar von Rom klare Worte erwartete, selbst aber durch Uneinigkeit gelähmt war. Das betraf aber niemals die generelle Analyse, dass dieses Regime kirchenfeindlich war, sondern die sehr verschiedenen Vorstellungen, wie damit seelsorglich und öffentlich umzugehen sei. Jeder Vorschlag einzelner Bischöfe wurde von anderen nicht akzeptiert und damit wieder lahm gelegt. Die Angst, dass durch weitere Worte im Stil der Enzyklika „Mit brennender Sorge", der Hass der Nationalsozialisten ins Irrationale gesteigert werde, war allenthalben groß und nicht unberechtigt. Die Sittlichkeitsprozesse gegen Priester und Ordensleute gaben Anlass zu schlimmen Befürchtungen. Es zeigte sich Hass gegen die Kirche auch in unteren Parteiorganisationen. Dies beweisen nicht nur die zahlreichen Kreuzfrevel dieser Zeit, sondern auch eine Vielzahl anderer Aktionen. An die Tür des Bischofs von Eichstätt schmierte man: "Schurken, schwarze Brut, Schweinehunde, Volksverhetzer, Römlinge.

„Hängt die Juden, stellt die Schwarzen an die Wand" – das war Repertoire nationalsozialistischer Hetze. Die Zeugnisse dieser Art ließen sich fortsetzen. Aber es waren ja nicht nur Worte. Über eintausend Priester und Ordensleute starben in Gefängnissen und im KZ. Zehntausende litten wegen ihres christlichen Bekenntnisses und wurden umgebracht. All das hatte 1937 bereits seinen Anfang genommen und wurde in den folgenden acht Jahren bittere Realität.

‚Mit brennender Sorge’ verurteilt nicht nur die Kirchenverfolgung in Deutschland, sondern auch das Neuheidentum der nationalsozialistischen Theorien, die Vergötterung des Staates und den Gebrauch von Rasse und Blutlinien, um den menschlichen Wert zu bestimmen.

Sie sagt:
„Wer die Rasse, oder das Volk, oder den Staat, oder die Staatsform, die Träger der Staatsgewalt oder andere Grundwerte menschlicher Gemeinschaftsgestaltung – die innerhalb der irdischen Ordnung einen wesentlichen und ehrengebietenden Platz behaupten – aus dieser ihrer irdischen Wertskala herauslöst, sie zur höchsten Norm aller, auch der religiösen Werte macht und sie mit Götzenkult vergöttert, der verkehrt und fälscht die gottgeschaffene und gottbefohlene Ordnung der Dinge. Ein solcher ist weit von wahrem Gottesglauben und einer solchem Glauben entsprechenden Lebensauffassung entfernt."

Eine Stelle ist insbesondere ein offensichtlicher Schlag gegen Hitler und den Nationalsozialismus:
„Nur oberflächliche Geister können der Irrlehre verfallen, von einem nationalen Gott, von einer nationalen Religion zu sprechen, können den Wahnversuch unternehmen, Gott, den Schöpfer aller Welt, den König und Gesetzgeber aller Völker, vor dessen Größe die Nationen klein sind wie Tropfen am Wassereimer, in die Grenze eines einzelnen Volkes, in die blutmäßige Enge einer einzelnen Rasse einkerkern zu wollen."

Die Enzyklika schließt mit dem Satz: „Dann – das sind Wir gewiss – werden die Feinde der Kirche, die ihre Stunde gekommen wähnen, bald erkennen, dass sie zu früh gejubelt haben." Die Nationalsozialisten konfiszierten alle verfügbaren Ausgaben der Enzyklika, verhafteten die Drucker, welche die Texte herstellten und beschlagnahmten ihre Druckerei. Die Verteiler der Enzyklika wurden verhaftet. Zahlungen, die Deutschland unter dem Konkordat an die Kirche leisten sollte, wurden reduziert. Verschiedene Priester wurden mit fabrizierten Anklagen, Devisenvergehen oder moralischer Verfehlungen angeklagt.

Im Mai des gleichen Jahres zitierte eine Schweizer Zeitung Adolg Hitler mit den Worten:

„Das Dritte Reich sehnt sich nicht nach einem Modus vivendi mit der katholischen Kirche, sondern nach ihrer Zerstörung mit Lügen und Unehre, um einer deutschen Kirche Platz zu machen, in der die deutsche Rasse verherrlicht wird."

Von diesem Zeitpunkt an betrachteten die Nationalsozialisten Papst Pius XI. als ihren Feind.

Aus diesem Wissen und dunkler Ahnung heraus sagt Pius XI. zum Schluss seiner Enzyklika: „Jedes Wort dieses Sendschreibens haben Wir abgewogen auf der Waage der Wahrheit und zugleich der Liebe. Weder wollten Wir durch unzeitgemäßes Schweigen mitschuldig werden an der mangelnden Aufklärung, noch durch unnötige Strenge an der Herzensverhärtung irgend eines von denen, die Unserer Hirtenverantwortung unterstehen und denen Unsere Hirtenliebe deshalb nicht weniger gilt, weil sie zur Zeit Wege des Irrtums und des Fremdseins wandeln."

‚Mit brennender Sorge’ verurteilte nicht nur die Kirchenverfolgung in Deutschland, sondern auch das Neuheidentum der nationalsozialistischen Theorien, die Vergötterung des Staates und den Gebrauch von Rasse und Blutlinien, um den menschlichen Wert zu bestimmen.

Soviel zur Enzyklika „Mit brennender Sorge"

Eugenio Pacelli wurde am 2. März 1939, seinem 63. Geburtstag, als Nachfolger von Pius XI. zum Papst gewählt. Das NS-Regime sandte als eine von sehr wenigen Regierungen keine Delegation zur Amtseinführung des neuen Papstes. Gleich zu Beginn seines Pontifikats wurde Pius XII. mit der Kriegsgefahr konfrontiert. Am 15. März brach Hitler das Münchner Abkommen. Der Angriff auf Polen – der Beginn des 2. Weltkrieges – stand vor der Tür. Pius XII. hielt an der politischen Neutralität fest und erklärte in seiner legendären Rundfunkrede im Radio Vatikan am 31. August 1939:

„Mit dem Frieden ist nichts verloren, aber alles kann mit dem Krieg verloren werden".

Wie sein Vorgänger Benedikt XV. im Ersten, so veröffentlichte Pius XII. im Zweiten Weltkrieg hunderte von Friedensappellen – sie gingen im Donner des Kriegsgeschehens und der Totenstille der Konzentrationslager unter. Die unzähligen Hilfsaktionen des Vatikan ebenso. Sie kamen und kommen erst allmählich ans Tageslicht der Historie. Umso mehr beeindrucken sie. (rv)