Vatikan: Mahnbriefe an Bischofskonferenzen

Der Heilige Stuhl verschickt derzeit Mahnbriefe wegen fehlender Missbrauchsrichtlinien. Das sagte der vatikanische Missbrauchsbeauftragte, Charles Scicluna, der italienischen Monatszeitschrift „Jesus". Knapp die Hälfte aller nationalen Bischofskonferenzen hätten bisher noch keine Richtlinien für den Umgang mit sexuellem Missbrauch erlassen, wie der Heilige Stuhl es gefordert hatte. Die diesbezügliche Frist lief im Mai ab. Scicluna, der Justizpromotor an der Glaubenskongregation, sagte, das Dikasterium werde die eingegangenen Richtlinien im Herbst prüfen und sei damit wohl mindestens ein Jahr beschäftigt. Die Bischofskonferenzen des deutschen Sprachraums haben bereits Richtlinien verabschiedet. (rv)

Steyler Missionare: Mit dem Papst über Mission heute reden

Die Steyler Missionare freuen sich auf einen Papstbesuch nächste Woche. Benedikt XVI. wird sich von seiner Sommerresidenz Castelgandolfo aus praktisch auf den Nachbarhügel, nach Nemi, begeben, wo die Steyler Missionare ein Zentrum haben. Ebendort tagt gerade das Generalkapitel, also die oberste Versammlung des Ordens, und bei der Gelegenheit wurde ein neuer Generaloberer gewählt: Pater Heinz Kulüke, Deutscher – er wird seinen Landsmann Papst Benedikt nächsten Montag also mit besonderer Herzlichkeit empfangen. Pater Kulüke ist seit 1979 bei den Steyler Missionaren und wirkt seit 1986 auf den Philippinen, als Provinzial, als Lehrer an der ordenseigenen Universität und als Seelsorger für Arme. Das neue Amt als Generaloberer empfindet er als große Herausforderung, wie er uns schildert.

„Ich habe die Wahl aber angenommen, weil ich darauf vertraue, dass Gott mir diese Aufgabe zutraut und diese Arbeit weiterhin mit seinem Segen begleiten wird. Ganz wichtig ist natürlich auch die Unterstützung der Arnoldus Familiy, jener Familie, die Arnold Jansen selbst gegründet hat, die Steyler Missionare, dann die Blauen Schwestern, die Missionsschwestern und die Anbetungsschwestern. Das ist eine große Familie, dazu gehören jetzt immer mehr Laien, die in verschiededenen Positionen arbeiten und uns unterstützen, die aber auch wir unterstützen als Steyler Missionare. Es ist ein großer Orden mit über 6.100 Mitgliedern in über 74 Ländern derzeit."

Die Steyler Missionare sind kein alter Orden. Sie wurden 1875 von Arnold Janssen gegründet – mit einem Ansatz, der gleichzeitig realistisch, weitblickend und voller Gottvertrauen ist. Pater Kulüke:

„Arnold Janssen hat ein Prinzip erarbeitet, was für uns heute noch sehr wichtig ist. Er hat gesagt: ich werde versuchen, als Instrument Gottes, mich von Gott gebrauchen zu lassen. Wenn es Gottes Wille ist, wird diese Arbeit erfolgreich sein. Wenn es nicht Gottes Wille ist, dann müssen wir an unsere Brust klopfen und sagen, wir waren der großen Aufgabe, die Gott uns gestellt hat, nicht würdig. Das ist, wenn die Arbeit schief geht. Bis heute benutzen wir dieses Prinzip. Wir versuchen es, wir wissen, dass Gott uns neue Wege zeigen wird, Missionsarbeit auch im 21. Jahrhundert zu machen. Mission heißt heute vor allem Einsatz für Wahrheit und Gerechtigkeit. Diese Aufgabe ist in unserer heutigen Welt wichtiger als je."

Die Steyler leben in internationale Gemeinschaften, das ist geradezu ein Kennzeichen des Ordens. Gemeinschaften, in denen Interkulturalität nicht bloß notwendigerweise vorhanden, sondern in ihrer ganzen Zeichenhaftigkeit gewollt ist. Gott selbst ist interkulturell, bringt es der neue Generalsuperior auf den Punkt.

„Die Menschen leben aufgrund der Migration heute generell in internationalen Organisationen, in interkulturellen Gemeinschaften. Davon geben wir als Steyler auch ein Zeugnis. Die große Herausforderung ist sicher vielfältig, besonders in einer Welt, in der immer mehr Menschen in Armut und Elend leben, aufgrund menschengemachter Strukturen. Offen zu sprechen für die Armen, und dann bewusst auch Programm zu entwickeln zusammen mit unseren Partnern und auch zusammen mit den Armen, um das Leben dieser Menschen lebenswürdiger zu machen, das sehe ich als ganz große Herausforderung unseres Ordens."

Darum geht es auch in Nemi beim Generalkapitel der Steyler Missionare: Um die Erarbeitung von Richtlinien, wie die Steyler sich den Menschen noch mehr annähern können, um gemeinsam mit ihnen Gott näher zu sein. Übrigens hat da das Stelyer Tagungshaus in Nemi einen besonders aussagekräftigen Namen:

„Das Zentrum nennt sich Ad Gentes, zurück zu den Menschen. Der Weg zu den Menschen ist der Weg mit Gott."

Ad Gentes heißt das Haus der Steyler in Nemi aus gutem Grund: Das gleichnamige Missionsdekret des II. Vatikanischen Konzils entstand hier – und Joseph Ratzinger arbeitete daran mit. Mehr dazu unten.

Eine der herausragenden Gestalten der Styler Missionare war neben dem Gründer der China-Missionar Josef Freinademetz, den Papst Johannes Paul II. – gemeinsam mit Arnold Janssen – im Jahr 2003 in Rom heilig sprach.

„Freinademetz, einer unserer ersten Missionare, hatte eine wichtige Funktion. Er ging nach China mit einem westlichen Modell der Mission, hat aber im Prozess gelernt, dass man keine Missionsarbeit machen kann, ohne dass man sich selbst einer Bekehrung unterzieht. Der Platz, den wir betreten, ist heilig, weil Gott schon da war, bevor wir ankamen."

Ein wegweisendes Verständnis von Mission. Dabei spielt für die Sstyler Missionare seit jeher der interreligiöse Dialog eine große Rolle. Sie betreiben mehrere wissenschaftliche Institutionen, in denen dieser Dialog auf einer akademischen Ebene aufbereitet wird. Fast noch wichtiger ist aber den Steyler Missionaren, wie Pater Kulüke es ausdrückt, der gelebte Dialog mit Menschen.

„In vielen Orten, wo wir sind, sind unsere direkten Nachbarn Muslime oder Hindus, Buddhisten oder auch säkularisierte Menschen. Häufig werden wir gefragt, warum wir leben, wie wir leben. Das ist uns wichtig, dass das auch beim Besuch des Heiligen Vaters zum Vorschein kommt: Wenn man in interkulturellen Gruppen zusammenlebt und zusammenarbeitet, ist es einfach wichtig, dass man den Horizont der Kirche erweitert. Es gibt viele Menschen mit vielen Ansichten, die alle Gott suchen. Wir haben als Christen eine wichtige Interpretation gefundne, wir glauben, dass das ein wichtiger Weg ist, auf den wir viele Menschen mitnehmen möchten, ein Weg, der für uns selbst sinnvoll ist und den wir anderen Menschen als Lebensweg anbieten."

Und so sind die Steyler in Nemi voller Vorfreude auf den Papstbesuch am Montag. Und sie sind glücklich darüber, den hohen Gast die ganze Bandbreite, das gleichsam Weltumspannende ihrer Gemeinschaft erleben zu lassen.

„Es ist eine ganze große Anerkennung, dass der Papst uns hier im Ad gentes Zentrum besuchen wird. Wir sind dem Heiligen Vater äußerst dankbar dafür, weil das einen neuen Aufschwung geben wird für die Gesellschaft der Steyler Missionare, er wird eine internationale Gemeinschaft vorfinden mit Vertretern aus 42 Nationen, allen möglichen Sprachgruppen, allen möglichen Hautfarben, die in 74 Ländern der Welt arbeiten."

Pater Kulüke möchte mit dem Papst besonders gerne die heutige Auffassung von Mission der Steyler Missionare teilen – und dazu sagen, dass diese Auffassung ins Morgen weist.

„Wir wollen dem Papst durch unser gelebtes Beispiel im Ad Gentes Zentrum zeigen, dass die Kirche so international ist, dass das auch Auswirkungen haben muss für die Art und Weise, wie die institutionelle Kirche sich entwickeln wird in den Jahren, die vor uns liegen."

Papst Benedikt kennt das Zentrum des Ordens in Nemi aus nächster Nähe: er war dort 1965 als Berater des II. Vatikanischen Konzils zu Gast. Im Haus der Steyler Missionare entstand nämlich das Missionsdekret „Ad Gentes". Der damals 37jährige Theologe Joseph Ratzinger gehörte zum Herausgeber-Komitee. Einen ersten Entwurf dese Missionsdekrets hatten die Konzilsväter in der dritten Sitzungsperiode im Herbst 1964 abgelehnt, und zwar auf ungewöhnlich deutliche Weise, wie Zeithistoriker später schrieben. Die Konzilsväter wünschten sich eine Neudefinition von Mission. Mit dem Entwurf eines entsprechenden Texte beauftragte die zuständige Kommission als Redaktionsleiter niemand anderen als den damaligen Generalsuperior der Steyler Missionare, ebenfalls einen Deutschen: Pater Johannes Schütte.Vier Bischöfe und fünf Berater wirkten daran mit, darunter Yves Congar und eben Ratzinger. Mitte Januar 1965 traf man sich zum ersten Mal zu einem viertägigen Gespräch in Nemi, dann wieder Anfang April. Pater Schütte stellte das so erarbeitete Schema in der vierten Sitzungsperiode des Konzils im Oktober 1965 dem Plenum vor, das zahlreiche Anmerkungen machte, die das Redaktionskomitee in weiteren Versammlungen in den Text einfügte. Das Missionsdekret „Ad Gentes" war das letzte Dokument des II. Vatikanischen Konzils und das meistbefürwortete: 2.394 Konzilsväter stimmten mit ja, nur fünf mit nein.
(rv)

Castelgandolfo: Sommerfrische für Päpste

Wenn den Päpsten heiß ist, brechen sie nach Castelgandolfo auf. Das Städtchen liegt nicht weit weg von Rom, ist aber eine andere Welt: unten ruht ein See, rundherum sind Eichenwälder, eine leichte Brise weht. Hier in den Albaner Bergen haben die Päpste seit langer Zeit ihren Sommersitz, eine mächtige Anlage, die den ganzen Ort bestimmt.

Hierher kommen und nicht verweilen, das ist fast schon eine Sünde. Solches haben vielleicht die Päpste empfunden, die Castelgandolfo zu jenem Castelgandolfo machten, das Katholiken auf der ganzen Welt heute kennen. Die Sommerresidenz gehörte nicht immer schon zum Vatikan. Im Gegenteil, sie ist ziemlich neu: Erst vor 400 Jahren kam das Schloss von Castelgandolfo in den Besitz der Päpste. Der Schlossherr war pleite gegangen, und der Papst griff zu. Man kann es verstehen. Der dunkelblaue See, die malerischen Hügel, der gute Wein: Castelgandolfo hat echtes Wellness-Potential. Auch geistlich gesprochen. Letztes Jahr lobte Papst Benedikt XVI., als er sich von seinen Mitarbeitern im päpstlichen Palast verabschiedete, ganz besonders die Stille in Castelgandolfo.

„In diesem Ort lebt man in beständigem Kontakt mit der Natur und in einem Klima der Stille. Mit dem einen wie mit dem anderen – und ich freue mich über die Gelegenheit, daran zu erinnern – nähern wir uns Gott an. Die Natur ist ein Meisterwerk, das den Händen des Schöpfers entspringt; die Stille erlaubt uns, ohne ablenkung über das Wesentliche uneres Daseins nachzudenken und zu meditieren. In dinem Ambiente wie diesem ist es einfacher, sich selbst zu finden, indem man seine innere Stimme und damit, ich würde sagen, die Gegenwart Gottes hört, der unserem Leben einen tiefen Sinn gibt."

Castelgandolfo hat einen ausgedehnten Park: 55 Hektar, das ist größer als der Vatikan selbst. Papst Benendikt unternimmt hier lange Rosenkranz-Gebete beim Spazierengehen zwischen gestutzten Hecken und antiken Kapitellen. Sein Vorgänger, Papst Johannes Paul II., ließ in diesem Park unerhörterweise ein Schwimmbecken anlegen.

Ungewöhnlich sind an Castelgandolfo aber auch die Kuppeln. Nein, keine Kirchenkuppeln – vielmehr handelt es sich um ein Observatorium. In der päpstlichen Sommerresidenz war seit 1936 die vatikanische Sternwarte untergebracht. Vor einigen Jahren erst sind die Jesuitenpatres, die hier Astronomie machen, ans andere Ende des päpstlichen Parkes gezogen, aber das alte Obervatorium aus den 30er Jahren ist immer noch hier. Wenn er wollte, könnte der Papst in seinem Palast ein paar Treppen nach oben steigen, sich vom Sternwartendirektor die Kuppel öffnen lassen und durch ein riesiges altes Zeiss-Teleskop in den Himmel schauen. Sternegucken in Castelgandolfo ist jedenfalls eine ehrwürdige Disziplin.

Wenn der Papst in Castelgandolfo hier ist, tritt er ein wenig kürzer, hat aber dennoch ein Arbeitsprogramm. Er empfängt Staats- und andere Gäste und außerdem Pilger zum Angelusgebet, und Benedikt XVI. wird wohl auch wieder an einem Buch schreiben. „Heitergelassene Momente des Studiums, des Gebets und der Erholung" verbringt Benedikt in Castelgandolfo, wie er den ihn umsorgenden Angestellten letztes Jahr verriet. In diesem Jahr wird der Aufenthalt unterbrochen von der Reise in den Libanon im September.

Wie schon die Päpste vor ihm, bleibt Benedikt immer drei Monate in Castelgandolfo, von Juli bis September. In den Tagen vor seiner Ankunft wird das ganze Städtchen gefegt und getüncht, in diesem Jahr hat es auch die Pfarrkirche getroffen, San Tommaso. Sie steht auf dem Hauptplatz von Castelgandolfo und stammt von dem berühmten Barockarchitekten Gianlorenzo Bernini. Immer zu Maria Himmelfahrt am 15. August geht der Papst die paar Schritte von seinem Palast in die Pfarrkirche und feiert die Messe, fast wie ein kleiner Landpfarrer. Das ist der absolute Höhepunkt des Jahres für die Stadt und ihre Besucher, der Moment, in dem Castelgandolfo wirklich zur Papststadt wird. (rv)

Vatikan prüft Bericht über Finanztransparenz

Der Vatikan rückt der „Weißen Liste" der Staaten mit transparenten Finanzgebaren möglicherweise näher. Am Mittwoch verabschiedete das Europarats-Komitee Moneyval seinen Bericht über die Vorkehrungen gegen Geldwäsche im Vatikan, wie es in einer Mitteilung aus dem Vatikan heißt. Über den Inhalt des Dokumentes ist vorerst nichts bekannt. Der Bericht gehe nun an den Heiligen Stuhl, der einen Monat Zeit hat, ihn zu prüfen und Stellung zu beziehen. Moneyval wird den Bericht dann auf seiner Webseite veröffentlichen. An der Plenarsitzung des Komitees in Straßburg, bei der über den Bericht beraten wurde, nahm eine Abordnung des Heiligen Stuhles teil. Delegationsleiter war Ettore Balestrero, der Untersekretär der Sektion für die Außenbeziehungen am vatikanischen Staatssekretariat.

Der Vatikan hatte bei Moneyval selbst darum nachgesucht, seine neuen Vorkehrungen gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung zu bewerten. Davor hatte Papst Benedikt XVI. strenge Regeln für die Geldgeschäfte im Vatikan erlassen, die im April 2011 in Kraft traten. Bei der Gelegenheit richtete der Papst erstmals eine Finanzaufsichtsbehörde nach europäischem Standard ein. Fachleute von Moneyval reisten erstmals im November 2011 in den Vatikan, um das Geldinstitut IOR und andere Organismen des Vatikanstaates und des Heiligen Stuhles zu überprüfen, die über ein nennenswertes Budget verfügen, etwa wie Präfektur für wirtschaftlichen Angelegenheiten und die Güterverwaltung. Die externen Finanzfachleute trafen überdies den Generalstaatsanwalt des Vatikantribunals sowie die Vatikan-Gendarmerie und wurden auch von Papst Benedikt XVI. begrüßt. Eine positive Beurteilung durch Moneyval ist Voraussetzung für eine Aufnahme in die „Weißen Liste" der OECD. (rv)

Haushaltsrechnung 2011 des Heiligen Stuhls im Minus

14.890.034 Euro im Minus: Das ist die Bilanz der Haushaltsrechnung des Heiligen Stuhls für 2011. Wie der vatikanische Pressesaal an diesem Donnerstag in einer Stellungnahme verlautbaren ließ, sei dieses Resultat vor allem durch die hohen Personalkosten verursacht worden. Bis Ende Dezember 2011 waren 2.832 Menschen für den Heiligen Stuhl tätig. Diese Woche tagte im Vatikan der Kardinalsrat, der sich um die finanziellen Angelegenheiten des Heiligen Stuhls und des Governatorats kümmert. Unter den 15 Kardinälen des Rates ist u.a. auch der Kölner Kardinal Joachim Meisner.
Governatorat im Plus
Erfreuliche Nachrichten gibt es hingegen bei der Haushaltsrechnung des vatikanischen Governatorats, das eine eigenständige Kasse führt. Dank der Einnahmen durch die Vatikanischen Museen konnte für den Haushalt 2011 ein Gewinn von 21.843.851 Euro erzielt werden. Für das Governatorat arbeiteten bis Ende Dezember 2011 1.887 Personen. Im vergangenen Jahr waren über fünf Millionen Besucher in den Vatikanischen Museen, die somit weiterhin zu den meistbesuchten Museen der Welt zählen.
Mehr Spendeneinnahmen
Der Peterspfennig – also die Spenden der Gläubigen für karitative päpstliche Initiativen – erreichte im vergangenen Jahr annähernd die 70 Millionen US-Dollar-Grenze. Das waren rund zwei Millionen US-Dollar mehr als 2010. Einen wichtigen Beitrag für die karitativen Projekte des Papstes hat auch die Vatikanbank IOR im vergangenen Jahr geleistet: etwa 49 Millionen Euro konnte diese vatikanische Institution dem Papst für Hilfsprojekte zur Verfügung stellen.
Intensive Diskussionen
In der Medienmitteilung des Vatikans von diesem Donnerstag heißt es, dass sich die Kardinäle und eingeladenen Berater sehr intensiv mit den Rechnungen auseinandergesetzt hätten. Der Kardinalsrat sei sehr zufrieden mit der Offenheit und Transparenz der Antragssteller. Sie versicherten, dass die Arbeitsstellen im Vatikan zu schützen seien, auch wenn alles versucht werden sollte, um Kosten einzusparen. Sie dankten auch allen Gläubigen, „die im Stillen den Heiligen Vater" unterstützen.

Des Weiteren teilte das vatikanische Presseamt mit, dass der Generaldirektor des IOR, Paolo Cipriani, bei einer Diskussionsrunde über die aktuelle Lage der Vatikanbank informiert habe. (rv)

Erzbischof Müller: „Unsere Aufgabe ist es, Güte Gottes zu verkünden“

Erzbischof Gerhard Ludwig Müller hat zu Beginn der Woche sein neues Amt als Präfekt der vatikanischen Kongregation für die Glaubenslehre angetreten. Im Gespräch mit Mario Galgano geht er auf seine künftige Tätigkeit und die damit verbundenen Herausforderungen ein.

Wie fühlen Sie sich und erwarten Sie sich von Ihrer neuen Tätigkeit hier im Vatikan?

„Ich fühle mich wie ein Schüler in der ersten Klasse. Sehr vieles ist neu für mich. Die inhaltliche Arbeit kannte ich bereits, weil ich seit fünf Jahren Mitglied bei der monatlichen Versammlung der Glaubenskongregation bin, die bestimmte Themen bearbeitet. Trotzdem ist all das eine große Umstellung – von einem Ortsbischof zu einem Bischof an der römischen Kurie."

Welche Akzente möchten Sie gerne setzen? Was würden Sie gerne in Ihre Arbeit einbringen?

„Unsere Kongregation und die römische Kurie sind da, um den Heiligen Vater in seinem Lehr- und Hirtenamt zu helfen. Das wichtigste in der Kirche ist der Glaube, der uns geschenkt worden ist durch die Offenbarung Gottes in Jesus Christus zum Heil aller Menschen. Darum ist es unsere Aufgabe, die Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes zu verkünden, die uns im Glauben geschenkt worden ist. Deshalb ist es sicher auch wichtig, dass jene, die ihre Vorurteile und Klischees oder Stereotypen haben, dies überwinden, wenn sie auf die römische Kurie schauen. Es sind alle Mitbrüder und Mitschwestern, die hier arbeiten und im Dienste der Universalkirche sich bemühen, um etwas zu erbringen, um Gutes für die ganze Kirche zu tun. Das ist insbesondere in unserer Zeit sehr wichtig. Wir leben einerseits in einer Welt, in der der Mensch aus säkularer Sicht betrachtet wird. Das müssen wir in einer positiven Sicht überwinden. Der Mensch ist da, um Gott zu erkennen und Gott zu lieben. Aus dieser Gottesliebe heraus soll etwas Positives kommen für die Gesellschaft und für sich selber, indem sich der Mensch als Ebenbild Gottes erkennt und seine Würde erfasst. Es geht darum, dass man da ist für die Familie oder im Kreis der Arbeitskollegen, aber auch in den großen Bereichen, in denen wir uns bewegen. Das wären Bereiche wie Wirtschaft, Politik, Kultur. Das sind große Lebensbereiche der Menschen. Hier wäre es sehr wichtig, dass wir das Positive und Aufbauende sowie Konstruktive des Christentums in den Mittelpunkt stellen."

Zum Umgang mit Kritikern
Das können wir – und das ist der zweite Punkt – nur wenn wir die Suche des Menschen nach Gott und der Wahrheit wieder voll und ganz aufnehmen. Gott kann niemals ein Randthema sein. Wenn wir uns auf Gott, auf Jesus Christus besinnen, dann können wir auch in der Kirche manche Spannungen abbauen. Das gilt auch für die Missverständnisse. Es darf nicht sein, dass die Einheit der Kirche Gottes gestört wird durch Ideologien, sektenhafte Art – am linken oder rechten Rand –, die auf sonderbare Weise kollaborieren und so der Kirche schaden. Diese Gruppierungen haben leider in manchen Medien mehr Resonanz als die vielen Millionen Gläubigen, die den Weg der Nachfolge Jesu Christi gehen und Vieles und Gutes leisten für den Aufbau der Kirche."

Wie könnte man Ihrer Meinung nach das Positive in der Kirche stärken? Wie möchten Sie das machen?

„Die Kongregation für die Glaubenslehre ist nicht die Nachfolgerin der Inquisition, wie es ein bisschen reaktionär und konservativ in der Berichterstattung heißt, weil man sich nicht die Mühe macht, sich mit der Gegenwart zu beschäftigen. Die Inquisition hatte ja damals 1542 die Aufgabe, die Häresien und Irrtümer ihrer Zeit abzuwehren. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil ist die Glaubenskongregation gegründet worden mit der Aufgabe, den katholischen Glauben zu fördern. Der Glaube ist ja ein Heilsereignis. Es geht um das Heil des Menschen und der ganzen Menschheit. Das möchten wir positiv einbringen. Der Heilige Vater hat das „Jahr des Glaubens" ausgerufen. Es beginnt mit dem Konzilsjubiläum und mit der Synode im Oktober. Die Glaubenskongregation hat angeregt, dass man in der Welt von heute die Kenntnisse des Glaubens vertiefen sollte. Viele Katholiken wissen leider nicht, was eigentlich unser Glaube im Inhalt nach ist und lassen sich deshalb vielleicht auch gegen die Kirche aufbringen, weil sie etwas Falsches glauben. Man soll eben nicht das Falsche und den falschen Leuten glauben, sondern man soll das glauben, was Gott für uns getan hat. Darauf dürfen wir bauen und denen vertrauen, die unsere Brüder in Schwestern sind. Die Bischöfe sind ja nichts anderes, die im Auftrag Christi das Lehramt ausüben."

Sie werden als Präfekt der Glaubenskongregation verschiedene Aufgaben innehaben. Unter anderem werden Sie die Päpstliche Kommission „Ecclesia Dei" leiten, die sich um den Dialog mit Traditionalisten wie etwa die Piusbrüder kümmert. Was erwarten Sie von diesen Gesprächen und was würden Sie selber gerne einbringen?

„Das Ziel ist immer die Einheit der Kirche und der Gläubigen mit der Kirche. Man kann nur dann katholisch sein, wenn man voll und ganz den Glauben der Kirche anerkennt. Dazu gehört auch das Lehramt und vom Lehramt ist auch das Zweite Vatikanische Konzil ein ganz bedeutender Teil. Deshalb ist es wichtig, dass auch innere Blockaden überwunden werden, die es dort bei Gruppierungen an den Rändern gibt und dass man sich einfach öffnet und Vertrauen hat zu unserem Heiligen Vater Benedikt XVI. und all denen, die in seinem Auftrag tätig sind. Es geht nicht darum, irgendwie jemanden zu zwingen oder nötigen, sondern es geht darum, dass wir die Freiheit des Glaubens und die Freiheit der Kinder Gottes, aber auch die Fülle der Offenbarung Gottes anerkennen, die der Kirche und damit dem Lehramt zur treuen Auslegung anvertraut worden ist. Deshalb rufe ich alle, die Schwierigkeiten damit haben, von Herzen dazu auf, Vertrauen zu fassen und die Einheit der Kirche sowie die Wahrheit des Glaubens zu suchen. Einheit der Kirche und Wahrheit des Glaubens bilden zwei Seiten einer Münze."

Sie kommen wie der Papst aus Deutschland. Hat das eine besondere Bedeutung für Ihr Amt?

„Deutschsein ist nichts Schlechtes. Es ist eine große europäische Kultur, aber eben nicht die einzige. Wir sind auch nicht eine deutsche Nationalkirche, die jetzt irgendwie sagt, wir hätten einen Posten errungen. Das ist ja kein Fußballspiel, wo man sich dann freut, wenn der eine aus der eigenen Mannschaft gewonnen hat. Wir sind vielmehr eine große Familie Gottes. Es ist bezeichnend, dass am Anfang der Kirche das Pfingstereignis steht. Da gab es die vielen Sprachen und Kulturen, die zusammenkamen. Ich freue mich, dass es hier so viele Sprachen und Kulturen gibt. Da fühlen wir uns ganz gut brüderlich verbunden. Auch brauchen wir es nicht zu leugnen, dass Deutsch meine Muttersprache ist und gleichzeitig auch die Sprache des Heiligen Vaters. Auch die entsprechende Kultur und vor allen Dingen die Universitätskultur und theologische Kultur, die wir gehabt haben, sind sehr bedeutsam. Aber auch die Tatsache, dass Deutschland ein konfessionell geteiltes Land ist; Theologen aus Deutschland haben deshalb unmittelbar etwas mit dem evangelischen Christentum zu tun und müssen auch ökumenisch orientiert sein. Ökumene heißt ja keineswegs, dass man den eigenen Glauben aufgibt, sondern dass wir den eigenen katholischen Glauben so verständlich machen, dass er auch von anderen Seiten in einladender Weise verstanden wird. Wir können unseren Glauben sehr gut und auch intellektuell sowie spirituell vertreten, ohne andere zu brüskieren. Deshalb hoffen wir, dass der ökumenische Prozess weitergeht und einstmals Gott uns die Gnade schenkt, dass alle Christen in der einen und sichtbaren Kirche vereint sind, in der wir gemeinsam das Lob Gottes beten und gemeinsam den Glauben bekennen und gemeinsam in den Sakramenten das göttliche Leben empfangen."

Sie haben bisher das Bistum Regensburg geleitet. Was wünschen Sie den Gläubigen in Ihrem – nun ehemaligen – Bistum?

„Ehemalig nur in Anführungszeichen, weil ich noch der emeritierte Bischof von Regensburg bin und das ist meine Heimatdiözese. Dort bin ich mit vielen Menschen in der Pastorale und Verkündigung zusammengekommen. Viele kenne ich persönlich sehr gut. Ich habe auch an vielen – auch schwierigen – Lebensschicksalen teilgenommen. Insofern fühlt man sich immer als Pastor – also Hirte – und ich wünsche allen und jedem Einzelnen die Erfahrung der Liebe Gottes in ihrem persönlichen Leben. Das wünsche ich auch dem gesamten kirchlichen Leben. Vor allem auch, die Spannungen, die es immer wieder gibt, zu überwinden und sich in die Einheit der Familie Gottes hineinzubegeben, von der man auch getragen wird, wenn man einen guten familiären Hintergrund hat. Das gilt sowohl für die persönliche Familie als auch für die große Familie der Gemeinde, Pfarreien, der Diözese sowie der ganzen Weltkirche. Dann macht das Leben auch Freude. Denn wir sind alle Kinder Gottes."

Gibt es noch einen besonderen Wunsch, den Sie gerne äußern möchten?

„Ich möchte auch öffentlich dem Heiligen Vater, Papst Benedikt XVI., danken für das große Vertrauen, dass er mir geschenkt hat. Es ist ja eine Teilhabe an seiner Sendung und seiner Aufgabe, für die ganze Weltkirche zu sorgen. Ich weiß, dass wir Menschen immer eine begrenzte Kraft haben. Insofern bitte ich den Heiligen Vater, aber auch alle Mitchristen in Rom und in der ganzen Welt um das Gebet, dass wir in einem guten und brüderlichen Geist zusammenwirken können für den Weg der Kirche des 21. Jahrhunderts. Dass wir vor allen Dingen an der großen Aufgabe der Neuevangelisierung – auch unseres europäischen Kontinents – mitarbeiten und niemals den Blick auf die ganze Weltkirche verlieren." (rv)

Rückendeckung für Kardinalstaatssekretär

Papst Benedikt XVI. hat sich kurz vor seiner Abreise in die Sommerresidenz Castelgandolfo noch einmal ausdrücklich hinter seinen Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone gestellt. In einem kurzen Brief dankte der Papst Kardinal Bertone für seine „diskrete Nähe" und seinen „erleuchteten Rat", die ihm besonders in den letzten Monaten eine große Hilfe gewesen seien. Auch erwähnte der Papst die „ungerechten Kritiken", die der Staatsekretär in den letzten Monaten zu erdulden gehabt habe. Er versicherte Bertone abermals sein „volles und persönliches Vertrauen", das seit seinem letzten Brief vom 15. Januar 2010 zum 75. Geburtstag des Kardinals keine Änderung erfahren habe. (rv)

Hier der Brief vom 15.01.2012

Neuer IOR-Präsident nicht vor Herbst

Die Ernennung eines neuen vatikanischen Bankdirektors wird nicht vor dem Herbst stattfinden. Das teilte der Pressesprecher des Vatikans, Pater Federico Lombardi, an diesem Dienstag vor Journalisten mit. Dies sei, so Pater Lombardi weiter, kein Zeichen eines „toten Punktes" bei der Suche nach einem neuen Präsidenten des vatikanischen Geldinstitutes IOR. Vielmehr sei diese Zeitspanne der Notwendigkeit geschuldet, eingehend über mögliche Nachfolger des abgesetzten Präsidenten Ettore Gotti Tedeschi zu beraten. Sie müssten dann erst vorgeschlagen und gefragt werden, ob sie überhaupt für das Amt zur Verfügung stehen würden. Der Sommer sei außerdem nicht die richtige Jahreszeit, um zeitintensive und häufige Treffen anzuberaumen. Es handele sich also um die „notwendigen Zeiträume für eine gründliche Suche und eine Auswahl, die ruhig und gut überlegt" vorgenommen werden müsse. Der Präsident der Vatikanbank IOR, Ettore Gotti Tedeschi, ist am 24. Mai durch ein Misstrauensvotum des Aufsichtsrats und die anschließende Ratifizierung des Beschlusses durch das Kardinalsaussichtsgremium seines Amtes enthoben worden. Der Banker, der seit 2009 an der Spitze des IOR stand, habe „trotz wiederholter Mahnungen bestimmte Aufgaben von vordringlicher Wichtigkeit nicht ausgeführt", so eine Note des Aufsichtsrates. Vor einer Woche hatte der Aufsichtsrat dann über die Nachfolge Gotti Tedeschis und über Eckpunkte für eine „professionelle" Führung des Geldinstituts beraten. Die Führung des Instituts liegt derzeit vorübergehend bei seinem Vizepräsidenten, dem Deutschen Hermann Schmitz. (rv)

Deutschland: Priesterbruderschaft kommentiert Müllers Ernennung

Das die Priesterbruderschaft St. Pius X. (FSSPX) ein reges Interesse an dem Nachfolger von Kardinal Levada hat, ist verständlich. Schließlich hängt die Zukunft der Bruderschaft unter anderem von dem neuen Pro-Präsidenten der Päpstlichen Kommission „Ecclesia Dei“ ab. Auf der Webseite der Priesterbruderschaft erschien heute ein Artikel mit dem Titel: „Bischof Müller und die Piusbruderschaft: Ein Kommentar“. Einerseits versucht man hier ein Bild des ehemaligen Bischofs von Regensburg zu skizzieren, anderseits versucht man die Aussagen des eigenen Bischofs de Galarreta zu seinen Aussagen „Müller sei ein Häretiker“ zu interpretieren, oder sollte man besser sagen zu entkräften. Bischof de Galarreta hatte bei der jüngsten Priesterweihe der Priesterbruderschaft gesagt:

„Gestern erlebten wir einen traurigen Tag für die Kirche da zum Chef der Glaubenskongregation ein Mann gewählt wurde, der unter anderem leugnet, dass die Jungfrau Maria immerwährende Jungfrau war. […] Es ist unglaublich, dass wir heute so weit sind, dass der Oberste Hüter des Glaubens Häresien verbreitet.“

Im Kommentar heißt es dann weiter:

„Die Boulevard-Presse hat sich nach diesen Worten umgehend auf den Pius-Bischof gestürzt: Er würde Bischof Müller als „Häretiker“ bezeichnen.

Das stimmt im Wortlaut nicht. Doch die Häresien, von denen Bischof de Galarreta zu Recht spricht, sind schwarz auf weiß verbrieft: In seiner viel gepriesenen Dogmatik (3. Auflage, Freiburg 2010), die nach Meinung des Papstes höchstselbst das einzige Lehrbuch ist, welche „das große Gefüge der Welt des katholischen Glaubens in seiner inneren Einheit sichtbar macht“, in diesem Lehrbuch des Glaubens also leugnet der künftige Hüter der Dogmen schon vorweg mal einen Glaubenssatz, den zu bewachen er eigentlich berufen ist, nämlich die Jungfräulichkeit Mariens in der Geburt:

"Bei dieser gehe es „nicht um abweichende physiologische Besonderheiten in dem natürlichen Vorgang der Geburt (wie etwas die Nichteröffnung der Geburtswege, die Nichtverletzung des Hymen und der nicht eingetretenen Geburtsschmerzen), sondern um den heilenden und erlösenden Einfluss der Gnade des Erlösers auf die menschliche Natur.“

Ob derartige Anfeindungen dem Dialog zwischen der Priesterbruderschaft und der Päpstlichen Kommission „Ecclesia Dei“ hilfreich sind, darf getrost bezweifelt werden. Auch Anmerkungen wie:

 „Vieles also ist bei Bischof Müller schillernd, nur eines nicht: Seine offene Ablehnung der Piusbruderschaft gegenüber“.

Der Kommentar zeigt unmissverständlich, wie die Priesterbruderschaft das Verhältnis zum neuen Glaubenshütter im Vatikan sieht. Anderseits hatte Müller in seiner Amtszeit als Bischof von Regensburg kein gutes Haar an der Priesterbruderschaft gelassen und seine Ablehnung offen bekundet. Es bleibt abzuwarten, wie die künftigen Gespräche in Rom weitergehen werden und ob es eine gemeinsame geeinte Zukunft zwischen Priesterbruderschaft und Rom geben wird. (vh)

Kommentar im Volltext  > > >  pius.info

Vatikan/D: Glückwünsche und Kritik für Erzbischof Müller

Die Ernennung des Regensburger Bischofs Müller zum Nachfolger des US Kardinals William Joseph Levada brachte auf der einen Seite Segenswünsche und Gratulationen, auf der anderen Seite aber auch starke Kritik. Kennt man die Biografie und den Führungsstil des ehemaligen Regensburger Oberhirten, so sind die Reaktionen nicht verwunderlich und waren auch zu erwarten. Papst Benedikt XVI. wird klar vorhergesehen haben, dass sein Neuer Pro-Präfekt der Glaubenskongregation in Deutschland aber auch in der Weltkirche nicht kritiklos in sein neues Amt wechseln würde. Schließlich ist die Kongregation für die Glaubenslehre der Katholischen Kirche kein unwichtiges Dikasterium in der Römischen Kurie und somit der Kirche schlechthin. Der Papsts hatte schon immer eine enge Verbindung zu Müller, der früher Dogmatik-Professor an der Ludwig-Maximilian-Universität in München war.

 

Der neue oberste Glaubenshütter ist in theologischer Hinsicht mit Sicherheit eine sehr gute Wahl, Kritik an seiner Person resultierte meist aus seinem bisherigen Führungsverhalten. Nicht von ungefähr fallen Begriffe wie konservativ und Hardliner wenn es um ihn geht. In seiner knapp zehnjährigen Amtszeit als Diözesanbischof in der Oberpfalz hat Müller unmissverständlich klar gemacht welche Befugnisse ihm als Ordinarius des Bistums zustehen. Bei Priestergehorsam und Begrenzung der Laienorganisationen im Bistum zeigte er seine autoritäre Amtsführung und erhielt mehrfach die Bezeichnung „Unversöhnlicher Bischof“.  Seine Gegner warfen ihm gar fehlende Offenheit, Menschlichkeit und Dialogbereitschaft vor. Als Episkopat wusste er sich zu wehren und hier nicht nur von der Kanzel. Juristische Schritte, im zivilen wie kanonischem Recht, leitet er in seiner Amtszeit vielfach ein, meistens mit Erfolg.

 

 Für seinen neuen Wirkungskreis erhielt Erzbischof Müller viele Glückwünsche:

  • Georg Ratzinger (Papstbruder): „Ich wünsche ihm, dass er die notwendige Zeit der Einarbeitung findet und nicht gleich in stürmische Zeiten hineingeführt wird.“
  • Michael Fuchs (Generalvikar, Regensburg): „Bei aller Freude müssen wir dennoch feststellen, dass das Bistum einen großen Hirten und leidenschaftlichen Seelsorger verliert.“
  • Gloria von Thurn und Taxis (Regensburg): „Ich empfinde ganz große Wertschätzung für den Bischof als Theologen und auch als Führungspersönlichkeit. Die Regensburger weinen ihm mehrere Tränen nach.“
  • Reinhard Kardinal Marx (Erzbischof München und Freising): „Mit unserem MitbruderGerhard Ludwig Müller wird ein weltbekannter und anerkannter Theologe in einer schwierigen Zeit voller Herausforderungen an die Spitze der Glaubenskongregation berufen.“

Andere meldeten sich negativ zu Wort:

  • Hans Küng (Theologe): Konflike in der von Skandalen geschüttelten Kurie und römischen Kirche sind mit Müllers Ernennung vorprogrammiert. Als Präfekt der Glaubenskongregation ist dieser bornierte Scharfmacher fehl am Platz.“
  • Wir sind Kirche (Laienorganisation): „Müllers zehnjährige Amtszeit im Bistum sei von einer Überbetonung des bischöflichen Amtes und der Person des Bischofs gekennzeichnet gewesen.“

 

Die Priesterbruderschaft St. Pius X (FSSPX) war Müller in seiner Amtzeit in Regensburg ein Dorn im Auge. Immerwieder hielt die Priesterbruderschaft in Zaitzkofen (Bistum Regensburg) Priesterweihen ab. Hier unterhält die Priesterbruderscahaft ein Internationales Priesterseminar. In diesem Seminar leugnete der umstrittene ultrakonservative Bischof Richard Williamson gegenüber einem schwedischen TV-Reporter den Holocaust. Durch die Regensburger Staatsanwaltschaft wurde damals ein Strafverfahren eingeleitet. Vor einigen Tagen fanden in Zaitzkofen erneut Priesterweihen statt, dabei soll einer der vier illegitim geweihten Bischöfe der Bruderschaft, Alfonso de Galarreta, Müller als Häretiker, also als jemanden, der den wahren Glauben verleugnet bezeichnet haben. Nun ist Erzbischof Müller nicht nur Pro-Präfekt der Glaubenskongregation sondern auch automatisch Pro-Präsident von drei Kommissionen im Vatikan. Eine dieser Kommissionen ist die Päpstliche Kommission „Ecclesia Dei“. Sie wurde von Papst Johannes Paul II. am 02.07.1988 eingesetzt um Anhänger von Erzbischof Marcel Lefebvre zur Communio mit Papst und Römisch-Katholischer Kirche zu führen. Mit apostolischem Schreiben “Motu proprio” vom 02.07.2009 hat Papst Benedikt XVI. die Päpstliche Kommission “Ecclesia Dei” dem Präfekten der Kongregation für die Glaubenslehre unterstellt. Damit ist Müller in seinem neuen Amt wieder mit der Priesterbruderschaft befasst. Wie die Aussage von Bischof de Gallarate unmissverständlich andeutet, wird die Priesterbruderschaft nicht gerade erfreut über Müllers Ernennung sein. Müller stehen hier sicherlich keine leichten Zeiten bevor. Anderseits hat Müller das Rückrad den Vorstellungen und Wünschen von Papst Benedikt XVI. in den Verhandlungen mit der Priesterbruderschaft gerecht zu werden. Schließlich wünscht der Papst die Priesterbruderschaft als Personalprälatur, ähnlich dem Opus Dei, in den Schoß der Kirche zurückzuführen und das Schisma zu beenden.

 

Da der Präfekt der Glaubenskongregation in der Kardinalstradition steht, wird Erzbischof Müller sich bei der nächsten Kardinalsernennung den „Roten Hut“ – die Kardinalswürde erhalten. (vh)