Schweiz: Bundesgerichtsurteil zu Kirchenaustritt

Wer aus der staatskirchenrechtlichen Körperschaft austritt, kann weiter seine katholische Konfession behalten. Das hat das Schweizer Bundesgericht an diesem Freitag entschieden. Das Gericht fällte ein entsprechendes Urteil zu einem Fall einer Frau aus Luzern, die aus der staatskirchenrechtlichen Körperschaft austreten und gleichzeitig katholisch bleiben wollte. Die Richter urteilten, wer aus der Körperschaft austrete, habe damit keine Rechte und Pflichten mehr gegenüber dieser Institution. Er habe zwar keine Kirchensteuerpflicht oder Stimmrecht in der Gemeinde, dürfe sich aber weiterhin katholisch bezeichnen. Nun gilt es für die katholische Kirche zu klären, welche Bedeutung ein solcher Austritt für die Mitgliedschaft in der Glaubensgemeinschaft hat. Das sagt die Pressesprecherin des Bistums Basel, Adrienne Suvada, im Gespräch mit Radio Vatikan. Der konkrete Fall betrifft nämlich das Bistum Basel.

„Bis anhin galt, dass man einen formellen Austritt schreiben musste, danach führte man ein Gespräch mit dem Generalvikar und schließlich wurde entschieden, ob man aus der Körperschaft austreten darf. Den entsprechenden Betrag der Kirchensteuer konnte der Antragssteller dann in einem Solidaritätsfonds einbezahlen. Das ist künftig nicht mehr möglich. Wir müssen den Austritt auf jeden Fall gewährleisten. Das wird das Bistum auch machen. Es ist nun zu klären, wie man die Pflicht zur Unterstützung der Kirche lösen kann."

Ob der Betreffende geistlich einer Kirche angehören wolle, sei aus staatlicher Sicht nicht relevant, urteilte das Gericht.

„Solche Fälle waren bislang sehr selten. Meistens geht es dabei um persönliche Probleme des Betreffenden mit der eigenen Kirchgemeinde. Das ist zum Beispiel durch einen Arbeitskonflikt entstanden. Es kam auch vor, dass man nicht einverstanden war, wie die Gelder in der Kirchgemeinde verwaltet werden und deshalb aus dieser Gemeinde austreten wollte, doch gleichzeitig katholisch bleiben wollte."

Für diese Fälle gibt es in der Regel einen Solidaritätsfonds, in den die Gelder anstatt an die Gemeinde vor Ort fließen. Bei dem Fall in Luzern wollte aber die Frau nichts mit dem Bistum zu tun haben und auch nicht in den Solidaritätsfonds einzahlen. Kirchenrechtlich gesehen handelt es sich bei solchen Fällen dennoch nicht um einen „Austritt aus der Glaubensgemeinschaft, weil diese Personen ausdrücklich katholisch bleiben möchten", so Bistumssprecherin Suvada.

„Dieser Fall war im Kanton Luzern. Aber es gibt schweizweit solche Fälle. Sehr wahrscheinlich werden die Kirchenaustritte künftig sogar mehr sein. Wir werden deshalb auf Bistumsebene eine Regelung ausarbeiten, wie wir damit umgehen sollen. Jedes andere Schweizer Bistum kann dann aber selber entscheiden, wie es selber damit umgehen will. Ich denke aber, dass es auf nationaler Ebene sinnvoll wäre, eine gemeinsame Regelung zu finden, damit es überall gleich gehandhabt wird."

Die neue Regelung des Bistums Basel soll spätestens in zwei Monaten bereit sein, so Suvada. Auf jeden Fall müssten Pfarreien die Sakramente weiterhin kostenlos anbieten.

„Es gab Pfarreien, die eine Tarifordnung hatten, für die Einzelfälle von Ausgetretenen. Als Bistum sind wird dagegen. Die Sakramente sollten weiterhin kostenlos gewährleistet werden, so wie es schon immer üblich war. Es handelt sich bisher auch um Einzelfälle, und wir werden diese Handhabung sehr wahrscheinlich auch weiter behalten." (rv)

Papst an Trachtler: „Ich war richtig dahoam“

Die päpstliche Sommerresidenz Castel Gandolfo war am Freitagabend fest in bayerischer Hand: An die 1.000 Trachtler aus dem Erzbistum München-Freising waren gekommen, um ihr Geburtstagsgeschenk zu überbringen. Und der Papst, sichtlich gerührt, sagte seinen Landsleuten dafür „Vergelt's Gott, ich war richtig dahoam".

Hier lesen Sie die gesamte Ansprache des Papstes im Wortlaut

Liebe Herren Kardinäle,
liebe Mitbrüder,
liebe Freunde!

Am Ende dieser bayerischen Stunde kann ich nur von Herzen „Vergelt’s Gott" sagen: Es war einfach schön, hier mitten im Latium, in Castel Gandolfo, zugleich in Bayern zu sein. Ich war richtig „dahoam", und ich muss den Kardinal beglückwünschen, dass er das Wort schon so schon aussprechen kann!

Wir haben empfunden, dass die bayerische Kultur eine fröhliche Kultur ist: mer san koane Raudis, s’ist ka’ Gaudi, aber es ist fröhlich, von Freude durchtränkt; sie stammt aus innerem Zustimmen zur Welt, aus einem inneren ‚Ja’ zum Leben, das ein ‚Ja’ zur Freude ist. Sie beruht darauf, dass wir in Einvernehmen mit der Schöpfung sind, im Einvernehmen mit dem Schöpfer selbst und dass wir dadurch empfinden, dass es gut ist, ein Mensch zu sein. Natürlich muss man sagen: Gott hat es uns in Bayern leicht gemacht. Er hat uns eine so schöne Welt geschenkt, ein so schönes Land, dass es leicht ist zu erkennen, Gott ist gut und froh darüber zu sein. Aber zugleich hat er dafür geholfen, dass die Menschen dieses Landes aus diesem ‚Ja’ heraus dem Land erst seine volle Schönheit gegeben haben, so dass es erst durch die Kultur der Menschen, durch ihren Glauben, ihre Freude, ihr Singen, ihre Musik, ihre Kunst so schön geworden ist, wie der Schöpfer alleine es nicht machen konnte, sondern mit Hilfe der Menschen machen wollte. Nun kann jemand sagen: Darf man sich eigentlich so freuen, wenn die Welt so voller Leid ist, wenn es so viel Dunkles und Böses gibt? Ist es dann erlaubt, so übermütig und fröhlich zu sein? Und die Antwort kann nur lauten: Ja. Denn mit dem ‚Nein’ zur Freude dienen wir niemandem, machen wir die Welt nur dunkler. Und wer sich selbst nicht mag, kann auch dem Anderen nichts geben und ihm nicht helfen und kann nicht ein Bote des Friedens sein. Wir wissen es aus dem Glauben und wir sehen es jeden Tag: Die Welt ist schön und Gott ist gut. Und dadurch, dass er als Mensch unter uns hereingetreten ist, mit uns leidet und lebt ( o ‚liebt’?), wissen wir es endgültig und handgreiflich: Ja, Gott ist gut und es ist gut, ein Mensch zu sein. Wir leben aus dieser Freude und aus dieser Freude heraus versuchen wir auch, anderen Freude zu bringen, dem Bösen zu wehren und Diener des Friedens und der Versöhnung zu sein.

Nun müsste ich eigentlich der Reihe nach allen einzelnen danken, aber das Gedächtnis eines alten Mannes ist nicht verlässlich, deswegen fang ich damit lieber nicht an. Aber danken mochte ich jedenfalls dem lieben Kardinal Marx, dass er diese Stunde eingefädelt hat, dass er Bayern nach Rom transportiert hat und so auch die innere Einheit christlicher Kultur uns fühlbar machte; danken, dass er Bayern aus unserer Diözese versammelt hat, von Niederbayern bis zum Oberland, vom Rupertigau bis ins […]; dank der Oratorin, die uns ein so schönes Bayrisch geschenkt hat: Das trau ich mit nicht zu, bayrisch zu reden und zugleich nobel zu sein. Aber sie kann es. Dank allen Gruppen, den Bläsern … ich fang aber jetzt doch damit nicht an. Ihr wisst, alles hat mich im Herzen bewegt, ich bin dankbar und froh darüber … Natürlich, die Gebirgsschützen, die ich nur von Ferne habe hören können, die verdienen besonderen Dank, weil ich ein Ehrenschütze bin obwohl ich seinerzeit nur ein mäßiger Schütze gewesen bin. Ja, und dann dank ich natürlich besonders Dir, lieber Kardinal Wetter, dass Du auch mitgekommen bist, mein direkter Nachfolger auf dem Stuhl des Heiligen Korbinian. Du hast ein Vierteljahrhundert die Erzdiözese als guter Hirte geführt: Dank dass Du da bist.

Herr Kardinal Bertello, herzlichen Dank für Ihre Anwesenheit. Ich hoffe, dass auch die gespürt haben, wie schön Bayern ist, denn die bayrische Kultur ist schön.

Ja, als meinen Dank kann ich Euch nur meinen Segen geben; aber zuvor singen wir miteinander den Engeln des Herrn und, soweit wir es können, den Andachtsjodler. Herzlich Vergelt’s Gott!
(rv)

Personalwechsel im päpstlicher Präfektur

Der süditalienische Rogationisten-Pater Leonardo Sapienza ist neuer „Regent" in der Präfektur des Päpstlichen Hauses. Das teilte der Vatikan an diesem Samstag mit. Sapienza folgt auf Bischof Paolo De Nicolo, der aus Altergründen zurückgetreten ist. Der „Regent" hilft bei der Planung der Papst-Audienzen mit. Sapienza gehörte bislang zu den engsten Mitarbeitern De Nicolos sowie des Leiters der Präfektur, des US-amerikanischen Vatikan-Diplomaten Erzbischof James Michael Harvey. Als „Regent" erhält Sapienza nicht automatisch den Bischofsrang. Auch De Nicolo, der das Amt seit 1994 bekleidete, war erst vor vier Jahren zum Bischof ernannt worden. (rv)

Ermittlungen gegen ehemaligen Kammerdiener dauern länger

Der Abschluss des vatikanischen Ermittlungsverfahrens gegen den päpstlichen Kammerdiener Paolo Gabriele wird sich einige Tage länger hinziehen. Die Untersuchungsphase ist vermutlich erst Mitte oder Ende nächster Woche beendet. Dies wurde Samstag im vatikanischen Presseamt bekannt. Dem Kammerdiener wird vorgeworfen, Privatdokumente des Papstes aus dessen Wohnung entwendet zu haben. Ermittelt wird gegen ihn wegen schweren Diebstahls, worauf nach vatikanischen Recht zwischen sechs und acht Jahren Haft stehen. Nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens muss das zuständige Gericht entscheiden, ob ein offizieller Prozess gegen Gabriele eröffnet oder ob das Verfahren niedergeschlagen wird. Ursprünglich sollte die Untersuchungsphase bereits am kommenden Montag beendet werden. Nun habe sich aber herausgestellt, dass die Arbeit des Richters noch einige Tage mehr in Anspruch nehme, so Vatikansprecher Federico Lombardi. (rv)

Vatikan: Vierte Enzyklika im Herbst geplant

Papst Benedikt XVI. plant offenbar eine neue Enzyklika. Nachdem der Papst den dritten Teil seines Jesus-Buchs abgeschlossen habe, werde es „vielleicht eine Enzyklika geben, die vierte seines Pontifikats", sagte Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone in seinem Urlaubsort Introd im nordwestitalienischen Aostatal. Bertone verbringt seine Urlaubstage in der norditalienischen Region. Am Mittwochabend feierte er einen Gottesdienst in Introd, wo in der Vergangenheit auch Benedikt XVI. seinen Sommerurlaub verbrachte. Der dritte Band der Jesus-Trilogie von Papst Benedikt soll nach Angaben Kardinal Bertones im Herbst erscheinen. (rv)

Israel: Ultraorthodoxe Juden müssen Wehrdienst leisten

Ab diesem Mittwoch sind ultraorthodoxe Juden nicht länger vom Wehrdienst ausgenommen. Damit setzt die Regierung von Benjamin Netanjahu eine Vorgabe des Obersten Gerichts um. Dieses hatte im Februar geurteilt, es sei nicht mit der Verfassung zu vereinbaren, wenn die Schüler an Tora- und Rabbiner-Schulen von der allgemeinen Wehrpflicht ausgenommen würden. Ein Gesetz von 2002, das eine solche Ausnahme festgeschrieben hatte, lief in der Nacht auf Mittwoch aus. Die Sonderbehandlung von strenggläubigen Juden ist in der israelischen Gesellschaft seit Jahrzehnten umstritten. Verteidigungsminister Ehud Barak hat den Streitkräften einen Monat Zeit gegeben, um „praktische Vorschläge" für den Wehrdienst von Ultraorthodoxen zu erstellen. Seit 1949 verpflichtet ein Gesetz alle israelischen Bürger, mit 18 Jahren Wehrdienst zu leisten. (rv)

Spanien: Die Wirtschaftskrise wächst, die Großzügigkeit der Menschen auch

Die Inflation steigt, die Rezession nimmt zu: Die Wirtschaftskrise in Spanien schädigt nicht die Solidarität der Menschen untereinander, ganz im Gegenteil. Das sagt der Erzbischof von Oviedo, Jesús Sanz Montes, im Interview mit Radio Vatikan.

„Mehr als je zuvor gibt es diese Großzügigkeit, sie nimmt bei den Menschen auch in Zeiten der großen Krise keineswegs ab. Die Bereitschaft, für den Anderen etwas zu tun, Zeit oder auch Geld zu opfern, nimmt zu."

In Europa wandle sich die ökonomische Krise in eine soziale Krise und das verlange nach einer Antwort der Kirche, so Erzbischof Sanz Montes. Besonders müsse man ein Auge auf die Rettungsmaßnahmen der EU werfen.

„Wir müssen zuerst auf die Verwundbarkeit des Systems hinweisen und darauf, dass es sehr weltliche Interessen gibt, die die Stabilität von Staaten wir Spanien und auch Italien schwächen wollen. Wir sind sehr besorgt, weil die daraus resultierende Arbeitslosigkeit stetig zunimmt. Diese Verwundbarkeit wirkt sich eben nicht auf das Bankenwesen oder die Politik aus, sondern trifft die Schwächsten der Gesellschaft, vor allem bei den Jugendlichen.
Wir hoffen aber, dass die Menschen auf eine vernünftige Weise protestieren. Wenn wir die Werte, für die wir stehen, auf den Plätzen aufgeben, hilft das gar nicht. Die Kirche wird hierbei mit neuen Augen gesehen. Wir werden nicht als interessierte Parte wahrgenommen, als Partei in dem Streit."
(rv)