Großbritannien: „Über sich selbst hinauswachsen“

Wenn sportlicher Erfolg damit zu tun hat, eigene Grenzen zu überschreiten, dann sind die Teilnehmer der „Paralympics" darin Weltmeister. Die Spiele für Sportler mit Handicap starten diesen Mittwoch in London, 4.000 behinderte Athleten kämpfen dort um Medaillen, mehr als 20 verschiedene Sportarten, von Bogenschießen bis Rollstuhl-Tennis, sind vertreten.

„Mein Ziel ist es, bei meiner Rückkehr davon überzeugt zu sein, alles gegeben zu haben und mich bestmöglich vorbereitet zu haben. Was wirklich schön und aufregend ist: es zu versuchen. Es wäre falsch, wenn ich sagen würde: in London erwarte ich das Glück, denn das Glück habe ich getroffen, als ich selbst meinen Horizont festsetzte, den ich erreichen will."

Das sagt der ehemalige Pilot Alex Zanardi im Gespräch mit Radio Vatikan. Zanardi nimmt an den Paralympics in der Handbike-Disziplin teil. An sein Leben nach dem Jahr 2001, als er bei einem schweren Unfall beide Beine verlor, denkt Zanardi so zurück:

„Ich lebe mein Leben nicht wie ein neues Leben oder etwas anderes. Ohne Zweifel bin ich an jenem Tag (des Unfalls) auf ein paralleles Gleis gesprungen und kam in Kontakt mit Wirklichkeiten, die ich sonst nie kennengelernt hätte. Ich weiß um das, was ich gefunden habe. Und auch wenn ich es ungeschehen machen könnte, würde ich zweimal drüber nachdenken. Wenn mir ein Wunder die Beine zurückbrächte, würde ich vielleicht akzeptieren, würde aber auch sagen: ,Aber ich muss doch nach London!‘ Das ist für mich einfach eine neue Gelegenheit."

Auch die katholische Kirche ist in die Vorbereitung und Begleitung des Großereignisses involviert. Bischof Thomas McMahon von der Diözese Brentwood bei London sagt dazu im Gespräch mit Radio Vatikan:

„Wir sind doch in irgendeiner Form alle behindert durch unsere persönlichen Grenzen und versuchen, wie auf den Paralympics, diese Grenzen zu überschreiten. Ich denke, das ist der Grund, warum Menschen diese Spiele so inspirierend finden. Wir tragen als Christen auch so etwas wie eine olympische Fackel mit uns… und auf unseren ,Lebensläufen’ geht es nicht ums Gewinnen, sondern es ist wichtiger, dabei zu sein."

Erfahrungsgemäß werden die Paralympics weniger in der Öffentlichkeit verfolgt als die Olympischen Spiele, auch gibt es nur vereinzelte Medienberichte zu den sportlichen Leistungen. Das öffentliche Interesse an den Spielen sei dieses Jahr jedoch ungewöhnlich hoch, berichtet Cristina Gangemi, Beraterin der katholischen Bischöfe von England und Wales und Ko-Direktorin des „Kairos Forums" für Menschen mit geistiger oder kognitiver Behinderung.

„Viele sagen, das werden die besten Spiele überhaupt. Das ist ein historischer Andrang, die Karten für die Paralympics sind ausverkauft, absolut ausverkauft. 80.000 Leute werden dabei sein, die Stadien werden voll sein, das gab es so – glaube ich – noch nie."

Die XIV. Paralympics in London dauern vom 29. August bis zum 9. September. Die Idee der Spiele für Sportler mit Handicap geht auf das Jahr 1948 zurück. An dem Tag, als in London die Olympischen Spiele eröffnet wurden, veranstaltete der deutsche Neurologe Ludwig Guttmann in einem Krankenhaus im englischen Stoke Mandeville Sportwettkämpfe für Rollstuhlfahrer. (rv)

Pakistan: Kaum schuldfähig

Der Anwalt von Rimsah Masih verlangt, die Anklage gegen die Elfjährige fallenzulassen. Die junge Christin mit Down-Syndrom sitzt in Untersuchungshaft, weil sie Fragmente eines verbrannten Koran mit sich führte. Eine Medizinerkommission erklärte das wegen Blasphemie angeklagte Mädchen am vergangenen Dienstag offenbar für geistig unterentwickelt und damit nur bedingt schuldfähig. Das Mädchen hätte diesen Angaben nach noch nicht einmal inhaftiert werden dürfen. Rimsha sei wahrscheinlich zwischen 13 und 14 Jahre alt, ihre geistige Entwicklung entspreche jedoch der einer 9-Jährigen, so die Mediziner. Damit könnte der Fall an ein Jugendgericht übergehen. Eine Anhörung des Mädchens vor Gericht in Islamabad wurde den Berichten zufolge auf den 30. August verschoben.

Empörung über das bisherige Vorgehen gegen Rimsha herrscht auch bei islamischen Gelehrten in Pakistan. Das berichtet die Katholische Nachrichtenagentur an diesem Dienstag. So habe der Vorsitzende des Ulema-Rates, Tahir Ashrafi, geäußert, die Art und Weise, wie hier das Blasphemiegesetz angewandt werde, erinnere an „das Gesetz des Dschungels". Der Dachverband islamischer Gelehrter will nun in Zusammenarbeit mit der Polizei eine eigene Untersuchung einleiten, um zu klären, inwieweit man Rimsha „fälschlicherweise" der Blasphemie bezichtige und wie sehr dadurch der Extremismus angestachelt werde. An dieser Untersuchung sollten auch Nichtmuslime sowie ein ehemaliger Richter beteiligt werden. (rv)