Vatikanvertreter bei UNO warnt vor Lebensmittelkrise

Der Ständige UNO-Beobachter des Vatikasn, Erzbischof Silvano Maria Tomasi, warnt vor einer neuen weltweiten Lebensmittelkrise. Angesichts steigender Lebensmittelpreise infolge der aktuellen Dürre in den USA, in Australien und in Russland sieht der Erzbischof die Lebensmittelversorgung in vielen Ländern in Gefahr und befürchtet „Hungerrevolten" vor allem in den armen Ländern der Welt. Tomasi nennt im Interview mit Radio Vatikan die Dürre in den USA als Beispiel:

„Die Dürre in den USA ist die schlimmste seit 60 Jahren! Die Soja- und Maisproduktion reduziert sich, der Preis dieser beiden Getreide ist im Juli im Vergleich zum Vormonat rapide gestiegen. Wir sind wirklich ratlos, was die Planung betrifft. Dieser Preisanstieg kann auch soziale Auswirkungen haben, wenn wir an die Krise von 2007-2008 wegen der Essenspreise denken, die – von Bangladesch bis Haiti – zu Krawallen und Protesten in 30 Ländern der Welt geführt hat."

Mit dem so genannten „Rapid Response Forum" hatten die G20 nach der globalen Lebensmittelkrise von 2008 und 2010 im Jahr 2011 ein Krisenforum geschaffen, um schneller auf steigende Lebensmittelpreise reagieren zu können. Mit konkreten Vorschlägen des Forums dürfte jedoch wohl frühestens im September zu rechnen sein – das ist nach Ansicht von Entwicklungshilfeorganisationen wie Oxfam viel zu spät. Das Thema steht zumindest schon einmal auf der Tagesordnung einer Telefonkonferenz einiger Vertreter der G20-Staaten Ende August.

Neben der Dürre sei eine weitere Ursache von Lebensmittelknappheit der Anbau von Rohstoffen zur Produktion von Agro-Treibstoffen, erinnert Tomasi:

„Eine große Menge Essen und landwirtschaftlicher Produkte – vom Mais über Rüben bis hin zu Zucker – werden benutzt, um Biotreibstoff zu produzieren, besonders Ethanol. In diesen Tagen hat deshalb neu eine Diskussion darüber begonnen, wie man zu einer angemessenen Politik finden kann, die einerseits die Umweltbedingungen berücksichtigt – also den Ausstoß von Kohlendioxid verringert – und die andererseits dem Essen den Vorrang gibt, das ja eine Lebensnotwendigkeit darstellt."

Nichts zuletzt angesichts der gängigen Spekulation mit Lebensmitteln brauche es eine verantwortungsvolle globale Politik und weltweit gültige Regeln, um Ausbeutung, Lebensmittelknappheit und Lebensmittelüberteuerung zu verhindern, appelliert der Vatikanvertreter. Auf den Zusammenhang zwischen Nahrungsmittelspekulation und Hungersnöten haben verschiedene Entwicklungshilfeorganisationen hingewiesen. (rv)

Lombardi: „Rigoroser Schritt der Aufklärung“

Ein Schritt rigoroser Aufklärung: So sieht Vatikansprecher Pater Federico Lombardi die Veröffentlichung des Untersuchungsberichtes und der Anklageschrift zum Prozess gegen den ehemaligen Papst-Butler Paolo Gabriele und den Informatiker Claudio Sciarpelletti. Beide Dokumente zum Dokumentenklau im Vatikan waren am Montag der Presse präsentiert worden. Eine solch „umfängliche und komplette Veröffentlichung (…) ohne Abkürzungen und Verdeckungen" sei angesichts der sonstigen vatikanischen Gewohnheiten ein „mutiger" und überhaupt ein „ziemlich ungewöhnlicher" Schritt, unterstrich Lombardi in einem Kommentar, dessen Text Radio Vatikan vorliegt.
Papst vertraut in menschliche Gerichtsbarkeit
Der Papst habe sich für eine Aufarbeitung des Falls durch die Gerichtsbarkeit stark gemacht, so Lombardi:
„Die Entscheidung des Papstes, die Arbeit der Gerichtsbarkeit zu ermutigen, hat ihre eigene Bedeutung und zeigt gewissenhaften Respekt vor der Kompetenz und der Autonomie dieser Institution. Sie zeigt Vertrauen in den Beitrag, den sie auf dem schwierigen und anstrengenden Weg der Wahrheitssuche und der Herstellung der Gerechtigkeit mit menschlichen Mitteln leisten kann."
Benedikt XVI. wird vermutlich nicht in das Verfahren gegen Gabriele eingreifen, wohl auch nicht in Form einer Begnadigung. Dies hatte Lombardi am Montag vor der Presse angedeutet. Die Aufarbeitung des Falls allein durch die Gerichtsbarkeit sieht Pater Lombardi – ähnlich wie die jüngste Bewertung der Geldgeschäfte des Heiligen Stuhls durch Moneyval – als Garantie für Transparenz und Kohärenz. Ein solcher Ansatz könne für Lösungen und die Kommunikation auch in anderen Bereichen der Kirche Vorbild sein, so der Jesuit: Der Beitrag der Gerichte werfe schließlich auch die Frage des Vertrauens in Institutionen auf, „die uns dienen", und ebenso die Frage nach dem Sinn einer vertraulichen Kommunikation, so der Jesuit.
Anklageerhebung bezieht sich auf klaren Kreis
Die Veröffentlichung des Untersuchungsberichtes und der Anklageschrift markierten nicht das Ende der Untersuchungen und Überlegungen zu den Hintergründen von Vatileaks, so Lombardi weiter. Allerdings sei der Inhalt der beiden vorliegenden Dokumente – eine Veröffentlichung des Berichts der Kardinalskommission zum Fall steht freilich noch aus – auf einen klaren Kreis begrenzt, so der Vatikansprecher:
„Die Sentenz bezieht sich in der Tat auf eine spezifische strafbare Handlung und auf zwei Personen – eine direkt verantwortliche und eine nur sehr indirekt betroffene – und nicht auf einen ausführlicheren Komplex von Ereignissen und Beziehungen, mit deren Untersuchung die Gerichtsbarkeit und eine Kardinalskommission beauftragt wurden, und zwar mit spezifischen Kompetenzen und verschiedenen Perspektiven." (rv)

US-Kirche stolz auf ihre Ordensfrauen

„Der Heilige Stuhl und die Bischöfe der USA sind zutiefst stolz auf den Beitrag von Ordensfrauen zum Leben der Kirche." So heißt es in einem Statement von Erzbischof Peter Sartain zum Abschluss einer Konferenz von Ordensfrauen. Sartain ist der Vatikan-Beauftragte für die Vereinigung der weiblichen Ordensgemeinschaften, denn der Heilige Stuhl verpflichtete die Leadership Conference of Women Religious (LCWR) im vergangenen April zu Reformen. Außerdem bemängelte die vatikanische Glaubenskongregation einige Abweichungen des Verbands in Glaubensinhalten.

Erzbischof Sartain betont, dass die Ordensfrauen einzigartige Gaben in das Leben der Kirche einbrächten. Sie verdienten den Respekt, die Unterstützung, den Dank und das Gebet der gesamten Kirche. Besonders betont er in seinem Statement den Einsatz der Frauen an den Rändern der Gesellschaft. Ob der Schutz des ungeborenen Lebens oder der Einsatz für die Opfer von Menschenhandel: Überall dort seien Ordensfrauen anzutreffen.
Gemeinsam mit der Leitung des LCWR wolle er nun die vom Vatikan erhobenen Vorwürfe „in einer Atmosphäre des Gebetes und des respektvollen Dialoges" klären. Er hoffe, dass dies erreicht werden könne, ohne einerseits die Lehre der Kirche oder andererseits die Bedeutung des LCWR zu schwächen, so Erzbischof Sartain in seinem Statement.

In ihrer Abschlusspressekonferenz betonte Schwester Pat Farrell, die bisherige Vorsitzende des LCWR, noch einmal die Enttäuschung der Ordensfrauen über das Verdikt aus dem Vatikan. Man wolle aber am wechselseitigen Verständnis arbeiten. Gleichzeitig betonten die Schwestern, dass ihre Art des Ordenslebens ein authentischer Ausdruck einer Berufung sei, der nicht kompromittiert werden dürfe. Sie drückten ihre Hoffnung aus, dass in dem anstehenden Klärungsprozess der Kirchenführung der Auftrag, die Werte und die Handlungsweisen des LCWR besser erklärt werden könnten.

Ein erster Schritt ist direkt im Anschluss an die Versammlung des LCWR getan worden: Erzbischof Sartain nahm an der Leitungssitzung des neugewählten Vorstandes teil. Am vergangenen Wochenende war die Versammlung der LCWR in St. Louis zu Ende gegangen. Sie vertritt nach eigenen Angaben mit 57.000 Ordensfrauen etwa 80 Prozent aller weiblichen Ordensleute in den USA. (rv)

Vatileaks: Prozess für Ex-Kammerdiener und einen weiteren Vatikanangestellten

Der frühere päpstliche Kammerdiener Paolo Gabriele wird sich vor Gericht verantworten müssen. Das wurde an diesem Montag im Vatikan bekannt. Neben dem Ex-Butler wird einem weiteren Laienangestellten der Prozess gemacht, nämlich dem 48-jährigen Informatiker Claudio Sciarpelletti aus dem päpstlichen Staatssekretariat. Gabriele ist des schweren Diebstahls angeklagt, Sciarpelletti lediglich der Beihilfe; den Anklagepunkt Geheimnisverrat gegen den Informatiker ließ Untersuchungsrichter Piero Bonnet nach gründlichen Erhebungen fallen, sagte Vatikansprecher Pater Federico Lombardi vor Journalisten.

Der Vatikan veröffentlichte gleichzeitig sowohl den Untersuchungsbericht als auch die Anklageschrift gegen die beiden Männer. Sciarpelletti, ein Bekannter Paolo Gabrieles, war nur eine Nacht lang in Haft und wurde anschließend wieder auf freien Fuß gesetzt. Lombardi:

„Bei einer Untersuchung des Arbeitsplatzes von Sciarpelletti haben die Fahnder einen Umschlag mit vertraulichen Vatikandokumenten gefunden, die der Journalist Gianluigi Nuzzi veröffentlicht hatte. Der Informatiker verstrickte sich dann in Widersprüche über die Herkunft dieser Dokumente und wird hauptsächlich deswegen prozessiert. In jedem Fall steht die Schwere seines Fehlverhaltens in keinem Vergleich zu den Taten von Paolo Gabriele. Die Richter betrachten ihn nicht als Komplizen des Kammerdieners. Und sie halten es für wahrscheinlich, dass Sciarpelletti mit einer milden Strafe davonkommt, bis hin zum Freispruch."

In Paolo Gabrieles Wohnung fanden die Beamten hingegen nicht nur „Massen von Dokumenten" – viele von ihnen standen nicht in Bezug zum Datenschwund -, sondern sogar Geschenke an den Papst wie einen Scheck über 100.000 Euro, ein Goldstück und ein wertvolles Buch aus dem 16. Jahrhundert.

„Gabriele hat dies in der Vernehmung mit der großen Unordnung in seiner Wohnung begründet. Zu dem Buch sagte er, er habe den Papstsekretär Gänswein gebeten, es einem Literaturlehrer seiner Kinder zeigen zu dürfen, und es deshalb mitgenommen."

Zwei psychiatrische Gutachten, die der Generalstaatsanwalt und Gabrieles Anwälte unabhängig voneinander beantragt hatten, bescheinigten dem Kammerdiener schwere seelische Probleme. Paolo Gabriele hatte erklärt, er habe mit der Weitergabe der vertraulichen Papiere dem Vatikan helfen wollen.

„Es gibt da einen fast tragischen Widerspruch zwischen der erklärten Absicht, Gutes zu tun, und einer objektiven Schwere der vollbrachten Tat. Da gibt es das persönliche Interesse Gabrieles, er selbst spricht von seinem Interesse für Geheimdienste und seiner Leidenschaft, Dokumente zu sammeln und dergleichen. Die psychiatrischen Gutachten helfen, diesen Widerspruch zu verstehen und einzuordnen."

In dem vom Justizpromotor angeforderten Gutachten liest sich das so: „Paolo Gabrieles Persönlichkeit ist fragil und unsicher und zeichnet sich durch ein tiefes Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Zuneigung durch andere aus". Dennoch wird Gabriele Schuldfähigkeit bescheinigt. Anders das Gutachten der Anwälte, das zum Schluss kommt, der Kammerdiener sei aufgrund seiner seelischen Störung nicht gerichtlich belangbar; der Untersuchungsrichter schloss sich dieser Beurteilung allerdings nicht an.

Mit der Aufnahme des Prozesses gegen die beiden Angeklagten sind die Ermittlungen über die Affäre „Vatileaks" keineswegs abgeschlossen, betonte Lombardi. Die Richter hätten bei ihren Untersuchungen eine Reihe wichtiger Hinweise erhalten, wie es zu dem Datendiebstahl und der folgenden Veröffentlichung in Buchform und im Internet kommen konnte, und würden ihnen nachgehen, erklärte der Vatikansprecher. Papst Benedikt sei an einer kompletten Aufklärung der Causa gelegen.

Unter Verschluss bleibt vorerst der Bericht der dreiköpfigen Kardinalskommission, die Papst Benedikt im März mit parallelen Ermittlungen im Vatikan beauftragt hatte. Die Kardinäle hatten ebenfalls ein langes Gespräch mit Paolo Gabriele. Der Kammerdiener schickte dem Papst über die Kardinalskommission einen Brief, in dem er seinen früheren Dienstherren um Vergebung bat, bestätigte Lombardi. Papst Benedikt könne Gabriele jederzeit begnadigen, indem er in das Verfahren eingreift, wahrscheinlich sei das aber nicht, sagte der Vatikansprecher.

„Wenn der Papst Gabriele begnadigen will, wird er wohl zuerst das Urteil des Gerichts abwarten, sonst gibt es Verwirrung."

Prozessauftakt für die beiden Angeklagten wird voraussichtlich im Herbst dieses Jahres sein. Die Verhandlungen sind nach Vatikanrecht öffentlich. (rv)