Vatican News: Kardinal Pell bleibt vorerst beurlaubt

Der Heilige Stuhl nimmt die Entscheidung der Justiz in Australien gegenüber Kardinal George Pell zur Kenntnis. Als vatikanischer Finanzchef bleibt der Australier, der sich in seiner Heimat gegen Missbrauchsvorwürfe verteidigt, im Amt, ist aber weiterhin beurlaubt.

Das steht in einer knappen Mitteilung des Direktors des vatikanischen Pressesaals Greg Burke von diesem Dienstag. Letztes Jahr habe Papst Franziskus dem Kardinal eine Auszeit genehmigt, um sich von den Vorwürfen reinzuwaschen. „Diese Verfügung bleibt gültig“, heißt es in dem Statement.

Ein Gericht in Melbourne hatte am Dienstag nach umfangreichen Voruntersuchungen entschieden, dass gegen den Kardinal ein Prozess wegen Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs eröffnet wird. Pell steht der Anklage zufolge im Verdacht, in den 1970er bis 1990er Jahren als Priester und Bischof in Australien mehrere Jungen belästigt zu haben.

Kardinal Pell ist Präfekt des vatikanischen Wirtschaftssekretariates, das Papst Franziskus zur Kontrolle der Ausgaben und der Geldflüsse im Vatikan eingerichtet hatte. Überdies berief der Papst den australischen Kardinal in den „K9“ genannten Kardinalsrat, der ihn bei der Vorbereitung der Kurienreform unterstützt. (vatican news – gs)

Ein bayerischer Konstantin?

Die Aufregung um das vom Bayerischen Kabinett beschlossene Aufhängen des Kreuzes im Eingangsbereich von Dienstgebäuden erscheint übertrieben. In diesem Zusammenhang von Häresie und Blasphemie zu sprechen ist völlig abwegig. Generell wird die Konstantinische Wende von Theologen seit den 1960-er Jahren zu kritisch gesehen. Als Römer wusste Konstantin, dass ein politisches Gemeinwesen ohne metaphysisch-religiöses Fundament auf Dauer keinen Bestand haben kann. Er sah ein, dass die altrömische Religion dazu nicht mehr in der Lage war. Das Christentum hatte sich als eine gesellschaftlich prägende Kraft in der Antike über einen Zeitraum von gut dreihundert Jahren bewährt. Warum sollte es nicht auch in der Lage sein, einen Beitrag zur normativen Grundlegung eines Staates zu leisten? Zwar zielt Jesu Botschaft nicht auf die Gründung eines Staates, sie verwirft den Staat aber auch nicht als ein prinzipiell gottloses Gebilde. Paulus erwartet von den Christen, dass sie die Gesetze des Staates, in dem sie leben, achten. In seiner Ermahnung setzt er voraus, dass sich der Staat bei der Anwendung von Gewalt an das Recht hält (Röm 13,1-7). Unrechtmäßige Gewalt (violentia) soll durch rechtmäßige Gewalt (potestas) in Grenzen gehalten werden. Damit steht Paulus in gut biblischer Tradition. Die Eingrenzung unrechtmäßiger Gewalt durch rechtmäßige Gewalt gehört nach Auskunft der Bibel zu den normativen Grundlagen eines Rechtsstaates (vgl. Gen 9,5-6; Ri 17-21). Wenn sich nun ein Staat dazu bekennt, seine normativen Grundlagen vom christlichen Glauben her prägen und diese Bereitschaft auch öffentlich symbolisch sichtbar werden zu lassen, dann ist dagegen weder aus christlicher noch aus staatspolitischer Sicht grundsätzlich etwas einzuwenden.

Streng laizistische Staatskonzeptionen sind, wie das französische Beispiel zeigt, besonders krisenanfällig. Es dürfte kein Zufall sein, dass sich französische Politiker in jüngster Zeit Gedanken machen, ob die bisweilen militant laizistische Ausrichtung des französischen Staates angesichts der wachsenden Bedeutung von Religionen noch zeitgemäß ist. Es widerspricht dem Selbstverständnis wohl der meisten Religionen, wenn sie aus dem Raum der Öffentlichkeit und der Gestaltung des gesellschaftlichen und staatlichen Lebens ausgeschlossen werden. Der radikale, sich auf eine einseitige Interpretation der Französischen Revolution berufende westlich-laizistische Weg scheint ein Sonderweg zu sein, der an Grenzen stößt und für viele Kulturen der Welt nicht in Frage kommt. Dieser Weg weist selbst in einigen seiner Ausprägungen religiös-fanatische Züge auf. Wer meint, er könne das Bekenntnis zur Bibel durch ein Bekenntnis zur Französischen Revolution ersetzen, sei daran erinnert, dass nicht nur der Terror, sondern auch die Legitimation des Terrors zu den Begleiterscheinungen der Französischen Revolution gehörten. Ihr fielen allein in der Vendée rund 200.000 Katholiken zum Opfer. Einige Historiker sprechen von einem Genozid. Die Französische Revolution wurde damit zwar nicht nur, aber doch auch zu einer Vorläuferin des Terrors des 20. Jahrhunderts, eine ihrer dunklen Seiten, die oft übersehen wird.

Israel versteht sich als eine jüdische Demokratie. Alle im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien haben sich jüngst zum Existenzrecht dieses jüdischen Staates bekannt. Jüdischer Staat heißt aber nicht, dass darin andere Religionen benachteiligt oder gar verfolgt werden. Ein Staat, der sich in besonderer Weise dem normativen Gehalt einer Religion verpflichtet weiß und sich dazu auch in symbolischer Weise öffentlich bekennt, wie etwa der Staat Israel in seiner Staatsflagge mit dem Davidstern oder in öffentlichen Gebäuden mit dem Anbringen der Mesusa, muss also keineswegs notwendigerweise zu religiöser Intoleranz führen. Im Gegenteil könnten in einer Zeit, da die Bedeutung der Religionen wächst, ein lebendiger Wettbewerb zwischen ihnen in dem Sinne stattfinden, dass sie auf ihre je eigene Weise einen Beitrag zur Humanisierung der Gesellschaft und der Staaten und ihrer Beziehungen untereinander leisten. Eine Ansammlung laizistischer Einheitsstaaten nach westlich-säkularistischem Kanon scheint mir kein reizvoller Ausblick auf die Zukunft zu sein.

Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung von Ministerpräsident Söder keineswegs so abwegig wie von manchen Eiferern behauptet wird. Gerade der universale Anspruch des christlichen Glaubens kann den Freistaat Bayern vor den Gefahren einer Provinzialisierung bewahren. In diesem offenen Sinn von „Menschenwürde, Nächstenliebe und Toleranz“ hat Markus Söder den Beschluss interpretiert. Es besteht nicht die Gefahr, dass Bayern seine Weltoffenheit und Toleranz verliert. Das Land ist nach wie vor höchst attraktiv und bei vielen Menschen, Einheimischen wie Zugereisten, sehr beliebt. Es hat Großes bei der Aufnahme von Flüchtlingen geleistet und tut es noch immer. Es widerspricht nicht der christlichen Botschaft, wenn auch Politiker zu der Einsicht gelangen, die der frühere Bundespräsident Joachim Gauck in einem Vortrag an der Universität Bochum kürzlich zur Flüchtlingspolitik wie folgt zum Ausdruck gebracht hat: „Wer ernsthaft über Begrenzung nachdenkt, muss daher keineswegs ein Gegner menschenrechtlicher Politik sein.“

Ludger Schwienhorst-Schönberger ist katholischer Theologe und Universitätsprofessor für Alttestamentliche Bibelwissenschaft an der Universität Wien. (CNA Deutsch)

Australien: Also doch – Kardinal Pell muss sich vor Gericht verantworten!

Nach einer vierwöchigen Anhörung im letzten Monat, bei der einige schwerwiegende Anschuldigungen gegen Kardinal George Pell abgewiesen wurden, hat Richterin Belinda Wallington am Dienstag entschieden, Pell vor Gericht zu stellen.

Vaticanhistory – Martin Marker.

„Crux“ in den Vereinigten Staaten von Amerika und mehrere australische Zeitungen haben heute nach der Gerichtsentscheidung von Richterin Wallington umgehend über ihre Entscheidung berichtet.

Kardinal George Pell, einer der einflussreichsten Kirchenmänner neben Papst Franziskus darf vorerst nicht in den Vatikan zurückkehren, und muss sich vor Gericht wegen sexuellem Missbrauch in mehreren Fällen verantworten.

Wann der Prozess stattfinden wird, ist noch unklar. Nach mehreren australischen Quellen kann ein derartiges Strafverfahren durchaus 12 bis 18 Monate dauern. Wenn ein Verhandlungstermin festgesetzt ist, wird sich Pell vor dem Melbourner County Court verantworten müssen. Sein Top-Verteidiger Robert Richter könnte für die verbliebenen Anklagepunkte separate Verfahren anstreben. Bereits nach Abschluss der vierwöchigen Anhörung der Zeugen hatte man erwartet, dass Magistrat Belinda Wallington wahrscheinlich ein Verfahren eröffnen wird. Genauso wurde es dann von ihr heute bekannt gegen.

Robert Richter QC sagte noch im März, dass eine Jury Kardinal Pell wegen der Unwahrscheinlichkeit der Vorwürfe und der Unglaubwürdigkeit der Zeugen nicht verurteilen könne.

Kardinal Pell hatte in der Vergangenheit immer wieder die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen energisch zurückgewiesen. Am Dienstag plädierte er auf

„nicht schuldig“.

Gemäß Medienberichten aus Australien sind die schwerwiegendsten Anklagepunkte von zwei Klägern vorgebracht worden, von denen einer sexuelle Vorwürfe in einem Kino in der australischen Stadt Ballarat in den 1970er Jahren Pell vorwirft. Zu dieser Zeit arbeitet Pell noch als Priester vor Ort. Der andere Ankläger sagt, er sei in den 1990er Jahren in Melbournes St. Patrick’s Kathedrale sexuell missbraucht worden, als Pell bereits der Erzbischof von Melbourne war.

Einige Anklagepunkte wurden jedoch bereits im März gegen Pell fallen gelassen. Ein Kläger war im Januar verstorben und ein Anderer wurde aus medizinischen Gründen für untauglich erklärt.

Die Anhörung am Dienstag hatte um 10 Uhr begonnen und dauerte knapp eineinhalb Stunden. Anschließend ertönte Applaus in der kleinen Menschenmenge am Hinterausgang des Gerichtssaals. Vor dem Gerichtsgebäude in Melbourne war eine Menge von Polizei, Medien und Demonstranten.

Anwalt Robert Richter QC beanstandete Kaution. Pell darf somit das Land nicht mehr verlassen und hat seinen vatikanischen Pass an die Behörde übergeben. Herr Richter argumentierte, dass sein Klient Besucher empfangen möchte.

Unmittelbar nach der Anhörung gab die Erzdiözese Sydney eine Erklärung heraus, in der sie sagte, dass sie sich nicht zu dem Gerichtsverfahren äußern würde und dass die Gerechtigkeit ihren Lauf nehmen sollte.

Kardinal Pell kann und darf derzeit nicht in den Vatikan zurückkehren. Papst Franziskus wird auf seinen Präfekten des Sekretariats für die Wirtschaft und sein Mitglied des Kardinalsrates K9 noch geraume Zeit warten müssen. Aber was für den Papst noch schlimmer sein dürfte, ist die Tatsache, dass einer seiner höchsten Würdenträger der katholischen Kirche wegen sexuellem Missbrauch vor Gericht gestellt wird. Franziskus hatte in der Vergangenheit mehrmals eine „Null-Toleranz Politik“ in Missbrauchsfällen von Kleriker betont. Die Realität scheint ihn aber mehr und mehr einzuholen.

Der Fall Pell ist leider kein Einzelfall. Erst an diesem Wochenende sprach der Papst mit Missbrauchsopfern aus Lateinamerika, welche schwere Anschuldigungen im „Fall Bischof Barros“ und zweier Kardinäle in Chile anprangern. Hinzu kommt noch, dass ein weiterer Fall von Missbrauch und Korruption in Honduras im Raum steht. Hier geht es um den Koordinator des Kardinalsrates K9 im Vatikan Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga und seinen Weihbischof Juan Jose Pineda im heimatlichen Erzbistum Tegucigalpa.

Im Fall Kardinal Pell wird der Papst abwarten müssen. Vor dem Abschluss seines Gerichtsverfahrens wird Franziskus sicherlich keine Entscheidung treffen. Die derzeit schwebenden Fälle „Chile“ und „Honduras“ sind für den Papst äußerst unangenehm. Kritiker werfen ihm und dem Vatikan vor, in Sachen Missbrauch einfach unglaubwürdig geworden zu sein. (vh – mm)

Verfahren gegen Kardinal Pell wird eröffnet

MELBOURNE – Nach monatelangen Vorprüfungen kommt es nun zum Prozess: Ein Gericht in Melbourne (Victoria) hat entschieden, dass gegen Kardinal George Pell ein Verfahren eröffnet wird.

Mehr als die Hälfte der erhobenen Vorwürfe seien zwar ausgeräumt, so örtliche Medien, darunter ein „besonders schwerer“. Mindestens ein noch ungeklärter Vorwurf auf „sexual assault“ wird nun in einem Hauptprozess entschieden.

Der 76 Jahre alte Pell ist ehemaliger Erzbischof von Sydney (2001-2014) und zuvor Melbourne (1996-2001), wo er auch als erster australischer Bischof ein Untersuchungsverfahren für Fälle sexuellen Missbrauchs einführte.

Papst Franziskus berief Pell 2013 in seinen Kardinalsrat zur Beratung bei der Kurienreform. Ein Jahr später ernannte Franziskus den Australier zum Finanzchef des Vatikans.

Der aus dem kleinen Ballarat (Victoria) stammende Würdenträger hat von Anfang an sämtliche Vorwürfe von Missbrauch deutlich zurückgewiesen, seine Unschuld beteuert – und eine Untersuchung der von der Polizei Victorias angestrengten Ermittlungen gefordert. (CNA Deutsch)