Caritas Schweden: Willkommenskultur auf der Kippe

Caritas SchwedenSchweden ist traditionell ein Land mit einer starken Willkommenskultur. Doch mit der Ankunft von über 160.000 Flüchtlingen allein in der zweiten Jahreshälfte 2015 sieht sich die Politik des Landes offenbar zunehmend überfordert. Schwedens Innenminister Anders Ygeman kündigte jüngst in einem Zeitungsinterview an, dass bis zu 80.000 Asylbewerber, also praktisch die Hälfte der angekommenen Flüchtlinge, abgeschoben werden sollen. Ein falsches Signal, das nur die Ängste von Teilen der Bevölkerung schürt, meint der Migrationsbeauftragte von der Caritas Schweden, George Joseph im Gespräch mit Radio Vatikan.

Ähnlich wie in Deutschland war auch in Schweden anfangs die Solidarität groß, als ab vergangenen September zehntausende Flüchtlinge ankamen. Doch das kleine Land mit den 10 Millionen Einwohnern sieht sich mit der großen Zahl an Neuankömmlingen offenbar überlastet und setzt nun auf schärfere Asylgesetze und strengere Grenzkontrollen. Zu dem Stimmungswechsel haben auch die Belästigungen von zahlreichen Frauen durch Flüchtlinge in Köln und auch in Schweden geführt, weiß George Joseph.

„Schweden war eines der aufnahmefreundlichsten Länder in Europa, gemessen an der Bevölkerung von 10 Millionen Einwohnern, jeder Asylbewerber hat eine Unterkunft bekommen, meistens Appartements, es gab eine sehr positive Willkommenskultur. Doch mit der Ankunft von über 163.000 Flüchtlingen vorwiegend in der letzten Hälfte von 2015, hat die politische Elite panisch reagiert und den Kurs in der Flüchtlingspolitik geändert. Mit den Zwischenfällen in Köln und auch in Schweden wachsen zudem die Ängste der Menschen gegenüber Flüchtlingen. Die öffentliche Meinung ist von Vorstellungen bestimmt, dass die meisten Neuankömmlinge keine richtigen Flüchtlinge sind, sondern Kriminelle, Vergewaltiger und Terroristen. So will die schwedische Regierung das Asylrecht verschärfen. Das ist ein neues Signal an die Flüchtlinge, es soll heißen: Kommt nicht nach Schweden, wird sind strenger geworden.“

Nach dem Aufruf von Papst Franziskus, in jeder Kirchengemeinde mindestens eine Flüchtlingsfamilie aufzunehmen, hat die schwedische Bischofskonferenz für jede katholischen Gemeinde Schwedens einen Flüchtlings-Koordinator eingesetzt, der die Freiwilligen bei der Arbeit mit Flüchtlingen und Asylbewerbern anleitet. Die Caritas ist für die Schulungen und Unterstützung ihrer Arbeit mit verantwortlich. George Joseph beobachtet in allen Kirchen, nicht nur der katholischen, und der Zivilgesellschaft Schwedens viel Unterstützung und Einfühlungsvermögen für die Flüchtlinge. Insbesondere bei den jungen Leuten. Aber die Zahl der Skeptiker nimmt zu, wegen der negativen Schlagzeilen und der strengeren Asylpolitik. Die jüngsten Äußerungen von Innenminister Anders Ygeman machen ihm Sorgen.

„Die Kirche und die Caritas ist besorgt angesichts der Äußerungen des Ministers. Die Verfahren bis zu einer Abschiebung dauern lange und gehen durch mehrere Instanzen. Und viele Menschen können nicht zurück in ihre Heimat, da wird es viele Rechtsstreits geben und das wird für die Zivilgesellschaft, aber auch vor allem für die Kirche, die die Menschen ja auch rechtlich unterstützt, eine Mammutaufgabe.“

Die meisten Menschen, die bei der katholischen Kirche Schwedens Hilfe suchen, sind sogenannte Dublin-Fälle, die über Italien gekommen sind. Viele dieser Menschen sind dem Menschenhandel zum Opfer gefallen. Die Caritas unterstützt sie und hilft ihnen bei der Unterkunftssuche, einige Gemeinden bieten auch Sprachunterricht an, helfen bei der Suche nach Familienangehörigen und der kulturellen Integration. Hinzu kommt, dass die katholische Kirche in Schweden selbst bunt ist: Sie besteht aus 122 verschiedenen Nationalitäten, darunter gibt es auch viele syrische und chaldäische Katholiken. Joseph spricht von einem „kulturellen Kapital“ in der katholischen Kirche Schwedens, Fremde zu verstehen und aufzunehmen. Dabei arbeitet die Minderheitenkirche des skandinavischen Landes (rund 100.000 Katholiken) auch eng mit anderen schwedischen Kirchen wie der protestantischen Kirche, der orthodoxen; Pfingstkirchen und dem Schwedischen Rat der Christen, der Dachorganisation aller christlichen Kirchen des Landes zusammen. Gemeinsam haben sie eine Arbeitsgruppe für das Thema Migration gegründet, in der alle Kirchen vertreten sind. So veröffentlichten die Kirchen vor Weihnachten auch einen gemeinsamen Appell an die schwedische Gesellschaft und Politik, in dem sie zum Respekt vor den Grundrechten der Flüchtlinge und zum Erhalt der schwedischen Willkommenskultur aufrufen.

„Wir ermutigen unsere Gemeinden, mit den lokalen Kirchen zusammenzuarbeiten und die Ressourcen zu bündeln. An vielen Orten haben wir eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen der katholischen Kirche, der lutherischen Kirche und den anderen Pfingstkirchen. Zum Beispiel werden unsere Priester zu Trainingsprogrammen eingeladen oder sie bringen uns Helfer. Die ökumenische Arbeit in diesem Bereich ist sehr eng. Wir sind auch hocherfreut , dass Papst Franziskus im Oktober Schweden besucht. Er ist sehr beliebt, nicht nur bei den rund 100.000 Katholiken des Landes, sondern auch Nicht-Christen möchten den Papst einmal sehen. Wir rechnen damit, dass er sich auch stark aussprechen wird für die Rechte von Migranten.“

Immer wieder gibt es aber auch Konflikte zwischen den Flüchtlingen untereinander. In den Flüchtlingsheimen treten ethnische und religiöse Spannungen auf. Viele sind traumatisiert, bringen Gewalterfahrung mit und sind mit dem Zusammenleben überfordert. Besonders hier muss die Kirche, aber auch die Zivilgesellschaft nun Verantwortung zeigen.

„Wir rufen alle Bürger und die Kirche dazu auf, in die Unterkünfte zu gehen und mitzuhelfen, die Spannungen zwischen Einzelnen beizulegen und für mehr gegenseitiges Verständnis zu sorgen. Es treten ethnische und religiöse Spannungen auf, etwa zwischen Muslimen und Christen aus Syrien und wir versuchen das zu vermeiden und mit den Menschen zu sprechen, ihre Ängste auch ernst zu nehmen ihnen das Gefühl zu geben, dass sie gehört werden, jemanden zum Reden haben. Wir helfen mit interreligiösem Dialog, am Ende des Tages sind es doch alles Menschen und wir müssen einen Weg des Zusammenlebens finden. Auf lange Sicht wird das der schwedischen Gesellschaft zu Gute kommen. Wenn wir das schaffen, schaffen es die Flüchtlinge, wenn wir versagen, dann schaffen es auch die Flüchtlinge nicht.“ (rv)

Die Kunst und die Religion: Eine komplizierte Beziehung

HaendeItalien ist empört, und nicht nur Italien: Zum Besuch von Irans Präsident Rohani in der vergangenen Woche verhüllte die Stadt Rom in den Kapitolinischen Museen antike Statuen, weil die Figuren nackt waren. Wer genau den Auftrag gab, ist unklar – doch dass es passiert ist, weiß auch das Internet. Karikaturen mit verhüllten Statuen oder getricksten Gemälden verbreiteten sich wie im Flug, die Mona Lisa mit Burka war da zu sehen oder die Rubens-Grazien mit ihren blanken Rundungen als angeblicher Hintergrund bei der Begegnung Rohanis mit dem Papst im Vatikan (nicht wenige fielen auf die Fotomontage hinein). Kurz: Die italienische Zensur des öffentlichen Raumes sorgte für Debatten. Statuen, die vor 2.000 Jahren nackt geschaffen wurden und nackt blieben, werden nun verhüllt, angeblich aus Respekt für die kulturelle Empfindlichkeit eines Besuchers?

Diese Frage im Hinterkopf, besuchten wir eine wissenschaftliche Konferenz in den vatikanischen Museen zum Thema „Braucht die Kunst die Religion?“ und sprachen mit dem aus Deutschland stammenden Kunsthistoriker Arnold Nesselrath, stellvertretender Direktor der Vatikanischen Museen. „Die Kunst hat im Wesentlichen zwei Wurzeln“, erklärte er uns, „das eine ist das Totengedenken und das andere die Religion. Das sind die beiden Elemente, die immer die Kunst produziert haben; von den frühesten Zeiten an bis heute.“

Es ist wahr, dass die Kirche in früheren Jahrhunderten oft Auftraggeber für die Kunst war, und auch hier fand Zensur statt. Hochberühmtes Beispiel: das „Jüngste Gericht“ in der Sixtinischen Kapelle. Papst Paul IV. sprach von Ketzerei und verlangte von dem Renaissance-Genie Michelangelo, sein angebliches Skandal-Fresko abzuschlagen, was zum Glück nicht geschah. Stattdessen kam es zur Zensur mit dem Pinsel. 1564 schließlich erlaubte Michelangelo eine „Milderung“ seines „anrüchigen“ Kunstwerkes. Daniele da Volterra hatte 1565 die Ehre, die Genitalien der unbekleideten Figuren mit kleinen Tüchern zu übermalen, was ihm den Beinamen „Braghettone“, Hosenmaler, eintrug. Seine Anstands-Tücher sind bis heute als geschichtlich aussagekräftiges Stück Kunst erhalten. Aus Respekt, gewissermaßen, für die Empfindlichkeit jener Zeit.

Dass wir heute wieder Kunst bedecken aus Respekt, kann man differenziert betrachten. Arnold Nesselrath meint aber, dass dieses direkte Beispiel die vatikanischen Museen nicht betrifft und er sich spezifisch dazu nicht äußert. Dass Kulturen aber aneinander geraten sind in der Vergangenheit und dies auch in Zukunft tun werden ist ihm klar. Vielleicht könnte Kunst und Kultur kein Hindernis, sondern ein Schlüssel sein.

„Wesentlich ist, glaube ich, dieses: dass Kulturen, wenn sie miteinander leben wollen, sich verstehen und respektieren müssen. Das ist etwas, was die Kultur und die Kunst leisten müssen. Das ist in unseren Tagen sehr wichtig und wird von Tag zu Tag wichtiger, insofern sich Kulturen mit der derzeitigen Geschwindigkeit treffen und notgedrungen auch mischen. Das ist etwas, was immer auch stattgefunden hat. Wenn wir uns überlegen, dass die Römer keine Null kannten und heute ohne Null nichts mehr funktioniert, kein Computer und keine Bilanz, dann kann man vielleicht etwas von der Dimension erahnen, die auf uns zukommt, in der wir leben und leben müssen und immer gelebt haben und dessen Toleranz müssen wir uns sein." (rv)

Papst empfängt Glaubenskongregation: Synodalität und Einheit

Papst FranziskusDie Barmherzigkeit ist der Tragepfeiler des Lebens der Kirche, die erste Wahrheit ist diese Liebe Christi. Das betonte Papst Franziskus an diesem Freitag bei der Audienz für die Mitglieder der Glaubenskongregation. Ausdrücklich dankte er der vatikanischen Behörde für ihren Einsatz gegen den Missbrauch von Kindern; zur Kongregation gehört auch der Promotor Iustitiae, etwa einem Staatsanwalt entsprechend, zu dessen Aufgaben die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle der Vergangenheit gehört.

„Wenn wir am Abend unseres Lebens gefragt werden, ob wir den Hungernden zu essen gegeben haben und etwas zu trinken den Durstigen, dann wird man uns auch fragen, ob wir Menschen geholfen haben, ihren Zweifeln zu entkommen, ob wir die Sünder begleitet haben, indem wir sie ermutigten oder korrigierten, und ob wir fähig sind die Unwissenheit zu bekämpfen, vor allem was den christlichen Glauben und das gute Leben betrifft“. Damit bezog sich der Papst auf alle Werke der Barmherzigkeit, die in diesem Heiligen Jahr im Vordergrund des kirchlichen Leben stehen, diese gelte es neu zu entdecken, so der Papst. „Die Betonung der Werke der Barmherzigkeit ist wichtig, das ist nicht nur eine Frömmigkeitsübung. Es ist die Konkretisierung dessen, wie Christen den Geist der Barmherzigkeit umsetzen können. Bei einer Audienz für eine geistliche Bewegung in der vollen Audienzhalle ging es vor kurzen um die Werke der Barmherzigkeit. Und ich habe die Leute gefragt: ‚Wer von Euch kann sagen, was die geistlichen und körperlichen Werke der Barmherzigkeit sind? Wer das kann, hebe bitte die Hände!’ Da waren nicht mehr als zwanzig in einem Saal von 7.000 Menschen. Wir müssen den Gläubigen diese so wichtige Sache wieder nahe bringen.“

Die effektive, wirkliche Barmherzigkeit Gottes sei in Jesus affektive Wirklichkeit geworden, weil er Mensch geworden sei zur Rettung der Menschen. „Die Aufgabe Ihres Dikasteriums finde hier ihr Fundament und ihre angemessene Rechtfertigung. Der christliche Glaube ist nämlich nicht nur Wissen, das im Gedächtnis behalten werden muss, sondern eine Wahrheit, die in der Liebe zu leben ist.“ Deswegen gehe es bei der Arbeit des Dikasteriums nicht nur um die Doktrin, sondern auch um die christlichen Gebräuche und Traditionen. Das sei ein etwas delikates Thema, wertete der Papst.

„Um diesen Auftrag gut erfüllen zu können, ist es vor allem wichtig, kollegial zu arbeiten“, betonte Papst Franziskus. „Auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens muss die rechte Synodalität gefördert werden.“ Die Glaubenskongregation habe dazu schon einiges geleistet, vor allem in von ihr organisierten Konferenzen zu doktrinalen und pastoralen Themen. „Ich bitte euch, diese Zusammenarbeit mit den beratenden Gremien der Bischofskonferenzen und mit einzelnen Bischöfen zu Themen der Lehre fortzusetzen und zu intensivieren, vor allem in dieser Zeit raschen Wandels und zunehmender Komplexität der Probleme.“

Amt und Charisma in der Kirche

Ein weiteres Thema des Papstes in seiner Ansprache war das Verhältnis von Hierarchie und Charisma in der Kirche, also von Amt und Geist. Hier habe die Kongregation wichtige Arbeit zu leisten, denn beide Elemente seien komplementär, sie ergänzten sich und müssten zusammen arbeiten. „Das Zeugnis dieser Komplementarität ist gerade heute besonders nötig. Sie drückt besonders deutlich die geordnete Vielgestaltigkeit aus, welche das Gewebe der Kirche prägt. (…) Einheit und Vielgestaltigkeit sind das Siegel einer Kirche, die sich vom Geist bewegt auf den Weg macht, sicheren und gläubigen Schrittes hin auf das Ziel, das der auferstandene Herr selber gezeigt hat. Die Kirche entsteht aus der Gemeinschaft und geht auf eine immer mehr verwirklichte, vertiefte und erweiterte Gemeinschaft zu.“

Der Papst begegnete den Mitgliedern der Kongregation zum Abschluss ihrer Vollversammlung. Deutschsprachige Mitglieder sind neben dem Präfekten Kardinal Gerhard Ludwig Müller die Kardinäle Christoph Schönborn und Kurt Koch sowie Bischof Rudolf Voderholzer aus Regensburg. (rv)

Vatikan: Ordensgemeinschaften gegen Menschenhandel

Talitha KumIn Rom tagt derzeit zum zweiten Mal das internationale Ordens-Netzwerk gegen Menschenhandel, „Talitha Kum“. Es will Synergieeffekte bei der weltweiten Prävention und Bekämpfung von Menschenhandel nutzen. Das Treffen begann am Montag und geht bis Sonntag. Im Gespräch mit Experten wollen die Verantwortlichen praktische Wege erörtern. Der Name des Netzwerks „Talitha Kum“ geht auf das Markusevangelium zurück und bedeutet übersetzt: „Mädchen, ich sage dir, steh auf!“ Es sind die Worte Jesu bei der Auferweckung einer Verstorbenen. (rv)

 

Vatikan-Vizepressesprecher geht nach 20 Jahren

PressesaalAm 31. Januar kann Pater Ciro Benedettini, Vatikan-Vizesprecher, auf zwanzig Jahre Arbeit – das heißt Kommunikationsarbeit für drei Päpste – zurückblicken. Er verlässt seinen Arbeitsplatz am Heiligen Stuhl und geht in den Ruhestand. Der amerikanische Journalist Greg Burke wird in seine Fußstapfen treten. Mit einem lachenden und weinenden Auge blickt Benedettini zurück auf die letzten zwanzig Jahre. Drei Pontifikate mitzuerleben und mitzugestalten, sei schon etwas Besonderes; vor allem spüre man die Veränderungen und die Zeichen der Zeit am eigenen Leibe.

„Radikale Veränderungen! Als ich gekommen bin, gab es noch alle Informationen in Papierform. Ich erinnere mich noch, Weihnachten 1995: Gemeinsam mit Navarro-Valls (d.h. dem damaligen Leiter des Pressesaals) haben wir es geschafft, das Internet einzurichten. Ich denke, das war einer der ehrwürdigsten Momente und Punkte meiner Arbeit, dieses wichtige Kommunikationsinstrument in den Vatikan gebracht zu haben. Langsam ist es mit der Digitalisierung weitergegangen und hat das Papier total verdrängt: Heute gibt es eine „Informationsexplosion“. Vor nur zwanzig Jahren war die Presseschau einfach: Zwanzig Zeitungen und Zeitschriften, fertig. Heute mit den Blogs und den Social Media gibt es eine Informationsexplosion, die realistischerweise kaum überschaubar ist.“

Padre Ciro sieht die schnelle Verbreitung sowie die Möglichkeit der Journalisten, von überall arbeiten zu können, als riesigen Vorteil. Der verlorengegangene persönliche Kontakt mit den Journalisten sei hingegen ein großer Verlust, bedauert der langjährige Presseverantwortliche im Vatikan. Die kirchlichen Medien haben für ihn auch heute noch die Aufgabe, Nachrichten mit „Menschenwürde, mit Vorsicht und großem Respekt“ zu behandeln. Er sieht die Problematik in der schnellen Bearbeitung der Information, so werde vieles nur oberflächlich weitergegeben. In seinen zwanzig Jahren Dienst im Vatikan blieben ihm vor allem viele schöne Erinnerungen mit dem heiligen Papst Johannes Paul II. Bis hin zu dessen Sterben im April 2005:

„Wahrscheinlich ist das für einige sehr traurig; ich nenne es ein ‚Nationalepos‘. Die letzten Tage von Johannes Paul II. und seine Beerdigung. Wir waren wie in Trance; die Menschen im Pressesaal, verstummten alle mit dem Beginn der Gebete. Und dann erinnere ich mich an die Ankündigung des Todes, die Journalisten sprachen uns ihr Beileid aus, und auch alle Menschen, die vor dem Pressesaal standen, wollten dies tun. Jeder verstand, dass wir selbst einen uns sehr lieben Menschen verloren hatten.

Ich nenne das ein „Nationalepos“. Denn der Moment war wie eine Osmose – zwischen uns und der Menschenmenge: Die Gefühle der Menschenmassen waren gleich den unseren. Unsere Gefühle waren die der Masse. Wir haben einerseits den traurigen Schmerz des Verlustes des Papstes gefühlt – aber zusammen den Triumph der Einheit mit dem Heiligen Vater. Das war auch ein Triumph des Glaubens und des ewigen Lebens.“ (rv)

Erzbischof Tomasi fordert zuerst Waffenstillstand in Syrien

Erzbischof Silvano TomasiAn diesem Freitag wollen die Vereinten Nationen in Genf endlich die „Syrien-Gespräche“ starten lassen: Doch immer noch herrscht Streit über die genaue Teilnehmerliste. Der Ständige Beobachter des Heiligen Stuhls in Genf, Erzbischof Silvano Maria Tomasi, fordert im Gespräch mit Radio Vatikan, dass noch vor den Gesprächen ein schneller Waffenstillstand notwendig wäre.

„Man legt nun alle möglichen Karten auf den Tisch, um zu einem spezifischen Ziel zu gelangen, und dieses müsste lauten: Waffenstillstand. Damit die Zivilbevölkerung zur Ruhe kommt, vor allem einen Moment durchatmen kann, und damit in ganz Syrien auch die humanitäre Hilfe arbeiten kann. Es gibt also auch ein wenig Vertrauen. Die Einladungen wurden auch an die internen Gruppen Syriens versandt – also Regierung und Opposition; sie sollen an dieser ersten Phase der Dialogfindung teilnehmen. Also besteht Grund zur Hoffnung, dass hier am 29. Januar in Genf der Dialog starten kann, auch wenn die Parteien zunächst nicht direkt miteinander reden werden, sondern über Sondergesandte des Vereinten Nationen. Auf diese Art und Weise kann zwischen den Parteien vermittelt werden, um wenigstens zu einer ersten, kleinen Übereinkunft zu kommen – zumindest zu einer kurzen Pause der Gewalt, die seit Jahren in Syrien und im Nahen Osten dominiert.“

Die Syrien-Gespräche in Genf sollen den Weg für eine Übergangsregierung ebnen. Doch angesichts der widerstreitenden Interessen der Dialogpartner, unter ihnen auch Saudi-Arabien und Iran, wird das alles andere als leicht sein. Tomasi hofft also zunächst mal auf einen kleinen, aber aus seiner Sicht wichtigen Schritt, die Waffenpause.

In dem Konflikt sind bisher mehr als 250.000 Menschen ums Leben gekommen. Über elf Millionen Menschen wurden vertrieben. Die Genfer Gespräche kranken daran, dass längst nicht alle Machtfaktoren aus Syrien mit am Tisch sitzen; Islamisten bleiben außen vor, und das, obwohl Deutschland mittlerweile vorsichtig dafür plädiert, sie miteinzubeziehen. Tomasi: „Diese neue Phase einer Waffenstillstands-Vermittlung wird natürlich von durch die Tatsache erschwert, dass die Gewalt der Gruppen, die von den Vereinten Nationen als Extremisten eingestuft werden, weitergeht. Praktisch gesehen, bleibt dadurch eine Dimension der Unsicherheit bestehen, und somit auch die Schwierigkeit, sich dem Ziel des Friedens anzunähern.“ (rv)

Vatikanischer Friedensrat prangert Waffenhandel an

VatikanMan dürfe eine „legitime Verteidigung“, wie sie der Katechismus der katholischen Kirche und das katholische Lehramt beschreiben, nicht zum Vorwand nehmen, um Krieg zu führen oder zu unterstützen. Darauf macht der Sprecher des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden, Renato Cursi, im Gespräch mit Radio Vatikan aufmerksam. Das römische Stadtvikariat hat am Wochenende einen Kongress zum Thema „Waffenhandel“ durchgeführt, an dem auch Cursi teilnahm. Ziel der Teilnehmer war es, Wege zur Überwindung des Waffenhandels zu finden.

„Es ist klar, dass Waffen keine Lösung sind, um Kriege zu beenden. Im Gegenteil, sie fördern die Gewalt und sind auf jeden Fall eine Gefahr für den Frieden“, so der Sprecher. Dies klinge selbstverständlich oder gar banal, aber wie Papst Franziskus es immer wieder wiederholt habe: Als Christ müsse man auf die „Verrücktheit der Kriege“ hinweisen, und dazu zähle auch die damit verbundene Entwicklung und der Handel mit Waffen.

„Papst Franziskus ging sogar soweit, Waffenhändler mit heftigen Bezeichnungen zu beschreiben. Er hat sie ,Verdammte' genannt und sie als Gegenspieler der ,Friedensstifter' gebrandmarkt. Er hat jene ,Heuchler' genannt, die auf der einen Seite sich für den Frieden aussprechen und andererseits selber mit Waffen handeln.“

Und vor allem habe der Papst den engen Zusammenhang zwischen den Waffenhandel und die Flüchtlingswelle betont, die Europa derzeit erlebe, so Cursi. Jeder Einzelne trage Verantwortung dafür, wie man mit der Waffenindustrie umgehen solle. Niemand sei davon ausgeschlossen, sprich: Es ist nicht nur die Aufgabe der Großen und Mächtigen dieser Welt, den Waffenhandel zu bekämpfen. (rv)

Reformationsgedenken: Papst reist Ende Oktober nach Schweden

SchwedenPapst Franziskus wird am 31. Oktober an dem Gedenken zur Reformation in der schwedischen Stadt Lund teilnehmen. Das kündigte der Päpstliche Rat zur Förderung der Einheit der Christen zusammen mit dem Lutherischen Weltbund an diesem Montag an. Demnach wird der Papst zusammen mit dem Präsident des Weltbundes, Munib Younan, und dem Generalsekretär desselben Bundes, Martin Junge, einer gemeinsamen Gedenkfeier vorstehen.

Wie die gemeinsame Mitteilung ankündigt, wird in Lund des 500. Gedenktages der Reformation für 2017 gedacht. Dabei sollen vor allem die Fortschritte im ökumenischen Dialog zwischen Katholiken und Lutheranern unterstrichen werden. Die gemeinsame ökumenische Feier stütze sich auf die Richtlinien des Dokuments „Common Prayer“ (Gemeinsames Gebet), das vor kurzem veröffentlicht wurde.

Generalsekretär Junge sagte zu der geplanten ökumenischen Gedenkfeier: „Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass der Einsatz für die Wiederversöhnung zwischen Lutheranern und Katholiken ein wichtiger Beitrag ist für die Gerechtigkeit, den Frieden und die Versöhnung in der heutigen Welt, die von so vielen Konflikten und Gewalt gekennzeichnet ist.“

Der Ökumene-Verantwortliche im Vatikan, der Schweizer Kurienkardinal Kurt Koch, unterstrich, dass es sich nicht nur um eine pragmatische Annäherung handle, sondern dass das gemeinsame Gedenken auch „einen tiefen Sinn des Glaubens im gekreuzigten und wiederauferstandenen Christus“ habe. (rv)

 

Kardinal Rai: „Wahre Solidarität für Nahost ist Hilfe vor Ort“

Kardinal Bechara RaiDie Kirche der deutschsprachigen Katholiken Roms hat als erste nicht-maronitische Kirche eine Reliquie des libanesischen Heiligen Charbel Markhlouf erhalten. Bei einer Feier am Freitagabend hat in der Kirche Santa Maria dell´Anima überreichte das Oberhaupt der Maroniten Kardinal Bechara Boutros Rai – er ist auch Patriarch von Antiochien – anlässlich einer Liturgiefeier im maronitischen Ritus die Reliquien. Es war ein einmaliges Ereignis. Am Samstag traf Patriarch Rai zudem Papst Franziskus, um über die politische Situation im Libanon zu sprechen. Radio Vatikan hat das Oberhaupt der Maroniten im Vorfeld interviewt. Dabei sprach der Patriarch auch von falsch verstandener Solidarität für Flüchtlinge in Europa.

„Wir sind den Christen im Westen sehr dankbar für ihre Menschlichkeit und Solidarität. Aber uns hilft es nicht, den Christen im Orient zu sagen: Kommt her, ihr seid herzlich Willkommen. Wir können den Nahen Osten nicht von der Kirche entleeren. Christen sind nicht einfach Individuen zum Herumverteilen. Es ist die Kirche Christi, die Wiege der Christenheit im Orient. Wir können nicht die Wurzeln des Christentums ausreißen.“ Patriarch Rai fügte an, dass der Westen und die Christen allgemein jeden Tag einen lautstarken Appell machen müssten: „Schluss mit Krieg in Syrien, Irak, Jemen und in Palästina! Und Friedenslösungen finden. Wie Papst Franziskus gesagt hat: Schluss mit dem Waffenhandel! Schluss mit wirtschaftlichen, geostrategischen, politischen Interessen auf dem Rücken von Millionen von Menschen, die aus ihren Ländern vertrieben werden. Also muss der christliche Westen den Christen helfen, in ihren Ländern zu bleiben, anstatt ihnen zu sagen: Kommt her. Ich weiß, das ist hart. Aber das ist wahre Solidarität. Ihnen vor Ort zu helfen, würdevoll zu leben, Arbeit zu bekommen, und auszuharren, bis dieser Sturm vorüber ist. Das wünsche ich diesen Menschen. Und so werde ich das auch dem Papst sagen.“

Patriarch Rai ging am Samstagvormittag beim Papst in Audienz, um mit ihm über die Entwicklungen bei der Besetzung des Staatspräsidentenamtes in seiner Heimat zu besprechen. Und über die Friedensbemühungen im Nahen Osten.

Zur Feier am Freitagabend in der Anima: Der Heilige Charbel Makhlouf war ein maronitischer Mönch des 19. Jahrhunderts, den Papst Paul VI. erst selig- und schließlich 1977 heiligsprach. Charbel führte in einer Einsiedelei des Klosters Annaya ein asketisch strenges Büßerleben und wurde schon zu Lebzeiten wie ein Heiliger verehrt. Die Knochenreliquie von ihm ist ein Geschenk des Kollegs Mar Abda des Maronitenordens der Heiligen Jungfrau Maria im Libanon. Sie erhielt ihren Platz in einem der Altare der Kirche, an dem zugleich ein permanentes „Friedenslicht für den Libanon und den Nahen Osten“ entzündet wurde. Kardinal Bechara Rai erklärte, wie die Anima in Rom zu dieser Ehre gekommen ist:

„Einige unserer Patres in Rom lernen deutsch und haben auch schon in der deutschsprachigen Gemeinde mitgeholfen. Daraus wurde eine Freundschaft und die Idee entstand, die Reliquien vom Heiligen Charbel auf einem Altar der Kirche aufzubewahren. Der Rektor des Päpstlichen Instituts Santa Maria dell’Anima, Franz-Xaver Brandmayr, bat mich dann darum, dort zu diesem Anlass eine Messe zu feiern.“

Die Messe wurde in syrisch-aramäisch, der Sprache Jesu gehalten. Ebenso die Gesänge der maronitischen Geistlichen, deren orientalischer Klang zusammen mit dem Weihrauch eine mystische Stimmung erzeugte. Es ist eine große Ehre für die Gemeinde, denn der Heilige Charbel wird auf der ganzen Welt verehrt, wie Kardinal Bechara Rai erklärt:

„Der heilige Charbel ist ein Eremiten-Mönch, ein großer Mensch der Stille, des Gebets, des großen Heldentums. Er wurde von der Welt und seinen Lieben ganz getrennt. Selbst als seine Mutter einmal zum Kloster kam, wollte er sich ihr nicht zeigen und sagte: ‚Mutter, wir sehen uns im Himmel‘. Er ist ein Mann des großen Opfers, der sich so sehr Gott hingegeben hat. Wir wissen nicht, warum Gott ihn auf der ganzen Welt bekannt gemacht hat. Egal wo auf der Welt Sie hingehen, gibt es eine Verehrung für den Heiligen Charbel – sei es in Afrika, Lateinamerika, Europa oder Ozeanien – überall. Wir fragen uns: warum bewirkt er überall Wunder, ist überall präsent? Menschen, die nicht einmal den Libanon kennen, kennen dafür den Heiligen Charbel.“

Die Wunder waren stets ziemlich ausgefallen, wie der Kardinal betont. An eines erinnern die Maroniten immer am 22. jedes Monats. Es geschah vor 23 Jahren. Eine Frau war komplett gelähmt und träumte eines Nachts von Charbel, der zu ihr sagte: Ich werde dich operieren. Sie antwortete: Aber nein, Pater, der Arzt hat gesagt, das sei nicht möglich. Als sie erwachte, merkte sie, dass sie blutete und eine Narbe hatte – sie war geheilt worden. Auf ein Wunder in der libanesischen Politik dürfte man auch hoffen – seit Mai 2014 gibt es keinen Präsidenten mehr, weil eine Patt-Situation zwischen zwei Kandidaten Wahlen blockierte. Einer der Kandidaten, der Samir Geagea von der sunnitisch geprägten Allianz des 14. März verzichtete am Montag vor einer Woche auf seine Kandidatur, zugunsten seines Gegenkandidaten und Erzfeinds, wie Bechara Rai sagt: Michel Aoun. Doch wer glaubt, dadurch sei die Ausganglage für eine baldige Präsidentenwahl besser, täuscht sich, so der Patriarch:

„Der Verzicht von Samir Geagea auf die Präsidentschaftskandidatur zugunsten seines Feindes Michel Aoun war eine Überraschung, die zugleich die Dinge komplizierter macht. Denn mit Michel Aoun und dem Kandidaten der maronitischen Marada-Partei, Suleiman Frangieh, sind beide Kandidaten Alliierte der Hisbollah. Die Versöhnung von Samir Gaegea und Michel Aoun hat der libanesischen Gesellschaft sehr geholfen, weil es eine sehr angespannte Situation war. Es stimmt, auch Michel Aoun hat eine starke Persönlichkeit, aber er kann nicht auf viele Stimmen hoffen. Jetzt kommt es auf die Hisbollah an, die einen Schritt vorangehen und sehen muss, wen der beiden sie aufstellt. Das wird nicht einfach. Jetzt müssen wir hören, was die einzelnen Fraktionen und Parteien sagen, um das Gleichgewicht wieder herzustellen. Die Situation ist kritisch. Damit die Wahlen vorangehen, müssen wir jetzt Druck auf die Hisbollah und den Iran machen, der Verbündeter der Hisbollah ist.”

Da könnte es auch hilfreich sein, wenn der iranische Präsident Hassan Rohani am kommenden Dienstag Papst Franziskus besucht. (rv)

 

Vatikan: Erstmals Untersekretär für Güterverwaltung APSA

VatikanPapst Franziskus hat einen Untersekretär für die vatikanische Güterverwaltung APSA bestimmt. Er berief den aus der Diözese Tarent stammenden Priester Giuseppe Russo an diese neu geschaffene Stelle. Die APSA fungiert seit der Umgestaltung der vatikanischen Wirtschaftsangelegenheiten als eine Art Zentralbank für den Vatikanstaat und den Heiligen Stuhl. Im Gegenzug hatte Franziskus jene Abteilung der APSA, die bis dahin für die Verwaltung der vatikanischen Immobilien zuständig war, herausgelöst und dem neu geschaffenen Wirtschaftssekretariat unter Kardinal George Pell angegliedert. Giuseppe Russo war bisher bei der Italienischen Bischofskonferenz für die Verwaltung kirchlicher Immobilien verantwortlich. Der Untersekretär ist Teil der meist dreiköpfigen Führungsebene einer päpstlichen Behörde. (rv)