Israel/Palästina: Verlassenes Heiliges Land

IsraelDie Pilger im Heiligen Land bleiben aus. Die heiligen Stätten scheinen verlassen und die Christen, die im Tourismus arbeiten, denken daran wegzuziehen. Das sagt Franziskanerpater Ibrahim Faltas von der Kustodie des Heiligen Landes in Jerusalem. Alleine aus Italien seien rund 40 Prozent weniger Gäste gekommen. Es handle sich nicht nur um ein wirtschaftlich-soziales Problem, sondern es sei auch ein „Verlust der Werte der Pilgerorte“, prangert Pater Faltas an.

„In der Tat war 2015 ein sehr schwieriges Jahr für den gesamten Raum des Heiligen Landes und für die Pilger….Wir können sagen, dass weniger als die Hälfte als im Vorjahr gekommen sind und das ist ein großer Verlust. Das schadet auch der christlichen Präsenz, denn die meisten Christen hier arbeiten im Tourismusbereich: sie haben Unterkünfte, Restaurants, sind Reiseleiter und in diesem Moment sind alle Pilgerorte leer. Die Menschen weinen, viele von ihnen sind arbeitslos geworden und deswegen verlassen sie das Heilige Land. Das ist das Problem.“

Pater Faltas erlebte im Jahr 2000 auch die zweite Intifada mit. Im Gespräch mit Radio Vatikan sagte er, dass die derzeitige Situation noch drastischer sei, wenn es um die Besucherzahl gehe.

In Getsemani beispielsweise, wo normalerweise fünf- bis sechstausend Menschen täglich hin pilgern, sei derzeit so gut wie niemand. Schuld daran sei, laut Pater Faltas, auch die negative Berichterstattung der Medien.

„Und dann denke ich, dass die Menschen Angst haben. Sie haben nicht nur Angst ins Heilige Land zu kommen, sondern in den gesamten Nahen Osten, nach Ägypten oder Jordanien. Dort ist die Situation ähnlich. Das gilt auch für die Türkei nach den letzten Attentaten. Das sind große Probleme, Probleme, die mit Angst verbunden sind. Darum sage ich den Menschen, sie sollen diese Angst überwinden. Ihr müsst als Pilger wieder kommen. Es ist wirklich noch nie einem Pilger etwas passiert. Palästinenser und Israelis respektieren die Touristen. Während der zweiten Intifada war ich mit einer Touristengruppe in Betlehem. unterwegs Die Kämpfe wurden damals für unseren Eintritt unterbrochen.“

Während Pater Faltas dazu aufruft ins Heilige Land zu pilgern, meldete jedoch die deutsche Benediktinerabtei Dormitio in Jerusalem christenfeindliche Attacken. Unbekannte hätten vergangenes Wochenende in schwarzer Farbe Sprüche auf die Außenwand der Kirche sowie ein Hospiz gesprüht. Tatverdächtig seien jüdische Extremisten, berichtete die Zeitung Haaretz. Nach Angaben der Abtei schrieben sie unter anderem Parolen wie „Christen zur Hölle“, „Tod den Christen“ oder „Rache für die Israeliten“. Auch die Umfassungsmauern eines benachbarten griechisch-orthodoxen und eines armenischen Friedhofs seien betroffen. Die Mönche forderten die israelischen Behörden zu mehr Schutz auf und sowohl Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu als auch der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Fouad Twal verurteilte den Angriff. (rv)

Kardinal Pell bricht eine Lanze für die Marktwirtschaft

Kardinal PellKurienkardinal George Pell sieht in der freien Marktwirtschaft mehr Licht als Schatten. „Ein besseres Modell ist derzeit nicht vorhanden“, sagte der Australier, der im Auftrag von Papst Franziskus das vatikanische Wirtschaftssekretariat leitet. Marktwirtschaft werde überdauern, sie habe die Fähigkeit, nach Depressionen wie der jüngsten Weltfinanzkrise wieder auf die Beine zu kommen, und sie habe nicht zu der von Karl Marx vorhergesagten „massiven Entfremdung“ geführt. Es gebe vielleicht „zu viel Zucker in unserer Gesellschaft, wie etwa Konsumismus, aber wir werden wenigstens nicht von Salzwüsten vergiftet“, sagte Pell bei einer Konferenz der australischen „Global Foundation“ in Rom am vergangenen Sonntag.

Marktwirtschaft habe eine „noch nie dagewesene Blüte“ gebracht und stelle „trotz vieler Fehler und Mängel eine außerordentliche menschliche Errungenschaft“ dar, so der Kardinal. Er zitiere immer gerne die britische Premierministerin Margaret Thatcher mit der Aussage, der Barmherzige Samariter hätte ohne finanzielle Mittel nicht für die Pflege des geschlagenen und ausgeraubten Mannes aufkommen können. Im Übrigen realisierten etwa auch Migranten und Flüchtlinge, dass demokratische Gesellschaften mit freier Wirtschaft für sie und ihre Kinder bessere Aussichten böten.

Allerdings seien in der westlichen Welt „neue und tiefer werdende Ungleichheiten“ zu verzeichnen, räumte Pell ein. So verdiene heute ein Vorstandsmitglied in einem US-amerikanischen Konzern 231 Mal mehr als ein Arbeiter, bei den Banken sogar 500 Mal mehr. Während die Unterscheidung zwischen „verdienten“ und „unverdienten“ Armen heute nicht mehr gemacht werde, „könnte es hilfreich sein, zwischen verdienten und unverdienten Reichen zu unterscheiden“, schlug der Kardinal vor. Dennoch: „Wenn wir die Weltwirtschaft wirklich nachhaltig ankurbeln wollen, dann wird Business und nicht Regulierung eine führende Rolle spielen müssen.“

Pell ließ in der Vergangenheit mitunter mit Stellungnahmen aufhorchen, die in merklichem Gegensatz zu Positionen von Papst Franziskus stehen. Bei der Konferenz sagte der Kardinal, das Engagement des Papstes für soziale Gerechtigkeit und seine Verurteilung von Ausbeutung und Konsumismus sei weithin bekannt, viel weniger werde aber wahrgenommen, was Franziskus zustimmend zur Rolle von Wirtschaft gesagt und geschrieben habe; Pell nannte die Papstrede vor dem US-amerikanischen Kongress.

Die römische Konferenz der „Global Foundation“ mit dem Titel „Die Globalisierung der Gleichgültigkeit zurückweisen – für eine inklusivere und nachhaltigere Weltwirtschaft“ war hochrangig besetzt. Als weiterer Gastredner aus dem Vatikan war Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin eingeladen. Auch die Direktorin des Internationalen Währungsfonds Christine Lagarde nahm teil. Die französische Finanzpolitikerin wurde am Montag von Papst Franziskus in Audienz empfangen. (rv)