Vatikan fordert „mehr Einsatz“ der UNO für Nahost und Ukraine

UNO-FahneDie Krisenherde im Nahen Osten und in der Ukraine zeigen, dass die UNO „frischen Wind“ braucht. Das betonte der vatikanische Kardinalstaatssekretär, Pietro Parolin, vor der UNO. Er sprach am Montag in New York bei der 69. Generalversammlung der Vereinten Nationen. In seinem Redebeitrag unterstrich der für die vatikanische Diplomatie zuständige Kardinal, dass der Schutz der Menschen Vorrang vor jedweden Interessen habe. Angesichts der blutigen Verfolgung der Christen im Irak und Syrien müssten „jegliche Mittel zu ihrem Schutz“ angewandt werden.

„Es ist sowohl berechtigt als auch nötig, jegliche Aggressionen zu stoppen! Dies soll aber durch eine multilaterale Koalition sowie durch einen nicht unverhältnismäßigen Einsatz von Waffen geschehen. Der Heilige Stuhl hofft, dass die internationale Staatengemeinschaft ihre Verantwortung wahrnimmt und alles Mögliche unternimmt, um Angriffe auf Minderheiten zu stoppen. Dies scheint uns wichtig, damit keine weiteren und schlimmeren Ungerechtigkeiten mehr stattfinden.“

Kardinal Parolin fügte an, dass der bisherige Umgang der internationalen Staatengemeinschaft mit den Krisenherden Syrien und Irak „nicht gut gewesen“ sei. Die Rüge des Kardinals galt wohl in erster Linie dem blockierten UNO-Sicherheitsrat: Statt einer einheitlichen Stimme, um den Opfern zu helfen, sei es nur zu Blockaden gekommen.

„Vor zehn Jahren hat ein UNO-Weltgipfel beteuert, dass die gesamte internationale Staatengemeinschaft unbedingt in einem Geist der Solidarität gegen jegliche kriminelle Handlungen wie Genozid, ethnische Säuberungen und religiös motivierte Verfolgungen vorgehen sollte!“

Würden sich alle Mitgliedstaaten der UNO – beziehungsweise des Sicherheitsrates – auf diesen Grundsatz besinnen, so gäbe es in der Tat „frischen Wind in den Vereinten Nationen“, meinte Parolin. Der Vatikan unterstützt eine Reform der UNO; Papst Franziskus wird womöglich im nächsten Jahr vor der Vollversammlung in New York sprechen. (rv)

Synoden-Sekretär: „Den Weg freimachen“

Kardinal BaldisseriAlle Gläubigen sollten für den Sekretär der Bischofssynode, Kardinal Lorenzo Baldisseri, beten. Dazu rief Papst Franziskus am Sonntag die Anwesenden auf dem Petersplatz auf. Der norditalienische Kurienkardinal wird bei der bevorstehenden Außerordentlichen Synode zur Familie, die nächsten Sonntag beginnt und zwei Wochen dauert, für alle organisatorischen Belange zuständig sein. Baldisseri nimmt den Aufruf des Papstes sehr ernst, denn dies zeige auch, „dass es sich um eine herausfordernde Synode“ handeln werde, sagte der Kardinal gegenüber Radio Vatikan. Zum Fest der Erzengel an diesem Montag feierte der Synodensekretär in der Radiokapelle die Festmesse zum Patron des Papst-Senders, Gabriel. Anschließend erläuterte er den Mitarbeitern von Radio Vatikan, wie er die Familiensynode sieht.

„Natürlich weiß der Papst, dass das kein einfaches Unterfangen ist. Aber gerade weil es nicht einfach ist, schreiten wir voran. Wie ein Bulldozer, der das Terrain ebnet, immer mit der christlichen Barmherzigkeit. Damit dürfen wir nie aufhören.“

Die kommende Synode sei in vielerlei Hinsicht eine Besonderheit, so Baldisseri. Erstens handle sich um eine Außerordentliche Synode, und zweitens habe Papst Franziskus die „üblichen Regelungen“ ausgeweitet, da jeder Synodenvater seine Gedanken nicht nur vorlesen, sondern vor allem zur Debatte stellen solle.

„Ich habe oft betont, dass wir sozusagen zuerst das Bild malen und erst am Schluss den Rahmen hinzufügen wollen. Bisher war es ja so, dass die rechtlichen Vorgaben – also der Rahmen – die Synode und ihren Ablauf bestimmt haben. Papst Franziskus will hingegen die Möglichkeit geben, in völliger Freiheit sprechen zu dürfen. Da kann es ja sein, dass es einmal eine Idee gibt, die sich außerhalb des Bildes befindet. Würden wir uns an strikte Regelungen halten, dann wäre es nicht möglich, solche außerplanmäßigen Ideen einzubringen. Wir wollen aber Änderungen und Anpassungen ermöglichen!“

Der Synoden-Sekretär kündigte an, am kommenden Freitag bei einer Pressekonferenz im Vatikan weitere Details zur Familiensynode bekannt zu geben. (rv)

Ökumene-Kardinal sieht Fortschritte beim Dialog mit Orthodoxen

Kard_KochDie Internationale Dialogkommission der katholischen und orthodoxen Kirchen konnte auf einer gemeinsamen Sitzung in Amman keinen Konsens über ein Papier zur Frage des Primats und der Synodalität finden: Der Entwurf zu Grundfragen der Kirchenverfassung fand bei den siebentägigen Gesprächen offenbar keine allgemeine Zustimmung. Den gemeinsamen Vorsitz des Treffens in Jordanien hatten der Vertreter des Ökumenischen Patriarchats, Metropolit Ioannis (Zizioulas) und der vatikanische Ökumene-Verantwortliche, Kardinal Kurt Koch. Trotz der Divergenzen in Amman sieht der Schweizer Kurienkardinal im Gespräch mit Radio Vatikan dennoch Fortschritte in der Verständigung.

„Der allergrößte Fortschritt ist aus meiner Sicht, dass alle Beteiligten bereit und auch willens sind, den Dialog weiterzuführen. Das ist nicht ganz einfach. Es war jetzt beispielsweise nicht möglich, mit einem Dokument an die Öffentlichkeit zu gehen. Das Vorbereitungsdokument, das zur Diskussion stand, wurde vor allem von orthodoxer Seite abgelehnt. Dann haben wir uns entschieden, ein neues Dokument zu erarbeiten und zwar über die wichtigsten Elemente des Hauptthemas von Synodalität und Primat im ersten Jahrtausend. Das wurde jedoch als nicht reif beurteilt. Nächstes Jahr soll nun ein neues Koordinierungskomitee den Text vertiefen und verbessern, um dann eine neue Plenarversammlung einzuberufen, sodass wir diesen Text zu Ende führen können.“

In zwei Jahren werde vor allem für die orthodoxen Kirche ein „heikles Jahr“ sein, so Kardinal Koch. Denn für 2016 ist das Panorthodoxe Konzil geplant. Deshalb werde die katholisch-orthodoxe Großversammlung kaum vor 2017 stattfinden, fügte der Ökumene-Verantwortliche an.

„Ich hoffe sehr, dass das Panorthodoxe Konzil überhaupt stattfinden wird, denn die Plenarversammlung hat uns gezeigt, wie viele Differenzen unter den orthodoxen Kirchen bestehen. Wir haben vielleicht mehr Differenzen unter den Orthodoxen als zwischen den Orthodoxen und Katholiken. Wenn die orthodoxen Kirchen auf einer Panorthodoxen Synode zu einer größeren Einheit unter sich finden, wird das auch eine große Hilfe für die Fortsetzung unseres Dialogs sein.“

Bedenken und Kritik kam in Amman vor allem von russisch-orthodoxer Seite. Dies ist kein Novum: bereits beim Treffen in Ravenna von 2007 gab es Vorbehalte aus Moskau. Die damalige Kritik werde auch heute noch eingebracht, so Kardinal Koch.

„Das Hauptproblem des Ravenna-Dokuments ist aus russisch-orthodoxer Sicht der Paragraph über die universale Ebene im Blick auf das Verhältnis von Synodalität und Primat. Sie akzeptieren einen Primat auf universaler Ebene, aber nur in einem pragmatischen und nicht in einem theologischen Sinn. Das ist für uns Katholiken eine schwierige Herausforderung, weil der Petrusdienst nicht einfach etwas rein administratives und pragmatisches ist. Da müssen wir eindeutig mehr Konsens finden. Aber ich darf ehrlich sagen, dass wir eine gute Zusammenarbeit mit der russisch-orthodoxen Delegation in Amman hatten.“

Metropolit Hilarion sei bereit gewesen, im Redaktionskomitee für den neuen Text mitzuarbeiten, gab Koch bekannt. Der Vertreter aus Moskau habe angeregt, den Konsenstext zu Ende zu führen.

„Was bei ihm aber immer wieder durchscheint, ist diese ungeheure Kritik an der griechisch-katholischen Kirche in der Ukraine. Da hat er auch immer wieder deutlich gesagt, dass der sogenannte Uniatismus – also die mit Rom unierten Kirchen – eine Wunde im Leib Christi seien. Da muss ich ihm natürlich widersprechen: die eigentliche Wunde ist die Trennung der Kirche zwischen Ost und West. Der Uniatismus ist eine Konsequenz dieser Wunde. Wenn wir das Problem des Uniatismus lösen wollen, dann müssen wir die Einheit finden.“

Am Rande der Vollversammlung war Metropolit Hilarion auch bilateral aktiv. So konferierte er mit dem Präfekten der vatikanischen Ostkirchenkongregation, Kardinal Leonardo Sandri, über die unterschiedliche Bewertung der Rolle der griechisch-katholischen Kirche im russisch-ukrainischen Konflikt. (rv)

Kardinal vor Weltsicherheitsrat: „Terror an der Wurzel bekämpfen“

Kardinal Pietro ParolinDer UN-Sicherheitsrat hat die Weltgemeinschaft im Kampf gegen Terrormilizen wie den Islamischen Staat (IS) zu schärferen Grenzkontrollen und Überprüfungen von Reiseplänen verpflichtet. Bei der Debatte am Mittwoch in New York war auch der Heilige Stuhl als Beobachter vertreten. Die Nationen hätten eine „primäre Verantwortung“, Menschen zu schützen, die von Gewalt und direkten Attacken auf ihre Würde bedroht seien, schärfte der vatikanische Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin bei seiner Ansprache den Delegierten im Sicherheitsrat ein. Er forderte dazu auf, Terrorismus an der Wurzel zu bekämpfen. „Junge Menschen, die ins Ausland reisen und sich Terror-Organisationen anschließen, kommen oft aus armen Einwandererfamilien und sind desillusioniert, weil sie den Mangel an Integration und Werten empfinden“, so Parolin. Regierungen müssten in diesem Punkt mehr mit der Zivilgesellschaft zusammenarbeiten, um die Gemeinschaften zu identifizieren, die am meisten von Radikalisierung gefährdet seien, und eine zufriedenstellende soziale Integration zu erlangen.

Parolin zog eine Parallele zwischen dem heutigen Islamisten-Terror und der Zeit totalitärer Diktaturen des 20. Jahrhunderts. Die UNO sei gegründet nach jener Epoche, „in der eine ähnliche nihilistische Sicht auf die menschliche Würde unsere Welt zur zerstören und zu spalten suchte“. Neuerlich betonte der „Zweite Mann“ des Heiligen Stuhles die „schwere Verantwortung“ heutiger Religionsvertreter, Terror im Namen Gottes zu verurteilen. Dabei zitierte Parolin Papst Franziskus, der drei Tage zuvor in Albanien religiös begründete Gewalt mit den Worten gegeißelt hatte, im Namen Gottes zu töten, sei „ein schweres Sakrileg“ und „unmenschlich“.

Nach Angaben von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon haben die beiden größten Terrormilizen in Syrien und im Irak – der Islamische Staat und die Al-Nusra-Front – mehr als 15.000 ausländische Kämpfer rekrutiert. „Diese Gruppen nehmen die Religion in Geiselhaft. Sie repräsentieren nicht den Islam.“ Der Sicherheitsrat tagte am Rande der UN-Generaldebatte, zu der Vertreter aus allen 193 UN-Staaten nach New York gekommen sind sowie aus sogenannten Beobachterstaaten wie dem Vatikan, Palästina und der EU. (rv)

Vatikan und Piusbruderschaft: Ziel ist „die volle Aussöhnung“

FSSPX_logoZum ersten Mal im Pontifikat von Franziskus sind Vertreter der Priesterbruderschaft St. Pius X. wieder zu offiziellen Gesprächen im Vatikan empfangen worden. Der Obere der traditionalistischen Bruderschaft, Bischof Bernard Fellay, war an diesem Dienstag mit zwei Assistenten an der Glaubenskongregation. Bei dem Gespräch mit Kardinal Gerhard Ludwig Müller, dem Präfekten der Kongregation, ging es „um einige Probleme lehrmäßiger und kirchenrechtlicher Natur“, heißt es in einer Mitteilung des vatikanischen Pressesaales. Ziel sei „die Überwindung der Schwierigkeiten“ und „das Erreichen der vollen Aussöhnung“. Beide Seiten seien übereingekommen, „in einzelnen Etappen und vernünftigem Zeitraum“ vorzugehen, um dieses Ziel zu erreichen.

Die Gespräche an der Glaubenskongregation dauerten zwei Stunden und verliefen „in herzlichem Klima“, heißt es in der Mitteilung weiter. Ein Zeitplan wurde nicht genannt. Die versuchte Aussöhnung der schismatisch orientierten Piusbruderschaft mit der Weltkirche hatte unter Benedikt XVI. begonnen, war aber nicht zum Abschluss gekommen. Unter Franziskus schien der Annäherungsprozess zunächst ins Stocken geraten. Die Priesterbruderschaft St. Pius X. lehnt bisher gewisse Fortentwicklungen der katholischen Glaubenslehre nach dem II. Vatikanischen Konzil ab, beispielsweise zu Religionsfreiheit und Ökumene.

Von Seiten des Heiligen Stuhles nahmen an dem Treffen von diesem Dienstag vier Verantwortliche teil: neben Kardinal Müller der Sekretär und der Beigeordnete Sekretär der Glaubenskongregation, die Erzbischöfe Luis Ladaria und Augustine Di Noia, sowie Erzbischof Guido Pozzo, Sekretär der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei. Diese ist für die Belange aller traditionsverbundenen Gruppen in- und außerhalb der katholischen Kirche zuständig. Bischof Fellay wurde von zwei Geistlichen der Bruderschaft begleitet, Nikolas Pfluger und Alain-Marc Nely. (rv)

Vatikan: Theologenkommission bekommt weibliche Verstärkung

Erzbischof MüllerDie Internationale Theologenkommission bekommt weibliche Verstärkung: Papst Franziskus bestätigte an diesem Dienstag Mitglieder seines wichtigsten theologischen Beraterkreises für weitere fünf Jahre bis 2019 und ernannte zugleich 26 neue Mitglieder, darunter fünf Frauen. Unter ihnen ist die aus Bayern stammende Theologin Marianne Schlosser aus Donauwörth, die seit 2004 das Institut für Theologie der Spiritualität an der Universität Wien leitet. Es ist die erste derartige Forschungseinrichtung im deutschsprachigen Raum.

Neben der 53-Jährigen berief der Papst die US-amerikanische Philosophin und Ordensschwester Prudence Allen (USA) in das Gremium. Die 1940 geborene Amerikanerin hat sich durch ihre Weiterentwicklung der Frauenstudien und internationale Lehrtätigkeit einen Namen gemacht. Weitere neue weibliche Mitglieder der Internationale Theologenkommission sind die kanadische Professorin Moira Mary McQueen, die australische Professorin Tracey Rowland und die russische Ordensschwester Alenka Arko von der Loyola-Gemeinschaft.

Zweites neues deutsches Mitglied ist der 64-jährige Dogmatiker Karl-Heinz Menke, der seit 1990 in Bonn Dogmatik und Theologische Propädeutik lehrt. Seit 2005 ist er an der Revision des römischen Messbuchs in der deutschen Fassung beteiligt. Die anderen neuen Mitglieder stammen aus allen fünf Kontinenten der Welt.

Die Internationale Theologenkommission, die der Glaubenskongregation angeschlossen ist, wurde auf Anregung der ersten Bischofssynode von 1967 im Jahr 1969 durch Papst Paul VI. eingerichtet. Präsident ist der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller. Die 30 Mitglieder unter Leitung eines Generalsekretärs – derzeit der Philosoph Serge Thomas Bonino vom Institut Catholique in Paris – werden vom Papst persönlich auf fünf Jahre ernannt. (rv)

„Barmherzigkeit“: Thema der Philippinen-Reise

Philippinen2015„Barmherzigkeit und Mitleid“: Das wird das Thema der Reise von Papst Franziskus auf die Philippinen vom 15. bis 19. Januar 2015. Die philippinische Bischofskonferenz hat jetzt eine Internetseite zu der bevorstehenden Papstreise freigeschaltet (papalvisit.ph). Gleichzeitig rufen die Bischöfe die Gläubigen in Asiens einzigem Land mit katholischer Bevölkerungsmehrheit dazu auf, die Reise auch in den sozialen Medien zu einem Ereignis zu machen. (rv)

Synode: Jeden Tag eine Zusammenfassung

Kardinal BaldisseriDer Vatikan hat die Teilnehmer der bevorstehenden Bischofssynode gebeten, ihre Redebeiträge schon im voraus einzuschicken. Das sagt der Sekretär der Synode, Kardinal Lorenzo Baldisseri, in einem Interview mit der Internetseite korazym.org. Die Synodenväter sollten ihre Texte bei den Sitzungen der Synode nicht vorlesen, sondern „in vier Minuten zusammenfassen und auch ergänzen“. Anders als bei bisherigen Bischofssynoden würden die Beiträge der Synodenteilnehmer danach nicht veröffentlicht; stattdessen gebe es jeden Tag ein Journalisten-Briefing. Kardinal Baldisseri wörtlich: „Und dann wird es einen Text des Vatikanischen Pressesaals geben, als Zusammenfassung der Arbeiten des Tages.“ Dass diesmal Synodentexte anders als früher nicht veröffentlicht würden, hänge auch mit dem ausserordentlichen Charakter der bevorstehenden Bischofssynode zusammen. „Am Ende wird es ein Synodendokument – keine Propositiones (Vorschläge) – geben, das alle geleistete Arbeit resümiert. Darüber wird abgestimmt, und wenn es angenommen ist, wird es dem Heiligen Vater überreicht, der darüber entscheiden wird, ob es veröffentlicht wird oder nicht.“ Außerdem werde die Synode auch diesmal eine „Botschaft an das Volk Gottes“ formulieren. Nach der folgenden Bischofssynode von 2015 werde es dann ein Schlussdokument geben, so Kardinal Baldisseri.

Die bevorstehenden Bischofssynoden vom Oktober 2014 und 2015 beschäftigen sich im Vatikan mit der kirchlichen Lehre zu Ehe und Familie. Die erste Synode in diesem Herbst – eine außerordentliche – soll vor allem über den Jetzt-Stand beraten; auf der zweiten Synode im Oktober 2015 sollen dann auch Beschlüsse fallen. (rv

Kardinal Kasper: „Pastorale Herausforderung, nicht Krieg um Lehrmeinungen“

Kardinal Walter KasperKardinal Walter Kasper sieht der bevorstehenden Bischofssynode zum Thema Familienpastoral mit Gelassenheit und Zuversicht entgegen. Auf Polemik wolle er sich nicht einlassen, betonte der emeritierte Kurienkardinal im Gespräch mit Radio Vatikan. In wenigen Tagen soll ein Buch mit Texten von fünf Kardinälen erscheinen, die am Ausschluss von wiederverheirateten Geschiedenen von der Kommunion festhalten wollen. Kardinal Kasper stellt dagegen offen die Frage, ob und unter welchen Bedingungen die katholische Kirche im Einzelfall solche Menschen wieder zu den Sakramenten zulassen kann. Die Texte der Kardinäle Gerhard Ludwig Müller, Walter Brandmüller, Carlo Caffarra, Velasio de Paolis und Raymond L. Burke sind bereits andernorts früher erschienen. Gudrun Sailer sprach mit Kardinal Kasper.

„Natürlich hat jeder das Recht, öffentlich seine Meinung zu sagen. Dagegen ist nichts einzuwenden. Ich habe mich aber gewundert, dass nun die ganze Synode auf einen einzigen Punkt reduziert wird. Es geht um die pastoralen Herausforderungen im Zusammenhang der Neuevangelisierung. Das ist doch viel weiter gesteckt. Es ist eine Insiderproblematik, die hier ins Zentrum gestellt wird. Es geht darum, überhaupt wieder sprachfähig zu werden und über die Schönheit und das christliche Verständnis von Familie zu reden, was heute viele nicht mehr verstehen – es geht um viel grundsätzlichere Probleme als nur dieses. Und zum Zweiten: was ist das für ein Verständnis des Evangeliums – das ist die Frohe Botschaft. Daraus darf man doch keinen Codex von Rechtsvorschriften allein machen und dann sagen, jetzt darf nicht mehr diskutiert werden über diesen Punkt. Damit wird die Synode ja zur Farce. Es hat niemand das Recht, von vornherein zu sagen, was geht und nicht geht. Der Papst will eine offene Debatte, und die soll man führen. Dann in der Synode sehr ruhig im gegenseitigen Aufeinander hören, einer Atmosphäre des Gebets, und dann zum Wohl der Gläubigen heute am Schluss eine Entscheidung fällen. Ich trete in eine Polemik überhaupt nicht ein.“

Die Sorge um die katholische Lehre ist eine zentrale Sorge des Heiligen Stuhles. Können Sie vor diesem Hintergrund Verständnis dafür aufbringen, dass sich in Rom Widerstand regt gegen eine pastoral orientierte Fortentwicklung der Lehre?

„Zweifellos ist die Familie die Zelle der Gesellschaft und die Zelle des kirchlichen Lebens. In der Familie, Ehe und Familie, da kommt Leben und Glauben am engsten zusammen. Es ist eine vitale Lebenswirklichkeit, die zur Ehre eines Sakraments erhoben worden ist. Insofern ist es eine ganz vitale und zentrale Frage für die Kirche, für Ehe und Familie da sein und da Lösungen anzubieten in der Krise, die es heute gibt. Es geht um diese pastoralen Herausforderungen, das ist das Thema der Synode, nicht ein Krieg um Lehrmeinungen. Natürlich, eine Pastoral kann nicht ohne Orientierung an der Wahrheit sein. Aber die Wahrheit ist kein abstraktes System, sondern die Wahrheit ist letztlich Jesus Christus in Person, und wir müssen den Menschen Christus nahebringen. In diesem Sinn muss die Synode an der Wahrheit orientiert sein und Tradition als lebendig sprudelnden Quell und nicht als starres System verstehen.“

Sie beschäftigen sich als Dogmatiker schon seit Jahrzehnten mit dieser Frage. Im Konsistorium vor den Kardinälen haben Sie einen möglichen Weg aufgezeigt, wie man für diese konkrete Situation in Einzelfällen zu einer Lösung kommen kann. Können Sie uns das zusammenfassen: unter welchen Bedingungen und Voraussetzungen wäre es eventuell möglich, wiederverheiratete Geschiedene trotz der Unauflösbarkeit der Ehe zur Kommunion zuzulassen?

„Ich habe eine Frage gestellt, nicht einfach eine Lösung gegeben. Und die Frage habe ich gestellt in Abstimmung mit dem Papst. Darauf lege ich großen Wert. Ich habe gefragt: Wenn eine Ehe gescheitert ist, und leider Gottes scheitern eben heutzutage sehr viele Ehen aus vielfältigen Gründen, dann wird man zunächst alles tun, um das wiederherzustellen. Aber wenn ein Weg zurück nicht möglich ist, wenn jemand eine neue Partnerschaft eingegangen ist, die menschlich gesprochen glücklich ist, gelingt und christlich gelebt wird, wenn da Kinder da sind, dann kann man diese zweite Partnerschaft ja nicht aufgeben ohne neue Schuld. Also muss man sehen, in welcher Weise Gott da eine neue Chance gibt – und Gott tut das. Das ist seine Barmherzigkeit, dass er niemanden fallen lässt, der guten Willens ist. Und jeder tut in seiner Situation, was er tun kann. Und da meine ich, das müsste im Einzelfall pastoral geklärt werden nach einer Zeit der Neuorientierung, man nennt das ,Via poenitentialis‘ – aber die Leute leiden ohnehin genug selber, da braucht man nicht noch große Bußwerke aufzuerlegen. Aber eine Neuorientierung ist notwendig. Dann soll das eine das Sakrament der Buße sein – das ist ja dafür da -, und das Sakrament der Buße bedeutet auch wieder die Zulassung zur Eucharistie. Aber wie gesagt, das ist nicht die Lösung für alle Fälle, vermutlich nur für eine Minderheit von Menschen, die in unseren Gemeinden leben, die darunter leiden und die ein ehrliches Bedürfnis haben nach den Sakramenten, die die Sakramente dringend brauchen, um ihre schwierige Situation zu bewältigen.“

Wie hoch sehen Sie heute die Wahrscheinlichkeit, dass in die Frage des Sakramentenempfangs für die wiederverheirateten Geschiedenen Bewegung kommt?

„Ich bin kein Prophet und kann und will es gar nicht festlegen, was bei der Synode herauskommt. Wir werden jetzt im Oktober zunächst den Status Quaestionis [Stand der Frage, Anm.] festlegen. Die Fragen sind ja auch sehr unterschiedlich in den verschiedenen Kontinenten und Kulturen, es gibt nicht unsere westeuropäischen Probleme ganz allein, es gibt auch andere. Das muss man ein wenig ordnen und bündeln, und dann ist ein ganzes Jahr Zeit, um diese Fragen in den Diözesen, in den Bischofskonferenzen, in den Pfarreien zu besprechen und zu bedenken, und dann wird in einem Jahr darüber entschieden, die Mehrheit der Synode in Gemeinschaft mit dem Papst. Ich sehe dem mit großem Vertrauen entgegen, dass eine Lösung gefunden wird, der die große Mehrheit dann zustimmen wird, die dann der Botschaft des Evangeliums gerecht wird, aber die Botschaft des Evangeliums unter den Bedingungen der Zeichen der Zeit heute zur Geltung bringt, sodass es ein Evangelium der Freude sein wird.“

Wie sehen Sie diese Synode im Lauf des Pontifikates eingeschrieben? Franziskus ist seit eineinhalb Jahren im Amt, und diese Synode wird mit großer Spannung erwartet. Wie sehen Sie diesen Bogen?

„Sicher wird der Papst auch an dieser Synode gemessen werden, denn er will ja das Evangelium den Menschen heute sagen und hat auch das Charisma dafür, das zu tun. Man wird ihn daran messen. Ich habe keine Sorge, dass er diese Probe sozusagen nicht bestehen wird. Es wird eine sehr wichtige Synode sein in diesem Pontifikat, aber es geht nicht nur um dieses Pontifikat, sondern es geht um die Kirche und um die Zukunftsfähigkeit der Kirche, und die entscheidet sich weitgehend in der Familie. In der Familie lernen wir die Sprache, man spricht von der Muttersprache, da wird man eingeführt in die Kultur, in die grundlegenden Werte. Ich selber habe den Glauben nicht gelernt, weil ich Enzykliken gelesen habe, sondern meine Mutter – der Vater war Soldat damals im Krieg – hat mir das beigebracht, man hat das Beten und das christliche Leben in der Familie gelernt, und dazu müssen wir zurückkommen und die Familie zur Kirche im Kleinen, zur Hauskirche machen, wo das christliche Leben wachsen, reifen kann, gerade in einer zunehmenden Diaspora-Situation, wie wir sie bei uns haben, brauchen wir das dringend. Ich denke, das ist wirklich ein Zukunftsprojekt, das bei dieser Synode im Zusammenhang der Neuevangelisierung unternommen wird und dafür brauchen wir auch das Gebet sehr vieler Gläubiger.“ (rv)

Vatikansprecher zu Albanienreise: „Der Papst fühlt sich wohl und sicher“

Pater LombardiElf Stunden dauert die Reise und der Aufenthalt des Papstes in Albanien. Franziskus sei bereits bei seiner Ankunft erstaunt gewesen, so viele junge Menschen anzutreffen. Das sagte Vatikansprecher Federico Lombardi unserem Kollegen Mario Galgano bei der Mittagspause in Tirana. Auch habe der Papst in den Gesprächen mit seinen albanischen Gastgebern oft über Mutter Theresa gesprochen, die bei allen Albanern gewürdigt wird. Galgano fragte Lombardi, wie der Papst die Menschen in Albanien erlebt habe:

„Dieser Besuch war eine Reise der Geschichte des Glaubens, also eine Reise im Zeichen der Märtyrer. Der Papst fühlte sehr stark und tief, wie die Märtyrer den Glauben gelebt haben und wie dies ein Reichtum für die Zukunft sein muss. Er sagte immer wieder, dass die Albaner ihre Vergangenheit nicht vergessen sollten, also die Vergangenheit der Märtyrer und Zeugen des Glaubens, damit dieses Volk auch in der Zukunft die wichtigen Werte des Glaubens, der Würde des Menschen, der Freiheit bezeugen können.“

Und wie ist es mit der multireligiösen Gesellschaft Albaniens? Papst Franziskus hat ja darüber sehr ausführlich gesprochen.

„Das ist etwas Besonderes, was es in Albanien gibt, weil es dort eine muslimische Mehrheit gibt. Das ist nicht überall in Europa der Fall. Hier gibt es aber eine muslimische Mehrheit, die friedlich ist und das Zusammenleben ist gut. Der gemeinsame Glaube an Gott sowie religiös zu sein, schafft Kommunion – also Gemeinschaft – aber auch Einheit des Volks. Das ist ein Reichtum für die neue Situation des Landes. Dieses gemeinsame Zeugnis des Glaubens der verschiedenen Religionsgemeinschaften führt dazu, dass der Papst betont, wie Albanien auch Europa und der Welt etwas mitgeben kann.“

Wie sicher und wohl fühlte sich der Papst in Tirana?

„Das ist wie immer und überall: er fühlt sich sehr wohl und liebt das Volk und das Volk liebt ihn. Man sieht das ganz eindeutig. Er war in Albanien sehr willkommen. Deshalb war das ein wunderbarer Tag.“ (rv)