Vatikansprecher zu Albanienreise: „Der Papst fühlt sich wohl und sicher“

Pater LombardiElf Stunden dauert die Reise und der Aufenthalt des Papstes in Albanien. Franziskus sei bereits bei seiner Ankunft erstaunt gewesen, so viele junge Menschen anzutreffen. Das sagte Vatikansprecher Federico Lombardi unserem Kollegen Mario Galgano bei der Mittagspause in Tirana. Auch habe der Papst in den Gesprächen mit seinen albanischen Gastgebern oft über Mutter Theresa gesprochen, die bei allen Albanern gewürdigt wird. Galgano fragte Lombardi, wie der Papst die Menschen in Albanien erlebt habe:

„Dieser Besuch war eine Reise der Geschichte des Glaubens, also eine Reise im Zeichen der Märtyrer. Der Papst fühlte sehr stark und tief, wie die Märtyrer den Glauben gelebt haben und wie dies ein Reichtum für die Zukunft sein muss. Er sagte immer wieder, dass die Albaner ihre Vergangenheit nicht vergessen sollten, also die Vergangenheit der Märtyrer und Zeugen des Glaubens, damit dieses Volk auch in der Zukunft die wichtigen Werte des Glaubens, der Würde des Menschen, der Freiheit bezeugen können.“

Und wie ist es mit der multireligiösen Gesellschaft Albaniens? Papst Franziskus hat ja darüber sehr ausführlich gesprochen.

„Das ist etwas Besonderes, was es in Albanien gibt, weil es dort eine muslimische Mehrheit gibt. Das ist nicht überall in Europa der Fall. Hier gibt es aber eine muslimische Mehrheit, die friedlich ist und das Zusammenleben ist gut. Der gemeinsame Glaube an Gott sowie religiös zu sein, schafft Kommunion – also Gemeinschaft – aber auch Einheit des Volks. Das ist ein Reichtum für die neue Situation des Landes. Dieses gemeinsame Zeugnis des Glaubens der verschiedenen Religionsgemeinschaften führt dazu, dass der Papst betont, wie Albanien auch Europa und der Welt etwas mitgeben kann.“

Wie sicher und wohl fühlte sich der Papst in Tirana?

„Das ist wie immer und überall: er fühlt sich sehr wohl und liebt das Volk und das Volk liebt ihn. Man sieht das ganz eindeutig. Er war in Albanien sehr willkommen. Deshalb war das ein wunderbarer Tag.“ (rv)

Papstansprache im Volltext: Interreligiöses Treffen in Albanien

Papst FranziskusLiebe Freunde,
ich bin wirklich froh über diese Begegnung, welche die Verantwortlichen der bedeutendsten in Albanien gegenwärtigen religiösen Bekenntnisse zusammenführt. Mit großer Achtung begrüße ich einen jeden von Ihnen und die Gemeinschaften, die Sie vertreten; und herzlich danke ich Erzbischof Massafra für seine einführenden Worte, mit denen er Sie vorgestellt hat. Es ist wichtig, dass Sie hier beisammen sind: Es ist das Zeichen eines Dialogs, den Sie täglich leben in dem Bemühen, untereinander Beziehungen der Brüderlichkeit und der Zusammenarbeit aufzubauen, zum Wohl der ganzen Gesellschaft.
Albanien hat auf traurige Weise erleben müssen, welche Gewalttaten und welche Tragödien die erzwungene Ausschließung Gottes aus dem persönlichen und dem gemeinschaftlichen Leben verursachen kann. Wenn man im Namen einer Ideologie Gott aus der Gesellschaft ausstoßen will, betet man schließlich Götzen an, und sehr bald verliert auch der Mensch sich selber, wird seine Würde mit Füßen getreten und werden seine Rechte verletzt. Ihr wisst genau, zu welchen Brutalitäten der Entzug der Gewissens- und der Religionsfreiheit führen kann und wie aus dieser Wunde eine von Grund auf erschöpfte Menschheit hervorgeht, weil sie keine Hoffnung und keine geistigen Anhaltspunkte hat.
Eine positive Folge der Veränderungen, die seit den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts geschehen sind, bestand auch darin, dass die Bedingungen für eine wirkliche Religionsfreiheit geschaffen wurden. Das hat jeder Gemeinschaft die Möglichkeit gegeben, Traditionen neu zu beleben, die trotz der grausamen Verfolgung nie erloschen waren, und hat allen erlaubt, auch von der eigenen religiösen Überzeugung her einen positiven Beitrag in erster Linie zum moralischen und dann auch zum wirtschaftlichen Wiederaufbau des Landes zu geben.
Tatsächlich ist die Religionsfreiheit – wie der heilige Johannes Paul II. bei seinem historischen Besuch in Albanien 1993 bekräftigte – »nicht nur ein kostbares Geschenk des Herrn für alle, die die Gnade des Glaubens besitzen: Sie ist ein Geschenk für alle, denn sie ist die grundlegende Garantie für jeden anderen Ausdruck von Freiheit […] Nichts erinnert uns so wie der Glaube daran, dass wir, wenn wir einen einzigen Schöpfer haben, auch alle Geschwister sind! Die Religionsfreiheit ist ein Bollwerk gegen alle Totalitarismen und ein entscheidender Beitrag zur menschlichen Brüderlichkeit« (Botschaft an die albanische Nation, 25. April 1993).
Doch man muss sofort hinzufügen: »Die wahre Religionsfreiheit schreckt vor den Versuchungen zu Intoleranz und Sektierertum zurück und fördert Haltungen eines achtungsvollen und konstruktiven Dialogs« (ebd.) Wir können nicht umhin anzuerkennen, dass die Intoleranz dem gegenüber, der andere religiöse Überzeugungen als die eigenen hat, ein besonders heimtückischer Feind ist, der sich heute leider in verschiedenen Gegenden der Welt zeigt. Als Glaubende müssen wir besonders wachsam sein, dass die Religiosität und die Ethik, die wir mit Überzeugung leben und die wir leidenschaftlich bezeugen, sich immer in einem Verhalten ausdrücken, das jenes Geheimnisses würdig ist, das sie zu ehren beabsichtigen. Darum müssen wir all jene Formen, die einen verkehrten Gebrauch der Religion darstellen, mit Entschiedenheit als nicht recht zurückweisen, weil sie weder Gottes noch des Menschen würdig sind. Die echte Religion ist eine Quelle des Friedens und nicht der Gewalt! Niemand darf den Namen Gottes gebrauchen, um Gewalt auszuüben! Im Namen Gottes zu töten, ist ein schweres Sakrileg! Im Namen Gottes zu diskriminieren, ist unmenschlich.
Unter diesem Gesichtspunkt ist die Religionsfreiheit nicht ein Recht, das einzig vom geltenden gesetzgebenden System garantiert werden kann, das dennoch notwendig ist: Sie ist ein gemeinsamer Raum, ein Bereich der Achtung und der Zusammenarbeit, der mit der Beteiligung aller aufgebaut werden muss, auch derer, die keine religiöse Überzeugung besitzen. Ich erlaube mir, auf zwei Haltungen hinzuweisen, die besonders nützlich sein können bei der Förderung dieser Grundfreiheit.
Die erste besteht darin, in jedem Mann und jeder Frau – auch in denen, die nicht der eigenen religiösen Tradition angehören – nicht Rivalen und noch weniger Feinde zu sehen, sondern Brüder und Schwestern. Wer sich seiner eigenen Überzeugungen sicher ist, hat es nicht nötig, sich durchzusetzen und Druck auf den anderen auszuüben: Er weiß, dass die Wahrheit ihre eigene Strahlkraft besitzt. Im Grunde sind wir alle Pilger auf dieser Erde, und auf dieser unserer Reise leben wir in unserer Sehnsucht nach Wahrheit und Ewigkeit nicht als autonome Wesen, die sich selbst genügen – weder als Einzelne noch als nationale, kulturelle oder religiöse Gruppen –, sondern hängen voneinander ab, sind gegenseitig der Sorge der anderen anvertraut. Jeder religiösen Tradition muss es von innen her gelingen, dem Dasein des anderen Achtung zu zollen.
Eine zweite Haltung ist das Engagement zugunsten des Gemeinwohls. Jedes Mal, wenn die Zugehörigkeit zur eigenen religiösen Tradition einen überzeugteren, großzügigeren und selbstloseren Dienst an der gesamten Gesellschaft hervorbringt, ist das eine authentische Ausübung und Entwicklung der Religionsfreiheit. Dann erscheint diese nicht nur als ein rechtmäßig eingeforderter Raum der Unabhängigkeit, sondern als eine Möglichkeit, die mit ihrer fortschreitenden Ausübung die Menschheitsfamilie bereichert. Je mehr man den anderen zu Diensten ist, umso freier ist man!
Schauen wir uns um: Wie viel Not besteht unter den Armen, wie sehr müssen unsere Gesellschaften noch Wege zu einer weiter verbreiteten sozialen Gerechtigkeit, zu einer inklusiven Wirtschaftsentwicklung finden! Wie notwendig ist es für den menschlichen Geist, den tiefen Sinn der Erfahrungen des Lebens nicht aus den Augen zu verlieren und Hoffnung wiederzugewinnen! In diesen Wirkungsbereichen können von den Werten der eigenen religiösen Traditionen inspirierte Männer und Frauen einen wichtigen, ja unersetzlichen Beitrag liefern. Das ist auch für den interreligiösen Dialog ein besonders fruchtbares Feld.
Liebe Freunde, ich ermuntere Sie, die in Albanien bestehende Tradition der guten Beziehungen zwischen den Religionsgemeinschaften zu erhalten und auszubauen und sich im Dienst an Ihrem geschätzten Heimatland vereint zu fühlen. Bleiben Sie – für Ihr Land und darüber hinaus – weiterhin ein Zeichen dafür, dass herzliche Beziehungen und fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Menschen verschiedener Religionen möglich sind. Und beten Sie auch für mich. Gott segne Sie. (rv)

Presse in Albanien: Angst vor Anschlägen

AlbanienWenige Stunden vor der Ankunft des Papstes in Tirana berichten die Medien in dem kleinen adriatischen Land vor allem über die erhöhten Sicherheitsmaßnahmen – Handynetze werden ausgeschalten, Extremisten vorab weggesperrt – und über die Erwartungen an den Besuch. Unser Korrespondent vor Ort, Mario Galgano, hat in den albanischen Zeitungen geblättert.
Es mag erstaunen, aber Tatsache ist, dass die albanischen Medien erst einen Tag vor Ankunft des Papstes eingehend über die Reise berichten. Vorher kam die Reise fast gar nicht zur Sprache. Hauptthema in allen Zeitungen und Internet-Portalen ist an diesem Samstag die Frage der Sicherheit.
Wer Albanien besucht, hat einerseits den Eindruck in Italien zu sein: Die Schilder und die Straßen könnten in jeder süditalienischen Stadt stehen und auch die Zeitungen und Internetseiten sehen den italienischen Medien sehr ähnlich – mit Ausnahme der Sprache und des Inhalts.

So berichtet die größte Zeitung des Landes, die „Shqip“ – also „Albanisch“ heißt und der römischen Tageszeitung „La Repubblica“ gleicht, dass Tirana praktisch unter totaler Absicherung steht. Die Zeitung berichtet, dass mindestens 50 „gefährliche Extremisten“ in den Nachbarländern Kosovo, Mazedonien und Montenegro vorsorglich in Gefängnissen geschickt wurden. Das Handy-Netz auf dem Hauptplatz „Mutter Teresa“ wird während der Papstreise ausgeschaltet, damit Bombenanschläge verhindert werden. Die Angst ist nämlich, dass Terroristen Bomben platzieren, die durch den Anruf eines Handys aktiviert werden.

Neben der Sicherheitsfrage beschäftigen sich die Zeitungen wie beispielsweise das Boulevard-Blatt „Koha Jone“ – auf Deutsch „Tagesthemen“ – mit der Bedeutung des Papstbesuchs für den interreligiösen Dialog in Albanien. In einem ausführlichen Interview mit dem Präsidenten der muslimischen Gemeinschaft namens Skender Bucai sagt dieser: „Papst Franziskus fördert die Harmonie unter den Religionsgemeinschaften“. Auch Regierungschef Edi Rama kommt in der liberalen Tageszeitung „Gazeta shqiptare“ (also „Albanische Zeitung“) zu Wort: der Sozialdemokrat sagt stolz von sich, dass er katholisch sei: „Meine Großmutter hat mich 1964 getauft.“ Er sei zuversichtlich, dass nichts Gefährliches während des Aufenthalts des Papstes passieren werde. (rv)​