Papst schreibt an Exorzisten

Radio VatikanExorzisten sollten „Boten der Nächstenliebe“ sein: Das schreibt der Papst in einem Brief an die Internationale Exorzistenvereinigung. Sie leisteten einen wichtigen Dienst der Kirche, so Franziskus weiter. Der Verband hat am vergangenen Wochenende seine erste Konferenz in Rom abgehalten. Über 300 Exorzisten aus der ganzen Welt nahmen daran teil, wie der Psychiater Valter Cascioli gegenüber Radio Vatikan ausführte. Cascioli ist der Pressesprecher der Exorzistenvereinigung, zu der nicht nur Priester gehören.

„Wir stellen fest, dass die Zahl jener, die einen Exorzisten benötigen, in den letzten Jahren gestiegen ist. Das ist wohl auch ein Zeichen dafür, dass die teuflischen und dämonischen Aktivitäten zugenommen haben. Am schlimmsten scheint mir die Zunahme von Besessenheit, insbesondere die Besessenheit durch den Teufel selbst.“

Die Exorzisten unterscheiden zwei Grade von „teuflischen Aktivitäten“: Die schlimmen Fälle sind die sogenannten „außerordentlichen dämonischen Aktivitäten“. Da könne nur ein Exorzist helfen. Dann gibt es noch „ordentliche dämonische Tätigkeiten“.

„Diese werden oft unterschätzt. Dazu zählen Versuchungen, die durch einen – wie Papst Franziskus sagt – ,lauwarmen Glauben´ getragen werden. Wir leben in einer Zeit, in der alles schnell gehen muss. Niemand hat für nichts mehr richtig Zeit, und das nützt der Teufel schamlos aus. Der Kampf gegen das Böse wird immer mehr zu einem Notstand.“

Die schlimmste Falle des Teufels, so der Sprecher der Exorzisten, sei, dass dieser versuche, seine „eigene Existenz zu verleugnen“. Nur ein starker Glaube könne da weiterhelfen, fügt Cascioli an. (rv)

Franziskus über Benedikt: „Ein großer Papst“

Bene_140110Papst Franziskus hat seinen Vorgänger Benedikt XVI. als großen Papst gewürdigt, der zeige, dass Wissenschaft, Weisheit und Gebet sich nicht ausschlössen, sondern ergänzten. Bei einem Besuch in der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften enthüllte Franziskus eine Büste des emeritierten Papstes, dessen Alterssitz in den Vatikanischen Gärten sich in unmittelbarer Nähe des Akademiegebäudes befindet.

„Dieses Werk erinnert an Benedikts Geist: an seine Lehren, seine Beispiele, seine Werke, seine Frömmigkeit und auch an sein aktuelles Leben als Mönch. Dieser Geist, der weit davon entfernt ist, im Laufe der Zeit nachzulassen, wird den kommenden Generationen immer größer und mächtiger erscheinen. Benedikt der XVI., ein großer Papst!“

Franziskus rühmte die Intelligenz, Tugend, Menschlichkeit Joseph Ratzingers, seine Liebe zur Philosophie, zur Theologie, aber auch generell zur Wissenschaft. Er habe gezeigt, dass Wissenschaft, Weisheit und Gebet sich nicht gegenseitig ausschlössen, sondern im Gegenteil ergänzten.

„Danken wir Gott für das Geschenk, das er mit der Existenz und dem Pontifikat von Benedikt XVI. der Kirche und der Welt gemacht hat!“

„Evolutionstheorie widerspricht nicht dem Schöpfungsglauben“

Der emeritierte Papst nahm am Auftritt von Papst Franziskus in der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften nicht teil. Franziskus würdigte auch die Arbeit der Mitglieder der Akademie. Und er ging auf das Thema ihrer jetzigen Vollversammlung ein, nämlich die Entwicklung des Naturbegriffs; dabei ging er vom ersten Buch der Bibel aus, dem Buch Genesis.

„Wenn wir in der Genesis den Schöpfungsbericht lesen, könnten wir auf die Vorstellung verfallen, dass Gott eine Art Zauberer wäre, mit einem Zauberstab in Händen, der alles ins Leben ruft. Aber so ist es nicht. Er hat dem Menschen und dem Leben im Universum eine Autonomie gegeben, und gleichzeitig hat er seine fortwirkende Anwesenheit versprochen, die alles ins Sein ruft. Und so ging die Schöpfung voran für Jahrhunderte und Jahrtausende, bis heute. Gott ist kein Zauberer, aber ein Schöpfer, der jedem Wesen Leben gab. Die heute gängige Urknall-Theorie widerspricht nicht einem Eingreifen des Schöpfers, sondern sie verlangt es. Die Evolution in der Natur prallt nicht mit der Schöpfungsvorstellung zusammen, weil die Evolution ja geradezu die Schöpfung der lebenden Wesen voraussetzt, die sich dann entwickeln!“

Wissenschaftler – und erst recht christliche Wissenschaftler – hätten die Aufgabe, sich über die Zukunft der Menschheit und der Erde Gedanken zu machen und sie „vor Umweltrisiken, ob natürlichen oder menschlichen, zu bewahren“. (rv)

„Vorbehalte der Piusbrüder untersuchen“

FSSPX_logo„Es stimmt nicht, dass der Heilige Stuhl von der Priesterbruderschaft Pius X. eine Art Kapitulation verlangt.“ Das betont der Sekretär der Päpstlichen Kommission ‚Ecclesia Dei’ in einem Interview mit der französischen Zeitschrift ‚Famille Chrétienne’. „Der Heilige Stuhl lädt die Piusbruderschaft ein, an seine Seite zu treten in den Rahmen der Lehrfragen, soweit diese für eine dauerhafte Anhänglichkeit an den Glauben sowie an das katholische Lehramt und die Tradition unerlässlich sind.“ ‚Ecclesia Dei’ ist an der vatikanischen Glaubenskongregation angesiedelt und führt Gespräche mit den schismatisch orientierten Piusbrüdern über eine mögliche Rückkehr zur katholischen Kirche. Pozzo fährt fort: „Die Vorbehalte der Piusbruderschaft gegenüber einigen Aspekten und Formulierungen des Zweiten Vatikanischen Konzils und gegenüber einigen daraufhin durchgeführten Reformen, die nicht unverhandelbare Dogmatik- und Lehrfragen betreffen, könnten gleichzeitig untersucht und vertieft werden.“

Damit signalisiert Pozzo, dass die Piusbrüder einige Eigenheiten beibehalten könnten, wenn sie sich wieder in den großen Rahmen der katholischen Kirche einfügten. Es gebe „keinen Zweifel“, dass die Lehren des Zweiten Vatikanums unterschiedliche Verbindlichkeit hätten, je nach Art des Dokuments. „Die Konstitutionen über die Kirche und die Offenbarung, Lumen gentium und Dei Verbum, haben den Charakter von lehrhaften Verlautbarungen; die Erklärungen zu Religionsfreiheit und nichtchristlichen Religionen sowie das Ökumene-Dekret verfügen hingegen über geringere Autorität und weniger Verbindlichkeit.“ Die Glaubenskongregation hat der Piusbruderschaft 2011 eine „Lehrmäßige Erklärung“ vorgelegt; diese soll sie unterschreiben, wenn sie eine volle Rückkehr in die katholische Kirche will.

Pozzo ließ wissen, im Falle einer Versöhnung mit Rom könne die Priesterbruderschaft mit dem Status einer Personalprälatur rechnen. Er bekräftigt aber auch, dass der Vatikan – wie schon während des Pontifikats von Benedikt XVI. – unverändert auf Klarheit von seiten der Piusbruderschaft besteht. Das Gesprächsklima zwischen dem Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, und Bischof Bernard Fellay nannte Pozzo gut. (rv)

Papstreise in die Türkei: Vor allem ökumenisch

TürkeiÖkumenische und interreligiöse Begegnungen stehen im Zentrum von Papst Franziskus‘ Reise in die Türkei. Der Vatikan gab an diesem Dienstag der Programm der Reise im Detail bekannt. Demnach wird der Papst am 28. November zunächst in die Hauptstadt Ankara fliegen und dort zunächst das Mausoleum des Staatsgründers Kemal Atatürk besuchen. Danach wird er vom Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan empfangen. Am Ende des ersten Tages wird der Papst auch die Diyanet besuchen, das Amt für Religiöse Angelegenheiten, und dort mit dessen Präsidenten zusammentreffen.

Am Samstag, dem 29. November, reist der Papst dann weiter nach Istanbul, wo er zunächst die Hagia Sofia besuchen wird, offiziell das Museum Santa Sofia. Die ehemalige Basilika und ehemalige Moschee ist offiziell ein Museumsgebäude. Im Anschluss wird der Papst die Sultan Ahmet Moschee besuchen, die in direkter Nachbarschaft zur Hagia Sofia liegt und die in Europa vor allem als „Blaue Moschee“ bekannt ist. Danach feiert der Papst in der katholischen Kathedrale eine Messe.

Nachmittags nimmt Papst Franziskus in der orthodoxen Patriarchalkirche Sankt Georg an einem ökumenischen Gebet teil. Danach trifft er den ökumenischen Patriarchen und das Ehrenoberhaupt der griechisch-orthodoxen Kirche, Bartholomaios I.; es handelt sich dabei um eine private Begegnung.

Am Sonntag beginnt das offizielle Programm mit der Feier der göttlichen Liturgie wieder in der Patriarchalkirche. Am 30. November wird das Fest des Apostels Andreas gefeiert, des Patrons des Patriarchats. Anschließend wird – wie bei Reisen und Begegnungen dieser Art üblich – eine ökumenische Erklärung unterzeichnet. Zuletzt hatte es eine solche in Jerusalem gegeben.

Am Nachmittag wird der Papst dann wieder nach Rom zurückkehren. (rv)

Kardinal Parolin: „Neue Völkermorde verhindern“

Kardinal Pietro ParolinZu Beginn der Nahost-Beratungen im Vatikan hielt Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin ein Referat. Dabei berichtete er über die Gespräche, die Päpstliche Nuntien aus der Region Anfang Oktober auf Geheiß des Papstes im Vatikan mit der Kurienspitze geführt hatten. Die derzeitige Lage von Christen und nicht-sunnitischen Minderheiten im Herrschaftsbereich des „Islamischen Staats“ sei „inakzeptabel“, urteilte Kardinal Parolin. Die Terrorgruppe trete elementarste Menschenrechte mit den Füßen.

„Massenhinrichtungen, Enthauptungen von Andersdenkenden, Verkauf von Frauen auf dem Markt, Kindersoldaten, Zerstörung von Kultorten – das alles hat Hunderttausende zur Flucht gezwungen. Wir verurteilen klar diese Verletzungen nicht nur des humanitären Völkerrechts, sondern der grundlegendsten Rechte überhaupt, und fordern ein Recht der Flüchtlinge auf Rückkehr und auf ein Leben in Würde und Sicherheit im eigenen Land und in der eigenen Nachbarschaft. Das ist ein Recht, das von der internationalen Gemeinschaft wie von den Staaten garantiert werden muss!“

Die Konflikte im Nahen Osten stellen sich nach der Analyse von Kardinal Parolin „immer deutlicher als eine der ernsthaftesten Bedrohungen internationaler Stabilität“ heraus. Friede lasse sich im Nahen Osten allerdings nicht „unilateral“ herstellen, sondern nur mit einer „umfassenden regionalen Lösung“. Für eine „Stabilisierung der ganzen Region“ wäre eigentlich ein Ende des israelisch-palästinensischen Konflikts „dringend nötig“; entsprechende „diplomatische Bemühungen“ müssten jetzt forciert werden. Und auch der Iran sollte an einer Lösung für die Probleme im Nahen Osten beteiligt werden, so der Kardinalstaatssekretär. Mit den US-Luftschlägen auf Stellungen des „Islamischen Staats“ zeigte er sich nicht ganz zufrieden – und zwar, weil US-Präsident Barack Obama sich nicht um ein Mandat der Vereinten Nationen bemüht hat.

„Es ist legitim, den ungerechten Aggressor zu stoppen – aber immer unter Einhaltung des Völkerrechts, wie auch der Heilige Vater betont hat! Es hat sich ja auch klar gezeigt, dass man die Lösung des Problems nicht nur von der militärischen Antwort erwarten kann. Tiefer würde ein Lösungsweg gehen, der von den Ursachen ausgeht, die von der fundamentalistischen Ideologie ausgenutzt werden. Was den sogenannten „Islamischen Staat“ betrifft, sollte man endlich alle Quellen austrocknen, mit denen er seine Terroraktivitäten speist, etwa den illegalen Erdölexport und die Lieferung von Waffen und Technologie.“

Zum Exodus von Christen aus dem Nahen Osten meinte Parolin vorsichtig, das sei „ein komplexes Problem“. Wer – wie die meisten Kirchenführer der Region – wirklich einen Verbleib der Christen in der Region wolle, der müsse allerdings auch dafür sorgen, dass sie dort „adäquate Lebens-, Sicherheits- und Arbeitsbedingungen sowie Zukunftsperspektiven vorfinden“.

„Was kann die Kirche angesichts dieser Herausforderungen tun? Sie kann jedenfalls nicht schweigen angesichts der Verfolgungen ihrer Kinder und so vieler Unschuldiger. Es ist immer dringender, das herzzerreißende humanitäre Drama im Nahen Osten anzugehen; in Syrien zum Beispiel braucht mittlerweile die Hälfte der Bevölkerung humanitäre Hilfe, um erst gar nicht vom Drama der Flüchtlinge zu sprechen, die man nach Millionen zählt. Die Christen in der Region sollten nicht der Versuchung nachgeben, sich von politischen oder militärischen Kräften beschützen zu lassen, sondern sollten einen Beitrag zu ihren Gesellschaften leisten, damit diese sich zur Moderne, zur Demokratie, zum Rechtsstaat und zum Pluralismus hin entwickeln. Im konkreten Fall des sogenannten „Islamischen Staats“ haben muslimische Führer eine besondere Verantwortung – nicht nur, sich von diesem zu distanzieren, sondern auch allgemeiner das Töten von Menschen aus religiösen Gründen und jede Art von Diskriminierung klar zu verurteilen.“

Die internationale Staatengemeinschaft sollte nach Ansicht von Kardinal Parolin „aus Fehlern der Vergangenheit lernen“ und jetzt in der Krise nicht (nur) auf Krieg setzen. Die UNO habe die Pflicht, „neue Völkermorde zu verhindern“. (rv)

Papst Paul VI. seliggesprochen

Papst Paul VI.Mit der Seligsprechung von Papst Paul VI. ist die Familiensynode an diesem Sonntag im offiziell zu Ende gegangen. Der 26. September wird künftig der liturgische Gedenktag des neuen Seligen Paul VI. sein. Das kündigte Papst Franziskus bei der Seligsprechung seines Vorgängers an. Der 26. September ist der Geburtstag von Giovanni Battista Montini, der von 1963 bis 1978 auf dem Stuhl Petri saß. Zu der Messe war auch der emeritierte Papst Benedikt XVI. anwesend.

Zur Biographie:

Papst Paul VI. mit dem bürgerlichen Namen Giovanni Battista Montini wurde am 26. September 1897 in Concesio bei Brescia in der Lombardei als Sohn eines Zeitungsverlegers und Politikers geboren. Das Bürgertum von Brescia ist sich bis heute seiner Geschichte und Kultur bewusst, was man beim Vater Montini und auch noch in der Familie gut wahrnehmen kann. Der Sohn wurde bereits 1920 zum Priester geweiht und absolvierte anschließend in der Päpstlichen Diplomatenakademie in Rom seine Studien, besonders durch Doktorate in Kirchenrecht und Philosophie.

Die einzige Auslandsstelle verbrachte er an der Nuntiatur in Warschau (1923). Bald wurde er Mitarbeiter im vatikanischen Staatssekretariat, wo er 1937 (Substitut) bzw. 1952 (Pro-Sekretär) sehr hohe Aufgaben übernahm. Bis heute bleibt es unklar, warum Papst Pius XII. den von ihm geschätzten Montini 1954 zum Erzbischof von Mailand ernannte. Er wurde erst vier Jahre später von Papst Johannes XXIII. zum Kardinal erhoben. Er hat sich in Mailand mit großer Kraft der Großstadtseelsorge gewidmet, besonders auch der Arbeiterwelt. In Rom hatte er während seiner diplomatischen Tätigkeit viele Jahre die katholische Studentenschaft in Rom und ganz Italien (FUCI) als sehr geschätzter Geistlicher Assistent begleitet.

Am 21. Juni 1963 wurde Montini als Papst Paul VI. Nachfolger von Johannes XXIII. Mit großer Entschlossenheit setzte er das Konzil fort. Dies gilt nicht nur für seine große Aufmerksamkeit für das Konzilsgeschehen, sondern besonders auch für die Verwirklichung der nachkonziliaren Reformen bis zu seinem Tod am 6. August 1978. (rv)

Die Synodenbotschaft in einer Arbeitsübersetzung

Bischofssynode 2014Radio Vatikan bietet hier eine Arbeitsübersetzung der Schlussbotschaft, die an diesem Samstag von der 3. Außerordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode mit großer Mehrheit approbiert und veröffentlicht wurde. (rv)

Wir Synodenväter, die hier in Rom vor Papst Franziskus im Zuge der außerordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode versammelt sind, wenden uns an alle Familien der unterschiedlichen Kontinente und vor allem an jene, die Christus folgen‚ der Weg, Wahrheit und Leben ist. Wir verkünden unsere Bewunderung und unsere Dankbarkeit für das tägliche Zeugnis, das ihr uns und der Welt mit eurem Glauben, eurer Hoffnung und eurer Liebe zeigt.

Auch wir, Hirten der Kirche, sind geboren und aufgewachsen in einer Familie mit unterschiedlichen Geschichten und Vorkommnissen. Als Priester und Bischöfe haben wir Familien getroffen und begleitet, die uns an ihren Geschichten teilhaben ließen in all ihren Facetten von Glanz und Schatten.

Die Vorbereitung dieser synodalen Versammlung selbst, angefangen bei den Antworten aus den Fragebögen, die an alle Kirchen der Welt gingen, hat es uns erlaubt, die Stimme sehr vieler Erfahrungen in Familien zu hören. Unser Dialog in den vergangenen Tagen der Synode hat uns bereichert und uns geholfen, die gelebte und komplexe Realität der Familien zu betrachten.

Euch präsentieren wir die Worte von Jesus Christus: „Ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wer meine Stimme hört und die Tür öffnet, bei dem werde ich eintreten und wir werden Mahl halten, ich mit ihm und er mit mir.“ (Offb 3,20) So wie er es auch tat, während seiner langen Reise auf den Wegen im Heiligen Land, in die Häuser der Dörfer eintretend, so reist Jesus auch heute weiter und kreuzt die Straßen unseres Lebens. In euren Häusern erfährt man Licht und Schatten, schreckliche Herausforderungen, mitunter auch dramatische Prüfungen. Die Dunkelheit wird noch dichter, wenn sich ins Herz der Familie selbst das Böse und die Sünde einschleichen.

Da gibt es vor allem anderen die große Herausforderung der Treue in der ehelichen Liebe. Eine Schwächung des Glaubens und der Werte, Individualismus, Verarmung der Beziehungen, Stress aus Raserei, die kein Nachdenken kennt, zeichnen auch das Leben der Familien. So sehen wir nicht wenige Ehe-Krisen, die dann oft oberflächlich angegangen werden und ohne den Mut der Geduld, der Überprüfung, des gegenseitigen Verzeihens, der Versöhnung und auch des Opfers. So bringt das Scheitern neue Beziehungen hervor, neue Paare, neue Verbindungen und neue Ehen, die komplizierte und problematische Familiensituationen für Christen ergeben.

Unter diesen Herausforderungen wollen wir auch die Mühe der Existenz selbst hervorheben. Denken wir an das Leid, das in einem Kind mit Behinderung auftreten kann oder in einer schwere Krankheit, im mentalen Abbau des Alters oder im Tod eines geliebten Menschen. Bewundernswert ist die großzügige Treue der Familien, die diese Prüfung mit Mut, Liebe und Glaube durchleben und sie nicht ansehen als etwas, das ihnen entrissen oder auferlegt wird, sondern als eine Gabe und als etwas, das sie selbst geben, indem sie den leidenden Christus in den kranken Körpern erkennen.

Denken wir an die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, verursacht durch perverse Systeme wie einem „Fetischismus des Geldes und der Wirtschaftsdiktatur ohne Gesicht und ohne menschliches Ziel“ (Evangelii Gaudium, 55), der den Menschen entwürdigt. Denken wir an die arbeitslose Mutter oder den arbeitslosen Vater, die kraft- und machtlos sind, der Familie das Nötigste zu geben. Denken wir an Jugendliche, die sich vor leeren Tagen wiederfinden und leichte Beute für Drogen und Kriminalität werden.

Denken wir auch an die vielen armen Familien, an jene, die sich an ein Boot klammern, um ein Ziel des Überlebens zu erreichen, an die Flüchtlingsfamilien, die ohne Hoffnung in der Wüste wandern, an jene Familien, die allein wegen ihres Glaubens und ihrer spirituellen und menschlichen Werte verfolgt werden, an jene, die von der Brutalität der Kriege und der Unterdrückung betroffen sind. Denken wir auch an die Frauen, die Gewalt leiden müssen und ausgebeutet etwa im Menschenhandel, denken wir an die Jugendlichen und die Kinder, die Opfer von Missbrauch werden, sogar durch jene, die sie eigentlich beschützen und in einer vertrauensvollen Umgebung gedeihen lassen sollten, und an die vielen gedemütigten und gequälten Familienmitglieder.

„Die Kultur des Wohlstandes betäubt uns, […]während alle diese wegen fehlender Möglichkeiten unterdrückten Leben uns wie ein bloßes Schauspiel erscheinen, das uns in keiner Weise erschüttert. (Evangelii Gaudium 54)
Appellieren wir an die Regierungen und an die internationalen Organisationen, die Familienrechte für ein besseres Gemeinwohl zu fördern.

Christus wollte, dass seine Kirche ein Haus mit einer immer offenen Türe sei, offen in der Aufnahme, ohne irgendjemanden auszuschließen. Wir sind daher dankbar für die Priester, die Gläubigen und die Gemeinden, die Paare und Familien auf ihrem Weg begleiten und sich ihrer inneren und sozialen Wunden annehmen.

Es gibt freilich auch das Licht, das abends hinter den Fenstern der Häuser in der Stadt leuchtet, in den bescheidenen Wohnstätten der Peripherie, in den Dörfern oder den Hütten: diese Licht leuchtet und erwärmt Körper und Seelen. Dieses Licht des hochzeitlichen Geschehens der Eheleute entzündet sich mit einer Begegnung: es ist eine Gabe, eine Gnade, die sich ausdrückt, wenn die beiden Gesichter genau gegenüber sind, in einer „Hilfe“, die ihnen „entspricht“, wie es im Schöpfungsbericht heißt (Gen 2,18), das heißt, wenn sie ebenbürtig und wechselseitig sind. Die Liebe von Mann und Frau lehrt uns, dass jeder von beiden den anderen braucht, um er oder sie selbst zu sein, obwohl jeder sich vom anderen in seiner Identität unterscheidet, die sich in der gegenseitigen Hingabe öffnet und enthüllt. Das ist es, was die Frau im Hohelied Salomos suggestiv ausdrückt: „Ich gehöre meinem Geliebten und mein Geliebter gehört mir“.

Damit diese Begegnung authentisch ist, beginnt der Weg mit der Verlobung, Zeit der Erwartung und der Vorbereitung. Sie verwirklicht sich in Fülle im Sakrament, wo Gott besiegelt, seine Gegenwart und seine Gnade gibt. Dieser Weg kennt auch Sexualität, Zärtlichkeit, Schönheit, die jenseits der jugendlichen Kraft und Frische fortdauern. Die Liebe neigt ihrer Natur zufolge danach, für immer zu sein, bis zur Hingabe des Lebens für den Menschen, den man liebt. In diesem Licht dauert die eheliche Liebe, die einmalig und unauflöslich ist, fort trotz der vielen Schwierigkeiten der menschlichen Beschränkung; sie ist eines der schönsten Wunder und zugleich das geläufigste.

Diese Liebe verbreitet sich durch Fruchtbarkeit, die nicht bloß Fortpflanzung ist, sondern auch Geschenk des göttlichen Lebens in der Taufe, Erziehung und Katechese der Kinder. Sie ist auch Fähigkeit, das Leben schenken zu können, Zuneigung, Werte, eine Erfahrung, die auch jenen möglich ist, die sich nicht fortpflanzen können. Die Familien, die dieses lichtreiche Abenteuer leben, werden Zeugen für alle, besonders für die Jugendlichen.

Während dieses Weges, der manchmal ein Höhenweg ist mit Mühen und Rückschritten, ist Gott gegenwärtig und begleitet. Die Familie erfährt dies in der Zuneigung und dem Gespräch zwischen Ehemann und Ehefrau, zwischen Eltern und Kinder, zwischen Brüdern und Schwestern. Weiterhin lebt sie dies im gemeinsamen Hören auf das Wort Gottes und im gemeinsamen Gebet, eine kleine Oase des Geistes, die man im Alltag schaffen kann. Dann gibt es das tägliche Bemühen in der Erziehung zum Glauben und zur Heiligkeit. Diese Aufgabe wird oft geteilt und mit großer Hingabe von Großeltern übernommen. So zeigt sich die Familie als wirkliche Hauskirche, die sich zur Familie der Familien ausdehnt, also die kirchliche Gemeinschaft. Die christlichen Eheleute sind dazu berufen, Meister im Glauben und in der Liebe zu werden, auch für junge Paare.

Ein weiterer Ausdruck der geschwisterlichen Gemeinschaft ist jene der Nächstenliebe, der Nähe zu den Letzten, den Ausgegrenzten, Armen, Einsamen, Kranken, Ausländern, an alle Familien in der Krise, eingedenk des Wortes des Herrn: Geben ist seliger als Nehmen. Es ist ein Hingeben von Gütern, von Gesellschaft, von Liebe und Mitleid, und auch eine Bekundung der Wahrheit, des Lichts, des Lebenssinns.
Der Gipfel, auf den alle Fäden der Gemeinschaft mit Gott und dem Nächsten zulaufen, ist die sonntägliche Eucharistie, wenn die Familie mit der gesamten Kirche am Tisch des Herrn Platz nimmt. Er gibt sich hin an uns alle, Pilger in der Geschichte mit dem Ziel der letzten Begegnung, wenn „Christus in allen sein wird“. Deshalb haben wir in der ersten Etappe unseres synodalen Weges über die seelsorgerliche Begleitung und den Zugang zu den Sakramenten der wiederverheirateten Geschiedenen gesprochen.

Wir Synodenväter bitten euch, mit uns auf die nächste Synode hin zu gehen. Auf euch schwebt die Gegenwart der Familie von Jesus, Maria und Josef in ihrem bescheidenen Haus. Indem wir uns mit der Familie von Nazaret vereinen, tragen auch wir vor den Vater aller unsere Fürbitte für die Familien der Erde:

Vater, gib allen Familien die Gegenwart starker und weiser Eheleute, die Quelle einer freien und vereinten Familie seien.
Vater, gibt den Eltern, dass sie ein Haus haben mögen, wo sie in Frieden mit ihrer Familie leben können. (rv)

Papst Franziskus zum Ende der Synode

Papst FranziskusMit Dank und einem Ausblick auf das anstehende Jahr hat Papst Franziskus an diesem Samstag die Beratungen der Versammlung der Bischofssynode beendet. Wir dokumentieren in einer Arbeitsübersetzung die Ansprache des Papstes zum Ende der Sitzungen.

Liebe Eminenzen, Seligkeiten, Exzellenzen, Schwestern und Brüder,

mit einem Herzen voller Dankbarkeit möchte ich gemeinsam mit Ihnen dem Herrn danken, der uns begleitet und in diesen vergangenen Tagen mit dem Licht des Heiligen Geistes geleitet hat.

Von ganzem Herzen danke ich Seiner Eminenz, Kardinal Lorenzo Baldisseri, Generalsekretär der Synode, Seiner Exzellenz Erzbischof Fabio Fabbene, dem Untersekretär, und mit ihnen danke ich dem Relator, Seiner Eminenz Kardinal Peter Erdö, und dem Sondersekretär, Seiner Exzellenz Bischof Bruno Forte, ich danke den drei delegierten Präsidenten, den Autoren der Dokumente, den Beratern und allen anderen, die mit echter Treue und Hingabe an die Kirche gearbeitet haben: Danke, aus ganzem Herzen!

Gleichzeitig danke ich aber auch Ihnen, liebe Synodenväter, Delegierte der anderen Christlichen Kirchen, Auditoren und Auditorinnen und Experten für ihre aktive und fruchtbare Teilnahme. Ich trage sie alle im Gebet und bitte den Herrn, sie überreich mit den Gaben seiner Gnade zu beschenken.

Gelassen kann ich sagen, dass wir im Geist der Kollegialität und der Synodalität wirklich eine Erfahrung von „Synode“ gemacht haben, einen gemeinsamen Weg (Synode griechisch: gemeinsam gehen).

Und weil es ein Weg war, gab es wie bei allen Wegen Momente von großer Geschwindigkeit, als ob man gleichsam die Zeit besiegen wollte und mit größter Geschwindigkeit zum Ziel kommen wollte. Es gab andere Momente der Müdigkeit, als ob man sagen wollte, dass es jetzt reicht; es gab wiederum andere Momente des Enthusiasmus und des Fleißes. Es hab Momente des Trostes, beim Hören auf die Zeugnisse wahrer Hirten (Joh 10), die in ihren Herzen weise die Freuden und die Tränen ihrer Gläubigen tragen. Es gab Momente der Gnade und des Trostes beim Hören auf die Zeugnisse der Familien, die an der Synode teilgenommen haben und mit uns die Schönheit und die Freude ihres Lebens als Eheleute geteilt haben. Ein Weg, bei dem der Stärkste sich verpflichtet fühlte, dem Schwächsten zu helfen, wo der beste Experte den anderen gedient hat, auch in der Auseinandersetzung. Und weil es ein Weg von Menschen war gab es auch Momente des Mistrostes, der Spannung und der Versuchung, von denen man vielleicht die Folgenden nennen könnte.

Die Versuchung der feindlichen Erstarrung: Das ist der Wunsch, sich im Geschriebenen einzuschließen und sich nicht von Gott überraschen lassen wollen, vom Gott der Überraschungen, dem Geist. Im Gesetz einschließen, in der Sicherheit dessen, was wir wissen und nicht dessen, was wir noch lernen und erreichen müssen. Das ist die Versuchung der Eifrigen, der Skrupulösen, der sogenannten „Traditionalisten“ und auch der Intellektualisten.

Die Versuchung des zerstörerischen Gutmenschentums, das im Namen einer falschen Barmherzigkeit die Wunden verbindet, ohne sie zuvor zu behandeln; dabei handelt es sich um ein Symptom, nicht um Gründe oder Wurzeln. Es ist die Versuchung der „Gutmenschen, der Ängstlichen und auch der so genannten „Progessiven und Liberalen“.

Die Versuchung, Steine in Brot zu verwandeln um ein langes, schweres und schmerzhaftes Fasten zu beenden (Lk 4:1-4). Eine weitere Versuchung: Brot in Steine zu verwandeln und sie auf die Sünder zu werfen, die Schwachen und die Kranken (Joh 8:7) und ihnen so unerträgliche Lasten aufzubinden (Lk 11:46).

Die Versuchung, vom Kreuz herunter zu steigen, um den Menschen zu gefallen, und nicht dort zu bleiben um den Willen des Vaters zu erfüllen; sich vor dem Geist der Weltlichkeit zu verbeugen anstatt sich zu reinigen und vor dem Geist Gottes zu verneigen.

Die Versuchung, das „depositum fidei“ zu vernachlässigen und sich selber nicht als Hüter, sondern als Besitzer und Herren zu verstehen oder andererseits die Versuchung, die Realität zu vernachlässigen und eine einengende Sprache zu benutzen und so zu sprechen, dass man viel redet und nichts sagt!

Liebe Schwestern und Brüder, diese Versuchungen dürfen uns nicht erschrecken, nicht befremden, aber auch nicht entmutigen, denn kein Knecht ist größer als sein Herr; wenn also Jesus versucht worden ist und sogar selbst Beelzebub genannt wurde (Mt 12:24), dann dürfen seine Jünger keine andere Behandlung erwarten.

Ich persönlich wäre sehr besorgt und betrübt, hätte es diese Versuchungen und diese emotionalen Diskussionen nicht gegeben; das sind Bewegungen des Geistes, wie sie der Heilige Ignatius nennt. Wir hätten alle einverstanden oder schweigsam in einem falschen und ruhigen Frieden bleiben können. Stattdessen habe ich mit Dank und Freude Beiträge und Diskussionen gehört, die voller Glauben sind, voller Einsatz für Pastoral und Lehre, voller Weisheit, Offenheit, Mut und Parresia (Freiheit des Wortes). Und ich habe wahrgenommen, dass uns das Wohl der Kirche, der Familien und das höchste Gesetz, das Wohl der Seelen, vor Augen stand. Und das alles, ohne jemals die fundamentale Wahrheit des Sakraments der Ehe in Frage zu stellen: Die Unauflöslichkeit, die Einheit, die Treue und die Zeugungsfähigkeit, also die Offenheit für das Leben (GS 48).

Das ist die Kirche, der Weinberg des Herrn, die fruchtbare Mutter und sich sorgende Lehrerin, die keine Angst hat, die Ärmel hochzukrempeln und das Öl und den Wein über die Wunden der Menschen auszugießen (Lk 10:25-37). Sie beobachtet die Menschheit nicht aus einer Burg aus Glas beobachtet, um die Menschen zu klassifizieren oder zu richten. Das ist die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche, die aus Sündern besteht, die Seine Barmherzigkeit brauchen. Das ist die Kirche, die wahre Braut Christi, die ihrem Bräutigam und seiner Lehre treu zu bleiben sucht. Das ist die Kirche, die keine Angst hat, mit Huren und Sündern zu essen (Lk 15). Die Kirche, welche ihre Tore aufreißt, um die Bedürftigen und Reuevollen einzulassen, nicht nur die Gerechten und die, die glauben, perfekt zu sein! Die Kirche, die sich nicht für den gefallenen Bruder schämt und nicht so tut, als sehe sie ihn nicht, sondern betroffen ist und die Pflicht spürt, ihn aufzurichten und zu ermutigen, den Weg weiter zu gehen und ihn begleitet, bis zur endgültigen Begegnung mit ihrem Bräutigam, im himmlischen Jerusalem.

Das ist die Kirche! Und wenn die Kirche, in der Verschiedenheit ihrer Charismen, sich in gemeinschaftlich ausdrückt, dann kann sie nicht irren: Das ist die Schönheit und die Kraft des sensus fidei, dieses übernatürlichen Sinns des Glaubens, der vom Heiligen Geist geschenkt wird, damit mir gemeinsam in das Herz des Evangeliums gelangen können und lernen können, Jesus in unserem eigenen Leben nachzufolgen. Das darf nicht als Grund für Verwirrung und Unbehagen sein.

Viele Kommentatoren haben sich eine Kirche vorgestellt, in der ein Teil gegen den anderen kämpft und so den Heiligen Geist bezweifelnd, den wahren Förderer und Garanten der Einheit und Harmonie in der Kirche. Der Heilige Geist hat in der Geschichte immer das Schiff durch seine Diener geführt, auch wenn das Meer aufgewühlt war und die Diener ungläubig und sündig.

Wie ich zu Beginn der Synode gesagt habe, ist es nötig, das alles in Ruhe und innerem Frieden zu durchleben, damit die Synode cum Petro et sub Petro (mit Petrus und unter der Leitung Petri) verläuft, und die Anwesenheit des Papstes ist für das alles Garantie.

Die Aufgabe des Papstes ist es nämlich, die Einheit der Kirche zu garantieren; es ist seine Aufgabe, alle Gläubigen an ihre Pflicht zu erinnern, treu dem Evangelium Christi zu folgen; es ist seine Aufgabe, die Hirten daran zu erinnern, dass es ihre wichtigste Aufgabe ist, die Herde zu hüten, der Herr ihnen anvertraut hat und die verirrten Schafe zu suchen und willkommen zu heißen, in Väterlichkeit, Barmherzigkeit und ohne falsche Angst.

Es ist seine Aufgabe, alle daran zu erinnern, dass die Macht der Kirche der Dienst ist (Mk 9:33-35), wie es klar und deutlich Papst Benedikt XVI. gelehrt hat, mit folgenden Worten:

„Die Kirche ist berufen und bemüht sich, diese Art von Autorität auszuüben, die Dienst ist, und sie übt sie nicht aus eigener Vollmacht aus, sondern im Namen Jesu Christi… . Durch die Hirten der Kirche nämlich weidet Christus seine Herde: Er ist es, der sie leitet, schützt und zurechtweist, da er sie zutiefst liebt. Doch Jesus, der Herr, der oberste Hirt unserer Seelen, hat gewollt, dass das Apostelkollegium, heute die Bischöfe in Gemeinschaft mit dem Nachfolger Petri … für das Gottesvolk zu sorgen, Erzieher im Glauben zu sein und der christlichen Gemeinschaft Orientierung zu geben, sie zu beseelen und zu stützen oder, wie das Konzil sagt, »dafür zu sorgen, dass jeder Gläubige im Heiligen Geist angeleitet wird zur Entfaltung seiner persönlichen Berufung nach den Grundsätzen des Evangeliums, zu aufrichtiger und tätiger Liebe und zur Freiheit, zu der Christus uns befreit hat« (Presbyterorum Ordinis, 6). Jeder Hirt also ist das Mittel, durch das Christus selbst die Menschen liebt: Dank unseres Dienstes, liebe Priester, durch uns erreicht der Herr die Seelen, durch uns lehrt, bewahrt und leitet er sie. Der hl. Augustinus sagt in seinem Kommentar zum Johannesevangelium: »Es sei ein Erweis der Liebe, die Herde des Herrn zu weiden« (123,5); dies ist die oberste Norm für das Verhalten der Diener Gottes, eine bedingungslose Liebe, wie jene des Guten Hirten, voll Freude, allen Menschen gegenüber offen, achtsam auf den Nahestehenden und fürsorglich gegenüber den Fernen (vgl. Augustinus, Reden 340,1; Reden 46,15), einfühlsam gegenüber den Schwächsten, den Geringen, den Einfachen, den Sündern, um die unendliche Barmherzigkeit Gottes mit den ermutigenden Worten der Hoffnung zu offenbaren (vgl. ders., Brief 95,1).“ (Generalaudienz vom 26. Mai 2010).

Die Kirche ist deswegen aus Christus, sie ist seine Braut, und alle Bischöfe, gemeinsam mit dem Nachfolger Petri, haben die Aufgabe und die Pflicht, sie zu hüten und ihr zu dienen, nicht als Herren sondern als Diener. Der Papst ist in diesem Sinn nicht der oberste Herr sondern vielmehr der oberste Diener, der Diener der Diener Gottes; er ist der Garant des Gehorsams, der Übereinstimmung mit dem Willen Gottes, mit dem Evangelium Christi und der Tradition der Kirche. Jede persönliche Willkür beiseite lassend ist er dem Willen Christi gemäß der „oberste Hirte und Lehrer alle Gläubigen“ (Katechismus 749), dazu hat er „die volle ordentliche Autorität, die oberste, volle, unmittelbare und universale in der Kirche“ (Katechismus 331-334).

Liebe Schwestern und Brüder, wir haben jetzt noch ein Jahr um die hier vorgeschlagenen Ideen in einer wirklichen geistlichen Unterscheidung reifen zu lassen und konkrete Lösungen für alle Schwierigkeiten und die unzähligen Herausforderungen zu finden, welchen die Familien begegnen müssen; Antworten zu geben auf die vielen Entmutigungen, welche die Familien umgeben und einschnüren. Ein Jahr, um an der „Relatio Sinodi“ zu arbeiten, welche die getreue und deutliche Widergabe dessen ist, was in dieser Aula und in den Arbeitskreisen gesagt und diskutiert wurde.

Der Herr begleite und leite uns auf diesem Weg, zur Herrlichkeit seines Namens und auf die Fürsprache der seligen Jungfrau Maria und des Heiligen Josef! Und bitte: vergesst nicht, für mich zu beten! (rv)

Kardinal Kasper: „Mir Rassismus vorzuwerfen, ist abwegig“

Kardinal Walter Kasper„Es ist selbstverständlich, dass südliche Kirchen sich zu Wort melden und Einfluss nehmen.“ Mit diesen Worten reagiert Kardinal Walter Kasper auf den Vorwurf, er habe sich am Rand der Synode zu Ehe und Familie in rassistischer Weise über afrikanische Ortskirchen geäußert. Der emeritierte deutsche Kurienkardinal hatte am Dienstagabend mit drei Journalisten gesprochen, die vor der Synodenaula auf ihn warteten. Dabei kam die Rede unter anderem auf die Frage, wie afrikanische Bischöfe mit Homosexualität umgehen. „Das ist dort ein Tabu“, sagte Kasper, während andere Ortskirchen sich darum bemühten, Homosexuelle nicht zu diskriminieren. Kasper sagte weiter, es müsse „Raum für örtliche Bischofskonferenzen geben, ihre Probleme zu lösen, aber über Afrika kann ich nichts sagen. Aber sie sollten uns nicht zu sehr sagen, was wir zu tun haben.“ Pater Bernd Hagenkord sprach mit Kardinal Kasper.

„Das war ein zufälliges Gespräch, das ich geführt habe, gar kein Interview, es wurde heimlich aufgenommen. Es liegt mir natürlich jeder Rassismus völlig fern. Ich war in 15 Ländern in Afrika, in manchen mehrfach, und habe mich sehr für die Entwicklung in Afrika eingesetzt , auch finanziell und wirtschaftlich, in jeder Hinsicht. Mir Rassismus vorzuwerfen ist völlig abwegig. Das entspricht in keiner Weise meinem Denken. Ich würde sagen, in Afrika hat man eine etwas andere Kultur, was ja unbestreitbar ist. Und dass wir uns nicht einmischen in Afrika und es natürlich für die Afrikaner schwierig ist, unsere Situation zu beurteilen. Aber doch in keiner Weise würde ich sagen, dass die Afrikaner hier nichts zu melden hätten, das ist ja völlig unsinnig, das wäre gegen jede Kollegialität, die mir sehr am Herzen liegt. Ich bin mit sehr vielen afrikanischen Bischöfen befreundet. Diese ganze Sache ist gemacht worden, es hat mit meiner Überzeugung, mit dem, was ich wirklich gesagt habe, nichts zu tun. Da ist ein Halbsatz oder zwei Sätze herausgezogen worden aus einem längeren Geplauder, das ich hatte und das heimlich aufgezeichnet wurde und dann hochgespielt worden ist.“

Die Afrikaner spielen hier (bei der Synode) eine große Rolle. Man hört sie häufig und auch zu wichtigen Punkten, sie werden ernstgenommen, sie spielen eine große Rolle, nicht?

„Nirgends ist die Kirche im letzten Jahrhundert so sehr gewachsen wie in Afrika. Sie haben recht, so aufzutreten. Ich habe an vielen Gottesdiensten in Afrika teilgenommen und habe selber welche gefeiert, das ist jedes Mal ein Erlebnis: da ist lebendiger Glaube in Afrika. Da lebt das Christentum, mehr zum Teil als bei uns in Europa. Und so haben die Afrikaner allen Grund, hier mit Selbstbewusstsein aufzutreten und ihre Stimme zu erheben. Sie sind ein wichtiger Teil der Kirche geworden, überhaupt: zwei Drittel der Katholiken leben heute in der südlichen Heimsphäre, während in Europa nur noch knapp 25 Prozent leben. Das muss uns klar sein. Und es ist selbstverständlich, dass diese Kirchen sich zu Wort melden und Einfluss nehmen, und das neue Pontifikat ist ein Zeichen dafür, dass ein Papst aus der anderen Hälfte der Welt sozusagen kommt und Haupt der universalen Kirche wird. Das zeigt, man nimmt das ernst, die südliche Hemisphäre, und das wird sicher noch so weiter gehen.“ (rv)

Kardinal Pell: Barmherzigkeit ja, aber…

Kardinal PellZehn Kardinäle haben schon vor der Synode ausführlich Kritik am Startvortrag von Kardinal Walter Kasper über Ehe- und Familienpastoral geäußert, in der Regel in längeren Aufsätzen. Von diesen zehn Kardinälen nehmen sechs an der derzeitigen Generalversammlung der Bischofssynode in Rom teil: Es sind die Kardinäle Müller, Burke, Caffarra, Pell, Ouellet und Scola. Gemeinsam ist ihnen wichtig, dass sie an die Unverrückbarkeit der kirchlichen Lehre von der Unauflöslichkeit der Ehe erinnern. Am Donnerstag hielten die Synodenväter eine – den Berichten nach bewegte – Aussprache über die Ergebnisse ihrer Arbeitsgruppen. Wir fragten den australischen Kurienkardinal George Pell, wie er diese Aussprache bewertete.

„Aus meiner Sicht war das sehr, sehr ermutigend! Es war eine Atmosphäre des offenen Redens, der Wahrheit, der Vielfalt in der Einheit. Und es war sonnenklar, dass die Lehre der Kirche, die Lehre Jesu absolut fundamental und zentral ist. Natürlich bedeutet das: Barmherzigkeit, aber Barmherzigkeit in der Wahrheit! Die Dokumente aus den Arbeitsgruppen sind wirklich katholisch im besten Sinn des Wortes. Es gibt da Diversität – offensichtlich. Aber da ist auch die radikale Treue zum Evangelium und zu Jesus Christus.“

Mit einer klaren Mehrheit bei der entsprechenden Abstimmung haben die Synodenväter dafür gesorgt, dass ihre Berichte aus den Arbeitsgruppen noch am Donnerstag in vollem Wortlaut veröffentlicht wurden. Zuvor hatten Synodenväter, etwa die Kardinäle Müller und Burke, kritisiert, dass die einzelnen Wortmeldungen der Teilnehmer nicht, wie früher üblich, in Zusammenfassungen an die Presse gegeben wurden. Frage an Pell: Ist die Synode transparent genug?

„Ja! Nach der Veröffentlichung dieser Wortmeldungen der einzelnen Arbeitsgruppen ist die Lage viel, viel klarer! Ich bin mir sicher, dass das auch in der Schlussbotschaft so sein wird.“

Die Schlussbotschaft der Synode wird am Samstag veröffentlicht – anders als das Schlussdokument, dessen Übersetzung ein paar Tage brauchen wird.

Teilnehmer wie Beobachter der Synode staunen immer wieder, wie vielfältig die Blickwinkel auf vermeintlich gut bekannte Probleme im Ehe- und Familienbereich sein können. Beispiel: die wiederverheirateten Geschiedenen. Vor der Synode hatte es immer wieder geheißen, das sei vor allem ein westliches Spezialproblem. In der Aula aber stellte es sich als eines der brennendsten Probleme überhaupt heraus, und zwar bei weitem nicht nur für Westeuropa. Ioan Robu ist katholischer Erzbischof der Hauptstadt Rumäniens, Bukarest. Er sagte in einem Radio-Vatikan-Gespräch:

„Ich habe in meiner Wortmeldung über unsere Beziehungen zu orthodoxen Familien gesprochen; in der Regel haben sie keinerlei religiöse Ausbildung in der orthodoxen Kirche bekommen, aber bei uns einen Weg des Glaubens begonnen. Sie kommen jeden Sonntag in die katholische Messe, aber weil wir ihre Familiensituation nicht als regulär einstufen, gehen sie einmal im Jahr in die orthodoxe Kirche, um zu beichten und die hl. Kommunion zu empfangen. Meine Frage war, ob wir das nicht für diese Familien anstelle der orthodoxen Kirche anbieten können, so dass wir ihnen einmal im Jahr die Beichte abnehmen und die Kommunion geben können. Einige dieser Familien bitten uns immer und immer wieder, doch bei uns beichten zu können.“

Und warum ist die Situation dieser Familien „nicht regulär“? Nicht etwa, weil sie Orthodoxe sind. Erzbischof Robu erklärt:

„Das sind Familien, bei denen – wie das die Norm in der orthodoxen Kirche ist – die Ehepartner schon das zweite oder sogar dritte Mal verheiratet sind. Für uns ist das etwas, das wir nicht als normal einstufen können, wir stufen sie als irregulär ein; aber weil sie immer in unsere Kirchen kommen und gerne voll in die Gemeinschaft der katholischen Kirche aufgenommen würden, ist das für uns ein Problem. Wir suchen neue Wege für diese Familien, die letztlich auch ihre Schönheit, ihren Wert haben.“ (rv)