GB-Papst: „Religion korrigiert Vernunft“

Papstreise nach GB : 3. Tag

Eine Demokratie, deren Werte ausschließlich auf gesellschaftlichem Konsens beruhen, macht sich angreifbar. Darauf hat Papst Benedikt XVI. in einer intellektuell dichten Rede in der Londoner Westminster Hall hingewiesen. Die Rolle der Religion in der politischen Debatte bestehe aber nicht darin, moralische Normen für rechtes Handeln zu liefern, betonte der Papst am Freitagabend vor führenden Vertretern der britischen Politik, Wirtschaft und Kultur. Moralische Normen seien auch Nichtgläubigen aufgrund der Vernunft ohne weiteres zugänglich, so Benedikt. Vielmehr müsse die Religion in der gesellschaftlichen Debatte über Werte eine „korrigierende Rolle“ gegenüber der Vernunft einnehmen. Nicht alle begrüßten dieses Wirken der Religion als Korrektiv, auch weil „entstellte Formen der Religion wie Sektierertum und Fundamentalismus“ am Werk seien.
Als Beispiel für seine Ausführungen über Staat und Religion nannte der Papst die globale Finanzkrise. Sie habe gezeigt, dass „pragmatische Kurzzeitlösungen für komplexe soziale und ethische Probleme unbrauchbar“ seien. Millionen von Menschen in anderen Erdteilen litten heute darunter, dass die Weltwirtschaft ohne verlässliche ethische Grundlagen handelte. Benedikt lobte die aktuelle Regierung Großbritanniens für ihren Entschluss, 0,7 Prozent des nationalen Einkommens für Entwicklungshilfe auszugeben. Allerdings erwähnte er im selben Absatz seiner Rede auch „die enormen Mittel, die Regierungen zur Rettung von Finanzinstitutionen aufbringen konnten“. Großbritannien bildet mit seiner Kapitale London den Nabel der europäischen Finanzwelt.
Außerdem wandte sich Benedikt XVI. gegen eine staatlich beförderte Zurückdrängung der Religion in die Privatsphäre. Selbst in Ländern, die großen Wert auf Toleranz legen“ – so wie Großbritannien – werde das Christentum an den Rand gedrängt. Es gebe „besorgniserregende Zeichen“ für eine Missachtung der Gewissens- und Religionsfreiheit. Kritisch verwies er etwa auf eine Behinderung öffentlicher religiöser Feiern wie Weihnachten. Sie stünden unter der „fragwürdigen Annahme, dass solche Bräuche Angehörige anderer Religionen oder Nichtgläubige auf irgendeine Weise verletzen könnten“.
Zugleich hob Benedikt XVI. die Gemeinsamkeiten zwischen der pluralistischen Demokratie Großbritanniens und der katholischen Soziallehre hervor. Letztere verwende zwar andere Begriffe, habe aber vom Ansatz her viele Gemeinsamkeiten mit der angelsächsischen Demokratie.
Im Publikum saßen mehrere frühere Premierminister: Tony Blair und Gordon Brown für Labour, Margaret Thatcher und John Major für die Konservativen. Der derzeitige Premierminister David Cameron konnte wegen der Beisetzung seines Vaters nicht teilnehmen. Er traf den Papst an diesem Samstag.
Während der Papst in Westminster Hall zu Fragen des Glaubens in der Zivilgesellschaft sprach, demonstrierten draußen vor der Tür Opfer sexuellen Missbrauchs, Atheisten und weitere Gegner des Papstbesuchs. Ein Sprecher der laizistischen Vereinigung „Protest the Pope“ sagte der BBC: „Es hätte nie einen Staatsbesuch geben sollen.“ Immer noch gebe es Streit darüber, ob der Vatikan ein Staat sei. In erster Linie handele es sich um einen geistlichen Besuch und um die Seligsprechung von Kardinal John Henry Newman. (rv)

GB-Papst bei Messe in London: „Tiefes Bedauern“ über Missbrauchsskandale

Papstreise nach GB : 3. Tag

Hier sind die Kernsätze aus der Predigt des Papstes bei seiner Messfeier in der katholischen „Westminster Cathedral" von London an diesem Samstag.
„Liebe Freunde in Christus! Ich denke hier an das ungeheure Leiden, das durch den Mißbrauch von Kindern verursacht wurde, besonders wenn es in der Kirche und durch ihre Diener geschah. Vor allem möchte ich gegenüber den unschuldigen Opfern dieser unbeschreiblichen Verbrechen mein tiefes Bedauern zum Ausdruck bringen, gemeinsam mit meiner Hoffnung, daß die Kraft der Gnade Christi, sein Versöhnungsopfer, ihrem Leben eine tiefgreifende Heilung und Frieden bringen möge. Gemeinsam mit euch gestehe ich auch die Beschämung und die Demütigung ein, unter der wir alle wegen der Sünden einer geringen Anzahl von Priestern gelitten haben; und ich lade euch ein, dies dem Herrn aufzuopfern in dem Vertrauen, daß diese Strafe zur Heilung der Opfer, zur Läuterung der Kirche und zur Erneuerung ihres uralten Engagements in der Erziehung und Pflege junger Menschen beitragen wird.
Die Realität des eucharistischen Opfers hat immer im Herzen des katholischen Glaubens gestanden; im sechzehnten Jahrhundert in Frage gestellt, wurde sie auf dem Konzil von Trient vor dem Hintergrund unserer Rechtfertigung in Christus erneut bekräftigt. Hier in England gab es, wie wir wissen, viele, die die Messe standhaft und oft zu hohem Preis verteidigten und so jene Verehrung der Heiligsten Eucharistie ins Leben gerufen haben, die für die katholische Kirche in diesen Ländern kennzeichnend geworden ist.
Eine der größten Herausforderungen, die heute vor uns stehen, ist die Frage, wie man überzeugend von der Weisheit und der befreienden Kraft des Wortes Gottes sprechen kann zu einer Welt, die allzu häufig das Evangelium als eine Einschränkung der menschlichen Freiheit ansieht und nicht als die Wahrheit, die unseren Geist befreit.
Beten wir also darum, daß die Katholiken in diesem Land sich immer mehr ihrer Würde als priesterliches Volk bewußt werden… Je stärker das Laienapostolat wächst, um so dringender wird der Bedarf an Priestern empfunden, und je mehr der Sinn der Laien für ihre eigene Berufung vertieft wird, um so deutlicher tritt hervor, was das Eigentliche des Priesters ist." (rv)

Vatikan: Ignace Moussa I. Kardinal Daoud feiert 80. Geburtstag

Kardinal Daoud, seit 2007 emeritierter Präfekt der Kongregation für die Orientalischen Kirchen und seit 2001 emeritierter Patriarch von Antiochien, feiert heute seinen 80. Geburtstag. Daoud wurde am 21.02.2001 durch Papst Johannes Paul II. in den Kardinalsstand erhoben. Mit seinem Geburtstag verliert er sein aktives Wahlrecht in einem künftigen konklave. Das Kardinalskollegium umfasst derzeit 179 Eminenzen, von ihnen sind nun 104 Kardinäle wahlberechtigt und 75 Kardinäle haben kein Wahlrecht mehr. (vh)

GB-Dokument: Papst trifft Großbritanniens Elite – Volltext der Rede

In der traditionsreichen „Westminster Hall" unmittelbar neben dem Londoner Parlament hat sich Papst Benedikt am Freitag Abend mit dem Diplomatischen Corps, Politikern, Wissenschaftlern und Wirtschaftsführern getroffen. Hier finden Sie seine Grundsatzrede – wohl die wichtigste auf britischem Boden – in vollem Wortlaut.
„Mister Speaker! Ich danke Ihnen für den Willkommensgruß im Namen dieser erlesenen Versammlung. Wenn ich mich nun an Sie wende, so bin ich mir des Privilegs bewußt, hier in der Westminster Hall eine Ansprache an das britische Volk und seine Vertreter halten zu dürfen. Dieses Gebäude ist von einzigartiger Bedeutung in der gesellschaftlichen und politischen Geschichte des Volkes dieser Inseln. Dabei möchte ich auch meine Wertschätzung für das Parlament zum Ausdruck bringen, das schon seit Jahrhunderten an diesem Ort besteht und das einen großen Einfluß auf die Entwicklung von partizipativen Regierungsformen unter den Nationen ausgeübt hat, insbesondere im Bereich des Commonwealth und den englischsprachigen Ländern insgesamt. Ihre Tradition des common law bildet die Grundlage für die Rechtsordnungen in vielen Teilen der Welt, und Ihre Sicht der jeweiligen Rechte und Pflichten des Staates und der einzelnen Bürger sowie der Gewaltenteilung stellt weltweit eine bleibende Inspiration dar.
An diesem historischen Ort denke ich an die unzähligen Männer und Frauen im Lauf der Jahrhunderte, die ihre Rolle bei den bedeutsamen Ereignissen spielten, die in diesen Mauern stattfanden und das Leben vieler Generationen von Briten und auch anderen geprägt haben. Besonders rufe ich die Gestalt des heiligen Thomas More in Erinnerung, des großen englischen Gelehrten und Staatsmanns, der von Gläubigen wie von Nichtglaubenden wegen seiner Rechtschaffenheit bewundert wird, mit der er seinem Gewissen folgte, selbst um des Preises willen, daß es dem Herrscher mißfiel, dessen „treuer Diener" er war; denn er wollte an erster Stelle Gott dienen. Das Dilemma, vor dem Thomas More in diesen schwierigen Zeiten stand, diese stets aktuelle Frage nach dem Verhältnis zwischen dem, was dem Kaiser gebührt, und dem, was Gott gebührt, bietet mir die Gelegenheit, mit Ihnen kurz über den der Religion im politischen Leben zukommenden Platz nachzudenken.
Die parlamentarische Tradition dieses Staates verdankt viel dem im Land verbreiteten Sinn für maßvolle Zurückhaltung und dem Wunsch, einen echten Ausgleich zwischen den legitimen Forderungen der Regierung und den Rechten der ihr untergebenen Menschen zu erreichen. Im Lauf der Geschichte wurden einerseits mehrmals entscheidende Maßnahmen zur Beschränkung der Machtausübung ergriffen, andererseits konnten sich die politischen Institutionen des Landes mit bemerkenswerter Stabilität entwickeln. Aus diesem Prozeß ist Großbritannien als eine pluralistische Demokratie hervorgegangen, die großen Wert auf das Recht auf freie Meinungsäußerung und politische Freiheit legt und Respekt für die gesetzlichen Vorschriften zeigt mit einer starken Betonung auf den Rechten und Pflichten des einzelnen und der Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz. Auch wenn sie andere Begriffe verwendet, so hat die kirchliche Soziallehre mit diesem Ansatz viel gemeinsam. Dabei bestimmt sie die Sorge, die einzigartige Würde der als Ebenbild Gottes geschaffenen menschlichen Person zu bewahren und das Augenmerk auf die der staatlichen Autorität zukommende Pflicht der Förderung des Gemeinwohls zu legen.
Und doch begegnen uns die fundamentalen Fragen, um die sich der Prozeß von Thomas More drehte, im Lauf der Zeit auf stets neue Weise in den unterschiedlichen gesellschaftlichen Umständen. Jede Generation muß sich auf der Suche nach dem Fortschritt im Gemeinwohl neu fragen: Welche Verpflichtungen können Regierungen den Bürgern rechtmäßig auferlegen und wie weit erstrecken sich diese? An welche Autorität muß man sich wenden, um moralische Konflikte zu lösen? Diese Fragen bringen uns direkt zu den ethischen Grundlagen des gesellschaftlichen Diskurses. Wenn die den demokratischen Abläufen zugrundeliegenden moralischen Prinzipien ihrerseits auf nichts Soliderem als dem gesellschaftlichen Konsens beruhen, dann wird die Schwäche dieser Abläufe allzu offensichtlich; darin liegt die wahre Herausforderung der Demokratie.
Die jüngste globale Finanzkrise hat nur zu klar gezeigt, daß pragmatische Kurzzeitlösungen für komplexe soziale und ethische Probleme unbrauchbar sind. Es besteht weitgehende Übereinstimmung darüber, daß der Mangel an soliden ethischen Grundlagen für die wirtschaftliche Tätigkeit zu den großen Schwierigkeiten beigetragen hat, unter denen jetzt Millionen von Menschen auf der ganzen Welt zu leiden haben. Genauso wie „jede wirtschaftliche Entscheidung eine moralische Konsequenz hat" (Caritas in veritate, 37), so hat auch im Bereich der Politik die ethische Dimension der politischen Programme weitreichende Auswirkungen, die keine Regierung ignorieren kann. Ein positives Beispiel dafür ist eine der besonders bemerkenswerten Errungenschaften des britischen Parlaments, nämlich die Abschaffung des Sklavenhandels. Die Kampagne, die zu diesem epochalen Gesetz führte, basierte auf festen ethischen Prinzipien, die im Naturrecht verwurzelt waren, und es hat einen Beitrag zum Fortschritt der Zivilisation geleistet, auf die dieses Land zu Recht stolz sein kann.
Bei all dem geht es um folgende zentrale Frage: Wo finden wir die ethische Grundlage für politische Entscheidungen? Die katholische Lehrtradition sagt, daß die objektiven Normen für rechtes Handeln der Vernunft zugänglich sind, ohne daß dazu ein Rückgriff auf die Inhalte der Offenbarung nötig wäre. Dementsprechend besteht die Rolle der Religion in der politischen Debatte nicht so sehr darin, diese Normen zu liefern, als ob sie von Nichtgläubigen nicht erkannt werden könnten. Noch weniger geht es darum, konkrete politische Lösungen vorzuschlagen, was gänzlich außerhalb der Kompetenz der Religion liegt. Es geht vielmehr darum, auf der Suche nach objektiven moralischen Prinzipien zur Reinigung und zur Erhellung der Vernunftanstrengung beizutragen. Diese „korrigierende" Rolle der Religion gegenüber der Vernunft ist nicht immer willkommen, unter anderem weil entstellte Formen der Religion wie Sektierertum und Fundamentalismus sich selbst als Ursachen schwerer gesellschaftlicher Probleme erweisen können. Diese Verzerrungen der Religion treten ihrerseits dann auf, wenn der reinigenden und strukturierenden Rolle der Vernunft im Bereich der Religion zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Es ist also ein Prozeß in beide Richtungen. Ohne die Korrekturfunktion der Religion kann jedoch auch die Vernunft den Gefahren einer Verzerrung anheimfallen, wenn sie zum Beispiel von Ideologien manipuliert wird oder auf einseitige Weise zur Anwendung kommt, ohne die Würde der menschlichen Person voll zu berücksichtigen. Ein solcher Mißbrauch der Vernunft war es ja auch, der den Sklavenhandel und viele andere gesellschaftliche Übel erst ermöglicht hat, nicht zuletzt die totalitären Ideologien des zwanzigsten Jahrhunderts. Darum würde ich sagen, daß die Welt der Vernunft und die Welt des Glaubens – die Welt der säkularen Rationalität und die Welt religiöser Gläubigkeit – einander brauchen und keine Angst davor haben sollten, zum Wohl unserer Zivilisation in einen tiefen und andauernden Dialog zu treten.
Die Religion ist, anders gesagt, für die Gesetzgeber nicht ein Problem, das gelöst werden muß, sondern ein äußerst wichtiger Gesprächspartner im nationalen Diskurs. In diesem Zusammenhang komme ich nicht umhin, meine Besorgnis zu äußern, daß die Religion und besonders das Christentum in einigen Bereichen zunehmend an den Rand gedrängt werden, auch in Ländern, die großen Wert auf Toleranz legen. Manche sprechen sich dafür aus, die Stimme der Religion zum Schweigen zu bringen oder wenigstens ganz auf die Privatsphäre zu beschränken. Andere behaupten, daß von der öffentlichen Feier von Festen wie Weihnachten abgesehen werden sollte, und begründen es mit der fragwürdigen Annahme, daß solche Bräuche Angehörige anderer Religionen oder Nichtgläubige auf irgendeine Weise verletzen könnten. Schließlich fordern einige – paradoxerweise mit dem Ziel, die Diskriminierung zu bekämpfen –, daß von Christen, die ein öffentliches Amt ausüben, gegebenenfalls verlangt werden sollte, gegen ihr Gewissen zu handeln. Das sind besorgniserregende Zeichen einer Mißachtung nicht nur der Rechte gläubiger Menschen auf Gewissens- und Religionsfreiheit, sondern auch der legitimen Rolle der Religion im öffentlichen Leben. Ich möchte Sie alle daher einladen, in Ihren Wirkungsbereichen nach Wegen zu suchen, wie der Dialog zwischen Glaube und Vernunft auf allen Ebenen im Leben dieses Landes gefördert und belebt werden kann.
Ihre Bereitschaft dazu zeigt sich bereits in der vorher nie dagewesenen Einladung des heutigen Tages an mich. Es kommt auch in den Anliegen zum Ausdruck, in denen Ihre Regierung mit dem Heiligen Stuhl zusammenarbeitet. Im Bereich der Friedensbemühungen werden Gespräche hinsichtlich der Ausarbeitung internationaler Abkommen zum Waffenhandel geführt; im Bereich der Menschenrechte haben der Heilige Stuhl und Großbritannien die Ausbreitung der Demokratie willkommen geheißen, besonders in den vergangenen 65 Jahren; in der Entwicklungshilfe gibt es Zusammenarbeit im Bereich des Schuldenerlasses, des fairen Handels und der Finanzierung der Entwicklung, insbesondere durch die International Finance Facility, den International Immunization Bond und das Advanced Market Commitment. Der Heilige Stuhl hofft darauf, in der Zukunft mit Großbritannien zum Wohl aller auch neue Wege zur Förderung des Umweltbewußtseins beschreiten zu können.
Ich möchte auch besonders erwähnen, daß die gegenwärtige Regierung die Verpflichtung übernommen hat, daß Großbritannien ab 2013 0,7 Prozent seines nationalen Einkommens für Entwicklungshilfe ausgeben wird. In den vergangenen Jahren war es ermutigend, die positiven Zeichen einer weltweit zunehmenden Solidarität gegenüber den Armen zu sehen. Aber die Umsetzung dieser Solidarität in effektive Maßnahmen erfordert ein neues Denken, das zu einer Verbessung der Lebensbedingungen in vielen Bereich führen kann wie der Nahrungsmittelproduktion, der Trinkwasserversorgung, der Schaffung von Arbeitsplätzen, der Bildung, der Familienförderung, besonders von Migranten, und der grundlegenden Gesundheitsversorgung. Wo es um Menschenleben geht, drängt die Zeit immer: Doch die Welt wurde Zeuge der enormen Mittel, die Regierungen zur Rettung von Finanzinstitutionen aufbringen konnten, von denen man geglaubt hat, sie seien „zu groß zum Scheitern". Die ganzheitliche Entwicklung der Völker dieser Welt ist gewiß nicht weniger wichtig: Das ist eine Aufgabe, die die Aufmerksamkeit der Welt verdient und die fürwahr „zu groß zum Scheitern" ist.
Der Überblick über die Zusammenarbeit zwischen Großbritannien und dem Heiligen Stuhl in jüngster Zeit zeigt gut, wie viel Fortschritt seit der Aufnahme bilateraler diplomatischer Beziehungen bei der Förderung der vielen gemeinsamen Grundwerte in der ganzen Welt erzielt werden konnte. Ich hoffe und bete, daß diese Beziehung weiter Frucht bringen wird und daß sie sich auf allen Ebenen der Gesellschaft in einer zunehmenden Anerkennung der Notwendigkeit eines Dialogs und des Respekts zwischen der Welt der Vernunft und der Welt des Glaubens widerspiegeln wird. Ich bin überzeugt, daß auch in diesem Land die Kirche und die staatlichen Autoritäten in vielen Bereichen zum Wohl der Bürger zusammenarbeiten können, in Übereinstimmung mit der historischen Tradition dieses Parlaments, den Beistand des Heiligen Geistes für jene anzurufen, die sich für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen einsetzen. Damit eine solche Zusammenarbeit möglich wird, bedürfen religiöse Verbände – unter ihnen die mit der katholischen Kirche verbundenen Institutionen – der Freiheit, nach ihren eigenen Prinzipien und spezifischen Überzeugungen zu handeln, die auf dem Glauben und der offiziellen Lehre der Kirche beruhen. Auf diese Weise werden so grundlegende Rechte wie die Religions-, Gewissens und Versammlungsfreiheit gewährleistet. Die Engel, die von der wunderbaren Decke dieses altehrwürdigen Saales auf uns herabblicken, erinnern uns an die lange Tradition, aus der sich die britische parlamentarische Demokratie entwickelt hat. Sie erinnern uns daran, daß Gott stets über uns wacht, uns führt und uns schützt. Und sie laden uns ein, den entscheidenden Beitrag anzuerkennen, den der Glaube zum Leben dieses Landes geleistet hat und noch weiter leisten kann.
Mister Speaker, ich danke Ihnen einmal mehr für die Gelegenheit, kurz zu diesem erlesenen Personenkreis zu sprechen. Gerne versichere ich Ihnen und dem Lord Speaker meine besten Wünsche und mein beständiges Gebet für Sie und für die fruchtbare Arbeit beider Häuser dieses altehrwürdigen Parlaments. Vielen Dank und Gott segne sie alle!" (rv)

GB: Zu Besuch an einer katholischen Jungenschule in London

35 Jungen in der Klasse schauen per Beamer den Papstbesuch im Saint Marys College, und wo gebetet wird, da beten sie mit. Saint Ignatius College, Enfield, im Norden Londons. Papst Benedikt besucht zwar Twickenham, aber alle katholischen Schulen in Großbritannien übertragen das live in den Unterricht. Eine moderne, junge Gesellschaft mit modernen Mitteln. So feiern 1.200 Schüler der Jungenschule gemeinsam mit dem Papst. Ihr berühmtester Altschüler, Alfred Hitchcock, wäre vom Medieneinsatz begeistert. Ein schöner Beitrag, sehr interessant, findet XY. Und Edward findet spannend zu sehen, wie sich der Papst in England schlägt, so so lange schon kein Papst mehr hier war. Dass Papstreisen gut und nötig sind, darüber herrscht unter den Jungs Einigkeit: Sein Besuch bei uns zeigt unter anderem, dass die römisch-katholische Religion nicht nur was für Bischöfe und Kardinäle im Vatikan ist.
Die Jungs aus einer 6. Klasse sitzen in ihrem Klassenraum mit ihrem Lehrer, P. Tim Byron. Es ist eine multinationale Klasse, die Familien kommen aus Afrika, Asien, Südamerika und aus den verschiedensten Ländern Europas. „Sehr religiös“ sei die Erziehung hier bei den Jesuiten, sagt Edward. Die Kapelle sei ein echtes Zentrum. Die Jungs lernen alle das Messdienern, erzählt Noah. Er selbst wird morgen mit 200 Schulkollegen nach Birmingham reisen, um bei der Seligsprechung Kardinal Newmans durch den Papst dabeizusein. Doch, das sei ihm wichtig, den Papst mal persönlich zu sehen und nicht nur im Fernsehen so wie jetzt gerade im Klassenzimmer: „Denn der Papst ist nicht nur das, was viele glauben, dass er sei, sondern er hat gute Ideen und er ist sehr schlau.“
Die katholische Kirche in Großbritannien unterhält etwa 2.800 Bildungsinstitutionen, von Schulen bis zu Universitäten. Etwa zehn Prozent aller Schüler und Studenten besuchen eine dieser Institutionen. Das macht die katholische Kirche zu einer der stärksten Bildungsinstitutionen im Land und Bildung zu einer der Säulen des kirchlichen Engagements in England, sagt John Paul Morrison, den Direktor ders Saint Ignatius College, Enfield.
„Katholische Schulen haben Tausende von Kindern in England herangebildet, und diese Tatsache erkennt der Papst mit seinem Besuch an einer Schule an. Unsere Auffassung ist, dass wir nicht nur Information weitergeben, sondern Bildung. Bildung des Charakters, spirituelle Identität, moralische Werte.“ (rv)