GB: „Briten dürsten nach dem Evangelium“

Papstreise nach GB: 4. Tag

Papst Benedikt hat an den Briten eine „tiefe Sehnsucht“ nach der Frohen Botschaft Jesu Christi wahrgenommen. Das vertraute er den Bischöfen von England, Wales und Schottland an, als er sie kurz vor seiner Rückreise nach Rom in Birmingham traf. Bei dieser Gelegenheit mahnte er die Oberhirten dazu, das Evangelium ungekürzt zu verkünden, „einschließlich jener Elemente, die die verbreiteten Überzeugungen der heutigen Kultur herausfordern“. Sie sollten sich nicht scheuen, zu diesem Zweck die Dienste des kürzlich von ihm gegründeten päpstlichen Rates für die Neuevangelisierung in Anspruch zu nehmen, so der Papst an die britischen Bischöfe.
 Noch einmal kam Benedikt auf den „schändlichen Missbrauch Jugendlicher durch katholische Priester“ zu sprechen. Die Bischöfe hätten „eine Lektion gelernt“, so der Papst; er würdigte die öffentliche Missbilligung dieser Verbrechen durch die Oberhirten. Ihr „wachsendes Verständnis über das Ausmaß des Missbrauchs Jugendlicher in der Gesellschaft, über die verheerenden Folgen der Taten und über die Notwendigkeit, den Opfern angemessene Unterstützung zu bieten“ sollten die Bischöfe dazu anregen, die hier gemachten Erfahrungen mit der breiteren Gesellschaft zu teilen.
Schließlich ermutigte Benedikt die katholischen Oberhirten dazu, übertretende Anglikaner bereitwillig in der Kirche aufzunehmen. Die zu diesem Zweck verfasste apostolische Konstitution „Anglicanorum coetibus“ helfe, den Blick auf das letzte Ziel jeder ökumenischen Aktivität zu lenken, nämlich die Wiederherstellung der vollen kirchlichen Einheit. Diese ermögliche einen „Austausch von Gaben des jeweiligen spirituellen Erbes“, was eine Bereicherung für alle sei. (rv)

GB: Papst spricht Newman selig und gedenkt des II. Weltkriegs

Papstreise nach GB: 4. Tag

Bei einer Heiligen Messe in Birmingham hat Papst Benedikt XVI. den britischen Kardinal John Henry Newman selig gesprochen. Newman (1801-1890) war ein anglikanischer Theologe, der 1845 zur katholischen Kirche übertrat. Papst Leo XIII. erhob ihn in den Kardinalsstand. Benedikt würdigte den neuen Seligen bei dem Gottesdienst als großen Intellektuellen und Seelsorger. Mit seinen „heroischen Tugenden eines heiligen Engländers" stehe er in einer Reihe mit prägenden Heiligen und Gelehrten aus der Geschichte des Landes.
 60.000 Menschen hatten sich zu dem Gottesdienst unter freiem Himmel in einem Park versammelt. Trotz des nasskalten Wetters hatten viele Pilger dort bereits die Nacht verbracht. Zu Beginn der Feier klarte aber der Himmel auf.
Mit bewegenden Worten gedachte der Papst abermals des Zweiten Weltkriegs, bei dem auch viele Briten ums Leben gekommen waren, um sich, so Benedikt, den „Kräften jener üblen Ideologie zu widersetzen"
„Meine Gedanken gehen besonders zum nahe gelegenen Coventry, das im November 1940 ein so schweres Bombardement erlitt und einen enormen Verlust an Menschenleben zu beklagen hatte. Siebzig Jahre danach erinnern wir uns beschämt und entsetzt an den furchtbaren Preis von Tod und Zerstörung, den der Krieg fordert, und wir erneuern unseren Entschluss, für Frieden und Versöhnung zu arbeiten, wo immer die Gefahr eines Krieges sich bedrohlich abzeichnet."
In der Predigt unterstrich der Papst vor allem das spirituelle Profil des neuen Seligen, das bis heute eine Faszination auf die Menschen ausübe.
„Newman lebte diese zutiefst menschliche Sicht des priesterlichen Dienstes in seiner treuen Fürsorge für die Menschen von Birmingham während der Jahre, die er in dem von ihm gegründeten Oratorium verbrachte, indem er die Kranken und die Armen besuchte, die Hinterbliebenen tröstete und sich um die Gefangenen kümmerte."
Außerdem habe Newman einen bleibenden Beitrag für die Pädagogik geleistet, die bis heute die katholischen Schulen präge. Newman sei ein Gegner eines rein zweckorientierten Bildungsansatzes gewesen und habe ein pädagogisches Umfeld gefordert, „in dem intellektuelle Übung, moralische Disziplin und religiöses Engagement miteinander verbunden sein sollten". Das fördere ein recht verstandenes Laienapostolat.
„Welches Ziel könnten Religionslehrer sich setzen, das besser wäre als der berühmte Appell des seligen John Henry für einen intelligenten, gut unterrichteten Laien: „Ich wünsche mir Laien, nicht arrogant, nicht vorlaut, nicht streitsüchtig, sondern Menschen, die ihre Religion kennen, die sich auf sie einlassen, die ihren eigenen Standpunkt kennen, die wissen, woran sie festhalten und was sie unterlassen, die ihr Glaubensbekenntnis so gut kennen, dass sie darüber Rechenschaft ablegen können, die über so viel geschichtliches Wissen verfügen, dass sie ihre Religion zu verteidigen wissen."
Beim abschließenden Angelusgebet betonte der Papst die marianische Frömmigkeit Newmans, der in vielfältigster Weise sein Priestertum „im Geist kindlicher Ergebenheit zur Muttergottes" gelebt habe. Außerdem wandte er sich mit einem Gruß an die Katholiken im südspanischen Sevilla, wo am Tag zuvor die Ordensfrau Mutter Maria de la Purisima de la Cruz seliggesprochen worden war.
Bei der Eucharistiefeier verwendete Benedikt einen Kelch aus dem Besitz Newmans. Als Gedenktag ist der 9. Oktober festgesetzt worden. Es ist der Tag, an dem Newman zum Katholizismus konvertierte.
Im Anschluss an den Gottesdienst besucht der Papst das Wohnhaus Newmans. Am Nachmittag steht ein Treffen mit den katholischen Bischöfen von England, Wales und Schottland auf dem Programm. Am Sonntagabend fliegt Benedikt XVI. nach Rom zurück. (rv)

Papst trifft Oberhaupt der Anglikaner: „Gemeinsame Herausforderungen“

Papst Benedikt XVI. hat am Freitag in London mit dem anglikanischen Primas Rowan Williams gesprochen. Im Lambeth Palace, dem Dienstsitz des Erzbischofs von Canterbury, bekräftigten beide Kirchenführer ihren Willen zu Fortschritten in der Ökumene. Nur indirekt kamen Auffassungsunterschiede zwischen den beiden Kirchen zur Sprache; „diese Probleme sind allen hier bekannt", sagte Papst Benedikt in seiner Ansprache, ohne direkt auf die Zulassung von Frauen und bekennenden Homosexuellen zum Bischofsamt einzugehen. Das Dilemma der Ökumene sei, dass die Kirche „eine inklusive Berufung" habe, „jedoch nicht auf Kosten der christlichen Wahrheit", so der Papst.
 Auch Williams äußerte die Einschätzung, die Hindernisse auf dem Weg zur Kircheneinheit seien „nicht schnell zu überwinden". Aber nichts hindere Christen beider Konfessionen, durch gemeinsame Gottesdienste und engere Freundschaft einander im Glauben zu stärken. Ziel sei weder eine strategische Zusammenarbeit zur politischen Einflussnahme noch eine „Dominanz des christlichen Glaubens im öffentlichen Raum", so der Erzbischof von Canterbury. Mit Blick auf die Gefahr einer zunehmenden Säkularisierung betonte Williams, es sei wichtig, „Trends in der Gesellschaft entgegenzutreten, die Religion als eine Beleidigung des Intellekts" verstünden.
Neuerlich kam Benedikt auf die multikulturellen Gegebenheiten seines Gastlandes zu sprechen. Diese schaffen nach Ansicht des Papstes neue interreligiöse Herausforderungen. Gerade in einer zersplitterten Welt wie dieser sollten Gläubige verschiedener Religionen Wege suchen, um gemeinsam den universalen Ruf zur Heiligkeit zu bezeugen. Dies könne nicht nur im Persönlichen, sondern auch im gesellschaftlichen Bereich positive Früchte tragen, so der Papst. (rv)