Die Reform des Papstes läßt sich auf diesen einen Punkt bringen

VATIKANSTADT – Wenn der vergangene Woche vorgelegte 12-Punkte-Plan des Papstes zur Kurienreform eines zeigt, dann, dass Franziskus eine Vision einer einfacheren, weniger klerikalen Kirche hat, die aber steht und fällt mit einer Frage: der persönlichen Bekehrung.

In seinem am 22. Dezember vorgelegten Reform-Katalog betonte der Papst gegenüber Kardinälen und ranghohen Kurienvertretern, dass seine Reform nur effektiv sein werde, wenn sie von Männern und Frauen ausgeführt werde, die sich selber als praktizierende Katholiken neu bekehren, nicht einfach nur neues Personal darstellen. Franziskus wörtlich:

Es genügt nicht, sich damit zufrieden zu geben, das Personal auszutauschen, sondern die Kurienmitglieder müssen dazu gebracht werden, sich geistlich, menschlich und beruflich zu erneuern. Die Kurienreform verwirklicht sich keineswegs mit dem Wechsel der Personen – was gewiss geschieht und geschehen wird –, sondern mit der Umkehr in den Personen.

Der Papst bediente sich erneut einer medizinischen Sprache, die klar machte, dass er nicht nur die Kirche als „Feldlazarett“ sieht, sondern auch das Personal und die Organisation des Lazaretts umbaue, weil er Symptome an der Kurie selber feststellt – wie er in seiner ersten Weihnachtsansprache 2013 direkt sagte.

Die diesjährige Ansprache über „Diagnose und Operation“, über „Krankheit und Heilung“ steht also in einer jungen Tradition von Reden, mit der Franziskus der Kurie statt der sonst in Weihnachtsansprachen üblichen Anerkennung eine Analyse vorlegt. Waren es 2013 noch Krankheitssymptome, im darauffolgenden Jahr therapeutische Maßnahmen, so sind es in diesem Jahr 12 Leitlinien, geschildert über sieben Seiten.

Bereits im ersten Jahr hatte diese Art päpstlicher Ansage, darunter der Vorwurf „spirituellen Alzheimers“, zu Weihnachten stellenweise für Unmut gesorgt, nicht nur unter den – auch und gerade im deutschen Vergleich – oft schlecht bezahlten, aus Überzeugung Dienst versehenden Angestellten des Vatikan.

Der Priester Alexander Lucie-Smith schreibt im „Catholic Herald“, dass Mitarbeiter früher eine Flasche Prosecco und ein Panettone zu Weihnachten erhalten hätten; von Franziskus erhielten sie dieses Jahr als Geschenk ein Buch über geistliche Krankheiten. „Zweifelsohne eine fröhliche Weihnachtslektüre“, kommentiert trocken Dr. Lucie-Smith.

Aufmerksam gemacht auf dieses Buch habe ihn Kardinal Walter Brandmüller, sagte der Papst; einer der vier Kardinäle, deren nf Fragen zu Amoris Laetitia bis heute einer Beantwortung harren.

Doch geht es bei der Frage der Kurienreform nicht um die gleichen wie bei den Fragen der Dubia, zumindest nicht direkt.

Vielmehr geht es Beobachtern zufolge um die Frage, ob der Papst mit seiner Kurie die richtigen Reformen verfolge, die er oft mit päpstlichem Beschluss verordnet. Und ob der Heilige Vater dabei auch mit der Unterstützung seiner ihm zuarbeitenden Schäfchen rechnen kann; tatsächlich hat Franziskus explizit an seine Autorität als Papst appelliert mit der Aufforderung, „den Römischen Pontifex zu unterstützen in der Ausübung seiner einzigartigen, allgemeinen vollen, höchsten, unmittelbaren und universalen Macht“.

Der Schlüssel, mit dem die Rede des Papstes, ja, mehr als seine ganze Kurienreform zu verstehen ist, ist jedoch ein anderer. Es ist der eine Punkt, auf den sowohl seine Reform gebracht werden kann, als auch ein Großteil des ganzen Pontifikats.

Bekehrung bedeutet Heiligung, nicht nur Heilung

Die 12 „Leitlinien“ des Papstes sind sehr unterschiedliche Begriffe und Anliegen, die sich auf den ersten Blick schwer auf einen gemeinsamen Nenner bringen lassen. Namentlich führte Franziskus Individualität, Hirtensorge, Missionsgeist, Rationalität, Funktionsfähigkeit, Modernität, Einfachheit, Subsidiarität, Synodalität, Katholizität, Professionalität und Gradualität ins Feld.

Was alle diese Punkte bei genauerem Hinsehen gemeinsam haben? Als Thema kommt in allen immer wieder die Bekehrung zur Sprache. Gleich im ersten Punkt, der „Individualität“, betont der Heilige Vater die „Bedeutung der individuellen Umkehr, ohne die alle strukturellen Veränderungen nutzlos sein werden“. Die wahre Seele der Reform, so Franziskus, sind die Menschen.

Was meint der Papst mit „Bekehrung“ und „Umkehr“, mit Konversion? Im katholischen Sinn bedeutet sie immer und ausschließlich die Hinwendung zu Gott, aber auch die Nachfolge Jesu. Ihn zu kennen, zu lieben, und ihm zu dienen ist der Sinn des christlichen Lebens, kurzum: Die Heiligung.

So wie es Aufgabe und Lebensinhalt jedes Christen ist, sich in seiner Berufung zu heiligen, so können die 12 Prinzipien des Papstes gelesen werden als Leitlinien nicht etwa zu einer medizinischen Heilung; sondern, was unendlich wichtiger und relevanter ist, einer Heiligung. Zur Heiligung gehört die Heilung von Sünde. Und genau das ist der Punkt.

Die Betonung der Heiligung durch Umkehr ist also kein Angriff auf die Kurie, sondern ein Angriff auf die Sündhaftigkeit, und wie sich diese in der Kirche manifestiert. Die Reform des Papstes ist letztlich Bekehrung: Sie ist das positive Ziel seiner Bemühungen.

Wer den Papst schon länger kennt, weiß: Diese Betonung der Heiligung ist nichts Neues. Auch schon in seiner Zeit in Buenos Aires war dies der Fall.

„Es ist unmöglich, den Papst ohne diesen Begriff zu verstehen“

In seinem 2010 erschienen Buch „On Heaven and Earth“ (Über Himmel und Erde), einem Dialog mit seinem Freund Abraham Skorka, dem Rabbiner und Gelehrten aus Buenos Aires, spricht der damalige Erzbischof der Stadt argentinischen Hauptstadt über ganz unterschiedliche Themen; mit Abstand das deutlichste ist jedoch die Zentralität der Heiligkeit in der Mission der Kirche.

Die Heiligkeit sei „ein Sprungbrett in die Transzendenz“ und unverzichtbar für die Führung religiöser Gemeinschaften, so Bergoglio im Buch.

„Was die Religion betrifft, ist Heiligkeit unverzichtbar für einen Anführer“, sagte er, und mit Blick auf Zeiten, in denen die Kirche mit Korruption und anderen Schwierigkeiten rang, fuhr er fort, dass die Religion zurückkehrte wenn Persönlichkeiten wie die kürzlich heiliggesprochene Mutter Theresa von Kalkutta den „religiösen Eifer wiederbelebten“.

Alejandro Bermudez, Direktor der internationalen Catholic News Agency, zu der auch CNA Deutsch gehört, und Übersetzer des Buchs aus dem Spanischen ins Englische, sagte im April 2013, keine zwei Monate nach der Wahl Bergoglios zum Papst: „Es ist unmöglich irgendetwas zu verstehen von dem, das dieser Papst tut, ohne zu wissen, was persönliche Bekehrung ist“.

Der CNA-Direktor verwies auch auf die grundlegende jesuitische Tradition der Bildung des Herzens, die „Hand in Hand“ gehe mit der Vorstellung, die der Papst von Bekehrung habe.

Bermudez, der Franziskus mehrfach interviewte als dieser noch in Buenos Aires war, betonte, dass „nur eine Bekehrung der Herzen einen Wandel in der Kirche bringen wird, und ein Wandel in der Kirche wird einen Wandel von Gesellschaft und Kultur erringen.“

„Für Papst Franziskus führt kein Weg an dieser Tatsache vorbei: Dass dies nur durch ein bekehrtes Herz möglich ist“.

Die strenge Ansage des Papstes mag einige Hörer verletzt und sich nach einem barmherzigeren Ton sehnen haben lassen. Doch Franziskus scheint hier davon auszugehen, dass ein wenig „liebevolle Strenge“ nötig ist, statt Schulterklopfens und warmer Worte.

Mit Blick auf den Gesamtkontext des Reform-Mandats, mit dem der Papst gewählt wurde, wird so klar: Der Heilige Vater will nicht einzelne Verantwortliche aussondern, sondern lädt Mitglieder der Kurie ein, sich einer gründlichen Gewissensprüfung zu unterziehen, während seine Reform-Maßnahmen Schritt für Schritt umgesetzt werden.

In der Prüfung des eigenen Gewissens sollen die Mitarbeiter erkennen, ob sie an einer der 15 Krankheiten leiden, die der Papst in seiner ersten Rede anführte – und sich mit Hilfe der richtigen christlichen Tugenden davon heil(ig)en.

Schließlich ist die Kirche letzten Endes nicht dazu da, den Menschen zu helfen, sich besser zu fühlen sondern sich zu heiligen: Immer mehr „konform“ mit Jesus und seiner Frohen Botschaft zu leben. Darauf scheinen die Reformpläne des Papstes zu basieren – und abzuzielen. (CNA Deutsch)

Kurienreform: Klerus, Bischöfe, Bildung und Ökumene im Visier

Kardinal PellÜber den derzeitigen Stand der Kurienreform hat sich Papst Franziskus von Montag bis Mittwoch mit seinem Kardinalsrat ausgetauscht. Bei dem mittlerweile 16. Treffen dieser Art ging es vor allem um die Kongregationen für Klerus, Bischöfe und Bildung sowie um den Päpstlichen Einheitsrat; das war am Mittwoch aus dem Vatikanischen Pressesaal zu hören. Hauptfokus der Beratungen sei gewesen, „wie die einzelnen Einrichtungen der Kurie besser der Mission der Kirche dienen können“.

Kardinal Marc Ouellet als Präfekt der Bischofskongregation unterrichtete den Papst und den Kreis der neun Kardinäle über die Arbeit seiner Behörde und der angeschlossenen Päpstlichen Kommission für Lateinamerika, die er ebenfalls leitet. „Die Kardinäle haben ausgiebig über das spirituelle und seelsorgerliche Profil nachgedacht, das ein Bischof heute braucht“, so der Pressesaal weiter. Dabei sei auch betont worden, welch heikle Rolle ein Päpstlicher Nuntius bei der Auswahl von Bischofskandidaten spiele.

Weitere Themen des „K9“-Rats: die „Diakonie der Gerechtigkeit“ und die bereits verwirklichten Schritte im Reformprozess der Kurie, besonders die Einrichtung der neuen Behörde für ganzheitliche menschliche Entwicklung. Das Sekretariat für Kommunikation legte den Kardinälen ein Dossier über die nächsten Etappen der vatikanischen Medienreform vor. Kardinal George Pell, der dem K9-Rat angehört und zugleich das vatikanische Wirtschaftssekretariat leitet, informierte über die Entwicklungen seiner Behörde, und Kardinal Sean O’Malley – auch er Teil der „K9“ – sprach über Neuigkeiten der von ihm geleiteten Päpstlichen Kommission für Kinderschutz. Die nächste Sitzungsrunde wurde für 12. bis 14. Dezember vereinbart.

Dem Rat zur Reform der Kurie gehören Kardinäle aus allen Kontinenten an: Der Erzbischof von München-Freising Reinhard Marx, Erzbischof Laurent Monswengo von Kinshasa, Erzbischof Oswald Garcias von Bombay, Erzbischof Sean Patrick O´Malley von Boston, Erzbischof Oscar Rodriguez Maradiaga von Tegucigalpa, der emeritierte Erzbischof von Santiago de Chile, Francisco Javier Errazuriz Ossa, sowie drei Kardinäle aus dem Vatikan, der frühere Erzbischof von Sidney George Pell, der Präsident des Governatorats des Vatikanstaates Giuseppe Bertello sowie Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin. (rv)

Kurienreform: Parolin möchte „Beispiel ständiger Umkehr sein“

Kardinal ParolinKardinalstaatssekretär Pietro Parolin, der „Zweite Mann“ im Vatikan, hat zum ersten Mal ein längeres persönliches Interview gegeben. Gegenüber Radio Vatikan spricht der 61 Jahre alte aus Norditalien stammende Kardinal unter anderem über seine Berufung, seine Sicht auf Priesteramt und Zölibat, über die Kurienreform und über den Auftrag an die Gläubigen aller Religionen, Gewalt im Namen Gottes abzulehnen. Das Gespräch führte der italienische Rogationsistenpater und Journalist Vito Magno. Erste Frage: Kann man gleichzeitig Diplomat und Priester sein?

„Ich denke schon, sonst wäre ich nicht hier und hätte auch nicht hinnehmen können, in einem so besonderen Ambiente des Lebens der Kirche zu wirken. In den Jahren der Priesterausbildung hatte ich ganz andere Vorstellungen über mein zukünftiges Amt. Ich dachte, als Priester würde ich in der Pfarrei oder im Seminar arbeiten. Tatsächlich war ich einige Jahre Kaplan, bis eines Tages zu meiner Überraschung die Dinge einen anderen Verlauf nahmen. Mein Bischof wurde darum gebeten, mich für den diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhles freizustellen. Ich habe das nie als unvereinbar mit dem priesterlichen Dienst empfunden. Vor allem habe ich mich immer bemüht, auch in besonders dichten Arbeitszeiten Priester zu sein. Und ich habe mir immer vorgenommen, die Diplomatie als Priester zu leben. So habe ich bei mehreren Gelegenheiten bemerkt, dass ich in dieser Rolle auch einmal ein Wort sagen konnte, wo andere keine Stimme hatten, das zu tun; ein Wort, das die Dinge vielleicht nicht verändert hat, aber das in dem Moment wichtig war zu sagen. Natürlich sind die Wege, anderen zu helfen, vielfältig, aber auch im diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhles kann man das Evangelium verkünden und mit seinen Werten die Gesellschaft tränken.“

Vor seiner (Rück-)Berufung in den Vatikan war der damalige Erzbischof Parolin als Nuntius in Venezuela tätig. „Den christlichen Gemeinschaften zu begegnen, für sie die Eucharistie zu feiern, Sakramente zu spenden, undsoweiter, das waren die schönsten Momente“, erinnert sich Kardinalstaatssekretär. „Ich denke mit innerer Bewegung daran zurück und trauere diesen Momenten ein wenig nach.“ Sein heutiges Amt an der Spitze des vatikanischen Staatsekretariats empfinde er zugleich als Geschenk und Verantwortung, fuhr Parolin fort.

Kurienreform: Der Staatssekretär muss Vorbild sein und Umkehr leben

„Es ist wirklich eine große Gabe des Herrn, dem Nachfolger Petri nahe zu sein in der Aufgabe, die Geschwister im Glauben zu stärken und sie in der Einheit der Kirche vereint zu halten, aber ich erlebe das auch als große Verantwortung, damit ich dazu in der Lage sein kann, einen möglichst kompetenten und wirksamen Beitrag zu leisten, in diesem so schwierigen und komplexen Augenblick, den die ganze Menschheit erlebt. Außerdem besteht Papst Franziskus sehr auf der missionarischen Dimension der Kirche und auf der Notwendigkeit, ihre Strukturen zu reformieren, beginnend bei der römischen Kurie, damit sie die Transparenz Jesu wird, und so begreife ich die Aufgabe als Staatssekretär als einen besonderen und dringenden Aufruf, ein glaubwürdiger Zeuge zu sein und eine beständige und aufrichtige Haltung der Umkehr einzunehmen. Überdies möchte ich gerne dazu fähig sein, nach dem Vorbild des Papstes, immer, auch in ganz bürokratischen Fragen, das annehmende und barmherzige Antlitz der hierarchischen Kirche zu zeigen.“

Viele Menschen auf seinem Weg seien ihm Vorbild gewesen, sagte Parolin. „Wie sehr wir das gute Beispiel brauchen! Weniger Worte und mehr gutes Beispiel!“ Er nannte seine Herkunftsfamilie, Vater, Mutter und Geschwister, bei denen er einen tiefen Glauben und ein wahrhaft christliches Leben, „einen Alltag, durchtränkt mit biblischen Werten“ erlebt habe. Trotz aller Grenzen, die es in jeder menschlichen Erfahrung gebe: „Der Herr hat mir wirklich eine schöne Familie gegeben. Zum Zweiten danke ich meinem Pfarrer, einem Priester, der in mir den Wunsch entstehen ließ, so zu sein wie er.“ Irgendwelche „besonderen Zeichen“ seiner Berufung wollte Parolin nicht vermelden: „Ich fühle mich da ganz normal. Meine Geschichte ist die eines Jungen, den der Herr in ganz normalen und geläufigen Lebensumständen gerufen hat, und der die Gnade hatte, in seinem Umfeld auf Menschen zu treffen, die es verstanden, ihm zu helfen und den Samen der Berufung wachsen und reifen zu lassen.“

„Berufung und Sendung des Priesters ändern sich nie“

Die Priesterweihe empfing Pietro Parolin in der Kathedrale von Vicenza im April 1980. In den 36 Jahren seither hätten sich „soziologisch viele Dinge verändert“, so der Kardinal, und sei es „logisch“, dass auch von Seite der Priester „eine Anstrengung zur Anpassung an die neuen Lebensbedingungen nicht fehlen darf“. Schon Papst Johannes XXIII. habe seinerzeit von „Verheutigung“ gesprochen.

„Ich glaube aber, dass die Berufung und die Sendung eines Priesters immer dieselben bleiben: den Menschen Gott bringen und die Menschen zu Gott bringen. Und nicht zu irgendeinem Gott, sondern zum Gott Jesu Christi, zum Gott der Frohen Botschaft. Das ist ein Auftrag, der sich nicht ändert in den Situationen und historischen Umständen. Ein Auftrag, der heute noch dringender wird, wo sich der Horizont des Glaubens zu verdunkeln scheint und unsere Welt sich immer mehr zu säkularisieren droht. Der Priester muss ein Mann Gottes sein, ein glaubwürdiges und möglichst leuchtendes Zeichen Seiner Gegenwart der Liebe und des Heils in der Welt, eine Brücke, die die Begegnung mit dem erlaubt, der allein dem Leben Sinn und volle Bedeutung geben kann, dem, der die tiefsten Fragen beantworten kann und der lehrt, sich für alle einzusetzen, besonders für die Armen und die Verlassenen.“

Ein solches Priesterbild müsste auch in den heutigen Seminarien vermittelt werden, fuhr Parolin fort. Die Ausbildung dort hätte die zukünftigen Priester darauf vorzubereiten, „die Armen zu evangelisieren und sich von den Armen evangelisieren zu lassen. Und das kann man nicht tun, wenn man nicht die Augen offen hält für ihre Lebensbedingungen, und wenn nicht diese Lebensbedingungen, die oft folge der Ungerechtigkeit sind, uns nicht beständig das Herz verletzen. Die größte Gefahr scheint mir da die Gleichgültigkeit zu sein, Frucht der Gewöhnung. Als Priester müssen wir uns von jedem Leiden ansprechen lassen, von jedem Schmerz, jeder Armut, materiell oder geistlich.“

Grund für Missbrauch: „Nicht Zölibat, sondern affektive Unreife“

Angesprochen auf den Skandal des sexuellen Missbrauchs durch Priester und den Zölibat, der in diesem Zusammenhang oft kritisch hinterfragt wird, räumte Parolin ein, die priesterliche Ehelosigkeit sei heutzutage schwieriger als in früheren Zeiten. „Dennoch ist und bleibt der Zölibat ein großes Geschenk, das der Herr der Kirche gemacht hat, für das wir tief dankbar sein müssen, und sicherlich ist nicht der Zölibat als solcher Ursache des Missbrauchs durch Priester. Ursachen sind die Unreife und Schwäche der Menschen, ihre Arglist, ihre mangelnde Ausbildung. Eine der ersten Anstrengungen ist eine ernste und wirksame Erziehung der Affekte, von der Familie über die Schule bis zum Seminar; es geht um die Ausreifung der Liebe, die ein Geschenk ist und ganz gelebt werden kann sowohl in Form der Ehe als auch in Form des Zölibats.“

Auf die Frage nach Barmherzigkeit und Religion sagte Kardinal Parolin, Barmherzigkeit als Haltung könnte und müsste auch in anderen Religionen ein Echo finden. „Die Gedanken gehen zum schrecklichen Phänomen der Rechtfertigung von Hass und Gewalt im Namen Gottes. Es gibt Spielraum, mehr noch, es gibt eine Pflicht der Gläubigen aller Religionen, , diese Entartung der Religion zu bekämpfen und konkret, allein und vor allem gemeinsam zu beugen, dass Gott Barmherzigkeit und Liebe ist.“

Zum Schluss des Gesprächs stellt der Journalist dem Kardinalstaatssekretär eine sehr persönliche Frage nach dem Grund seines beständigen Lächelns; in der Tat sieht man Pietro Parolin auf nahezu jedem Foto freundlich. „Abgesehen von meinem Charakter, der die Dinge vereinfacht“, sagt der Kardinal, „fühle ich, dass mein Leben in den Händen des Herrn ist, dass er meine Geschichte und die der Welt lenkt, hin zu Frieden und Heil, dass er mich mag und, um es mit Manzoni zu sagen, niemals eine Freude nimmt, außer um eine größere vorzubereiten. Und dann spüre ich die Unterstützung so viele Menschen im Gebet. Und so würde ich gerne voranschreiten in den Jahren, die mir bleiben, bis zur Begegnung von Angesicht zu Angesicht.“ (rv)

Kardinal: Volksnähe von Franziskus Vorbild für Priester

Kardinal StellaPapst Franziskus wünscht, dass die katholischen Priester ein authentisches Leben führen. Das sagt der Präfekt der vatikanischen Kleruskongregation, Kardinal Beniamino Stella, im Interview mit Radio Vatikan. Stella äußerte sich anlässlich des Gedenktages von Jean-Marie Vianney, des heiligen Pfarrers von Ars, an den die Kirche am 4. August erinnert.

Bei einem Besuch in der Kleruskongregation vergangenen Mai habe Papst Franziskus bemerkt, man spreche so viel von der Kurienreform, referierte Kardinal Stella; aber, so der Papst weiter: „die Kurienreform ist gebunden an eine Reform der Kirche, an eine Wiederentdeckung des Evangeliums. Und zu dieser Erneuerung der Kirche gelangt man nur über das Priesteramt.“ Das sei die alte Frage nach dem Gewicht der Priester im Leben der Kirche, analysierte Stella. „Der Papst wünscht die Authentizität des Lebens.“ Franziskus selbst sei da ein Vorbild, ein „großes Beispiel der Nähe zum christlichen Volk. Im Leben von Papst Franziskus, in seinem Stil, Bischof zu sein und Priester zu sein, hat er etwas, das verbindet, und das alle Priester der Kirche an einige grundlegende und ursprüngliche Anforderungen erinnert: Gebetsleben, persönliche Disziplin, apostolischer Eifer, Liebe zur Herde, Zusammensein mit der Herde…. Hirten der Herde, treu, demütig, einfach. Die Leute hören, was wir sagen, sie sehen, wie wir handeln, aber sie bedenken vor allem, was wir sind!“

Für das bevorstehende außerordentliche Heilige Jahr der Barmherzigkeit wünscht sich Kardinal Stella „mehr Arbeit“ für die Priester: allerdings „keine bürokratische Arbeit, sondern eine wahrhaft priesterliche“. Es gehe um die Früchte der Begegnung mit Gott in der Liturgie und in der Beichte sowie um die Glaubensvertiefung. Diese Form von „Mühe, Engagement, Opfer“ sei es, die der Papst wünsche.

Jean-Marie Vianney (1786-1859), der Pfarrer von Ars, galt zu seinen Lebzeiten als begnadeter Beichtvater. Papst Franziskus habe die Priester dazu eingeladen, die Gewohnheit der Beichte auch bei sich selbst nicht zu vernachlässigen, erinnerte Kardinal Stella. „Wir haben gesehen, wie sich der Papst letzten März bei der Bußliturgie vor seinen Beichtvater niederkniete, im Petersdom. Das ist ein Bild, das uns lieb sein soll. Der Papst hat gesagt und wiederholt es ständig: „Ich bin ein Sünder.“ Und jeder Sünder hat das Bedürfnis, sich zu reinigen und der Barmherzigkeit des Herrn zu begegnen. So würde ich sagen, ein großes Beispiel, das den Heiligen Pfarrer von Ars und Papst Franziskus vereint, ist das Predigen der Barmherzigkeit und die Übung der Barmherzigkeit für die anderen und für sich selbst.“ (rv)

Ernennungen: Reform der Vatikanmedien gewinnt Profil

Msgr Dario VignanoDie Reform der Vatikanmedien gewinnt Profil: Papst Franziskus hat die Mitglieder einer Kommission ernannt, die Umsetzungsmöglichkeiten dieser Reformbereiches studieren soll. Der Vatikan gab die Namen an diesem Donnerstag bekannt. Die neue Kommission, die laut Vatikannote durch den Papst bereits am 23. April eingerichtet worden ist, soll den Abschlussbericht der Kardinäle über die Vatikanmedien auswerten, der Thema auf der letzten „K9“-Sitzung im Vatikan war. Die neun Kardinäle, die den Papst bei der Kurienreform beraten, waren vom 13. bis 15. April im Vatikan zusammengekommen. Sie hatten dem Papst Vorschläge zu den Kommissionsmitgliedern gemacht.

Präsident der neuen Kommission ist der Direktor des Vatikanischen Fernsehzentrums, Dario Edoardo Viganò. Auch die Mitglieder sind alle „Medienprofis“. Es handelt sich um den Generaldirektor der katholischen Zeitung „Avvenire“ der italienischen Bischofskonferenz, Paolo Nusiner, den vatikanischen „Webmaster“ und Chef des vatikanischen Internetzentrums, Lucio Adrian Ruiz, den Direktor der italienischen Jesuitenzeitschrift „La Civiltà Cattolica“, Jesuitenpater Antonio Spadaro, sowie den Sekretär des Päpstlichen Rates für Sozialen Kommunikationsmittel, den Geistlichen Paul Tighe.

Die Medienreform ist Teil einer breit angelegten Kurienreform, die Papst Franziskus auf den Weg brachte. Der konkrete Plan dafür soll im kommenden Jahr stehen. Grundlage der Reform ist eine Revision der Apostolischen Konstitution „Pastor Bonus“, die Zuständigkeiten und Strukturen innerhalb der Kurie regelt. (rv)

Vatikan: Letzter Sitzungstag der K9-Gruppe

 Rodriguez Kardinal MaradiagaDie Tagung des Kardinalsrates zur Kurienreform geht an diesem Mittwoch in die letzte Runde. Am Nachmittag nimmt auch der Papst an den Beratungen teil, wie Vatikansprecher Pater Federico Lombardi auf einem Presse-Briefeing bestätigte. Themen der Sitzung seien die Vatikanmedien, der Zeitplan zur Kurienreform und die Beratung von über sechzig Beiträgen der Teilnehmer an einem Kardinalskonsistorium gewesen, so Lombardi. Auch die mögliche Schaffung zweier neuer Dikasterien habe man weiter besprochen. Großen Raum der Gespräche der neun Kardinäle – „K9“ – habe dieses Mal der Zeitplan der Kurienreform eingenommen; er soll im kommenden Jahr stehen.

Zur Reform der Vatikanmedien erläuterte Lombardi, die von Lord Chris Patten habe dazu einen Bericht vorgelegt, der auch in den Grundzügen schon gebilligt worden sei. Jetzt gehe es darum, die dort gemachten Vorschläge in die Tat umzusetzen. Wie das ins Werk gesetzt werden könne, dazu werde wohl eine demnächst vom Papst eingesetzte Kommission oder Arbeitsgruppe zusammentreten. Diese soll nach Lombardis Angaben in Kontinuität zur Lord-Patten-Kommission stehen. (rv)

Konsistorium: Die Reform der Kurie offen diskutieren

Kardinal Rodriguez MaradiagaDie Reform der römischen Kurie steht seit diesem Donnerstag auf der Tagesordnung des Konsistoriums. Die Versammlung der Kardinäle tagt für zwei Tage in der Synodenaula des Vatikan in Anwesenheit von Papst Franziskus. Der Papst begrüßte die 165 Anwesenden, besonders aber die zwanzig neuen Kardinäle, mit einem Psalm-Vers: „Seht doch, wie gut und schön ist es, wenn Brüder miteinander in Eintracht wohnen" (Ps 133).

Franziskus bedankte sich zunächst für die Arbeit der Kardinalskommission zur Reform der Kurie, der sogenannten „K9". Deren Arbeit solle vorgestellt und besprochen werden, erläuterte der Papst. Es geht bei den Beratungen der K9 und des Konsistoriums um eine neue Apostolische Konstitution zur Organisation der Kurie und damit um die Überarbeitung der letzten solchen Konstitution, „Pastor Bonus" aus dem Jahr 1988.

In seinen Begrüßungsworten gab der Papst den Zweck der Beratungen vor. „Es geht darum, eine größere Einheit in der Arbeit der verschiedenen Dikasterien und Institutionen herzustellen, um eine bessere Zusammenarbeit zu erreichen, und das in der absoluten Transparenz, welche auch eine authentische Synodalität und echte Kollegialität schafft." Die Reform sei kein Zweck in sich selbst, sondern ein Mittel, betonte der Papst. Es gehe um das Zeugnis für Christus, um eine bessere Verkündigung, um die Förderung eines fruchtbaren ökumenischen Geistes und einen konstruktiven Dialog.

Papst: Es braucht die Mitarbeit aller

„Die Reform, die lebhaft von der Mehrheit der Kardinäle bei den Generalversammlungen vor dem Konklave gewünscht wurde, muss die Identität der römischen Kurie verbessern, das heißt die Mitarbeit mit dem Nachfolger Petri in der Ausübung seines pastoralen Dienstes zum Wohl und Dienst an der weltweiten Kirche und der Ortskirchen. (…) Ein solches Ziel zu erreichen ist nicht einfach, dazu braucht es Zeit, Entschlossenheit und die Mitarbeit aller. Vor allem aber müssen wir uns dem Heiligen Geist anvertrauen, welcher die Kirche leitet."

Der Papst rief dazu auf, frei und offen zu sprechen und alles am wichtigsten Ziel auszurichten, dem „salus animarum", dem Heil der Seelen.

Zur Begrüßung hatte der Dekan des Kollegiums, Kardinal Angelo Sodano, die Versammelten an ihre Aufgaben erinnert, wie sie im Kirchenrecht festgehalten sind. „Wir sind hier, um unsere Mitarbeit anzubieten, und wir sind uns sowohl der Erfahrungen aus der Vergangenheit als auch der Erwartungen der Gegenwart bewusst."

Beratungen hinter verschlossenen Türen

Nach dem offiziellen Beginn war zunächst wie vom Papst angekündigt der Kardinalsrat „K9" an der Reihe. Dessen Koordinator Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga (Tegucigalpa/Honduras) und dessen Sekretär Bischof Marcello Semeraro (Albano/Italien) stellten anhand eines vorbereiteten Papiers die Arbeiten und Überlegungen vor. Damit ist der Einstieg in das Thema der Beratungen hinter verschlossenen Türen gegeben: die Reform der römischen Kurie.

Eine weitere genaue Tagesordnung gibt es nicht; die Teilnehmer am Konsistorium sollen Zeit bekommen, sich zu melden und eigene Kommentare und Bewertungen zu den vorgelegten Gedanken vorzunehmen. Ein Entwurf für eine neue Apostolische Konstitution zur Organisation der Kurie existiere noch nicht, hatte Vatikansprecher Federico Lombardi vor Beginn der Beratungen noch klargestellt. Der Austausch der Kardinäle bezieht sich also auf die vorgestellten Überlegungen der K9, noch nicht auf einen vorgelegten Entwurf. Die zweite Sitzung des Tages beginnt am Nachmittag um 17 Uhr. (rv)

Kurienreform: „Mehr Fachleute, weniger Kardinäle“

Kardinal Rodriguez MaradiagaKardinal Oscar Rodriguez Maradiaga hat sich für mehr Fachleute in den Führungspositionen der Kurie ausgesprochen. Im päpstlichen Rat für Migranten könne er sich eine mit der Thematik befasste Ordensfrau an der Spitze vorstellen, für den Bereich Krankenpastoral einen Arzt, sagte Maradiaga. Er frage sich, ob „so viele Kardinäle und Bischöfe“ an der Kurienspitze wirklich nötig seien. Der honduranische Kardinal koordiniert den neunköpfigen Kardinalsrat, der den Papst bei der Kurienreform berät. Er äußerte sich im deutschen Würzburg, wo er zu einem Diözesanempfang eingeladen war.

Insgesamt gehe es darum, die Kurie mit ihren derzeit über 30 Kongregationen, Räten und Gerichtshöfen zu verschlanken. Dies hätten die Kardinäle bereits bei ihren Beratungen unmittelbar vor der Papstwahl angemahnt. Ziel sei eine Größe der Kurie, die Beratungen wie in einer Art Kabinett ermögliche. Es brauche mehr Kommunikation, so Rodriguez.

In nächster Zeit werde sich das Beratergremium von Papst Franziskus mit der Schaffung zweier großer Bereiche für karitative Belange, Gerechtigkeit und Frieden sowie für Laien, Familie und Lebensfragen befassen. Dieser Prozess brauche jedoch Zeit, erklärte der Chef des Kardinalsrates. „Papst Franziskus ist daran gelegen, viele Menschen zu befragen.“

Die vorige Reform der Kurie unter Johannes Paul II. (1978-2005) habe acht Jahre gebraucht. Er hoffe aber, dass es nun nicht so viel Zeit in Anspruch nehme.

Der Kardinal aus Honduras verwies zudem auf erste Erfolge im Bereich Wirtschaft und Finanzen. Es sei in relativ kurzer Zeit gelungen, eine Art Zentralbank zu schaffen; das sei „eine extrem wichtige Reform“.

Auch bei der Vatikanbank sei vieles nicht gut gelaufen. Ursprünglich sei das IOR eine Stiftung gewesen, die sich um die Finanzmittel der Orden kümmern sollte, so Rodriguez. Im Laufe der Jahre hätten sich viele Personen um diese Bank gekümmert, die nicht mit den Orden oder dem Vatikan selbst zu tun gehabt hätten. 14.000 Kontoinhaber seien unter diese Kategorie gefallen. Nun erfülle die Bank jedoch die Transparenzregeln der EU und lege ihre Bilanz offen. Zudem sei die Vatikanbank bei weitem nicht so groß und bedeutend, wie sie manchmal gemacht werde, so der Kardinal, der auch Präsident des Caritas-Weltdachverbandes „Caritas Internationalis“ ist. Er sprach in diesem Zusammenhang von „Legenden“. (rv)

Papst kreiert im Februar neue Kardinäle

KardinalserhebungPapst Franziskus will im kommenden Februar neue Kardinäle kreieren. Das hat Vatikansprecher Federico Lombardi an diesem Donnerstag bekanntgegeben. Die Kardinalsversammlung werde auf Wunsch des Papstes vom 14. bis 15. Februar 2015 im Vatikan stattfinden, sagte Lombardi vor Pressevertretern. Derzeit sind 112 der insgesamt 208 Kardinäle unter 80 Jahre alt und damit für ein Konklave stimmberechtigt.

In den Tagen vor diesem Konsistorium – am 12., 13. Februar – sei ein Briefing für die Kardinäle zur Kurienreform geplant, so Lombardi weiter. Der Vatikansprecher informierte auf der Pressekonferenz über die dreitägige Sitzung der „K9″- Kardinalsgruppe, die an diesem Donnerstagabend zu Ende geht. Franziskus hatte die Kardinäle damit beauftragt, Vorschläge zu einer Kurienreform zu erarbeiten.

Hauptthema bei der aktuellen Sitzung der „K9″ seien Überlegungen zur Neuorganisation der Kurienbehörden gewesen, erklärte Lombardi. Die Kardinäle hätten sich unter Anwesenheit von Papst Franziskus dazu mit den Leitern der jeweiligen Behörden ausgetauscht. Im Gespräch sei namentlich die Umgruppierung der Päpstlichen Räte für die Laien, für die Familie und für Gerechtigkeit und Frieden, bestätigte Lombardi, ohne die Vorschläge näher zu erläutern.

Weiter hätten die Kardinäle über die Kinderschutzkommission gesprochen, die von derzeit neun Mitgliedern auf voraussichtlich 18 Mitglieder verdoppelt werden soll. Kandidaturen für neue Experten in dem Gremium lägen vor, mit den Ernennungen sei am 6.-8. Februar zu rechnen. Insgesamt ziele man darauf, in die vom Papst gewünschten Kommission Vertreter aller Kontinente und aus verschiedenen kirchlichen Realitäten zu berufen. (rv)

Kurienreform: Neuregelung von Kardinalsrücktritten

VatikanLeiter von vatikanischen Kurienbehörden sind ab sofort gehalten, mit dem Erreichen des 75. Lebensjahres dem Papst ihren Rücktritt anzubieten. Diese Regelung ist Teil einer Neugestaltung des Rechtes zu Bischofs- und Kardinalsrücktritten, die der Vatikan an diesem Mittwoch veröffentlicht hat. Im Allgemeinen wird darin die im Kirchenrecht festgelegte Praxis bestätigt, dass Ortsbischöfe mit 75 Jahren ihren Rücktritt anbieten müssen. Es wird aber ein Artikel angefügt, der besagt, dass es unter besonderen Umständen der zuständigen Autorität – in der lateinischen Kirche also dem Papst – erlaubt ist, einen Bischof zum Einreichen der Rücktrittsbitte aufzufordern.

Neues bringt die von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin unterzeichnete Regelung vor allem für die Leiter und Mitglieder von Kurienbehörden. In Artikel sechs heißt es, dass alle Kardinäle, die ein Dikasterium oder einen Päpstlichen Rat leiten oder ein anderes vom Papst verliehenes Amt bekleiden, gehalten sind, mit 75 Jahren ihren Rücktritt einzureichen.

Kapitel sieben schreibt vor, dass die übrigen Leiter von Dikasterien, die nicht Kardinäle sind, ebenso wie die Sekretäre und andere Bischöfe mit vom Papst vergebenen Ämtern diese automatisch mit der Vollendung des 75. Lebensjahres verlieren. Bislang wurden alle höheren Ämter im Vatikan für jeweils fünf Jahre vergeben, ein so genanntes Quinquennium. Dieses war vom Alter unabhängig. Nach seinem Ablauf musste der Papst jeweils über ein neues Quinquennium oder einen neuen Amtsinhaber entscheiden.

Der automatische Verlust des Amtes gilt ebenfalls für Inhaber eines Amtes, die dieses auf Grund einer besonderen Funktion ausüben: Verlieren sie diese Funktion, sind sie auch nicht mehr Inhaber dieser Amtes.

Änderungen gehen auf Kardinalsrat zurück

Eine ähnliche Regelung gilt auch für Ortsbischöfe: Sollten sie auf nationaler Eben ein Amt als Bischof innehaben, verlieren sie dieses, sobald der Papst ihren Rücktritt angenommen hat. Der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch wäre ein solcher Fall gewesen, hätte es diese Regelung vor einem Jahr schon gegeben. Die Annahme seines Rücktritts als Erzbischof hätte automatisch das Erlöschen seines Amtes als Vorsitzender der Bischofskonferenz zur Folge gehabt.

Laut einleitendem Text gehen die Änderungen auf die Beratungen des Kardinalsrates zurück, der den Papst bei der Reform der vatikanischen Kurie unterstützt.

Die Form des Dokumentes, Rescriptum Ex Audientia SS.MI (Sanctissimi), ist eine eher ungewöhnliche Form der Rechtsetzung der Kurie. Es bezeichnet einen mündlich an den Kardinalstaatssekretär erteilten Auftrag oder eine Vollmacht, für die dieser bürgt und die dieser umsetzt sowie zu gegebener Zeit veröffentlicht. Das vorliegende Rescriptum geht auf eine Audienz zurück, die Kardinal Parolin am vergangenen Montag bei Papst Franziskus hatte. (rv)