Bilanz (2): Das war 2014 aus der Sicht des Vatikans

Bilanz 2014Der Papst reist. Auslandsreisen führten ihn 2014 ins Heilige Land, nach Korea, Albanien, Straßburg und in die Türkei. Unvergessen bleibt sein spontaner Gebets-Stopp am Trennwall zwischen Israelis und Palästinensern. Es war überhaupt eine Reise von Mauer zu Mauer: vom Trennwall in den besetzten Palästinensergebieten zur Klagemauer; dort umarmte er einen Rabbi und einen Muslimgelehrten, schon wieder so ein emblematisches Bild. Im Juni, kurz nach seiner Heilig-Land-Reise, lud Franziskus die Präsidenten Israels und Palästinas, Peres und Abbas, zum Friedensgebet in die vatikanischen Gärten. Erfolg blieb der einmaligen Friedensinitiative zunächst versagt, denn im August flammte ein neuer Krieg zwischen den verfeindeten Nachbarn auf: der Gaza-Krieg. Beim Friedensgebet wich ein muslimischer Teilnehmer vom mühsam austarierten Gebetsprotokoll ab, als er auf einmal eine Sure des Korans rezitierte.

Reisen an die Peripherie

Einige der Papstreisen dieses Jahres waren, charakteristisch für ihn, Reisen an die „Peripherien“. In Korea, überhaupt in Fernost war seit 26 Jahren kein Petrusnachfolger mehr gewesen. Hier sprach Papst Franziskus 124 Märtyrer selig; und gleichzeitig richtete er von diesem zweigeteilten Land zwischen Russland, China und Japan eine Friedensbotschaft an ganz Asien. Europa betrat Franziskus sozusagen durch die Hintertür, bei einem Eintagestrip nach Tirana, Albaniens Hauptstadt. Ausgerechnet dieses lange isolierte Balkanland würdigte er als Modell friedlichen Zusammenlebens zwischen Christen und Muslimen. In Ankara pochte er auf mehr Rechte für Christen und betete einen Moment still in der Blauen Moschee von Istanbul – übrigens war das sein erster Moscheebesuch als Papst überhaupt. Vor allem aber setzte Franziskus fort, was er schon mit einer Begegnung in Jerusalem getan hatte: Er pflegte die Beziehungen zum Ehrenoberhaupt der orthodoxen Christen, Patriarch Bartholomaios.

Nicht nur zu den orthodoxen Kirchen pflegt Papst Franz Sonderbeziehungen. Sein ökumenischer Suchscheinwerfer erfasste 2014 auch – ganz anders, als das bisher in Rom Usus war – Freikirchen, oder die Heilsarmee. Fast fühlen sich die traditionellen Ansprechpartner im ökumenischen Friedenspfeifenrauchen, die Kirchen der Reformation nämlich, ein wenig vernachlässigt von diesem Papst.

In Straßburg hielt Franziskus bei der kürzesten Papstreise der Geschichte seine bisher längsten Reden. Europa kann aus seiner Altersstarre herausfinden, wenn es statt der Zahlen wieder mehr den Menschen in den Blick nimmt, sagte der Papst aus Argentinien vor dem EU-Parlament und dem Europarat. Besonders genau durchgelesen hat die Straßburger Papstreden Annette Schavan. Die unter medialem Druck zurückgetretene Bildungsministerin von Angela Merkel ist 2014 als neue deutsche Botschafterin am Vatikan angetreten, erste Frau in diesem Amt, und erste Katholikin seit langem.

Familiensynode: eine überraschend offene Debatte

Ausgerechnet das Thema Ehe- und Familienpastoral hatte sich der Papst als erste große Reformbaustelle im Innerkirchlichen ausgesucht. Dazu verschickte er einen Fragebogen an die Bischofskonferenzen in aller Welt, der vielerorts auch von interessierten Laien ausgefüllt wurde. Für viele eine Sensation: Zum ersten Mal interessiert sich ein Papst vor Beginn einer römischen Bischofssynode für die Meinungen und Haltungen im gläubigen Volk. Dem deutschen Kurienkardinal Kasper fiel gewissermaßen die Aufgabe des Lockvogels zu. Er stellte vor dem Papst und vielen Kardinälen im Februar die Skizze einer neuen Eheseelsorge vor. Schnell gewann daraufhin eine Debatte an Fahrt, auch die Träger von Kardinalskäppchen beteiligten sich munter daran. Im babylonischen Stimmengewirr ging es vor allem um die Frage, ob geschiedene Menschen nach einer zweiten, zivilen Heirat zur Kommunion gehen dürfen oder nicht.

Unter den Scheinwerfern der Weltöffentlichkeit trat im Oktober 2014 die außerordentliche Generalversammlung der Bischofssynode zusammen; Franziskus wünschte ausdrücklich eine offene Debatte zu einer Palette strittiger Themen – und er bekam sie auch. Manchen kam das wie ein Durcheinander vor, einige sahen Ur-Elemente katholischer Lehre wie zur Disposition gestellt, andere rühmten die Wiederentdeckung des freien Worts in der Kirche. Als ein Zwischenbericht zur Halbzeit der Beratungen von Zugehen auf Homosexuelle und von Gradualität kirchlicher Gebote sprach, platzte dem polnischen Erzbischof Gadecki der Kragen: In diesem Text gebe es Spuren einer gegen die Ehe gerichteten Ideologie.

Von „Buona sera“ bis „Hier bestimme ich“

Zum Schluss der Synode machte Papst Franziskus, der bis dahin in der Aula geschwiegen hatte, überraschend klar, dass er hier die Entscheidungen treffe. Es war ein weiter Weg von seinem „Buona sera, ich bin der Bischof von Rom“, mit dem er 2013 angetreten war, bis zu diesem „Ich bin hier, kirchenrechtlich gesehen, der Oberbefehlshaber“ von 2014. In der Hitze des medialen Wortgefechts ging manchmal unter, dass erst nach der nächsten Synode im Herbst 2015 Beschlüsse – wohlgemerkt des Papstes, nicht der Synode – zu erwarten sind.

Noch vieles mehr könnte man von 2014 erwähnen: Ukraine. Ebola. CIA-Folterskandal. Oder, im Vatikan, das Verfahren gegen den polnischen Erzbischof Wesolowsky wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen in seiner Zeit als Nuntius in der Karibik. Da wäre noch einiges mehr. In Erinnerung bleibt der Franziskus des Jahres 2014 vor allem mit zwei Bildern: Gebet an der israelischen Sperrmauer. Gebet in der Blauen Moschee. Und mit einem diplomatischen Erfolg: der geglückten Vermittlung bei der Annäherung zwischen den USA und Kuba nach einem halben Jahrhundert der Eiszeit.

Wie lange er noch Papst sein werde, wisse er nicht, sagte Franziskus zum Entsetzen nicht weniger Gläubiger vor Journalisten bei der Rückreise von Korea. Einen Amtsverzicht wie Benedikt XVI. könne er sich gut vorstellen, oder auch einfach „zwei, drei Jahre noch, und dann ins Haus des Herrn“. Ein so dichtes päpstliches Jahr wie 2014 lässt erahnen, dass aus dem Scherz unvermittelt Wirklichkeit werden könnte. Aber auch, dass die katholische Kirche einen Papst wie Franziskus heute braucht. (rv)

Vatikanisches Geldinstitut IOR verlängert Öffnungszeiten

IORDas vatikanische Geldinstitut IOR gestaltet seine Öffnungszeiten kundenfreundlicher. Ab kommendem Januar werden die Bankschalter von 8:00 bis 16:30 Uhr durchgängig geöffnet sein, teilte das Institut mit. Bisher gab es eine Mittagspause von 13:00 bis 14:35 Uhr. Im Gegenzug bleibt das Geldinstitut am Samstag künftig geschlossen. Beim IOR dürfen nach den Reformen, die Benedikt XVI. und besonders Franziskus ins Werk setzten, nur noch Vatikanbedienstete, kirchliche Einrichtungen und beim Heiligen Stuhl akkreditierte Diplomaten ein Konto unterhalten. Anonyme Konten gibt es den neuen Richtlinien zufolge nicht. Das Geldinstitut gewährt keine Kredite, bietet kein Online-Banking und hat weder Filialen noch Geldautomaten außerhalb des Vatikanstaates. (rv)

Bilanz (1): Das war 2014 aus der Sicht des Vatikans

Bilanz 2014Wir sagen es gleich: 2013 war das einfacher mit dem Jahresrückblick. Es war das Jahr der zwei Päpste. Benedikt XVI. hatte auf sein Amt verzichtet, ein in dieser Art einmaliger Moment in der Kirchengeschichte, und mit Franziskus trat der erste Papst aus der Neuen Welt an. Äonenwandel, wohin man blickte. 2014 war anders: Franziskus ist in sein zweites Amtsjahr getreten, vieles, was 2013 noch Ankündigung, Vorahnung, Vorwegnahme war, ist jetzt in den Kreislauf des Geschehens getreten – und Benedikt ist immer noch da, doch zurückgezogen in den Vatikanischen Gärten und „so still wie möglich“, so hat er es selbst einem deutschen Besucher gegenüber formuliert.

Das Konzil wird heilig gesprochen

Was hat Franziskus alles bewegt und angestoßen im Jahr 2014? Er hat – und das ist die erste Station in unserem Gang durch das Jahr – drei Päpste in den römischen Heiligenkalender aufgenommen. Im April sprach er seine Vorgänger Johannes Paul II. und Johannes XXIII. heilig; im Oktober schrieb er Paul VI. ins Buch der Seligen. Für alle drei Päpste hegt das Kirchenoberhaupt aus Argentinien große Verehrung. Johannes XXIII. ließ mit dem II. Vatikanischen Konzil jenen frischen Wind aus allen Erdteilen in die Kirche, auf den auch Franziskus setzt. Paul VI. lenkte das Reformwerk des Konzils umsichtig ans Ziel. Und Johannes Paul II. schlug mit seinem Pontifikat einen neuen Ton zwischen Mystik, Politik, klarer Ansage und Charisma an.

Alle drei Päpste zusammen stehen für das Zweite Vatikanische Konzil. Mit den Heilig- und Seligsprechungen bekannte sich der erste Papst, der am Konzil nicht mehr teilgenommen hat, zum selbigen. Doch wie häufig lag auch bei der Heiligsprechung von Johannes und Johannes Paul ein schräger Schatten der Kirchenpolitik über dem frommen Tun: Johannes XXIII. hatte es einst sozusagen im Doppelpack mit Pius IX., dem Papst des Unfehlbarkeitsdogmas, über die Schwelle zur Seligsprechung geschafft. Und jetzt wurde Johannes` Heiligsprechung (ohne den eigentlich nötigen neuen Nachweis eines Wunders) an die von Johannes Paul gekoppelt.

Neue Kardinäle

Ein großes Kirchenfest im Vatikan hatte schon vorher, Ende Februar, stattgefunden: Papst Franziskus erhob 19 Kirchenmänner zu Kardinälen, darunter den Deutschen Gerhard Ludwig Müller, vor allem aber Ortsbischöfe aus der Weltkirche. Auch dazu war der emeritierte Papst Benedikt als Zuschauer in den Petersdom gekommen.

Anders, als wir bis jetzt den Eindruck erweckt haben, wurde 2014 im Vatikan nicht nur gefeiert. Mit dem Präfekten der Glaubenskongregation Müller hatte Franziskus gerade den Mann im Amt bestätigt und zum Kardinal erhoben, den viele als eine Art Antipoden zum argentinischen Papst wahrnahmen. Hier deutsche Ernsthaftigkeit und profunde Theologie, dort der mehr pastoral ausgerichtete, leichtfüßige Papst vom Ende der Welt. An Müllers Kardinalsfeier nahm auch der glücklose Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst teil, vom Boulevard verknappend „Protzbischof“ getauft, er wurde von Papst Franziskus 2014 als Bischof von Limburg abgesetzt.

Reformen laufen an

Unattraktiv, aber reißfest zieht sich ein roter Faden durch das Pontifikatsjahr 2014. Er heißt: Vatikan-Reform. Zum einen wünscht Franziskus finanzielle Transparenz, zum anderen eine straffere Behördenstruktur. Im Februar schuf er eine zentrale Aufsichtsbehörde für alle Geld-Angelegenheiten im Vatikan, das Wirtschaftssekretariat. Damit endet eine Zeit, in der die linke Hand im Papststaat nicht wusste, was die Rechte tat: ein Ansatz, der beim Almosengeben der einzig richtige ist, beim Wirtschaften aber falsch. Die Zusammenlegung von Päpstlichen Räten oder vatikanischen Medien ist noch im Stadium der Untersuchung. Neun Kardinäle beraten den Papst bei der Reform, die Franziskus eher wohlüberlegt als schnell ins Werk setzen möchte.

Kurz vor Jahresende sollte Kardinal Pell in einem Interview auf einmal erklären, der Vatikan stehe finanziell viel besser da als erwartet, beim Durchgang durch die Bücher hätten sich noch einige hundert Millionen Euro hier und da gefunden. Zur Jahresbilanz gehört auch, dass das vatikanische Finanzinstitut IOR bestehen bleibt – aber teilweise entmachtet und mit neuem Chef, einem französischen Adeligen.

Wegen der nötigen Finanz- und Wirtschaftsreformen im Vatikan kommt eine Neufassung der vatikanischen Strukturen erst allmählich in Gang. Die Erwartungen von außen sind groß. Nicht allen fällt auf, dass es dem Papst nach eigener Aussage in erster Linie um eine spirituelle Reform geht.

Machtlos gegenüber dem Terror

Die erste Sorge des Papstes – ganz wörtlich, Sorge – galt im Jahr 2014 den verfolgten Christen. Vor allem in Syrien und im Irak, wo die Terrorgruppe Islamischer Staat unfassbaren Schrecken verbreitet, Menschen vor laufender Kamera köpft. Steinzeit-Islam mit dem Säbel in der Hand. Manche Beobachter beschleicht der Gedanke, dass die Gretchenfrage an den Islam, wie Benedikt XVI. sie einmal in seiner Regensburger Rede gestellt hat – Wie hast du`s mit der Gewalt? – nachgerade prophetisch war.

Franziskus weiß nicht, was er angesichts des Isis-Terrors tun soll. In den Irak reisen? Zu gefährlich, sagen ihm seine Berater. Er schickt also einen Sondergesandten, den italienischen Kardinal Filoni, der früher Nuntius in Bagdad war. Dialog anbieten? Schwierig, aber die Tür bleibt theoretisch offen, sagt der Papst in einem Interview. Einen Brandbrief schreiben? Das wird die Schlächter im Namen Allahs nicht beeindrucken. Immerhin, der vatikanische Dialograt veröffentlicht eine Liste der Isis-Gräueltaten, eine Art „J`accuse“ aus Rom, in dieser Deutlichkeit bisher einmalig in der katholisch-islamischen Gemengelage. (rv)

Bilanzinterview 2014: „Kultur der Begegnung“ und Kurienreform

Pater LombardiDer Begriff, der das Papstjahr 2014 wahrscheinlich am besten charakterisiert, ist der der „Kultur der Begegnung“. In allen Begegnungen, bei allen Reisen, bei der Synode wie auch bei der Reform der Kurie könne man sehen, wie wichtig Papst Franziskus diese Kultur sei. Das sagt im Bilanzinterview mit Radio Vatikan der Pressesprecher des Papstes, Pater Federico Lombardi. „Der Papst hat eine Haltung und eine Weise, anderen Menschen zu begegnen, in der er sich selber ganz einbringt und den anderen dazu bringt, dasselbe zu tun“, so der Jesuitenpater. „So kann man sich wirklich tief begegnen, und so können auch Wege und Initiativen beginnen, sie sonst vielleicht blockiert waren oder sind, und das in einer Beziehung, die nicht nur formal oder oberflächlich ist.“

Lombardi nennt die ökumenischen Begegnungen und Gebete, die Bewegung zwischen den USA und Kuba, die Reisen nach Korea und ins Heilige Land, aber auch den genuinen Auftrag der Kirche, den Glauben zu verkünden: Überall sei diese Art des Papstes sichtbar geworden. Es sei allerdings nicht ganz einfach, einige wenige Worte oder Themen zu finden, um das Jahr zusammen zu fassen, so Lombardi weiter. Da gäbe es vieles zu nennen. Aber:

„Zu den wichtigsten Dimensionen des Pontifikates in diesem Jahr gehört sicherlich der interreligiöse Dialog; in der Türkei hat er das realisiert, wie auch zum Beispiel bei der Reise nach Albanien und beianderen Gelegenheiten. Mir scheint, dass dem Papst die Situation vor allem des Islam in der modernen Welt bewusst ist und dass er konstruktive Beziehungen sucht, vor allem durch Dialog, wo er möglich ist. Dazu gehört auch das Verurteilen des Missbrauchs des Glaubens durch die Gewalt.“
Bischofssynode: Nachdenken über das wirklich Wichtige

Zu den wichtigen und vielleicht unterschätzten Ereignissen des Jahres gehörten die selig bzw. heilig gesprochenen Päpste des 20. Jahrhunderts, Johannes XXIII., Johannes Paul II. und Paul VI. Hier habe sich vor allem die Aktualität des Zweiten Vatikanischen Konzils gezeigt. Medial sichtbarer dagegen sei die Bischofssynode gewesen und das Thema Familie, das dort behandelt wurde.

„Das ist eine mutige Aufgabe, denn der Papst hat hier Themen auf den Tisch gelegt, die schwierig und delikat sind. Aber es ist notwendig, dass darüber gesprochen wird. Wir wünschen dem Papst von ganzem Herzen, dass es ihm gelingt, die Kirche in Richtung eines Nachdenkens über die wirklich wichtigen Dinge zu bringen, wenn es um die Familie geht – ohne sich von anderen Themen, die vielleicht wichtig sind, aber nur am Rande, ablenken zu lassen. Diese können polemisch werden, ohne die wirklich wichtigen Punkte zu betreffen, nämlich wie wir als Christen diesen wichtigsten Teil des Lebens leben.“

Natürlich habe der Papst auch sein wichtigstes Anliegen 2014 fortgeführt, in ganz verschiedenen Ereignissen, Ansprachen und Begegnungen: Die Aufmerksamkeit für die Armen und die leidenden Menschen. Hier habe es einen besonderen Fokus gegeben. „Nehmen wir zum Beispiel die Friedensbotschaft des Papstes für das kommende Jahr gegen die neuen Formen der Sklaverei: Zu diesem Thema gibt es viele Initiativen des Vatikan, der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften, der Ordensgemeinschaften, gegen den Menschenhandel und gegen andere Formen der Gewalt und der Sklaverei heute. Ich würde sagen, dass dem Papst hier eine Mobilisierung der Kirche gelungen ist und darüber hinaus eine Mobilisierung anderer Menschen guten Willens, genau zu diesem Thema.“
Reformen beginnen im Herzen

Ein weiteres Anliegen, das ihm bereits bei seiner Wahl mitgegeben wurde, sei ebenfalls weitergeführt worden: die Reform der römischen Kurie. Besonders durch die Ansprache beim Weihnachtsempfang mit ihrer Aufzählung der „fünfzehn Krankheiten“ sei die zentrale Bedeutung dieser Reform noch einmal betont worden, so Lombardi. Der Papst wolle eine „Kirche im Aufbruch“, und dazu solle die Kurie eine Hilfe sein. „Mir scheint es hier besonders wichtig, zu betonen, dass für den Papst das Herz jeder Reform im Inneren liegt: Die Reformen beginnen sozusagen im Herzen. ‚Reform’ ist ein ständiges Thema des christlichen Lebens und darf nicht nur oberflächlich blieben, bloß organisatorisch.“ Natürlich dürfe man dabei aber die Wichtigkeit der Strukturreform nicht unterschätzen, die sei auch 2014 weiter gegangen. Es brauche allerdings noch Zeit für die Reflexion und für weitere Beratungen.

Was ist es, was für den Papstsprecher das vergangene Jahr am besten beschreibt? Es ist die vom Papst immer wieder beschworene Kultur der Begegnung. „Hinter dem Begriff der ‚Kultur der Begegnung’, den ich zu Beginn selber unterschätzt habe, findet sich das auf den anderen Zugehen, und das in vielen Dimensionen: der religiösen, der geistlichen, aber auch der ökumenischen und politischen. Es ist eine der Charakteristiken dieses Pontifikates.“ (rv)

Leichtes Programm für den Papst

Franzsikus200Zwischen den Jahren nimmt sich Papst Franziskus einige Tage Pause, sein Arbeitsprogramm ist reduziert.

An diesem Sonntag, dem Fest der heiligen Familie, empfängt Papst Franziskus vielköpfige Familien, etwa 7.000 Menschen werden dazu in der Audienzhalle erwartet. Danach will er wie gewohnt am Sonntag das Angelusgebet auf dem Petersplatz leiten.

Montag und Dienstag hat der Papst keine Termine, am Mittwochabend wird er dann in der Petersbasilika die Vesper beten, anlässlich des Jahresendes wird dazu das Allerheiligste ausgesetzt und ein Te Deum gesungen. Radio Vatikan überträgt live mit deutschem Kommentar ab 17 Uhr.

Am 1. Januar wird der Papst dann die Messe zum Hochfest der allerheiligsten Mutter Gottes feiern, wir übertragen ab 10 Uhr live und auf deutsch. Der 1. Januar ist auch der kirchliche Welttag des Friedens. (rv)

Mexiko: Erneut Priester getötet

MexikoMit der Ermordung von Pater López Gorostieta steigt die Zahl der ermordeten mexikanischen Priester in diesem Jahr auf drei. Die Polizei des Bundesstaates Guerrero hat die Entdeckung des Leichnams von Pater Gorostieta am Montag bestätigt. Der schreckliche Fund wurde in der Gemeinde Tlapehuala gemacht – nicht weit von der Stelle, wo Wochen zuvor die Leiche eines Missionars in einem Massengrab gefunden wurde. „Vater Goyo“ wurde am vergangenen Sonntag entführt und mit einem Kopfschuss getötet. Der Bundesstaat Guerrero wird in den vergangenen Monaten von besonders vielen Gewalttaten erschüttert: Erst im September verschwanden 43 Studenten. (rv)

Die Papstansprache zu Urbi et Orbi

Vatikanplatz

Aktualisierte Ansprache von Papst Franziskus anlässlich des Segens Urbi et Orbi, Weihnachten 2014:

Liebe Brüder und Schwestern, gesegnete Weihnachten!

Jesus, Gottes Sohn, der Retter der Welt, ist uns geboren. Er wurde in Bethlehem von einer Jungfrau geboren. So erfüllten sich die alten Prophezeiungen. Die Jungfrau heißt Maria, ihr Verlobter Josef.

Es sind einfache Menschen, voll der Hoffnung auf Gottes Güte, die Jesus aufnehmen und ihn erkennen. So hat der Heilige Geist die Hirten von Bethlehem erleuchtet, die zum Stall geeilt sind und das Kind angebetet haben. Und dann hat der Heilige Geist die schon alten Simeon und Hanna in den Tempel von Jerusalem geführt, und sie haben in Jesus den Messias erkannt. „Meine Augen haben das Heil gesehen“, ruft Simeon aus, „das du [Gott] vor allen Völkern bereitet hast“ (Lk 2,30).

Ja, Brüder und Schwestern, Jesus ist das Heil für jeden Menschen und für alle Völker!

Ihn, den Retter der Welt, bitte ich, dass er auf unsere Brüder und Schwestern im Irak und in Syrien schaue, die seit zu langer Zeit unter den Auswirkungen der andauernden Konflikte leiden und zusammen mit den Angehörigen anderer ethnischer und religiöser Gruppen grausame Verfolgung erleiden. Weihnachten bringe ihnen Hoffnung wie auch den zahlreichen Evakuierten – Vertriebene und Flüchtlinge, Kinder, Erwachsene und Alte – in dieser Region und in der ganzen Welt; Weihnachten verwandle die Gleichgültigkeit in Nähe und die Ablehnung in Aufnahme, damit alle, die jetzt geprüft sind, die notwendigen menschlichen Hilfen erhalten, um die Härten des Winters zu überstehen, um in ihre Länder zurückzukehren und in Würde zu leben. Möge der Herr die Herzen für das Vertrauen öffnen und dem ganzen Nahen Osten seinen Frieden schenken – angefangen bei dem Land, das durch seine Geburt gesegnet worden ist –, indem er die Anstrengungen derer unterstütze, die sich tatkräftig für den Dialog zwischen Israelis und Palästinenser einsetzen.

Jesus, der Erlöser der Welt, möge auf alle schauen, die in der Ukraine leiden, und gewähren, dass dieses geschätzte Land die Spannungen überwinde, den Hass und die Gewalt besiege und einen neuen Weg der Brüderlichkeit und der Versöhnung beschreite.

Christus, der Erlöser, möge Nigeria Frieden geben, wo weiteres Blut vergossen wird und zu viele Menschen ungerecht ihrem Leben entrissen, als Geißeln gehalten oder umgebracht werden. Frieden erbitte ich auf für andere Teile des afrikanischen Kontinents. Ich denke besonders an Libyen, an den Süd-Sudan, an die Zentralafrikanische Republik und an verschiedene Regionen in der Demokratischen Republik Kongo; und ich bitte alle, die politische Verantwortung tragen, sich durch Dialog dafür einzusetzen, die Gegensätze zu überwinden und ein dauerhaftes geschwisterliches Miteinander aufzubauen.

Jesus schütze die Kinder. Zu viele von ihnen sind Opfer von Gewalt geworden, weil sie zum Gegenstand von Ausbeutung und Menschenhandel gemacht oder als Soldaten verdingt wurden. Er gebe den Familien Trost, deren Kinder letzte Woche in Pakistan getötet wurden. Er sei denen nahe, die an Krankheiten leiden, insbesondere die Opfer der Ebola-Epidemie, vor allem in Liberia, Sierra Leone und Guinea. Von Herzen danke ich allen, die sich mutig darum bemühen, den Kranken und ihren Familienangehörigen beizustehen, und erneuere zugleich den dringenden Aufruf, Fürsorge und notwendige Therapien sicherzustellen.

Das Jesuskind. Ich denke an all die Kinder, die heute getötet und misshandelt werden: an jene, die getötet werden, bevor sie das Licht der Welt erblicken, denen die großherzige Liebe ihrer Eltern vorenthalten wird und die im Egoismus einer Kultur begraben werden, die das Leben nicht liebt; an die Kinder, die aufgrund von Kriegen und Verfolgungen vertrieben werden, missbraucht und ausgebeutet unter unseren Augen und unserem begünstigenden Schweigen; und an die Kinder, die unter den Bombardierungen massakriert werden, auch dort, wo der Sohn Gottes geboren wurde. Ihr ohnmächtiges Schweigen schreit noch heute auf unter dem Schwert von vielen „Herodes“. Über ihrem Blut liegt heute der Schatten der vielen „Herodes“ unserer Zeit. In der Tat gibt es diesmal zu Weihnachten viele Tränen – zusammen mit den Tränen des Jesuskindes.

Liebe Brüder und Schwestern, der Heilige Geist möge heute unsere Herzen erleuchten, auf dass wir im Jesuskind, das in Bethlehem von der Jungfrau Maria geboren wurde, das von Gott geschenkte Heil erkennen können für jeden von uns, für jeden Menschen und für alle Völker dieser Erde. Die Macht Christi, die Befreiung und Dienst ist, mache sich in vielen Herzen bemerkbar, die unter Kriegen, Verfolgungen und Sklaverei leiden. Mit ihrer Sanftmut nehme diese göttliche Macht die Herzenshärte vieler Männer und Frauen weg, die in einem verweltlichten Leben oder in der Gleichgültigkeit versunken sind. Seine rettende Kraft mache die Waffen zu Pflugscharen und verwandle die Zerstörung in Kreativität und den Hass in Liebe und Zärtlichkeit. So werden wir mit Freude sagen können: „Unsere Augen haben dein Heil gesehen“.

Ihnen allen wünsche ich ein frohes Weihnachtsfest. (rv)

Weihnachtsempfang des Papstes: Die kurialen Krankheiten

Papst FranziskusEine ganze Liste von „kurialen Krankheiten“ hatte Papst Franziskus mitgebracht: Die Weihnachtsansprachen der Päpste an die vatikanische Kurie waren immer schon Gelegenheit, Grundsätzliches zu sagen, und Papst Franziskus machte hier an diesem Montag bei seiner zweiten Ansprache dieser Art keine Ausnahme. Vor den versammelten Leitern und leitenden Mitarbeitern der Vatikan-Verwaltung sprach er über Haltungen und Einstellungen, welche die Einheit verderben und dem Dienst an der Kirche schaden.

„Die Kurie ist gerufen, sich zu bessern, immer zu verbessern und in Gemeinschaft, Heiligkeit und Weisheit zu wachsen, um ihre Aufgabe ganz und gar erfüllen zu können. Und wie jeder menschliche Körper ist sie auch Krankheiten ausgesetzt (..) Hier möchte ich einige dieser möglichen Krankheiten nennen, kuriale Krankheiten.“

Insgesamt fünfzehn dieser Krankheiten identifizierte er. Er wolle damit eine Gewissenserforschung vor dem Fest anbieten, so der Papst. Der in Armut geborene Gott wolle uns Demut lehren, er sei nicht zu ausgewählten Menschen, sondern zu den armen und einfachen Menschen gekommen.

Die Krankheiten, von denen er spreche, seien zwar nicht ausschließlich auf die Kurie beschränkt, es seien Versuchungen, die alle Christen beträfen. Aber sie seien „natürlich auch eine Gefahr für jeden Christen und jede Kurie, Gemeinschaft, Kongregation, Pfarrei und kirchlichen Bewegung.“ Die Kurie sei wie ein kleines Modell der Weltkirche.

15 Krankheiten

Die erste Krankheit: Die Kurie für unsterblich, immun oder unersetzbar zu halten. „Eine Kurie, die sich selbst nicht kritisiert, die sich nicht erneuert, die nicht besser werden will, ist ein kranker Körper. Ein Besuch auf dem Friedhof kann uns helfen, die Namen all der Personen zu sehen, die glaubten, unsterblich, immun und unersetzbar zu sein.“ Diese Krankheit komme aus einem Narzissmus, der das eigene Gesicht, aber nicht das Gottes sehe und auch nicht das der Bedürftigen. Das Gegenmittel: Sich selbst als Sünder sehen.

„Dann ist da eine weitere Krankheit: der Marta-lismus [nach der biblischen Figur der Marta], die obsessive Arbeitswut. (…) Die notwendige Ruhe vernachlässigen führt zu Stress und Aufregung,“ so der Papst weiter. „Außerdem gibt es die Krankheit der geistlichen oder geistigen Versteinerung, das heißt, wie die zu sein, die ein Herz aus Stein haben und halsstarrig sind. Das sind die, die unterwegs die innere Seelenruhe verlieren, die Lebendigkeit und den Wagemut, und die sich unter Papier verstecken und ‚Arbeitsmaschinen’ werden, nicht ‚Menschen Gottes’. Es ist gefährlich, das menschliche Mitgefühl zu verlieren, das man braucht, um mit den Weinenden zu weinen und sich mit denen zu freuen, die froh sind!“

Insgesamt fünfzehn dieser geistlichen „Krankheiten“ zählte der Papst auf: Funktionalismus und Planungswut, oder die Vereinzelung in der Arbeit. Immer wieder griff der Papst dabei auch in die Kiste der farbigen Metaphern.

„Da ist auch die Krankheit des geistlichen Alzheimer, also des Vergessens der Heilsgeschichte, der persönlichen Geschichte mit dem Herrn, der „ersten Liebe“ (Apg 2,4). Dabei handelt es sich um ein fortschreitendes Absenken der geistlichen Fähigkeiten, die früher oder später zu einer schweren Behinderung des Menschen führen und ihn unfähig werden lassen, autonom zu handeln, und ihn so in einem Zustand völliger Abhängigkeit von den von ihm selbst geschaffenen Selbstbildern leben lassen.“

Viel Aufmerksamkeit bekamen auch die „Krankheiten“ der Eitelkeit: Titel und Auszeichnung zu suchen, das Einschleimen beim Chef – und die Chefs, die sich schmeicheln lassen.

„Dann gibt es die Krankheit der existenziellen Schizophrenie: die Krankheit derer, die ein Doppelleben leben, Ergebnis einer Heuchelei des Mittelmaßes und der fortschreitenden geistlichen Leere, die akademische Titel oder Abschlüsse nicht beruhigen können. Diese Krankheit betrifft vor allem diejenigen, welche die Pastoral aufgegeben haben und sich auf Verwaltung beschränken und so den Kontakt mit der Wirklichkeit verloren haben, mit konkreten Menschen. So schaffen sie sich eine Parallelwelt.“

Überhaupt wog in den Worten des Papstes das Manko der fehlenden Pastoral schwer. Deutlich auch noch einmal die Aussagen zum „Geschwätz“, dem Herabsetzen des anderen. Man „töte kaltblütig den Ruf des Nächsten“, so der Papst, um selber besser dazustehen.

Das übermäßige Ansammeln von Gütern, die Härte und der Rigorismus gegenüber dem Nächsten, die in sich abgeschlossenen Kreise, die wie ein Krebsgeschwür seien: Der Papst ging immer wieder und aus immer anderen Perspektiven auf das ein, was die Leitung der Weltkirche behindere, ihr schade und den Zusammenhalt in der Kurie schädige.

Da hilft Humor

„Da ist die Krankheit des Beerdigungsgesichtes: Das bedeutet Menschen, die mürrisch und finster drein blicken, die meinen, um ernsthaft sein zu können, ihr Gesicht mit Melancholie und Strenge anmalen zu müssen, und die die anderen, vor allem die Schwächeren, mit sturer Strenge, Härte und Arroganz behandeln. In Wirklichkeit ist diese theatralische Strenge ein steriler Pessimismus und ein Zeichen für Angst und Unsicherheit.“

Dagegen helfe vor allem eines: der Humor, und damit die Fähigkeit, über sich selbst zu lachen. Ihm selber helfe da das Gebet des heiligen Thomas Morus, das er täglich bete: „Gib mir die Gnade, einen Scherz zu verstehen, damit ich ein wenig Glück kenne im Leben und anderen davon mitteile“.

Sehr viel Schaden richte auch die Krankheit des weltlichen Profits an, wenn Dienst in Macht verwandelt werde. Das betreffe Menschen, die ihre Macht unbedingt vermehren wollten und alles dafür täten, auch andere diffamierten und diskreditierten, vor allem in den Medien, oft sogar in Namen von Transparenz und Gerechtigkeit. „Ich denke da an einen Priester, der Journalisten anrief und ihnen von den privaten Dingen der Mitbrüder und Pfarreimitglieder berichtete. Für ihn zählte es nur, sich selbst auf der ersten Seite zu sehen, denn nur so fühlte er sich ‚mächtig und interessant’, aber er fügte der Kirche und den anderen viel Schaden zu. Der Arme!.“

Die Kurie sei dazu berufen, sich immer zu verbessern und einiger zu werden, hatte er seine Gedanken begonnen. Es waren keine konkreten Vorwürfe, die der Papst äußerte, es war eine sehr deutliche Gewissenserforschung, die er vorlegte. Einmal mehr wurde deutlich, dass der Papst unter „Reform“ zuerst und vor allem eine Reform der Menschen versteht, dann erst der Strukturen. Die Kurie – wie die gesamte Kirche – könne nicht ohne persönliche, authentische und tiefe Beziehung zu Christus leben

Die Krankheiten zu nennen, sei bereits der erste Schritt zur Besserung, schloss Franziskus seine Ausführungen. Das sei ein Auftrag an alle hier, die Gemeinsamkeit zu suchen, die Einheit, um besser der Kirche dienen zu können. (rv)

D: Differenzierte Lösungen für wiederverheiratete Geschiedene

Bischofssynode 2014Die deutschen Bischöfe plädieren für differenzierte Lösungen bei der Frage der Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zu den Sakramenten. Bereits bei der Tagung des Ständigen Rates im Juni 2014 wurde dazu ein Text mit großer Mehrheit beraten und verabschiedet, er bildete die Vorarbeiten für die Stellungnahme der Bischöfe bei der Bischofskonferenz 2014, war aber nach den Worten des Vorsitzenden Kardinal Reinhard Marx damals nicht veröffentlicht worden, um der Synode nicht vorzugreifen.

Jetzt ist dieser Text Teil einer Textsammlung, welche von der Bischofskonferenz an diesem Montag vorgelegt wurde. Dort finden sich vor allem Dokumente, die mit der im Oktober zu Ende gegangenen außerordentlichen Versammlung der Bischofssynode zu tun haben, die Antworten auf den Fragebogen etwa, die Relatio und auch die Ansprachen des Papstes.

In der Pressemitteilung zur Veröffentlichung erklärt Kardinal Marx, dass die Suche nach einer theologisch verantwortbaren und pastoral angemessenen Begleitung von Gläubigen, deren Ehe zerbrochen ist und die zivil geschieden und wiederverheiratet sind, „weltweit zu den drängenden Herausforderungen der Ehe- und Familienpastoral im Kontext der Evangelisierung“ gehört. Damit verbunden sei vielfach ein Prozess der Distanzierung von der Kirche und vom Glauben.

Wie alle Gläubigen müssten auch diese Menschen aktiv am Leben der Kirche teilnehmen können, betont Kardinal Marx. „Eine an diesen Grundsätzen orientierte Pastoral kann der Frage nach einer möglichen Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur sakramentalen Kommunion nicht ausweichen,“ heißt es weiter. Deshalb habe die Deutsche Bischofskonferenz „mit großer Mehrheit“ diese Überlegungen verabschiedet, die sich ausführlich mit den theologischen Fragen einer Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zu Buße und Kommunion befassten.

Eine unterschiedlose Zulassung aller wiederverheirateten Geschiedenen zu den Sakramenten sei „nicht richtig“, so Marx, aufgrund ihrer pastoralen Erfahrungen und auf der Grundlage ihres theologischen Nachdenkens plädierten die Bischöfe vielmehr für differenzierte Lösungen, die dem Einzelfall gerecht werden und unter bestimmten Bedingungen eine Zulassung zu den Sakramenten ermöglichen.

Die Texte der Arbeitshilfe sollen dazu dienen, allen Interessierten das Verständnis für die Arbeit der Bischofssynode zu erleichtern, so die Pressemittelung. Die Arbeitshilfe Nr. 273, „Die pastoralen Herausforderungen der Familie im Kontext der Evangelisierung. Texte zur Bischofssynode 2014 und Dokumente der Deutschen Bischofskonferenz“, ist ab sofort bei der Deutschen Bischofskonferenz als Download abrufbereit (rv)

Kardinal Cottier: „Nicht verhandelbare Werte, ein unglücklicher Ausdruck“

Kardinal CottierDer frühere päpstliche Haustheologe Kardinal Georges Cottier hält den Ausdruck „nicht verhandelbare Werte“ für unglücklich. Viele dächten fälschlich, Werte außerhalb dieser Kategorie seien zweitranging, sagte der Schweizer Kardinal in einem Interview; der Ausdruck „nicht verhandelbare Werte“ sei ein „schwerwiegender Fehler in der Kommunikation“. Cottier nannte die „Lüge über Wirtschaftsprobleme, die eine tragische Jugendarbeitslosigkeit schufen“ und das Drama der Migranten auf den Booten. Das seien Fragen, die das Menschenleben betreffen, hielt der Kardinal fest. „Wir haben nicht das Recht, gleichgültig Menschen gegenüberzustehen, die Krieg, Armut, Ausgrenzung erleben“, so Cottier wörtlich. Es sei nicht wahr, dass Papst Franziskus die Verteidigung des Lebens vernachlässige. Das Interview mit Kardinal Georges Cottier ist das soeben als Buch mit dem Titel „Selfie“ im italienischen Verlag Cantagalli erschienen.

Auch Papst Franziskus hatte – im Interview mit dem „Corriere della Sera“ vom Aschermittwoch 2014 – eingeräumt, mit dem Begriff der „nicht verhandelbaren“ oder „unveräußerlichen“ Werte Schwierigkeiten zu haben: „Werte sind Werte, Schluss, ich kann nicht sagen, dass von den Fingern einer Hand einer weniger nützlich ist als der andere“, sagte Franziskus. Seine Vorgänger Johannes Paul II. und Benedikt XVI. hatten den Ausdruck häufig genutzt, etwa in Fragen des Lebensschutzes und der Definition von Familie. (rv)