Korea: Südkoreas Bischöfe mahnen zu Besonnenheit und Dialog

Die Bischofskonferenz Südkoreas verurteilt die „unvorsichtigen Provokationen“, mit denen der nordkoreanische Nachbar derzeit weltweit Angst vor dem Ausbruch eines nuklearen Konfliktes schürt. „Nach dem Abfeuern der Hwasong-14-Rakete befindet sich die koreanische Halbinsel in einer spannungsvollen Lage, die ein großes Risiko birgt,“ schreiben die Bischöfe in einer Erklärung anlässlich des Nationalfeiertages am 15. August. „Der Test von Nuklearwaffen durch Nordkorea stellt eindeutig eine Verletzung der Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen dar,“ unterstreichen die Bischöfe weiter. Diese Test seien ein ernsthaftes Risiko für den Frieden in der Region, denn Nachbarländer sähen sich gezwungen, ebenfalls nuklear aufzurüsten. Doch es sei eine Illusion, den Frieden mit Nuklearwaffen erzwingen zu können, warnen sie in ihrer Stellungnahme. „Die Kirche in Korea“, so das Dokument weiter, „verurteilt entschieden alle unvorsichtigen Provokationen Nordkoreas und widersetzt sich allen Aktionen, die die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel weiter verschärfen.“ Vielmehr lade die Bischofskonferenz die Führer der beiden Koreas ein, im gemeinsamen Dialog und in Zusammenarbeit mit den Nachbarländern einen Weg zu finden, um den Frieden auf der Halbinsel zu garantieren.

Gebetstag für den Frieden in Korea

An diesem Sonntag findet der mittlerweile traditionelle Gebetstag für Frieden und Wiedervereinigung der koreanischen Halbinsel statt. Der vom Ökumenischen Weltkirchenrat WCC (dt. ÖRK) ausgerufene Gebetstag wird auch von der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen und der Weltweiten Evangelischen Allianz getragen. Er findet jedes Jahr am Sonntag vor dem 15. August statt, an dem im Jahr 1945 die japanische Besatzung aufhörte und Korea in zwei Staaten getrennt wurde. Dieses Jahr, angesichts der steigenden Spannungen in der Region, ist das für den Gebetstag gewählte Zitat aktuell wie nie: „Lasst uns also nach dem streben, was zum Frieden und zum Aufbau beiträgt“ aus dem Römerbrief (Röm 15,19). Weltweit beten an diesem Sonntag die Christen der teilnehmenden Kirchengemeinschaften für den Frieden in Korea. (rv)

Bilanz (2): Das war 2014 aus der Sicht des Vatikans

Bilanz 2014Der Papst reist. Auslandsreisen führten ihn 2014 ins Heilige Land, nach Korea, Albanien, Straßburg und in die Türkei. Unvergessen bleibt sein spontaner Gebets-Stopp am Trennwall zwischen Israelis und Palästinensern. Es war überhaupt eine Reise von Mauer zu Mauer: vom Trennwall in den besetzten Palästinensergebieten zur Klagemauer; dort umarmte er einen Rabbi und einen Muslimgelehrten, schon wieder so ein emblematisches Bild. Im Juni, kurz nach seiner Heilig-Land-Reise, lud Franziskus die Präsidenten Israels und Palästinas, Peres und Abbas, zum Friedensgebet in die vatikanischen Gärten. Erfolg blieb der einmaligen Friedensinitiative zunächst versagt, denn im August flammte ein neuer Krieg zwischen den verfeindeten Nachbarn auf: der Gaza-Krieg. Beim Friedensgebet wich ein muslimischer Teilnehmer vom mühsam austarierten Gebetsprotokoll ab, als er auf einmal eine Sure des Korans rezitierte.

Reisen an die Peripherie

Einige der Papstreisen dieses Jahres waren, charakteristisch für ihn, Reisen an die „Peripherien“. In Korea, überhaupt in Fernost war seit 26 Jahren kein Petrusnachfolger mehr gewesen. Hier sprach Papst Franziskus 124 Märtyrer selig; und gleichzeitig richtete er von diesem zweigeteilten Land zwischen Russland, China und Japan eine Friedensbotschaft an ganz Asien. Europa betrat Franziskus sozusagen durch die Hintertür, bei einem Eintagestrip nach Tirana, Albaniens Hauptstadt. Ausgerechnet dieses lange isolierte Balkanland würdigte er als Modell friedlichen Zusammenlebens zwischen Christen und Muslimen. In Ankara pochte er auf mehr Rechte für Christen und betete einen Moment still in der Blauen Moschee von Istanbul – übrigens war das sein erster Moscheebesuch als Papst überhaupt. Vor allem aber setzte Franziskus fort, was er schon mit einer Begegnung in Jerusalem getan hatte: Er pflegte die Beziehungen zum Ehrenoberhaupt der orthodoxen Christen, Patriarch Bartholomaios.

Nicht nur zu den orthodoxen Kirchen pflegt Papst Franz Sonderbeziehungen. Sein ökumenischer Suchscheinwerfer erfasste 2014 auch – ganz anders, als das bisher in Rom Usus war – Freikirchen, oder die Heilsarmee. Fast fühlen sich die traditionellen Ansprechpartner im ökumenischen Friedenspfeifenrauchen, die Kirchen der Reformation nämlich, ein wenig vernachlässigt von diesem Papst.

In Straßburg hielt Franziskus bei der kürzesten Papstreise der Geschichte seine bisher längsten Reden. Europa kann aus seiner Altersstarre herausfinden, wenn es statt der Zahlen wieder mehr den Menschen in den Blick nimmt, sagte der Papst aus Argentinien vor dem EU-Parlament und dem Europarat. Besonders genau durchgelesen hat die Straßburger Papstreden Annette Schavan. Die unter medialem Druck zurückgetretene Bildungsministerin von Angela Merkel ist 2014 als neue deutsche Botschafterin am Vatikan angetreten, erste Frau in diesem Amt, und erste Katholikin seit langem.

Familiensynode: eine überraschend offene Debatte

Ausgerechnet das Thema Ehe- und Familienpastoral hatte sich der Papst als erste große Reformbaustelle im Innerkirchlichen ausgesucht. Dazu verschickte er einen Fragebogen an die Bischofskonferenzen in aller Welt, der vielerorts auch von interessierten Laien ausgefüllt wurde. Für viele eine Sensation: Zum ersten Mal interessiert sich ein Papst vor Beginn einer römischen Bischofssynode für die Meinungen und Haltungen im gläubigen Volk. Dem deutschen Kurienkardinal Kasper fiel gewissermaßen die Aufgabe des Lockvogels zu. Er stellte vor dem Papst und vielen Kardinälen im Februar die Skizze einer neuen Eheseelsorge vor. Schnell gewann daraufhin eine Debatte an Fahrt, auch die Träger von Kardinalskäppchen beteiligten sich munter daran. Im babylonischen Stimmengewirr ging es vor allem um die Frage, ob geschiedene Menschen nach einer zweiten, zivilen Heirat zur Kommunion gehen dürfen oder nicht.

Unter den Scheinwerfern der Weltöffentlichkeit trat im Oktober 2014 die außerordentliche Generalversammlung der Bischofssynode zusammen; Franziskus wünschte ausdrücklich eine offene Debatte zu einer Palette strittiger Themen – und er bekam sie auch. Manchen kam das wie ein Durcheinander vor, einige sahen Ur-Elemente katholischer Lehre wie zur Disposition gestellt, andere rühmten die Wiederentdeckung des freien Worts in der Kirche. Als ein Zwischenbericht zur Halbzeit der Beratungen von Zugehen auf Homosexuelle und von Gradualität kirchlicher Gebote sprach, platzte dem polnischen Erzbischof Gadecki der Kragen: In diesem Text gebe es Spuren einer gegen die Ehe gerichteten Ideologie.

Von „Buona sera“ bis „Hier bestimme ich“

Zum Schluss der Synode machte Papst Franziskus, der bis dahin in der Aula geschwiegen hatte, überraschend klar, dass er hier die Entscheidungen treffe. Es war ein weiter Weg von seinem „Buona sera, ich bin der Bischof von Rom“, mit dem er 2013 angetreten war, bis zu diesem „Ich bin hier, kirchenrechtlich gesehen, der Oberbefehlshaber“ von 2014. In der Hitze des medialen Wortgefechts ging manchmal unter, dass erst nach der nächsten Synode im Herbst 2015 Beschlüsse – wohlgemerkt des Papstes, nicht der Synode – zu erwarten sind.

Noch vieles mehr könnte man von 2014 erwähnen: Ukraine. Ebola. CIA-Folterskandal. Oder, im Vatikan, das Verfahren gegen den polnischen Erzbischof Wesolowsky wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen in seiner Zeit als Nuntius in der Karibik. Da wäre noch einiges mehr. In Erinnerung bleibt der Franziskus des Jahres 2014 vor allem mit zwei Bildern: Gebet an der israelischen Sperrmauer. Gebet in der Blauen Moschee. Und mit einem diplomatischen Erfolg: der geglückten Vermittlung bei der Annäherung zwischen den USA und Kuba nach einem halben Jahrhundert der Eiszeit.

Wie lange er noch Papst sein werde, wisse er nicht, sagte Franziskus zum Entsetzen nicht weniger Gläubiger vor Journalisten bei der Rückreise von Korea. Einen Amtsverzicht wie Benedikt XVI. könne er sich gut vorstellen, oder auch einfach „zwei, drei Jahre noch, und dann ins Haus des Herrn“. Ein so dichtes päpstliches Jahr wie 2014 lässt erahnen, dass aus dem Scherz unvermittelt Wirklichkeit werden könnte. Aber auch, dass die katholische Kirche einen Papst wie Franziskus heute braucht. (rv)

Kardinal Koch in Korea: „Papst will Zusammenarbeit mit ÖRK vertiefen“

Kardinal KochPapst Franziskus will die Zusammenarbeit mit dem Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) vertiefen. Das kündigt der vatikanische Ökumene-Verantwortliche, Kurienkardinal Kurt Koch, bei der Vollversammlung des ÖRK in Südkorea an. Die katholische Kirche ist nicht Mitglied in dem Rat, ist aber seit Jahren bei den Versammlungen durch Papstgesandte vertreten. Im Gespräch mit Radio Vatikan sagt Kardinal Koch, was sich bei der Zusammenarbeit zwischen der katholische Kirche und dem Kirchenrat ändern könnte.

„Der Heilige Vater hat betont, dass wir eine neue Vision der Ökumene – also der Einheit – brauchen. Er hat sich auch auf das Thema dieser Vollversammlung hier in Korea Bezug genommen: ,Gott des Lebens, leite uns zu Frieden und Gerechtigkeit´. Einen besonderen Wert legte Papst Franziskus auf die Würde des Menschen und zwar vom christlichen Glauben her. Dem Papst ist wichtig, dass wir uns alle für das Leben der Menschen einsetzen, insbesondere für jene, die am schwächsten, ärmsten oder krank sind. Dazu zählen auch die jüngsten und die ältesten sowie Migranten."

Die Gespräche zwischen den verschiedenen christlichen Konfessionen sind nicht überall auf der Welt gleich, räumt Kardinal Koch ein.

„Ich glaube, wir finden in allen Kirchen und Orten Leute, die sich für die Ökumene einsetzen aber auch solche, gleichgültig gegenüber der Ökumene sind. Hier in Korea war ich einen ganzen Tag lang in Seoul und dort habe ich eine große Sehnsucht und Hoffnung gespürt nach mehr Einheit. Sicher, hier muss man beachten, dass das koreanische Volk an sich auf Einheit in ihrem Land hofft. Diese Hoffnung der Einheit zwischen Nord- und Südkorea ist sehr groß. Da hoffen dann auch viele, dass die christliche Einheit vielleicht eine Hilfe diesbezüglich sein kann."

Eine Vollmitgliedschaft der katholischen Kirche im ÖRK ist zwar weiterhin kein Thema, doch der Austausch sei schon bisher sehr ergiebig, so der Schweizer Kurienkardinal.

„Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg. Seit langer Zeit haben wir zwei Wege eingeschlagen, wie beispielsweise die Zusammenarbeit in der Kommission ,Faith and Order´, die sich vor allem mit Theologie, Glaube und Kirchenverfassung auseinandersetzt. Wir arbeiten aber auch in der Gruppe ,Joint Working´ zusammen. Das sind intensive Kooperationen zwischen dem Weltkirchenrat und der katholischen Kirche. Wir haben des Weiteren mit dem ÖRK-Generalsekretär gute und herzliche Beziehungen und ich hoffe, dass wir dies auch weiter vertiefen können."

Offizielle Vertreterin der katholischen Kirche beim ÖRK – mit Sitz in Genf – ist die Theologin Annemarie Mayer. Sie ist Professorin an der belgischen Universität von Löwen. Die Vollversammlung im koreanischen Busan zeige, dass sich niemand eine „Super-Kirche" sondern eine Zusammenarbeit zwischen den Kirchen wünsche, so Mayer gegenüber Radio Vatikan.

„Es war der Wunsch, ein möglichst breit angelegtes Thema zu finden und trotzdem nicht nur ,wischi-waschi´ zu sagen. Die Mitgliedskirchen des ÖRK wollen etwas aussagen, was für die heutige Situation vieler Kirchen in der Welt existentiell ist. Herauszufinden, in welcher Weise der ÖRK in diesen zum Teil sehr prekären Situationen – denken wir an Syrien und die dortigen orthodoxen Kirchen, die zum ÖRK gehören – zu unterstützen."

Bedrängten und bedrohten Christen zu helfen ist ein sichtbares Zeichen der Ökumene, so Mayer weiter.

„Ohne Praxis würde die theologische Suche nach Einheit hölzern bleiben und sich überhaupt nirgends im Leben der Kirchen niederschlagen. Andererseits wäre es aber gefährlich, nur in reinem Aktivismus zu verbleiben. Das würde dann vermutlich dazu führen, dass praktische Initiativen bei den ersten kritischen Gegenfragen sich im nichts auflösen würden, weil sie oft keinen theologischen standfähigen Fundament standhalten."

Die Präsenz der katholischen Kirche bei der Vollversammlung des ÖRK sei wichtig, so die Theologin Annemarie Mayer. (rv)