Einführung des Erzbischofs von Canterbury: Gemeinsam mit Papst Franziskus

Erzbischof Justin WelbyCanterbury bekommt an diesem Donnerstag offiziell einen neuen anglikanischen Erzbischof – und damit die gesamte anglikanische Kirche ein neues Oberhaupt. Justin Welby wird am Nachmittag offiziell in der Kathedrale der Stadt im Südosten Englands inthronisiert. Für den Vatikan nimmt der Ökumenebeauftragte, Kardinal Kurt Koch, an der Zeremonie teil. Damit hat nicht nur die römisch-katholische, sondern auch die anglikanische Kirche ein neues geistliches Oberhaupt; allerdings ist das ein Vergleich, den Welby selbst im Interview mit Radio Vatikan kurz vor der Inthronisierung zurückweist.

„Man darf uns beide nicht im gleichen Satz nennen. Er ist ein ganz außergewöhnlicher Mensch. Alles, was man von ihm jetzt hört, ist beachtlich, sowohl sein bisheriges Leben als auch die Predigt am Dienstag.“

Direkt nach seiner Ernennung im vergangenen Jahr hatte Welby auf den Einfluss anderer christlicher Traditionen auf seine Spiritualität hingewiesen, besonders hatte er damals die benediktinische und die jesuitische genannt. Diesen Einfluss bestätigt er noch einmal:

„Ich bin Oblate eines anglikanischen Benediktikerhauses, und das schon seit fast fünfzehn Jahren. Ich lese jeden Tag etwas von den Regeln Benedikts und versuche, mein Leben danach auszurichten. Ich finde Benedikt so gnadenlos vernünftig, voller Einsichten und Herausforderungen. Besonders in den letzten Jahren bin ich beeinflusst durch eine römisch-katholische Gemeinschaft namens Chemin Neuf, die mit ihren Wurzeln in der jesuitischen Spiritualität eine charismatische Version dieser Frömmigkeit bildet. Sie ist sehr ökumenisch, eine bemerkenswerte Gruppe. Ihre Spiritualität hat mich sehr beeinflusst, wie auch meine Frau, die in ihrer Arbeit als geistliche Begleiterin diese Impulse sehr wichtig findet.“

Er habe also viel vom ersten Jesuitenpapst zu lernen, so Welby. Aber auch auf einem anderen Gebiet sieht er Zusammenarbeit mit der katholischen Kirche. Welby denkt da an die Betonung, die Papst Franziskus der Soziallehre der Kirche gleich zu Beginn seines Pontifikates gibt.

„Wenn Sie mir etwas Kritik bei Radio Vatikan erlauben: Ihr haltet die katholische Soziallehre viel zu sehr versteckt. Sie ist einer der größten Schätze, den die Kirchen weltweit anzubieten haben, und sogar viele Katholiken wissen nichts darüber. Angefangen mit Rerum Novarum im 19. Jh und durch die außergewöhnlichen Entwicklungen unter Johannes Paul II. und Benedikt XVI. und natürlich durch das Zweite Vatikanum. Man sieht hier eine umfassende und gut durchdachte Annäherung an die Weise, wie wir unsere Gesellschaft ordnen sollten, und zwar so, dass christliches Denken und Werte dadurch reflektiert werden. Es ist ein Schatz, von dem die gesamte Kirche lernen kann, und er wird uns in bessere Zusammenarbeit führen.“

Hintergrund
Bereits im November war Welby von Königin Elisabeth II. zum Erzbischof von Canterbury ernannt worden, damit war ein längerer Auswahlprozess zu Ende gegangen. Weltweit zählt die anglikanische Kirche knapp 80 Millionen Mitglieder. Anders als der Papst hat der Erzbischof von Canterbury als Primus inter Pares keine Weisungs- oder Ernennungsbefugnis für Bischöfe oder Ortskirchen. (rv)

Papst empfängt Kirchen- und Religionsvertreter

B_Franziskus2.Einen Tag nach seiner Amtseinführung hat Papst Franziskus die Vertreter anderer Religionen und anderer christlicher Kirchen beziehungsweise Gemeinschaften, im Vatikan empfangen. Dabei versicherte er, den ökumenischen Dialog und das Gespräch der Religionen im Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils fortsetzen zu wollen.

„Ich beginne mein Pontifikat in diesem Jahr des Glaubens, das mein verehrter Vorgänger Benedikt XVI. ausgerufen hat. Diese inspirierte Initiative will ich fortsetzen in der Hoffnung, dass sie den Glaubensweg aller bereichert. Es geht um eine Art Pilgerfahrt zu dem, was für jeden Christen das Wesentliche ist: die persönliche Beziehung zu Jesus Christus, dem Sohn Gottes, gestorben und auferstanden zu unserem Heil. In dem Wunsch, diesen Schatz des Glaubens den Menschen unserer Zeit zu verkünden, rühren wir an das Herz der Botschaft des Zweiten Vatikanischen Konzils.“

Das Konzil bedeute viel für den Weg der Ökumene. Es sei aus seiner Sicht „der beste Dienst an der Sache der Einheit der Christen“, den christlichen Glauben „in seiner Fülle zu leben“. „Je mehr wir seinem Willen treu sind, umso mehr nähern wir uns wirklich der Einheit“, so der Papst.

„Ich will meinen festen Willen bekräftigen, nach dem Vorbild meiner Vorgänger weiterzugehen auf dem Weg des ökumenischen Gesprächs. Den Vertretern des jüdischen Volkes, mit dem uns ein spezielles geistliches Band vereint, versichere ich, das brüderliche Gespräch fortzusetzen, zu dem das Konzil uns gedrängt hat und das in den letzten Jahrzehnten schon viele Früchte getragen hat. Ich grüße auch alle anderen Vertreter von Religionen, vor allem die Muslime, die den einen, lebendigen und barmherzigen Gott anbeten. In Eurer Anwesenheit sehe ich ein greifbares Zeichen für den Willen, im gegenseitigen Respekt und in der Zusammenarbeit für das Gemeinwohl der Menschheit zusammenzuarbeiten.“

Die Gläubigen aller Religionen könnten viel für die Bewahrung der Schöpfung, für die Armen und für den Weltfrieden tun, so Franziskus weiter. Vor allem aber gelte es, in der Welt den „Durst nach dem Absoluten wachzuhalten“. Der Mensch sei nun mal „nicht eindimensional“ und lasse sich „nicht auf das reduzieren, was er produziert und konsumiert“ – das sei „eine der gefährlichsten Behauptungen unserer Zeit“.

„Wir wissen, zu wie viel Gewalt in der jüngeren Vergangenheit der Versuch geführt hat, Gott und das Göttliche aus dem Horizont der Menschheit zu streichen, und wir wissen, wie wertvoll es ist, in unseren Gesellschaften die Öffnung zum Transzendenten zu bezeugen, die der Mensch im Herzen trägt. Darin fühlen wir uns auch all denen nahe, die zwar zu keiner religiösen Tradition gehören, aber doch auf der Suche nach Wahrheit, nach Güte und Schönheit sind… Sie sind für uns wertvolle Verbündete beim Einsatz zur Verteidigung der Menschenwürde, zum Aufbau eines friedlichen Zusammenlebens unter den Völkern und zur Bewahrung der Schöpfung.“

Zu Beginn der Audienz hatte der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel ein Grußwort an den Papst gerichtet. Bartholomaios I. war der erste Ökumenische Patriarch seit dem so genannten „Großen Schisma“ von 1054 (auch „großes morgenländisches Schisma“ genannt, Anm. d. Red.), der an der Amtseinführung eines römischen Papstes teilgenommen hat.

„Ihr folgt auf diesem Thron Eurem verehrten Vorgänger Benedikt XVI. nach, einem milden Mann voll des theologischen Wissens und der Liebe. Er ist vor Kurzem aus Gesundheitsgründen und Erschöpfung mutig von seinem Amt zurückgetreten. Die Aufgaben und die Verantwortungen, die auf Sie warten, sind enorm vor Gott und vor den Menschen. Die Einheit der christlichen Kirchen ist dabei die erste und wichtigste Eurer Sorgen und sicher eine der wichtigsten Voraussetzungen, damit unser christliches Zeugnis vor den Augen der Nahen und Fernen glaubwürdig sein kann.“ (rv)

„Hallo Benedikt? Hier spricht Franziskus“

B_Franziskus3.  Bene_140110Papst Franziskus hat am Dienstag, dem Tag seiner Amtseinführung, den emeritierten Papst Benedikt XVI. angerufen. Das hat der Vatikan am Dienstagabend bestätigt. In dem herzlichen und langen Gespräch habe Franziskus seinem Vorgänger zum Namenstag gratuliert. Benedikt XVI. heißt mit bürgerlichem Namen Joseph Ratzinger; der Dienstag war Fest des heiligen Joseph. Franziskus habe Benedikt ein weiteres Mal für seinen Dienst gedankt, so der Vatikan. Der neue Papst hatte seinen Vorgänger bereits unmittelbar nach seiner Wahl am vergangenen Mittwoch angerufen; am Samstag wollen sich die beiden in Castelgandolfo zum Mittagessen treffen. Das Vatikanstatement teilt mit, Benedikt XVI. habe die Ereignisse der letzten Tage aufmerksam verfolgt; er bete für seinen Nachfolger. (rv)

Amtseinführung: Die Predigt des Papst

VatikanplatzLiebe Brüder und Schwestern!

Ich danke dem Herrn, dass ich diese heilige Messe zum feierlichen Beginn meines Petrusdienstes am Hochfest des heiligen Josef, des Bräutigams der Jungfrau Maria und Patrons der Weltkirche feiern kann: Es ist ein ganz bedeutungsreiches Zusammentreffen, und es ist auch der Namenstag meines verehrten Vorgängers – wir sind ihm nahe mit dem Gebet voller Liebe und Dankbarkeit.

Herzlich begrüße ich meine Mitbrüder, die Kardinäle und Bischöfe, die Priester, Diakone, Ordensleute und alle gläubigen Laien. Ich danke den Vertretern der anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften wie auch den Vertretern der jüdischen Gemeinde und anderer Religionsgemeinschaften für ihre Anwesenheit. Meinen herzlichen Gruß richte ich an die Staats- und Regierungschefs, an die offiziellen Delegationen vieler Länder der Welt und an das diplomatische Korps.

Wir haben im Evangelium gehört, dass Josef „tat, was der Engel des Herrn ihm befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich" (Mt 1,24). In diesen Worten ist schon die Aufgabe enthalten, die Gott dem Josef anvertraut, nämlich custos – Hüter – zu sein. Hüter von wem? Von Maria und Jesus; aber es ist eine Obhut, die sich dann auf die Kirche ausweitet: Der selige Johannes Paul II. hat hervorgehoben, dass „der hl. Josef so, wie er für Maria liebevoll Sorge trug und sich voll Freude und Eifer der Erziehung Jesu Christi widmete, seinen mystischen Leib, die Kirche, deren Gestalt und Vorbild die heilige Jungfrau ist, hütet und beschützt" (Apostolisches Schreiben Redemptoris Custos, 1).

Wie führt Josef diese Hüter-Tätigkeit aus? Rücksichtsvoll, demütig, im Stillen, aber beständig gegenwärtig und in absoluter Treue, auch dann, wenn er nicht versteht. Von der Heimholung Marias bis zur Episode des zwölfjährigen Jesus im Tempel von Jerusalem begleitet er fürsorglich und liebevoll jeden Moment. Er steht Maria, seiner Braut, in den unbeschwerten wie in den schwierigen Momenten des Lebens zur Seite, auf der Reise nach Bethlehem zur Volkszählung und in den bangen und frohen Stunden der Geburt; im dramatischen Moment der Flucht nach Ägypten und bei der sorgenvollen Suche des Sohnes, der im Tempel geblieben war; und dann im Alltag des Hauses in Nazaret, in der Werkstatt, wo er Jesus das Handwerk gelehrt hat.

Wie lebt Josef seine Berufung als Hüter von Maria, Jesus und der Kirche? In der ständigen Aufmerksamkeit gegenüber Gott, offen für dessen Zeichen, verfügbar für dessen Plan, dem er den eigenen unterordnet. Es ist das, was Gott von David verlangt, wie wir in der ersten Lesung gehört haben: Gott will nicht ein vom Menschen gebautes Haus, sondern er wünscht sich die Treue zu seinem Wort, zu seinem Plan. Und Gott selbst ist es dann, der das Haus baut, aber aus lebendigen, von seinem Geist gekennzeichneten Steinen. Und Josef ist „Hüter", weil er auf Gott zu hören versteht, sich von seinem Willen leiten lässt. Und gerade deshalb ist er noch einfühlsamer für die ihm anvertrauten Menschen, weiß mit Realismus die Ereignisse zu deuten, ist aufmerksam auf seine Umgebung und versteht die klügsten Entscheidungen zu treffen. An ihm sehen wir, liebe Freunde, wie man auf den Ruf Gottes antwortet: verfügbar und unverzüglich; aber wir sehen auch, welches die Mitte der christlichen Berufung ist: Christus! Hüten wir Christus in unserem Leben, um die anderen zu behüten, um die Schöpfung zu bewahren!

Die Berufung zum Hüten geht jedoch nicht nur uns Christen an; sie hat eine Dimension, die vorausgeht und die einfach menschlich ist, die alle betrifft. Sie besteht darin, die gesamte Schöpfung, die Schönheit der Schöpfung zu bewahren, wie uns im Buch Genesis gesagt wird und wie es uns der heilige Franziskus von Assisi gezeigt hat: Sie besteht darin, Achtung zu haben vor jedem Geschöpf Gottes und vor der Umwelt, in der wir leben. Die Menschen zu hüten, sich um alle zu kümmern, um jeden Einzelnen, mit Liebe, besonders um die Kinder, die alten Menschen, um die, welche schwächer sind und oft in unserem Herzen an den Rand gedrängt werden. Sie besteht darin, in der Familie aufeinander zu achten: Die Eheleute behüten sich gegenseitig, als Eltern kümmern sie sich dann um die Kinder, und mit der Zeit werden auch die Kinder zu Hütern ihrer Eltern. Sie besteht darin, die Freundschaften in Aufrichtigkeit zu leben; sie sind ein Einander-Behüten in Vertrautheit, gegenseitiger Achtung und im Guten. Im Grunde ist alles der Obhut des Menschen anvertraut, und das ist eine Verantwortung, die alle betrifft. Seid Hüter der Gaben Gottes!

Und wenn der Mensch dieser Verantwortung nicht nachkommt, wenn wir uns nicht um die Schöpfung und um die Mitmenschen kümmern, dann gewinnt die Zerstörung Raum, und das Herz verdorrt. In jeder Epoche der Geschichte gibt es leider solche „Herodes", die Pläne des Todes schmieden, das Gesicht des Menschen zerstören und entstellen.

Alle Verantwortungsträger auf wirtschaftlichem, politischem und sozialem Gebiet, alle Männer und Frauen guten Willens möchte ich herzlich bitten: Lasst uns „Hüter" der Schöpfung, des in die Natur hineingelegten Planes Gottes sein, Hüter des anderen, der Umwelt; lassen wir nicht zu, dass Zeichen der Zerstörung und des Todes den Weg dieser unserer Welt begleiten! Doch um zu „behüten", müssen wir auch auf uns selber Acht geben! Erinnern wir uns daran, dass Hass, Neid und Hochmut das Leben verunreinigen! Hüten bedeutet also, über unsere Gefühle, über unser Herz zu wachen, denn von dort gehen unsere guten und bösen Absichten aus: die, welche aufbauen, und die, welche zerstören! Wir dürfen keine Angst haben vor der Güte, ja, nicht einmal vor der Zärtlichkeit!

Und hier füge ich noch eine letzte Anmerkung hinzu: Das sich Kümmern, das Hüten verlangt Güte, es verlangt, mit Zärtlichkeit gelebt zu werden. In den Evangelien erscheint Josef als ein starker, mutiger, arbeitsamer Mann, aber in seinem Innern zeigt sich eine große Zärtlichkeit, die nicht etwa die Tugend des Schwachen ist, nein, im Gegenteil: Sie deutet auf eine Seelenstärke hin und auf die Fähigkeit zu Aufmerksamkeit, zu Mitleid, zu wahrer Öffnung für den anderen, zu Liebe. Wir dürfen uns nicht fürchten vor Güte, vor Zärtlichkeit!

Heute feiern wir zusammen mit dem Fest des heiligen Josef die Amtseinführung des neuen Bischofs von Rom, des Nachfolgers Petri – ein Amt, das auch Macht beinhaltet. Gewiss, Jesus Christus hat Petrus Macht verliehen, aber um was für eine Macht handelt es sich? Auf die dreifache Frage Jesu an Petrus über die Liebe folgt die dreifache Aufforderung: Weide meine Lämmer, weide meine Schafe. Vergessen wir nie, dass die wahre Macht der Dienst ist und dass auch der Papst, um seine Macht auszuüben, immer mehr in jenen Dienst eintreten muss, der seinen leuchtenden Höhepunkt am Kreuz hat; dass er auf den demütigen, konkreten, von Glauben erfüllten Dienst des heiligen Josef schauen und wie er die Arme ausbreiten muss, um das ganze Volk Gottes zu hüten und mit Liebe und Zärtlichkeit die gesamte Menschheit anzunehmen, besonders die Ärmsten, die Schwächsten, die Geringsten, diejenigen, die Matthäus im Letzten Gericht über die Liebe beschreibt: die Hungernden, die Durstigen, die Fremden, die Nackten, die Kranken, die Gefangenen (vgl. Mt 25, 31-46). Nur wer mit Liebe dient, weiß zu behüten!

In der zweiten Lesung spricht der heilige Paulus von Abraham, der „gegen alle Hoffnung … voll Hoffnung geglaubt" hat (Röm 4,18). Gegen alle Hoffnung voll Hoffnung! Auch heute, angesichts so vieler Wegstrecken mit grauem Himmel, haben wir es nötig, das Licht der Hoffnung zu sehen, selber Hoffnung zu geben. Die Schöpfung zu bewahren, jeden Mann und jede Frau zu behüten mit einem Blick voller Zärtlichkeit und Liebe, bedeutet, den Horizont der Hoffnung zu öffnen, bedeutet, all die Wolken aufzureißen für einen Lichtstrahl, bedeutet, die Wärme der Hoffnung zu bringen! Und für den Glaubenden, für uns Christen – wie schon für Abraham und für den heiligen Josef – hat die Hoffnung, die wir bringen, den Horizont Gottes, der uns in Christus aufgetan ist; ist die Hoffnung auf den Felsen gegründet, der Gott ist.

Jesus mit Maria zu behüten, die gesamte Schöpfung zu behüten, jeden Menschen zu behüten, besonders den Ärmsten, uns selber zu behüten: das ist ein Dienst, den zu erfüllen der Bischof von Rom berufen ist, zu dem wir aber alle berufen sind, um den Stern der Hoffnung leuchten zu lassen: Hüten wir mit Liebe, was Gott uns geschenkt hat!
Ich bitte um die Fürsprache der Jungfrau Maria, des heiligen Josef, der heiligen Petrus und Paulus, des heiligen Franziskus, dass der Heilige Geist meinen Dienst begleite, und zu euch allen sage ich: Betet für mich! Amen. (rv)

Kardinal Tagle: „Franziskus hat das Herz eines Hirten“

Kardinal TagleEr war einer der jüngsten beim Konklave: der philippinische Kardinal Luis Antonio Tagle freut sich, wie die Papstwahl ausging. Der Erzbischof von Manila schätzt die Offenheit des neuen Papstes. Eine Gemeinsamkeit zwischen Papst Franziskus und ihm selbst ist wohl die Spontaneität. Auf die Frage, ob er den neuen Papst gewählt habe, antwortete er mit einem breiten Lachen:

„Also, ich habe ihn nicht alleine gewählt. Was die Person des neuen Papstes betrifft, so möchte ich auf einer sehr persönlichen Ebene antworten. Ich kenne Kardinal Bergoglio seit den letzten sechs oder vielleicht sogar acht Jahren. Wir waren 2005 zusammen bei der Bischofssynode zur Eucharistie und dort wurden wir beide in den Rat der Bischofssynode gewählt. Also kamen wir für die nächsten drei Jahre, bis 2008, nach Rom, um hier zu arbeiten. Das hat uns Zeit gegeben, zusammen zu arbeiten und Erfahrungen auszutauschen. Außerdem haben wir 2008 auch beim eucharistischen Kongress in Quebec zusammen gearbeitet, wo er die Katechese in Spanisch präsentierte und ich die Katechese für Asien."

„Offen für die Dinge am Rande"

Papst Franziskus war schon als Erzbischof von Buenos Aires als „Kardinal der Armen" bekannt.

„Er ist eine Person, die wirklich das Herz eines Hirten hat, verstehen Sie? Er ist offen für die Dinge am Rande. Er wird immer die Kirche zu den Menschen bringen und nicht warten, dass die Menschen von sich aus in die Kirche kommen. Deshalb sind die Anliegen der Kirche für ihn die Anliegen der Menschen, die am Rande stehen. Das ist eine Sache, von der ich hoffe, dass es ihm gelingen wird, sie weiter so beizubehalten. Ich sehe das schon jetzt, in den letzten drei Tagen (lacht): So, wie er über die Grenzen hinausgeht, und wie er Barrieren überwindet, um die Leute zu erreichen. Ich bin sehr glücklich."

Beim Konklave habe das Ursprungsland der möglichen Kandidaten aber keine Rolle gespielt, so Tagle.

„Ja, das stimmt. Aber ich denke, zuerst einmal haben wir einen Papst gewählt. Dass er aus Lateinamerika kommt oder aus einem bestimmten geographischen Gebiet, ist nicht der Hauptpunkt. Natürlich haben wir uns die Situation der Kirche weltweit angesehen und dann versucht, einen zu finden, der dem am besten gerecht werden kann. Es stimmt tatsächlich: Das bringt die Vorstellung des Bischofs von Rom, so wie sie bisher war, schon ein bisschen durcheinander. Der Bischof von Rom hat jetzt ja italienische Wurzeln, aber er ist als Argentinier aufgewachsen. Also bringt er den Geist und die Traditionen von einer Kirche mit sich, die sehr weit von Rom entfernt ist. Aber dann stellst du plötzlich fest: Rom ist so wie jede andere große Stadt auch ein Ort der Einwanderer, und ich habe das Gefühl, er kann hier sehr viel Nachhall finden, mit den Menschen in Rom."

…Menschen, die aus aller Herren Länder kommen. Dazu Tagle:

„Hier in Rom gibt es mittlerweile auch z.B. überall Menschen aus den Philippinen (lacht), es gibt Leute aus Sri Lanka, Chinesen, Vietnamesen, Albaner, Rumänen, Nigerianer… Also ist Rom mittlerweile nicht mehr nur ein Ort für Italiener und Römer, es ist auch eine Stadt vieler Migranten von überall aus der Welt geworden. Einen Papst zu haben, der aus einer Einwandererfamilie kommt, der diesen ganzen Integrationsprozess in einem fremden Land durchgemacht hat – ich denke, da ist er im Herzen sehr tief mit der Gegenwart der römischen Einwohner und der römischen Katholiken verbunden."

„Ein Hirte unter den Menschen"

Ein Papst sei in erster Linie ein Hirte und zwar ein Hirte für Rom, so Tagle. Deshalb erstaune es ihn nicht, dass Papst Franziskus auch den Kontakt mit den Menschen sucht.

„Das haben wir ja gestern gesehen, er ist raus gegangen, es war, als würde man Johannes XXIII. wieder sehen, der ein Hirte unter den Menschen war. Er sprach nur Italienisch gestern, anders als Benedikt XVI. Als er das Buch von Kardinal Kasper erwähnte, da machte er ja auch sein Programm deutlich: Die Barmherzigkeit scheint eine Leitlinie für diesen Papst zu sein."

Zur Bedeutung des Jesuitenordens – dem Papst Franziskus angehört – sagt der Erzbischof von Manila, Kardinal Tagle:

„Ich erinnere mich, ich habe auch mit Jesuiten studiert, und ich erinnere mich, wenn wir von den Jesuiten in geistlicher Begleitung ausgebildet wurden, dann wurde uns auch erklärt, wie wir mit Ablenkungen umzugehen hatten, nicht nur beim Gebet, sondern auch mit Ablenkungen im täglichen Leben. So dass dein Geist, dein Herz immer den Willen Gottes sucht, verstehen Sie? Und man ist dabei innerlich in Alarmbereitschaft all dem gegenüber, was einen davon ablenken könnte, dem Willen Gottes zu folgen."

Wie wird sich diese Konzentration im Pontifikat dieses Papstes auswirken? Dazu Kardinal Tagle:

„Ich bin einfach sehr gespannt zu sehen, wie sich das äußern wird in der Ekklesiologie, das die Kirche nicht abgelenkt werden darf von so vielen Dingen, sondern direkt zum Herzen des Evangeliums geht, dem Erbarmen Gottes, der Anteilnahme Gottes, eines Gottes, der einen umarmen kann, so wie die Ehebrecherin (Johannes 8,1-11). Für mich ist das Lehrstück: Jesus hat nicht das Gesetz verdammt, er hat nicht gesagt: ‚Oh, das Gesetz das ihr von Mose bekommen habt, ist schlecht.’ Er sagte :’Ok. Das Gesetz sagt, diese Person, eine Ehebrecherin, darf gesteinigt werden. Ok, ihr könnt sie steinigen – aber derjenige von Euch, der ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.’ So kommen wir zum Kern des Ganzen: Seine Mission ist es nicht zu zerstören, sondern zu retten. Und die Menschen wieder heil zu machen. Die Hoffnung ist, dass die Kirche davon nicht abgelenkt wird."

„Er wird geduldig sein und lernen"

Auf die Frage hin, worin er das erste große Projekt des neuen Papstes sehe, antwortet Kardinal Tagle:

„Das muss ich jetzt auch vermuten (lacht). Ich sehe ihn vor allem als ihn selbst, ich denke, er wird die Freiheit finden, die er braucht, um dieses Amt kennen zu lernen, um die Menschen kennen zu lernen, die Mitarbeiter, die er ja in gewisser Weise geerbt hat, er hat sie gerade erst vorübergehend in ihrer Position bestätigt. Ich denke, er wird geduldig sein und lernen. Und in diesem Lernprozess, da bin ich mir sicher, wird er seine eigene Vision fortsetzen, die Vision einer Kirche, die nicht nur auf sich selbst bezogen ist, sondern die uns von Jesus überlassen wurde mit einer Aufgabe. Also eine Kirche, die nach draußen geht. Wenn er also die internen Prozesse untersucht in der Kirche Roms und seine unmittelbaren Mitarbeiter in der römischen Kurie, dann, denke ich, wird er so weitermachen, dass er zu den Leuten geht. Besonders zu denen am Rande." (rv)

Details zur Amtseinführung des Papstes am Dienstag

B_Franziskus2.Pater Federico Lombardi hat in seinem Briefing für die Presse an diesem Montag Einzelheiten zur feierlichen Messe anlässlich der Amtseinführung von Papst Franziskus bekannt gegeben. Bei dieser Gelegenheit werden dem Papst auch seine Amtsinsignien wie das Pallium des Bischofs von Rom und der Fischerring überreicht. Die Messe, so Pater Lombardi, wird auf dem Petersplatz stattfinden, Platzkarten wird es zu dieser Gelegenheit nicht geben. Papst Franziskus wird den Angaben nach auch diesmal nicht auf ein „Bad in der Menge" verzichten:
„Der Papst wird das ,Domus Sanctae Marthae‘ gegen 8.45/8.50 Uhr verlassen und sich in das Papamobil begeben, um damit eine lange Fahrt auf dem Petersplatz zu unternehmen. Er wird alle Wege abfahren, die vor Beginn der Messe noch abgetrennt und damit frei befahrbar sind. Dann begibt er sich gegen 9.15 Uhr in die Sakristei, die sich nahe bei der Pietà (Anm. d. Red.: erste Kapelle des rechten Seitenschiffes im Petersdom) befindet, und wird sich für die Messe vorbereiten, die um 9.30 Uhr beginnt."

Die Messe sei der feierliche und öffentliche Beginn des Pontifikates, so Pater Lombardi weiter. Dies werde auch unterstrichen durch die Wahl des Ortes, an dem diese stattfindet: Die Zeremonie wird ihren Beginn am Grab des Apostels Petrus unter dem Hauptaltar haben und auf dem Petersplatz weitergehen, der nach alter Tradition auch der Ort des Martyriums des ersten „Papstes" war. Die Überreichung der päpstlichen Insignien geschehe nach alter Tradition, führte Lombardi aus:

„Das Pallium ist eine Art Wollschal, der dem Papst auf die Schultern gelegt wird und der an den guten Hirten erinnert, der das verlorene Lamm auf seinen Schultern trägt. Das Papstpallium hat rote Kreuze, die an das Kreuz Christi erinnern, während die Pallien der Metropolitan-Erzbischöfe schwarze Kreuze haben. Es wird ihm vom Kardinalprotodiakon Tauran umgelegt. Es handelt sich, soweit ich informiert bin, um dasselbe Pallium, das bereits Benedikt XVI. getragen hat. Nach dem Auflegen wird der Kardinalprotopresbyter Daneels ein Gebet sprechen."

Eine weitere wichtige Papstinsignie, deren Enthüllung bereits mit Spannung erwartet werde, sei der so genannte Fischerring, so Lombardi, der sich in Erinnerung an den „Menschenfischer" Petrus so nenne:

„Der Ring ist aus vergoldetem Silber und bildet den heiligen Petrus mit den Schlüsseln ab. Er wird dem Papst durch den Dekan des Kardinalskollegiums, Kardinal Angelo Sodano, überreicht. Das heißt, die drei Ersten ihrer jeweiligen Kardinalsklasse sind in die Zeremonie einbezogen. Der Ring ist von einem berühmten italienischen Künstler, Enrico Manfrini, geschaffen worden. Der Ring war bereits in früheren Zeiten im Besitz des Privatsekretärs von Papst VI., Pasquale Macchi, und wurde durch Kardinal Re und Guido Marini als neuer Fischerring vorgeschlagen. Der Papst hat ihn unter einigen Vorschlägen ausgewählt."

Im Anschluss an die Überreichung des Rings sei vorgesehen, dass stellvertretend für das Kardinalskollegium sechs Kardinäle dem Papst ihre Gehorsamkeit versichern werden. Alle Kardinäle, so betonte Pater Lombardi, hätten bereits direkt nach der Annahme der Wahl ihre Treueversprechen geleistet, so dass der Eid auch in diesem Fall rein zeremoniellen Charakter habe. Der Messe werde kein Angelus folgen, da sie nicht am Sonntag stattfindet, so Lombardi. Nach der Messe wird der Papst im Petersdom die Delegationen aus 132 Ländern und Einrichtungen, die zu seiner Einführung erwartet werden, empfangen. (rv)

Das Wappen des neuen Papstes

FranziskusDer Vatikan hat heute das neue Wappen von Papst Franziskus veröffentlicht. Es erinnert stark an sein Bischofswappen. Auch sein Motto hat er mit nach Rom genommen: „miserando atque eligendo – aus Barmherzigkeit gewählt".

Man kann sein sehr einfach gestaltetes Wappen in drei Teile aufteilen. Das blau gehaltene Schild wird von den päpstlichen Symbolen, wie auch schon bei Benedikt XVI., eingerahmt. Im oberen Teil des Schildes steht eine gelbe Sonne, in der das Christusmonogramm „IHS" in roter Schrift geschrieben steht. Das Monogramm wird von einem ebenfalls roten Kreuz mit schwarzen Nägeln überragt.
Die untere Hälfte von Franziskus‘ Wappen teilen sich ein Stern und ein Ast der indischen Narde. Nach der heraldischen Tradition symbolisiert der Stern die Jungfrau Maria. Dem gegenüber steht der Zweig der Narde, der den Schutzpatron der Weltkirche, St. Joseph, symbolisieren soll.
Sein Motto, das er bereits als Bischofsspruch hatte, entstammt aus den Predigten des Heiligen Beda Venerabilis. In diesen geht es um die Berufungserzählung von Matthäus, sie erinnern an die Barmherzigkeit Gottes. Für Franziskus hat das Matthäusfest eine ganz besondere Bedeutung. Im Alter von 17 Jahren hat er an diesem Tag die Gegenwart und Liebe Gottes ganz besonders gespürt. Er fühlte sich zum Ordensleben der Jesuiten berufen und erinnert mit seinem Bischofsspruch an dieses Berufungserlebnis. (rv)

Kardinal Poletto begeht heute seinen 80. Geburtstag

Kardinal PolettoDer emeritierte Erzbischof von Turin Severino Kardinal Poletto begeht heute seinen 80. Geburtstag. Poletto war Teilnehmer am Konklave 2013 zur Wahl von Papst Franziskus. Im Jahr 2001 hatte ihn Papst Johannes Paul II. in den Kardinalsstand erhoben und ihm die Titelkirche "S. Giuseppe in Via Trionfale" übertragen. Von 1999 bis 2010 leitete er die Erzdiözese Turin und war bis heute Mitglied der Kongregation für den Klerus, des Päpstlichen Rates für die Kulturgüter der Kirche und der Präfektur der wirtschaftlichen Angelgenheiten des Hl. Stuhls. Mit sein Geburtstag sind nur noch 114 der 206 Kardinäle des Kardinalskollegiums wahlberechtigt in einem künftigen Konklave. (vh)

Papst beim Angelus: Petersplatz hat Dimension der Welt

VatikanplatzDie Stadt Rom hat an diesem Sonntag mit zwei Großereignissen zu kämpfen: Nicht nur der erste Angelus des neuen Papstes lockte seit den frühen Morgenstunden Pilger aus aller Herren Länder auf den Petersplatz, sondern auch der große Stadtmarathon, der in der Nähe des Vatikans vorbeiführt, sorgt für zusätzliches Verkehrschaos in der ohnehin schon recht chaotischen Stadt. Doch trotz der weiträumigen Umleitung der Buslinien, die in Vatikannähe führen, haben rund 150.000 Pilger teils längere Fußmärsche und akribische Kontrollen an den Eingängen zum Petersplatz auf sich genommen, um bei Papst Franziskus´ erstem Angelus-Gebet dabei zu sein – weitere Pilger säumten die Via della Conciliazione, die auf den Peterplatz zuführt. Überpünktlich um kurz vor 12 Uhr ließ sich der Papst, der noch vor wenigen Minuten an den Eingangstoren des Vatikans sein erstes Bad in der Menge genommen hatte, am Fenster seines zukünftigen Arbeitszimmers blicken. Er nahm die Worte aus seiner eben gehaltenen Predigt wieder auf und erinnerte an die unermüdliche Barmherzigkeit Gottes.

„Brüder und Schwestern, guten Tag! Nach dem Treffen am vergangenen Mittwoch kann ich heute wieder meinen Gruß an alle richten und ich freu mich, dass ich das am Sonntag, dem Tag des Herren, tun kann. Es ist wichtig für uns Christen, uns am Sonntag zu treffen, uns zu grüßen, miteinander zu sprechen, wie jetzt auf dem Platz, ein Platz, der dank der Medien die Dimension der gesamten Welt hat. An diesem fünften Fastensonntag stellt uns das Evangelium die Ehebrecherin vor, die Christus vor der Todesstrafe rettet. Das Verhalten Jesu beeindruckt uns, wir hören keine Worte der Verachtung, wir hören keine Worte der Verurteilung, sondern nur Worte der Liebe und der Barmherzigkeit, die zur Umkehr einladen. […] Habt ihr an die Geduld Gottes gedacht, die er für jeden von uns hat? Das ist die Barmherzigkeit, er hat immer Geduld, Geduld mit uns, er versteht uns, er wartet auf uns, er wird dessen nicht müde, uns zu vergeben, wenn wir es verstehen, zu ihm zurückzukehren mit einem reuigen Herzen. Groß ist die Barmherzigkeit Gottes, besagt der Psalm."

Ihm habe, so der Papst, insbesondere ein Buch, das er in den vergangenen Tagen gelesen habe, gutgetan:

„In diesen Tagen habe ich ein Buch eines Kardinals lesen können, von Kardinal Kasper, ein großartiger Theologe, ein guter Theologe, über die Barmherzigkeit. Und dieses Buch hat mir sehr gut getan – denkt aber nicht, dass ich Werbung für die Bücher meiner Kardinäle mache, so ist das nicht – aber es hat mir sehr gut getan. Kardinal Kasper sagte, dass das Spüren der Barmherzigkeit, dieses Wort, alles ändert, es ist das Beste, was wir spüren können. Es ändert die Welt, ein wenig Barmherzigkeit macht die Welt weniger kalt und richtiger. Wir müssen die Barmherzigkeit Gottes gut verstehen, dieses barmherzigen Vaters, der soviel Geduld hat. Denken wir an die Worte des Propheten Jesaja, der feststellt, dass auch, wenn unsere Sünden rot wären wie Scharlach, die Liebe Gottes sie weiß machen würde wie den Schnee. Das ist das Schöne an der Barmherzigkeit."

Papst Franziskus ließ die Pilger auch an einer Episode teilhaben, die er als Bischof im Jahre 1992 anlässlich einer Messe für die Kranken in Buenos Aires erlebt hatte:

„Ich habe die Beichte abgenommen. Und fast am Ende der Messe bin ich aufgestanden, denn ich musste eine Firmung vornehmen, und da kam eine sehr einfache alte Frau zu mir, über 80 Jahre alt. Und ich habe sie angeschaut und gesagt, „Großmutter" – denn bei uns sagt man Großmutter zu den alten Frauen – „Großmutter, wollen sie etwa beichten?" und sie sagte: „Ja", und ich sagte zu ihr: „Aber Sie haben doch nicht gesündigt!" Und daraufhin sagte sie: „Alle haben wir gesündigt". „Aber vielleicht wird der Herr Ihnen nicht vergeben!", sagte ich zu ihr. Und sie antwortete mir: „Der Herr vergibt alles, ganz sicher!" und ich sagte, „Aber wie wissen Sie das?" „Wenn der Herr nicht alles vergeben würde, würde die Welt nicht existieren", war ihre Antwort. Ich habe in mir Lust verspürt, sie zu fragen, ob sie an der Gregoriana studiert habe, denn das ist die Weisheit, die der Heilige Geist eingibt, die innere Weisheit auf die Barmherzigkeit Gottes hin."

Die Geduld Gottes, seine Barmherzigkeit seien unerschöpflich, so der Papst:

„Vergessen wir dieses Wort nicht; Gott wird nie müde, uns zu vergeben, nie! Also Vater, was ist das Problem? Das Problem ist, dass wir selbst müde werden, um Vergebung zu bitten. Er wird nie müde, uns zu vergeben. Aber wir werden manchmal dessen müde, um Vergebung zu bitten. Mögen wir dessen nie müde werden! Er ist der liebende Vater, der immer vergibt, der dieses barmherzige Herz für alle von uns hat. Und auch wir mögen lernen, barmherzig zu allen zu sein. Erbitten wir die Fürsprache Marias, die in ihren Armen die Barmherzigkeit Gottes hatte, die Mensch geworden ist."

Das rote Banner, das während der Ansprache unter dem Fenster sichtbar war, trug noch kein päpstliches Wappen. Nach dem Angelus grüßte der Papst nochmals die Pilger aus Italien und aller Welt, die sich zu den römischen Gemeindemitgliedern gesellt hatten, und bat sie um ihr Gebet für sich. Anschließend erklärte er kurz, dass sein nach dem Patron von Italien gewählter Name „Franziskus" auch Ausdruck seiner Verbundenheit mit dem Vaterland seiner Vorfahren sei – doch Christus habe alle berufen, Teil einer neuen, großen Familie zu sein: der Kirche.

Der Papst hatte seine gesamte Ansprache auf Italienisch gehalten. (rv)

Erste Audienz Papst Franziskus: „Nicht der Papst, sondern Jesus Christus ist das Haupt“

B_Franziskus3.„Vergiss die Armen nicht“: Als die Stimmenzahl im Konklave die zwei Drittel Mehrheit erreicht hatte und Applaus aufkam, wandte sich der brasilianische Kardinal Claudio Hummes an seinen neben ihn sitzenden Freund Kardinal Jorge Mario Bergoglio, umarmte ihn und sprach diese Worte. So erzählte an diesem Samstag bei einer Audienz für Journalisten und Medienvertreter Papst Franziskus den Moment seiner Wahl.

In diesem Augenblick sei auch die Idee des Namens in ihm wach geworden: Franziskus, ein Mann der Demut und Einfachheit. Darüber hinaus stehe er aber auch für die Liebe zur Schöpfung, was gerade heute wichtig sei, wo die Menschen eine „nicht gute“ Beziehung zur Natur hätten. Franziskus stehe auch für den Frieden, woran der Papst die restliche Zeit der Auszählung der Stimmen lang habe denken müssen.

Papst Franziskus bedankte sich bei dieser Audienz für die Arbeit der Journalisten und Medien. „Ihr habt ganz schön gearbeitet“ rief er ihnen mit einem ironischen Augenzwinkern zu.

Er erinnerte in seiner Ansprache daran, dass für die Kirche Christus das Zentrum sei. Nicht er, der Papst, sondern Christus sei der Referenzpunkt für das Verstehen von Glaube und Kirche. Die Kirche sei keine politische, sondern eine geistliche Wirklichkeit. Sie sei „das Volk Gottes, das auf dem Weg sei zur Begegnung mit Jesus Christus“.

„Christus ist der Hirt der Kirche, aber seine Anwesenheit geschieht in der Geschichte durch die Freiheit der Menschen. Von diesen wird einer ausgewählt, als sein Stellvertreter zu dienen, als Nachfolger des Apostels Petrus. Aber Christus ist das Zentrum, nicht der Nachfolger Petri, Christus.“

Um die Ereignisse der Kirche verstehen zu können, müsse man die Dimension des Glaubens einbeziehen. Die Kirche sei nicht komplizierter zu berichten als politische oder ökonomische Ereignisse, „sie folgt aber nicht einer Logik, die sozusagen weltlichen Kategorien folgt. Deswegen ist es nicht einfach, sie zu verstehen und an eine weite und sehr verschiedene Öffentlichkeit zu kommunizieren.“

Die Arbeit der Journalisten brauche Ausbildung und Erfahrung wie andere Berufe auch, aber sie wende sich in ganz besonderer Weise der Wahrheit, der Güte und der Schönheit zu. „Das lässt uns einander nahe sein, denn auch die Kirche besteht, um genau das zu verkünden: Die Wahrheit, die Güte und die Schönheit. Wir sind alle dazu berufen, nicht uns selbst zu verkünden, sondern diese Dreiheit an Wesentlichem, die von Wahrheit, Güte und Schönheit gebildet wird.“ (rv)