Papst Franziskus besucht kranken Kardinal

Kardinal MejiaPapst Franziskus hat am Freitagnachmittag Kardinal Jorge Mejía besucht. Der 90jährige gebürtige Argentinier hatte in den vergangenen Tagen einen Herzinfarkt erlitten. Zur großen Überraschung der Mitarbeiter und Besucher besuchte ihn nun der neue Papst in der Klinik Sankt Pius XI., er wurde mit lang anhaltendem Applaus begrüßt. Mejía ist emeritierter Archivar und Bibliothekar des Vatikan und ehemaliger Sekretär der Bischofskongregation, zuvor leitete er in den 50er Jahren die Oppositionszeitung „Criterio“ in Argentinien. (rv)

Kardinal Scherer: „Auch die Kurie wünscht sich Änderungen“

schererDer brasilianische Kardinal Odilo Scherer erwartet sich vom neuen Papst Änderungen an der Kurie. „Es ist ja auch in der Kurie gewünscht, dass sich vieles ändert“, sagte der deutschstämmige Kardinal, der vielen Beobachtern vor dem Konklave als papabel gegolten hatte, am Freitag bei einem Besuch in Radio Vatikan. Er hoffe auf „neue Ausdrucksformen der Kollegialität in der Kirche“ schon „in den nächsten Monaten“.

Stefan v. Kempis fragte den Erzbischof von Sao Paolo, wie er über den neuen Papst Franziskus denke.

„Ich denke, wir haben wirklich einen neuen Papst vor uns – das merkt man sofort, wenn er sich präsentiert. Er hat schon Hinweise gegeben, dass er auch Neues in der Kirche tun wird, wir freuen uns sehr auf ihn! Er hat sich uns Kardinälen heute Morgen mit einer Ansprache zugewendet, und da hat man merken können, dass er wirklich von Herzen spricht. Es liegt ihm wirklich am Herzen, die Kirche vorwärtszubringen, Neues in der Kirche einzulassen und auch der Kirche ein neues Gesicht zu geben, damit die Kirche auch das Licht des Evangeliums in neuer Weise der Welt weitergeben kann.“

Was ist das Neue an ihm? Was ist das Lateinamerikanische, was das Jesuitische an ihm?

„Das ist nicht so einfach zu sagen, das wird man merken, allmählich. Da muss man ein bisschen warten, das ist noch etwas zu früh. Aber er ist ein sehr, sehr einfacher Mann, ein kluger Mann, ein Mystiker ist er auch, ein wirklicher Kirchenhirte, sehr beliebt bei seinen Leuten. Er wird auch von den Leuten hier in Rom sofort geliebt werden, von allen, die ihn bei Audienzen usw. treffen werden. Was das Neue betrifft: Hinweise sind ja schon gegeben von seinem Namen her. Neu wird irgendwie sein, dass wir uns auf das Wichtige, auf das einzig Wichtige der Kirche wieder konzentrieren sollen. Das ist die Bekehrung, von der schon länger in Lateinamerika die Rede ist; man hat es klar ausgesprochen in Aparecida, in der großen Versammlung der Bischöfe Lateinamerikas im Jahr 2007. Also, eine Bekehrung der Kirche zu Christus und zum Evangelium: Von dem einen, wirklichen Wahren, was gilt in der Kirche, davon soll man sich wieder leiten lassen!

Und da hat der heilige Franziskus uns ein Vorbild gegeben; er hat sich ganz Gott zugewandt, seine Bekehrung war vor allem eine völlige Bekehrung zu Gott. „Mio Dio è mio tutto“, Mein Gott ist mein Alles, das war sein Wort. Und von da an hat er ganz anders auf die Welt und auf die Menschen geschaut: die Würde des Menschen, der Armen, der Kranken, derer, die nichts gelten vor der Welt… Ich denke, das ist der Hinweis, von dem wir jetzt auch schon etwas merken können von Papst Franziskus.“

Muss jetzt die Kurie zittern vor einem Papst, der jetzt mal richtig aufräumt nach dem ganzen Durcheinander der letzten Jahre?

„Ich würde nicht sagen: zittern. Nein, die Kurie soll sich ja freuen! Es ist ja auch in der Kurie gewünscht, dass sich vieles ändert, damit die Kurie selbst dem Papst besser dient als ein Instrument, damit wiederum der Papst besser der Weltkirche dienen kann – mithilfe der Kurie. Ich sage: Dies wird auch in der Kurie gewünscht! Da wird sich schon etwas ändern, und es ist auch möglich, dass neue Ausdrucksformen dieser Kollegialität in der Kirche gebildet werden können in den nächsten Monaten oder Jahren! Wir hoffen: in den nächsten Monaten. Es geht darum, dass diese Art der wichtigen Zusammenarbeit der Bischöfe, die mitverantwortlich sind für die ganze Kirche, mit dem Papst, der vor der ganzen Kirche steht, besser ausgedrückt und wahrgenommen wird.“ (rv)

Papst traf noch keine Entscheidung zu Mitarbeitern

VatikanPapst Franziskus hat nach Worten von Vatikansprecher Federico Lombardi noch keine Entscheidung über die Auswahl seiner künftigen leitenden Mitarbeiter getroffen. Mit Eintritt der Sedisvakanz hatten am 28. Februar alle Präfekten und Präsidenten vatikanischer Behörden ihre Ämter verloren. Es liegt nun in den Händen des neuen Papstes, die Leitungsposten nach seinem Ermessen neu zu besetzen. Benedikt XVI. hatte bei seinem Amtsantritt im April 2005 die Mitarbeiter seines Vorgängers vorübergehend in ihrem Amt bestätigt, sie dann aber nach und nach durch andere Personen ersetzt.

Papst Franziskus hat ebenfalls noch keine Entscheidung über sein Leitwort und über sein Wappen getroffen. (rv)

Kardinal Marx: Papst steht für transatlantische Verbindungen

Kardinal MarxSeit 1.272 Jahren ist erstmals ein Nicht-Europäer auf den Stuhl Petri gewählt worden – eine außerordentliche Neuerung, die ein wichtiges Signal für Europa darstellt. Das sagt der Präsident der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft (COMECE), Kardinal Reinhard Marx, im Radio- Vatikan-Interview. Auf die Frage, was die Einsetzung eines Lateinamerikaners als Bischof von Rom für Europa bedeute, antwortete er:

„Für Europa bedeutet das erst einmal, wir sind nicht allein Kirche in Europa, sondern die Weltkirche ist größer als Europa. Das ist sehr wichtig, und es ist auch wichtig, dass wir von Europa aus auf die anderen Kontinente blicken. Da ist Lateinamerika von außerordentlicher Bedeutung. Auch Nordamerika, aber es gibt viele europäisch-amerikanische Verbindungen – auch durch die nicht immer leichte Geschichte der Eroberungen, die bitter war; es gibt auch eine Leidensgeschichte zwischen Amerika und Europa, und es gibt eine Einwanderungsgeschichte, für die der neue Papst auch steht. Er stammt ja aus Italien, bzw. die Eltern stammen aus Italien. Also, es gibt viele Beziehungen zwischen Lateinamerika und Europa, und das wird vielleicht auch noch einmal deutlich, wenn ein Papst aus Lateinamerika hier iBischof von Rom wird. Ich finde das wunderbar, großartig!“

Der neue Papst sei sicherlich für Überraschungen gut, aber ihm müsse nun erst einmal die Zeit eingeräumt werden, seine eigenen Akzente zu setzen. Das Kardinalskollegium stehe ihm jedenfalls bei seiner Aufgabe zur Seite:

„Ich glaube, dass dieser Papst sich Gedanken gemacht hat, wie er sein Pontifikat gestaltet, dass er Akzente setzen wird. Aber man kann jetzt nicht erwarten, dass das alles auf einmal passiert. Ich möchte mit großer Offenheit abwarten, er wird das ganze Feld der Aufgaben Schritt für Schritt angehen, und dabei möchten wir ihm helfen. Das kann ein Papst nicht alleine, ein Papst steht nicht allein für die Kirche, sondern die Bischöfe stehen ihm zu Seite, auch die Kardinäle. Ich glaube, er wird ein sehr kollegialer Papst sein, der mit seinen Mitarbeitern und vor allem auch mit den Bischöfen zusammenarbeitet. Das ist jedenfalls meine Hoffnung.“ (rv)

Lombardi: „Bergoglio hat während der Militärdiktatur Menschen geholfen“

Pater LombardiDer Pressesprecher des Heiligen Stuhls, Pater Federico Lombardi, hat an diesem Freitag Stellung zu den Vorwürfen gegen Papst Franziskus bezogen, er habe während der Zeit der Militärdiktatur eine unklare Haltung gegenüber der Junta eingenommen. Mit deutlichen Worten wies Pater Lombardi darauf hin, dass die Kampagne gegen Bergoglio „bestens bekannt und bereits mehrere Jahre alt“ sei. Zudem werde sie durch ein Publikationsorgan verbreitet, das auf solche teils auch rufschädigenden und verleumderischen Kampagnen spezialisiert sei. „Der antiklerikale Hintergrund dieser Kampagne sowie anderer Vorwürfe gegen Bergoglio ist bestens bekannt und auch offensichtlich“, so Lombardi wörtlich.

Die Vorwürfe beziehen sich auf die Zeit, in der Bergoglio noch nicht Bischof war, sondern Provinzialoberer der Jesuiten in Argentinien. Zwei Priester sind durch die Militärjunta entführt worden und fünf Monate lang festgehalten worden. Bergoglio, so die Anklage, habe sie angeblich nicht geschützt. Pater Lombardi unterstrich, dass es nie eine konkrete und glaubwürdige Anklage gegen Bergoglio gegeben habe. Die argentinische Justiz habe ihn einmal als Zeugen befragt, ihn aber nie irgendeiner Verfehlung angeklagt. Er wiederum habe den Vorwürfen auf eine gut dokumentierte Weise widersprochen.

Pater Lombardi betonte, dass es im Gegenzug zahlreiche Erklärungen gebe, die beweisen, wie viel Bergoglio getan habe, um viele Menschen in Zeiten der argentinischen Militärdiktatur zu schützen. Ebenfalls bekannt sei die Rolle Bergoglios – in seiner Zeit als Bischof – bei der Beförderung der Bitte nach Vergebung durch die argentinische Kirche, weil sie in Zeiten der Diktatur nicht genug getan habe. Pater Lombardi wörtlich:

„Die Anklagen lassen sich einem Gebrauch von historisch-soziologischen Analysen des Zeitraumes der Diktatur zuordnen, die seit Jahren von Elementen des antiklerikalen linken Spektrums vorangetrieben werden, um die Kirche anzugreifen. Diese müssen mit Entschiedenheit zurückgewiesen werden.“ (rv)

Papst empfängt Kardinäle im Vatikan: „Brüder, forza!“

KonsistoriumFranziskus hat am Freitagmorgen das Kardinalskollegium im Apostolischen Palast empfangen. Der neue Papst, der ohne Stola und Mozzetta auftrat, wich bei seiner Ansprache an einigen Stellen vom Redetext ab. „Cari fratelli, forza!“, „Liebe Brüder, los!“ – mit lebhaftem Blick und ausladenden Gesten rief er die Kardinäle zu neuer Verve bei Verkündigung des Christentums auf. Dazu gelte es vorhandenes Potenzial neu zu nutzen, so Franziskus, der in freier Rede ein Hölderlin-Zitat einfügte:

„Die Hälfte von uns sind alt. Das Alter ist, so drücke ich es gern aus, Sitz der Wissens im Leben. Die Alten haben die Weisheit, dass sie im Leben gegangen sind, wie der alte Simon, die alte Anna vom Tempel. Und diese Weisheit ist es gerade, die sie Jesus hat erkennen lassen. Schenken wir den Jungen diese Weisheit: schenken wir ihnen die Weisheit des Lebens, wie der gute Wein, der mit den Jahren immer besser wird. Mir kommt in den Sinn, was ein deutscher Dichter über das Alter sagte:, Es ist ruhig, das Alter, und fromm’ (Anm. d. Red.: Friedrich Hölderlin: Meiner verehrungswürdigen Großmutter zum 72. Geburtstag): es ist die Zeit der Ruhe und des Gebetes. Und auch die Zeit, den Jungen diese Weiheit zu geben.“

Ausgehend von der intensiven Erfahrung des Konklaves rief der Papst die Kardinäle zur Einheit auf. „Wir haben zusammen gebetet und brüderlich unsere Gefühle, Erfahrungen und Gedanken geteilt“, so Franziskus. Der Papst blickte auf die intensiven Tage des Vorkonklaves und Konklaves zurück:

„In diesem Klima großer Herzlichkeit haben wir uns besser kennengelernt und sind einander gegenüber offen geworden, und das ist gut, denn wir sind Brüder. Jemand sagte mir: die Kardinäle sind die Priester des Heiligen Vaters. Aber wir sind diese Gemeinschaft, diese Freundschaft, diese Nähe, die allen gut tun wird.“

Dieses „Offenwerden“, diese „Brüderlichkeit“ hätten die Kardinäle für die Lenkung durch den Heiligen Geist geöffnet, blickt Franziskus auf das Konklave, das „voll von Bedeutung nicht nur für das Kardinalskollegium, sondern auch für alle Gläubigen“ gewesen sei. Er verwendet hier den Begriff „Paraklet“ aus dem Johannesevangelium – den beistehenden, tröstenden Heiligen Geist:

„Der Paraklet schafft alle Unterschiede in der Kirche, und es scheint, er sei ein Apostel von Babel. Aber andererseits ist er es, der die Einheit dieser Unterschiede nicht in der Gleichheit, sondern in der Harmonie schafft. Ich erinnere mich an den Kirchenvater, der das so fasste: ,Ipse harmonia est’. Dieser Paraklet, der jedem von uns andere Charismen gibt, vereint uns in dieser Gemeinschaft der Kirche, die den Vater, den Sohn und Ihn, den Heiligen Geist, anbetet.“

Ausgehend von der „authentischen und kollegialen Zuneigung“, die das Kardinalskollegium vereine, gab der neue Papst seinem Willen Ausdruck, „dem Evangelium mit erneuerter Liebe“ zu dienen. Der Argentinier rief hier zu einer erneuerten Evangelisierung mit vereinten Kräften auf:

„Geben wir nie dem Pessimismus nach, der Bitterkeit, die uns der Teufel jeden Tag anbietet: geben wir nicht dem Pessimismus nach und der Entmutigung: Wir haben die feste Gewissheit, dass der Heilige Geist der Kirche – mit seinem mächtigem Atem – den Mut gibt, beharrlich neue Wege der Evangelisierung zu suchen, um das Evangelium bis an die letzten Enden der Welt zu tragen (At 1,8).“

Die Wahrheit der christlichen Botschaft sei bis heute unumstößlich:

„Die Wahrheit des Christentums ist anziehend und überzeugend, weil die auf das tiefe Bedürfnis der menschlichen Existenz antwortet und auf überzeugende Weise verkündet, dass Christus der einzige Erlöser des ganzen Menschen und aller Menschen ist. Diese Botschaft bleibt heute wie zu Beginn des Christentums gültig, als die große missionarische Expansion des Evangeliums stattfand.“

Franziskus dankte den Kardinälen für ihre Arbeit während der Zeit der Sedisvakanz und allen Vatikanmitarbeitern, die für einen reibungslosen Ablauf der Papstwahl gesorgt haben. Namentlich nannte er Kardinaldekan Angelo Sodano, den Camerlengo Tracisio Bertone und Giovanni Battista Re, der das Konklave leitete. Weiter erwähnte der Papst hier die Kardinäle, die aus gesundheitlichen oder Altersgründen nicht am Konklave teilnehmen konnten, wie etwa Kardinal Mejia, der am Mittwoch einen Herzinfarkt erlitten hatte und in einem römischen Krankenhaus liegt.
Besonderer Dank des neuen Papstes ging an seinen Vorgänger:

„Besonders denke ich mit großer Zuneigung und tiefer Dankbarkeit an meinen ehrwürdigen Vorgänger Benedikt XVI., der in diesen Pontifikatsjahren die Kirche mit seinem Lehramt, seiner Güte, seinem Glauben, seiner Demut und seiner Milde – die ein geistliches Erbe für alle bleiben werden – bereichert und neu gestärkt hat. Er hat das Petrusamt, das er mit totaler Hingabe lebte, weise und demütig ausgeübt, mit einem immer fest auf Christus gerichteten Blick, den auferstandenen Christus, der anwesend und lebendig in der Eucharistie ist. Wir werden ihn immer mit unserem inbrünstigen Gebet begleiten, mit unserem nicht abreißenden Erinnerung und unserer unvergänglichen Anerkennung voller Zuneigung. Wir fühlen, dass Benedikt XVI. in der Tiefe unserer Herzen eine Flamme entzündet hat: sie wird weiter brennen, denn sie wird durch sein Gebet genährt, das die Kirche und ihren spirituellen und missionarischen Weg weiter unterstützen.“ (rv)

Papst grüßt Roms jüdische Gemeinde

LeuchterWie Benedikt XVI. im Jahr 2005 hat auch Papst Franziskus der jüdischen Gemeinde Roms zu Beginn seines Pontifikates seine Verbundenheit zugesichert. „Auf den Schutz des Allerhöchsten vertrauend, hoffe ich lebhaft, zu jenem Fortschritt beitragen zu können, den die Beziehungen zwischen Juden und Katholiken ausgehend vom Zweiten Vatikanischen Konzil erfahren haben, in einem Geist der erneuerten Zusammenarbeit und im Dienst einer Welt, die nach dem Willen des Schöpfers immer harmonischer sein kann.“ Das schreibt Franziskus in einem Brief an den römischen Oberrabbiner Riccardo Di Segni, den die jüdische Gemeinde am Donnerstag veröffentlichte. Das Schreiben ist auf den Tag der Papstwahl am Mittwoch datiert.

Di Segni äußerte sich erfreut über den päpstlichen Gruß. „Ich sehe, dass auf diese Weise die von Benedikt XVI. verfolgte Linie weitergeführt wird“, sagte er Journalisten. Besonders begrüßte er den Bezug auf das Zweite Vatikanum: „Das ist die Basis für alle Fortschritte, die die Kirche in den vergangenen vier Jahrzehnten gemacht hat.“ Die jüdische Gemeinschaft habe von dem neuen Papst „einen positiven Eindruck“. Der Oberrabbiner erinnerte daran, dass auch Benedikt XVI. sofort nach seiner Wahl einen Brief an die jüdische Gemeinde seiner Bischofsstadt gesandt habe. (rv)

Die erste Messe des neuen Papstes: „Missa Pro Ecclesia“

Papst FranziskusPapst Franziskus kehrt an den Ort der Papstwahl zurück – bei der ersten Messe des neuen Papstes in der Sixtinischen Kapelle wendet sich Benedikts Nachfolger in freier Rede auf Italienisch an diejenigen, die ihn wählten. Anlässlich des besonderen Anlasses sind die 114 Kardinäle – trotz der Fastenzeit – in weiße Paramente und Mitren gekleidet. Franziskus selbst trägt noch keine päpstlichen Insignien wie den Fischerring oder das Pallium, die wird er erst am kommenden Dienstag erhalten. Er zieht als nun ranghöchster Kirchenvertreter als letzter in die Kapelle ein.

Traditionell hält ein neuer Papst bei seiner ersten Messe nach dem Konklave, der „Missa Pro Ecclesia“, eine programmatische Ansprache über die Grundlinien seines bevorstehenden Pontifikats. Unter Michelangelos jüngstem Gericht in der Sixtinischen Kapelle wählt Franziskus drei Leitworte, die er seiner Kirche mit auf den Weg gibt: „Camminare – edificare – confessare“, „schreiten, aufbauen, sich bekennen“. Ungewöhnlich: er predigt im Stehen.

„Schreiten: unser Leben ist ein Weg und wenn wir stehenbleiben, geht das nicht. Immer weitergehen, mit dem Herrn, im Licht des Herrn, und versuchen, mit dieser Tadellosigkeit zu leben, die Gott von Abraham verlangt, in seinem Versprechen.“

Nächstes Leitwort: die Kirche aufbauen, sie ewig gründen auf den Petrusfels. Franziskus verwendet das italienische Worte „pietra“ im Plural, wenn er vom Petrusfels spricht und sagt „pietre“ – „Steine“ , was wie „petre“ klingt.

„Aufbauen. Die Kirche aufbauen. Da geht es um Steine: Steine haben Bestand; aber lebender Fels, geschmierter Fels für den Heiligen Geist. Die Kirche aufbauen, die Braut Christi, auf diesen Eckstein, welcher der Herr selbst ist und, mit einer anderen Bewegung unseres Lebens, aufbauen.“

Dritter Punkt der Rede, die sprachlich in Einfachheit und Sprechmelodie besticht: sich bekennen. Ohne ein Bekenntnis zu Christus und dem Zeugnis seiner Liebe im Tod am Kreuz ist alles vergänglich, so Franziskus, ja es ist „des Teufels“:

„Wenn man sich nicht zu Jesus Christus bekennt, bekennt man sich zur Weltlichkeit des Teufels, zur Weltlichkeit des Dämons. […] Wenn wir ohne das Kreuz gehen, wenn wir ohne das Kreuz bauen, und wenn wir uns zu einem Christus ohne Kreuz bekennen, sind wir keine Jünger des Herrn: wir sind weltlich, wir sind Bischöfe, Priester, Kardinäle, aber keine Jünger des Herrn.“

Diese Botschaft will der Nachfolger auf dem Stuhl Petri mit „Mut“ verwirklicht wissen. Zwei Mal verwendet er diesen Begriff:

„Ich wünsche mir, dass alle nach diesen Tagen der Gnade den Mut haben – wirklich den Mut – in Anwesenheit des Herrn zu schreiten, mit dem Kreuz des Herrn; die Kirche auf das Blut des Herrn zu bauen, das am Kreuz vergossen wurde; und sich zur einzigen Herrlichkeit zu bekennen, zum gekreuzigten Christus. So wird die Kirche voranschreiten. (…) Schreiten, bauen, sich bekennen zum gekreuzigten Jesus Christus. So soll es sein.“

Die Stille nach der Predigt ist kurz, ein weiteres kleines Anzeichen dafür, dass hier irgendwie ein neuer Ton angeschlagen wird – wie auch das gesprochene, nicht gesungene Hochgebet. (rv)