D: Kard. Meisner erlaubt Form der „Pille danach“

 

Kardinal Meisner„Die Ärzte in katholischen Einrichtungen sind aufgefordert, sich rückhaltlos der Not vergewaltigter Frauen anzunehmen“. Das schreibt der Kölner Erzbischof, Kardinal Joachim Meisner, in einer Erklärung von diesem Donnerstag. Eine so genannte „Pille danach“, deren „Wirkprinzip die Verhinderung einer Zeugung ist“, sei nach einer Vergewaltigung seiner Meinung nach vertretbar, um „die Befruchtung zu verhindern“. Aufgrund der unterschiedlichen Wirkweise der verschiedenen Präparate ergäben sich ebenfalls unterschiedliche ethische Konsequenzen, so Meisner weiter. Ein Präparat einzusetzen, das die Einnistung einer bereits befruchteten Eizelle verhindern solle, sei nach wie vor nicht vertretbar, da eine befruchtete Eizelle unter dem Schutz der Menschenwürde liege.

Es sei aus seiner Sicht aber „nichts dagegen einzuwenden“, wenn katholische Ärzte Vergewaltigungsopfer „auch über Methoden, die nach katholischer Auffassung nicht vertretbar sind, aufklären“. Das schließe auch Informationen über „deren Zugänglichkeit“ ein, so Kardinal Meisner. Allerdings sollten die Ärzte gleichermaßen, „ohne irgendwelchen Druck auszuüben, auf angemessene Weise auch die katholische Position mit Argumenten erläutern“. Jedenfalls müsse aber „in katholischen Einrichtungen die Hilfe für vergewaltigte Frauen weit über die Erörterung solcher Fragen hinausgehen“.

Die Pressestelle des Erzbistums Köln erklärt in einem eigenen Schreiben an diesem Donnerstag einige Hintergründe: „Zu betonen ist, dass sich die Erklärung des Erzbischofs von Köln auf die Situation einer Vergewaltigung bezieht und nicht auf die Situation in einer sakramentalen Ehe, die die Enzyklika „Humanae Vitae“ behandelt.“ Es gehe beim Thema Vergewaltigung nicht um die Ganzheitlichkeit eines liebenden Aktes, sondern um die Verhinderung einer verbrecherischen Befruchtung. Die Kirche sei bei ihrer Einschätzung zunächst von einer Wirkweise der „Pille danach“ ausgegangen, die offenbar nicht mehr Stand der Wissenschaft entspreche. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse müssten berücksichtigt werden und daher eine Differenzierung bei der „Pille danach“ erfolgen. „Dabei gehört es zur Eigenart solcher Erkenntnisse, dass sie nicht selten kontrovers sind. Die Kirche kann dazu nur die moralischen Prinzipien erklären. Der einzelne Arzt einer katholischen Einrichtung muss sich dann unter Voraussetzung dieser Prinzipien gewissenhaft kundig machen und so zu einer verantwortungsvollen Entscheidung kommen“, heißt es wörtlich in dem Schreiben.

Der katholische Krankenhausverband Deutschlands e.V. (KKVD) begrüßte das von Kardinal Meisner veröffentlichte Schreiben. „Damit dürften manche Unsicherheiten, die es in katholischen Einrichtungen gegeben hat, ausgeräumt sein. Auch wird die Verantwortlichkeit der behandelnden Ärzte gestärkt“, heißt es in einer Pressemitteilung des KKVD von diesem Donnerstag. Der Kardinal benenne den Stand der medizinischen Erkenntnis und ordne ihn positiv in die Wirklichkeit der katholischen Krankenhäuser ein. Zugleich mache er die katholische Position zur Abtreibung deutlich. (rv)

Alte Manuskripte jetzt für alle zugänglich

 

Vatikanisches DokumentEine erste Tranche von 256 Dokumenten der Bibliotheca Apostolica Vaticana ist digitalisiert im Internet zugänglich. Das berichtet die Vatikanseite RomeReports. Monsignore Cesare Pasini, Präfekt der Bibliothek, will langfristig alle 80.000 Manuskripte der Bibliothek digitalisieren. Zugang hat nun jeder, der sich über die Homepage der Apostolischen Bibliothek einloggt. (rv)

Neue Kardinal-Mitglieder in Vatikan-Dikasterien

 

Papst Benedikt XVI.Benedikt XVI. hat an diesem Donnerstag neue Mitglieder für verschiedene Dikasterien des Heiligen Stuhles ernannt. Unter ihnen sind sechs neue Kardinäle, die der Papst am vergangenen 24. November kreiert hatte.

Der Erzbischof von Abuja, John Olorunfemi Onaiyekan, ist demnach neues Mitglied in der Glaubenskongregation und weiter im Leitungskomitee des Päpstlichen Familienrates.

Den maronitischen Patriarchen von Antiochien, Kardinal Béchara Boutros Raï, machte der Papst zum Mitglied in der Ostkirchenkongregation, im Päpstlichen Migrantenrat, im Päpstlichen Rat für soziale Kommunikationsmittel und im höchsten Gericht der Apostolischen Signatur.

Der Großerzbischof von Trivandrum, Baselios Cleemis Thottunkal – er ist Oberhaupt der mit Rom unierten Syro-malankarischen Kirche – sitzt fortan im Päpstlichen Rat für interreligiösen Dialog und in der Ostkirchenkongregation.

Die Lateinamerika-Kommission und der Päpstliche Friedensrat bekommen mit Kardinal Rubén Salazar Gómez, dem Erzbischof von Bogotá, Verstärkung aus Kolumbien.

Die Kongregation für die Evangelisierung der Völker und die Vermögensverwaltung des Heiligen Stuhles erweiterte der Papst um das neue Mitglied Kardinal James Michael Harvey; er ist Erzpriester der Papstbasilika Sankt Paul vor den Mauern.

Den Päpstlichen Familienrat und den Päpstlichen Migrantenrat stockte der Papst mit dem Erzbischof von Manila, Luis Antonio G. Tagle, auf.

Zwei weitere Mitglieder im Päpstlichen Migrantenrat ab diesem Donnerstag, die keine Kardinäle sind: der Präsident der Bischofskonferenz von Mosambik und Bischof von Xai-Xai, Lucio Andrice Muandula, und der Präsident der römischen Basisgemeinschaft Sant’Egidio, Universitätsprofessor Marco Impagliazzo. (rv)

„Es war nie so leicht wie jetzt, aus dem Priesteramt rauszufliegen“

 

cicDer Vatikan arbeitet derzeit an der Revision einiger Bestimmungen des Kirchenrechts. Bereits nach Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils war eine Reform in Angriff genommen worden; sie mündete in der Promulgation des heute gültigen „Codex Iuris Canonici“, der am 25. Januar 1983 von Papst Johannes Paul II. veröffentlicht wurde. Teil der aktuell laufenden Revision ist unter anderem das kirchliche Strafrecht. Der Salesianerpater Markus Graulich vom Kirchengericht „Sacra Rota Romana“ erläutert im Gespräch mit uns einige Details.

„Da läuft jetzt etwa seit zwei Jahren ein Projekt, welches die Konsultationsphase hinter sich hat: Das ist also an alle Bischofskonferenzen verschickt worden. Und jetzt geht es darum, die Reaktionen zu werten und eventuell zu dem Entwurf eines geänderten Gesetzes zu kommen.“

Das Ideal einer „nicht strafenden Liebeskirche“ sei u.a. wegen des Missbrauchsskandals nicht mehr aufrechtzuhalten gewesen, so Graulich. Das Kirchenrecht sei samt seiner Beigesetze im Bereich sexueller Missbrauch zwar „schon ausreichend“, meint er. Allerdings gebe es Probleme bei Rezeption und Anwendung des Gesetzeswerks:

„Einmal ist es nicht bekannt – es wurde im Vorfeld nicht angewandt, auch nicht während der Krise, oder da nur unzureichend.“

Das sei etwa am Beispiel Irland deutlich geworden, so Graulich. In seinem Hirtenbrief vom 19. März 2010 an die Kirche des Landes sprach Benedikt XVI. vom „Versagen in der Anwendung bestehender kanonischer Strafen“ und von der „fehlgeleiteten Tendenz“ in der irischen Kirche, „Strafverfahren für kanonisch irreguläre Umstände zu vermeiden“. Bestehende Gesetze wurden in diesem Fall also teilweise nicht angewandt, so Graulich. Umgekehrt würden heute bestimmte Beigesetze des Kirchenrechtes teilweise „krude angewandt“, sozusagen in Richtung des anderen Extrems – klagt Graulich, der die Rechtsgeschichte gut kennt:

„Es war nie so leicht in der Geschichte der Kirche wie jetzt, aus dem Priesteramt rauszufliegen! Häufig ist es so, dass allein der Verdacht eines Missbrauchs reicht, dass die Bischöfe die Priester schon aus dem Dienst nehmen. Und dann ist es natürlich schwierig, wenn man einmal schon damit angefangen hat, auch wenn sich die Unschuld herausstellt, sie dann wieder einzugliedern. Also, da ist noch einiges zu tun…“

Eine weitere Baustelle im kirchlichen Strafrecht: die Integration von Beigesetzen in den bestehenden Kodex. Graulich nennt ein Beispiel.

„Dann gab es die Beigesetze mit dem Motu proprio ,Sacramentorum sanctitatis tutela‘, den ,delicta graviora‘, mit der Gesetzgebung für den Umgang mit den Tätern. Und das muss jetzt eben alles ins Gesetzbuch mit hinein – es gab ja Änderungen oder Ergänzungen außerhalb des Kodex, die man jetzt versucht, mit hineinzunehmen.“

Mit dem Motu proprio „Sacramentorum sanctitatis tutela“ nahm Papst Johannes Paul II. im April 2001 sexuellen Missbrauch Minderjähriger durch Kleriker in die Liste der „delicta graviora“ auf – der Vergehen, die für die katholische Kirche am schwerwiegendsten sind. Junge Menschen seien im kirchlichen Strafrecht teilweise besser geschützt als in den staatlichen Gesetzgebungen, unterstreicht Graulich:

„In der kirchlichen (Gesetzgebung, Anm. d. Red.) gibt es ein Schutzalter von 18 Jahren: Also jede sexuelle Belästigung, jeder sexuelle Missbrauch von Minderjährigen unter 18 ist strafbar. Bei den staatlichen Gesetzgebungen liegt es in der Regel bei 16, bei einigen sogar bei 14 Jahren.“

Auch in Punkto Verjährung gibt es unterschiedliche Regeln im kirchlichen und im staatlichen Recht. So liegt die Verjährungsfrist im Fall des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch Kleriker laut kirchlichen Bestimmungen derzeit bei 20 Jahren. Papst Benedikt XVI. hatte nach Bekanntwerden des Missbrauchsskandals in Deutschland im Mai 2010 eine Neufassung des Motu proprio „Sacramentorum sanctitatis tutela“ approbiert, mit der u.a. die Verjährungsfrist von zehn auf 20 Jahre hochgesetzt wurde. Weiter wurde damals festgelegt, dass die Glaubenskongregation die Verjährung in bestimmten Fällen sogar aufheben kann. Die Zusammenarbeit der kirchlichen und der staatlichen Rechtsprechung stoße so an bestimmte Grenzen, führt Graulich aus.

„Es werden ja staatliche Voruntersuchungen oder Untersuchungen von Missbrauchsfällen auch bei der kirchlichen Rechtsprechung mit berücksichtigt und mit verwertet. Das hat aber seine Grenzen, weil es eben unterschiedliche Auffassungen gibt über Verjährung und über das Schutzalter.“

In einem Rundschreiben vom Mai 2011 hat der Vatikan die Bischofskonferenzen der einzelnen Länder bei Missbrauchsfällen zur Zusammenarbeit mit den zuständigen staatlichen Behörden aufgefordert. Insbesondere gelte es „die Anzeigepflicht für solche Verbrechen zu beachten“, heißt es in dem Brief der Kongregation für die Glaubenslehre, der die Bischofskonferenzen dazu anhält, Leitlinien für die Behandlung von Fällen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch Kleriker zu erstellen. Was diese Anzeigepflicht betrifft, dürfte die Frage wohl ähnlich heikel sein wie bei der des Schutzalters: So müsste ein Kirchenvertreter in Deutschland und Italien – laut staatlichem Gesetz wohlgemerkt – gar keine Anzeige erstatten, wenn er von Missbrauch erfährt – in Frankreich, wo Anzeigepflicht besteht, dagegen sehr wohl. (rv)

Italien: Bischöfe gegen Homosexuellen-Ehe

Kardinal BagnascoAuch wenn nach den Wahlen Ende Februar womöglich der Sozialist Pier Luigi Bersani Regierungschef wird: Italiens Politiker sollen doch bitte nicht die liberale Familiengesetzgebung aus anderen europäischen Ländern „kopieren“. Das forderte der Vorsitzende der Italienischen Bischofskonferenz, Kardinal Angelo Bagnasco, in einer Grundsatzrede vor dem Ständigen Rat der Bischöfe am Montag Abend in Rom. Es sei merkwürdig, wenn für den Weg zu einem entwickelten Europa die Leugnung von Grundwerten verlangt werde, für die besonders die traditionelle Familie stehe, so Kardinal Bagnasco.

„Die Familie auf Grundlage der Ehe allein zwischen einem Mann und einer Frau gehört zu den nicht verhandelbaren Grundprinzipien! Der Abschied vom Wertesystem führt zu einem Absolutismus des Relativen und zu einem menschlichen und sozialen Rückschritt. Ein falsches Verständnis von Freiheit und Selbstverwirklichung steht ebenso hinter der sinkenden Zahl von Trauungen in Italien wie hinter der Forderung nach gleichgeschlechtlichen Ehen. Letztere wird vorgetragen, als handle es sich um etwas, das sowieso unausweichlich wäre. Dabei beruht das Wesen der Ehe nicht auf einer Übereinkunft, sondern ist dem physischen Code der Person eingeschrieben.“

Italiens Kirche hat in dieser Hinsicht schlechte Erfahrungen mit linken Regierungen gemacht: Auch Romano Prodi hatte, als er im letzten Jahrzehnt einer Mitte-Links-Koalition vorstand, versucht, gleichgeschlechtlichen Paaren die Registrierung beim Standesamt zu ermöglichen. Der frühere Mitte-Rechts-Premier Silvio Berlusconi, der bei den Parlamentswahlen Ende Februar wieder antritt, hat erkennen lassen, mit ihm sei eventuell die Legalisierung der so genannten Homo-Ehe zu haben. Der jetzige Ministerpräsident Mario Monti bewegt sich hingegen mehr auf Kirchenlinie.

Auch der Kardinal von Neapel ist derzeit in Rom; Crescenzio Sepe traf den Papst im Rahmen des Ad-Limina-Besuchs der Bischöfe aus der süditalienischen Region Kampanien. Dort ist das Problem vor allem die Mafia-Organisation Camorra. Die gesamte Bischofskonferenz unterstütze jegliche Initiativen, die sich gegen die Mafia richteten, sagte uns Kardinal Sepe nach dem Gespräch mit dem Papst.

„Wir leben hier in einer Grenzsituation in dem Sinne, dass man den Eindruck hat, die Mafia kontrolliere das gesamte Territorium. Doch die Kirche ist eine Stimme, die alle hier dazu aufruft, gemeinsam dagegen vorzugehen. Es geht letztlich um die Achtung der Menschenwürde. Die organisierte Kriminalität ist ein Krebsgeschwür der Gesellschaft, und ich muss sagen, dass der Einsatz der Kirche bisher vor allem bei der Jugend sehr viel bewirkt hat. Deshalb sind wir durchaus zuversichtlich.“ (rv)

Vatikan stellt Osterprogramm des Papstes vor

 VatikanplatzDer Vatikan hat das Osterprogramm des Papstes bekannt gegeben. Demnach wird Benedikt XVI. am 30. März um 20.30 Uhr die Ostervigil im Petersdom feiern. Am Sonntag findet die Ostermesse um 10.15 Uhr statt. Danach spendet er den Segen „Urbi et Orbi“ – der Stadt und dem Erdkreis. Radio Vatikan wird diese Gottesdienste live und mit deutschem Kommentar übertragen. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Homepage.

Am 11. Februar findet um 11 Uhr im Vatikan ein sogenanntes Konsistorium – also ein Kardinalstreffen – statt, bei dem der Papst einige Heiligsprechungen bekannt geben wird. An Aschermittwoch – in diesem Jahr fällt er auf den 13. Februar – wird Benedikt ab 16.30 Uhr zuerst in der Basilika Sant´Anselmo und danach in der Basilika Santa Sabina einen Gottesdienst feiern. Vom 17. bis 23. Februar finden im Vatikan die diesjährigen Fastenexerzitien statt, die diesmal vom vatikanischen Kultur-Minister, Kardinal Gianfranco Ravasi, geleitet werden.

Die Heilige Messe zum Palmsonntag wird wie in den vergangenen Jahren um 9.30 Uhr beginnen. Die Chrisammesse ist am 28. März um 9.30 Uhr in St. Peter. Am Gründonnerstag feiert der Papst außer der morgendlichen Chrisammesse auch noch abends den Gottesdienst „in Coena domini“, und zwar ab 17.30 Uhr. Am Karfreitag hingegen wird er um 17 Uhr mit einem Gottesdienst des Leidens des Herrn gedenken.

Am Karfreitagabend wird Benedikt XVI., wie in den vergangenen Jahren, zum Kreuzweg beim Kolosseum erwartet. In diesem Jahr stammen die Meditationen von zwei libanesischen Jugendlichen sowie dem maronitischen Patriarchen Bechara Boutros Rai. Benedikt XVI. hatte im September 2012 Beirut besucht. (rv)

Wahl des neuen Patriarchen von Babylon in Rom

Delly Emmanuel IIIAn diesem Montag wählen die Bischöfe der chaldäisch-katholischen Kirche den Nachfolger von Patriarch Emmanuel III. Delly (Bild). Der Papst hatte die Bischofssynode zur Wahl des Patriarchen von Babylon im Irak am 19. Dezember 2012 einberufen, als er auch Dellys Rücktritt annahm. Die Bischofssynode leitet der Präfekt der Ostkirchenkongregation, Kardinal Leonardo Sandri. Kardinal Delly war am 6. Oktober 2012 85 Jahre alt geworden. Nach seinem Rücktritt hatte der chaldäische Kurienbischof Jacques Ishaq die chaldäische Kirche administrativ geleitet. Die chaldäische Kirche ist die größte christliche Kirche im Irak; Sitz des Patriarchates ist Bagdad. (rv)

Ägypten: Arabischer Frühling – ein Mythos?

ÄgyptenWie die Zukunft Ägyptens aussieht, weiß in diesem Moment niemand – noch nicht einmal Präsident Mursi. Dies sagte der koptisch-katholische Bischof Youhanna Golta am Wochenende im Gespräch mit dem vatikanischen Fidesdienst. Die Welle der Gewalt in Ägypten hält jedenfalls weiter an: Auch an diesem Montag kam es in der Nähe des Tahrir-Platzes wieder zu Auseinandersetzungen. Dies ist nun schon der fünfte Tag der Straßenschlachten. Über drei ägyptische Provinzen hat Mursi deshalb den Ausnahmezustand verhängt; an diesem Montag will er sich zu Gesprächen mit allen politischen Führern treffen.

Zwei Jahre und ein paar Tage ist es nun her, seit der so genannte „arabische Frühling“ in Ägypten begann. Doch wurden die Ziele von damals erreicht? Hossam Badrawi, der frühere Generalsekretär von Mubaraks Partei, sagte dazu jetzt im Gespräch mit Radio Vatikan:

„Hunderttausende Menschen versammeln sich auf dem Tahrir-Platz. Er ist voller Leute, die gegen die Unterdrückung demonstrieren und erneut Freiheit und Demokratie fordern – das sind genau die Werte, auf die sie durch die Revolution gehofft haben. Jetzt sind sie enttäuscht darüber, wie die Dinge wirklich gelaufen sind!“

Badrawi ist eigentlich Physiker. 2011 war er für nur eine Woche Generalsekretär der Mubarak-Staatspartei NDP, als Nachfolger von Mubaraks Sohn Gamal. Einen Tag nach Badrawis Rücktritt von diesem Amt stürzte auch Präsident Mubarak.

Nach Ansicht von Bischof Golta könnte in Ägypten sogar erneut der Alptraum eines Bürgerkrieges auftauchen, wenn die Regierung und die Muslimbrüder versuchen sollten, die aktuellen Proteste zu unterdrücken. Dem Fidesdienst sagte der koptisch-katholische Bischof: „Ich mag meine muslimischen Brüder und Schwestern. Ich habe der Islamistik auch mein Studium und meine Doktorarbeit gewidmet. Doch für uns alle ist die Frage offen, ob wir uns auf dem Weg zu einem fanatischen oder einem zivilen Land befinden“. Er erinnerte vor diesem Hintergrund daran, dass die Muslimbrüder und die Salafisten eine stark islamisch geprägte Verfassung für Ägypten durchgesetzt haben. Auch der ehemalige Mubarak-Berater Badrawi, der damals noch gehofft hatte, durch die Revolution könne es besser werden, sagt nun:

„Jahrelang haben wir für die Rechte der Frauen gekämpft. Es hat überhaupt keinen Sinn, dass jetzt diese Rechte wieder reduziert werden, dass die Kopten ausgegrenzt werden und man hier einen religiösen Staat schaffen will. Wir hören mittlerweile schon davon, dass neunjährige Mädchen verheiratet werden sollen oder die weibliche Beschneidung wieder eingeführt werden soll, weil Gesetze, die das verbieten, nicht islamisch seien. Dabei hat so was doch absolut nichts mit Religion zu tun!“

In den vergangenen Tagen haben sich christliche Vertreter aus dem so genannten „nationalen Dialog“ zurückgezogen; mit diesem Dialog versucht Präsident Mursi, die Kontakte zu den sozialen Komponenten und der Opposition wieder herzustellen. Bischof Golta erklärte dazu, damit es einen Dialog geben könne, müsse man auch die Argumente der Gegenseite hören.

Von der Hoffnung, die der „arabische Frühling“ vor zwei Jahren mit sich brachte, ist aktuell kaum noch etwas zu spüren, sagt Mubaraks früherer Gefolgsmann Badrawi. Unter Mursi und den Muslimbrüdern wehe ein strenger Wind.

„Der arabische Frühling ist ein Mythos. Jede Revolution, die Freiheit und Demokratie will, inspiriert, besonders dann, wenn junge Leute dahinter stehen. Aber wenn so wie in Ägypten eine solche Revolution ohne Führung und Ziele erfolgt, dann übernimmt am Ende eine organisierte Mehrheit die Macht. Und das ist ein Schritt zurück. Dann wird es noch schlimmer!“

Bischof Golta wünscht sich eine neue Sicht der Beziehungen zwischen Politik und Religion. „Wer religiös sein will, darf keinen Anspruch darauf haben, die Menschen per Gesetz zum Gebet, zum Verzicht auf Alkohol oder zu einer bestimmten religiösen Praxis zu zwingen. In den arabischen Ländern wird es nur durch die Trennung von Religion und Politik Demokratie geben können“.
(rv)

Benedikt XVI.: Glaube stützt Gültigkeit der kirchlichen Ehe

VatikanVor Vertretern des Kirchengerichtes der „Sacra Rota Romana“ ist Benedikt XVI. an diesem Samstag auf Fragen des kirchlichen Eherechtes eingegangen. In seiner traditionellen Eröffnungsrede zum kirchlichen Gerichtsjahr trat der Papst für die Ehe zwischen Mann und Frau als wesentliche Zelle der kirchlichen Gemeinschaft ein und betonte die wesentliche Bedeutung des Glaubens für die kirchlich gültige Ehe. Ehe-Annullierungen bilden den Hauptzuständigkeitsbereich der Rota Romana, das zweithöchste Gericht des Apostolischen Stuhls. Kirchlich geschlossene Ehen können laut Kirchenrecht nur unter bestimmten Voraussetzungen „annulliert“ werden, Scheidungen sind ausgeschlossen.

Der Glaube an Gott, unterstützt durch die göttliche Gnade, ist wesentlich für die gegenseitige Hingabe und Treue der Eheleute, so der Papst über die Voraussetzungen einer gelingenden und wahrhaftigen Ehe im katholisch-christlichen Sinne. Die Ablehnung Gottes und der „heiligen Dimension“ des Ehebundes führt laut Papst zum „tiefen Ungleichgewicht“ in der Beziehung und „begünstigt ein falsches Verständnis der Freiheit und der Selbstverwirklichung“. Das Ausweichen vor Leid, Egoismus und reine Selbstbezogenheit des Menschen seien weitere Folgen.

Die heutige, von einem ethischen und religiösen Relativismus geprägte Kultur tue sich schwer mit dem Gedanken einer lebenslangen Bindung. Darin sehe sie einen Widerspruch zu Freiheit und Selbstverwirklichung. Es herrsche eine Mentalität, dass man Verbindungen jederzeit unterbrechen können müsse, führte der Papst. Das sei auch eine Ursache für die Krise von Ehe und Familie.

Die natürliche Ehe als „Vertrag zwischen Nicht-Getauften“ – Benedikt XVI. macht hier eine Abgrenzung zur Ehe als Sakrament – sei zwar nicht frei von Werten wie Treue oder „anderen Vermögen, die von Gott, dem Schöpfer, kommen“, so der Papst. Allerdings untergrabe ein Sich-Verschließen vor Gott oder die Ablehnung der „heiligen Dimension“ der Ehe letztlich die Gültigkeit derselben im kirchlichen Sinn, weil wesentliche Merkmale der Ehe grundlegend abgelehnt würden.

Eine der Voraussetzungen für die Gültigkeit der kirchlichen Ehe ist der so genannte „Ehekonsens“, der eine Eheschließung auf Grundlage des freien Willens einschließt, sich lebenslang gegenseitig zu schenken und anzunehmen. Ein Ehekonsens ist zum Beispiel nicht gegeben, wenn ein Partner zur Eheschließung gezwungen wird. Er ist auch nicht gegeben, wenn der geforderte Ehekonsens nur simuliert wird.

Die Sacra Rota Romana muss bei Ehe-Annullierungsverfahren u.a. prüfen, ob eine solche Simulation vorliegt. Laut Kirchenrecht liegt eine Simulation vor, wenn einer der Partner wesentliche Voraussetzungen der kirchlichen Ehe wie die Offenheit für das Leben, die Einheit und die Unauflöslichkeit der Ehe ausschließt. Sie liegt auch vor, wenn geheiratet wird, ohne das Wohl des anderen zu wollen.

Die Ausführungen Benedikt XVI. vor der Rota Romana richteten sich in diesem Zusammenhang auf die Frage des Glaubens als eine Bedingung für die Gültigkeit der Ehe. Das Wohl der Eheleute könne in bestimmten Fällen durch Abwesenheit des Glaubens gefährdet werden, und damit aus dem Ehekonsens selbst ausgeschlossen werden, so der Papst – zum Beispiel bei „falschen Auffassungen“ von Treue oder von der Gleichwertigkeit der Eheleute. Wenn also auch Konsens der Partner über Wohl, Nachkommenschaft, Einheit und Unauflöslichkeit der Ehe bestehe, sei dies nicht unbedingt eine Garantie für die Gültigkeit der Ehe im christlich-katholischen Sinne, könnte man hier den Vorstoß des Papstes zugespitzt auf den Punkt bringen. Mit anderen Worten und frei übersetzt: Wer nicht glaubt, geht auch ungültig in die Ehe ein.

Einer wahrhaftige Ehe im christlichen Sinne liegen Bekenntnis und Nächstenliebe zu Grunde, erinnerte der Papst weiter. Dies gelte für das gemeinschaftliche Leben und umso mehr für die Ehe.

Darüber hinaus ging der Papst auf den Aspekt der Unauflöslichkeit der Ehe ein: Verlassene und geschiedene Partner, die keine neue Verbindung eingingen, seien Beispiel christlicher Kohärenz und Treue – sofern sie von der Unauflöslichkeit der Ehe ausgingen, so Benedikt XVI., der hier auf Ausführungen seines Vorgängers Johannes Paul II. über Ehe und Familie Bezug nahm.

Seit 2011 Kompetenzen der Rota im Bereich Ehe-Annullierung komplett

Die römische Rota urteilt über die Gültigkeit kirchlicher Eheschließungen und ist dabei letzte Berufungsinstanz der einzelnen Diözesangerichte. Das Gericht übt für den Papst die ordentliche Gerichtsbarkeit aus. Im September 2011 hatte der Papst der Rota mit dem Motu proprio „Quaerit semper – Er bemüht sich immer“ weitere Kompetenzen übertragen, darunter auch im Bereich der Ehe-Annullierung. So kann das Gericht seit dem Motu Proprio geschlossene, aber „nicht vollzogene“ Ehen für ungültig erklären. (rv)

Kuba: Provinz Granma – Kirchenbesitz zurückerstattet

KubaDie Behörden der kubanischen Provinz Granma haben der katholischen Kirche ehemalige Besitztümer auf ihrem Gebiet rückerstattet. Das teilte die kubanische Bischofskonferenz auf ihrer Homepage mit. Es handele sich um ein ehemaliges Kollegium, eine Kapelle sowie zwei Landgüter in der Diözese von Bayamo-Manzanillo. Diese Güter wurden vor 60 Jahren von der Regierung beschlagnahmt. Erst im März des vergangenen Jahres hatte Papst Benedikt XVI. unter großer medialer Beachtung die Insel besucht. (rv)