D: Kard. Meisner erlaubt Form der „Pille danach“

 

Kardinal Meisner„Die Ärzte in katholischen Einrichtungen sind aufgefordert, sich rückhaltlos der Not vergewaltigter Frauen anzunehmen“. Das schreibt der Kölner Erzbischof, Kardinal Joachim Meisner, in einer Erklärung von diesem Donnerstag. Eine so genannte „Pille danach“, deren „Wirkprinzip die Verhinderung einer Zeugung ist“, sei nach einer Vergewaltigung seiner Meinung nach vertretbar, um „die Befruchtung zu verhindern“. Aufgrund der unterschiedlichen Wirkweise der verschiedenen Präparate ergäben sich ebenfalls unterschiedliche ethische Konsequenzen, so Meisner weiter. Ein Präparat einzusetzen, das die Einnistung einer bereits befruchteten Eizelle verhindern solle, sei nach wie vor nicht vertretbar, da eine befruchtete Eizelle unter dem Schutz der Menschenwürde liege.

Es sei aus seiner Sicht aber „nichts dagegen einzuwenden“, wenn katholische Ärzte Vergewaltigungsopfer „auch über Methoden, die nach katholischer Auffassung nicht vertretbar sind, aufklären“. Das schließe auch Informationen über „deren Zugänglichkeit“ ein, so Kardinal Meisner. Allerdings sollten die Ärzte gleichermaßen, „ohne irgendwelchen Druck auszuüben, auf angemessene Weise auch die katholische Position mit Argumenten erläutern“. Jedenfalls müsse aber „in katholischen Einrichtungen die Hilfe für vergewaltigte Frauen weit über die Erörterung solcher Fragen hinausgehen“.

Die Pressestelle des Erzbistums Köln erklärt in einem eigenen Schreiben an diesem Donnerstag einige Hintergründe: „Zu betonen ist, dass sich die Erklärung des Erzbischofs von Köln auf die Situation einer Vergewaltigung bezieht und nicht auf die Situation in einer sakramentalen Ehe, die die Enzyklika „Humanae Vitae“ behandelt.“ Es gehe beim Thema Vergewaltigung nicht um die Ganzheitlichkeit eines liebenden Aktes, sondern um die Verhinderung einer verbrecherischen Befruchtung. Die Kirche sei bei ihrer Einschätzung zunächst von einer Wirkweise der „Pille danach“ ausgegangen, die offenbar nicht mehr Stand der Wissenschaft entspreche. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse müssten berücksichtigt werden und daher eine Differenzierung bei der „Pille danach“ erfolgen. „Dabei gehört es zur Eigenart solcher Erkenntnisse, dass sie nicht selten kontrovers sind. Die Kirche kann dazu nur die moralischen Prinzipien erklären. Der einzelne Arzt einer katholischen Einrichtung muss sich dann unter Voraussetzung dieser Prinzipien gewissenhaft kundig machen und so zu einer verantwortungsvollen Entscheidung kommen“, heißt es wörtlich in dem Schreiben.

Der katholische Krankenhausverband Deutschlands e.V. (KKVD) begrüßte das von Kardinal Meisner veröffentlichte Schreiben. „Damit dürften manche Unsicherheiten, die es in katholischen Einrichtungen gegeben hat, ausgeräumt sein. Auch wird die Verantwortlichkeit der behandelnden Ärzte gestärkt“, heißt es in einer Pressemitteilung des KKVD von diesem Donnerstag. Der Kardinal benenne den Stand der medizinischen Erkenntnis und ordne ihn positiv in die Wirklichkeit der katholischen Krankenhäuser ein. Zugleich mache er die katholische Position zur Abtreibung deutlich. (rv)

Alte Manuskripte jetzt für alle zugänglich

 

Vatikanisches DokumentEine erste Tranche von 256 Dokumenten der Bibliotheca Apostolica Vaticana ist digitalisiert im Internet zugänglich. Das berichtet die Vatikanseite RomeReports. Monsignore Cesare Pasini, Präfekt der Bibliothek, will langfristig alle 80.000 Manuskripte der Bibliothek digitalisieren. Zugang hat nun jeder, der sich über die Homepage der Apostolischen Bibliothek einloggt. (rv)

Neue Kardinal-Mitglieder in Vatikan-Dikasterien

 

Papst Benedikt XVI.Benedikt XVI. hat an diesem Donnerstag neue Mitglieder für verschiedene Dikasterien des Heiligen Stuhles ernannt. Unter ihnen sind sechs neue Kardinäle, die der Papst am vergangenen 24. November kreiert hatte.

Der Erzbischof von Abuja, John Olorunfemi Onaiyekan, ist demnach neues Mitglied in der Glaubenskongregation und weiter im Leitungskomitee des Päpstlichen Familienrates.

Den maronitischen Patriarchen von Antiochien, Kardinal Béchara Boutros Raï, machte der Papst zum Mitglied in der Ostkirchenkongregation, im Päpstlichen Migrantenrat, im Päpstlichen Rat für soziale Kommunikationsmittel und im höchsten Gericht der Apostolischen Signatur.

Der Großerzbischof von Trivandrum, Baselios Cleemis Thottunkal – er ist Oberhaupt der mit Rom unierten Syro-malankarischen Kirche – sitzt fortan im Päpstlichen Rat für interreligiösen Dialog und in der Ostkirchenkongregation.

Die Lateinamerika-Kommission und der Päpstliche Friedensrat bekommen mit Kardinal Rubén Salazar Gómez, dem Erzbischof von Bogotá, Verstärkung aus Kolumbien.

Die Kongregation für die Evangelisierung der Völker und die Vermögensverwaltung des Heiligen Stuhles erweiterte der Papst um das neue Mitglied Kardinal James Michael Harvey; er ist Erzpriester der Papstbasilika Sankt Paul vor den Mauern.

Den Päpstlichen Familienrat und den Päpstlichen Migrantenrat stockte der Papst mit dem Erzbischof von Manila, Luis Antonio G. Tagle, auf.

Zwei weitere Mitglieder im Päpstlichen Migrantenrat ab diesem Donnerstag, die keine Kardinäle sind: der Präsident der Bischofskonferenz von Mosambik und Bischof von Xai-Xai, Lucio Andrice Muandula, und der Präsident der römischen Basisgemeinschaft Sant’Egidio, Universitätsprofessor Marco Impagliazzo. (rv)

„Es war nie so leicht wie jetzt, aus dem Priesteramt rauszufliegen“

 

cicDer Vatikan arbeitet derzeit an der Revision einiger Bestimmungen des Kirchenrechts. Bereits nach Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils war eine Reform in Angriff genommen worden; sie mündete in der Promulgation des heute gültigen „Codex Iuris Canonici“, der am 25. Januar 1983 von Papst Johannes Paul II. veröffentlicht wurde. Teil der aktuell laufenden Revision ist unter anderem das kirchliche Strafrecht. Der Salesianerpater Markus Graulich vom Kirchengericht „Sacra Rota Romana“ erläutert im Gespräch mit uns einige Details.

„Da läuft jetzt etwa seit zwei Jahren ein Projekt, welches die Konsultationsphase hinter sich hat: Das ist also an alle Bischofskonferenzen verschickt worden. Und jetzt geht es darum, die Reaktionen zu werten und eventuell zu dem Entwurf eines geänderten Gesetzes zu kommen.“

Das Ideal einer „nicht strafenden Liebeskirche“ sei u.a. wegen des Missbrauchsskandals nicht mehr aufrechtzuhalten gewesen, so Graulich. Das Kirchenrecht sei samt seiner Beigesetze im Bereich sexueller Missbrauch zwar „schon ausreichend“, meint er. Allerdings gebe es Probleme bei Rezeption und Anwendung des Gesetzeswerks:

„Einmal ist es nicht bekannt – es wurde im Vorfeld nicht angewandt, auch nicht während der Krise, oder da nur unzureichend.“

Das sei etwa am Beispiel Irland deutlich geworden, so Graulich. In seinem Hirtenbrief vom 19. März 2010 an die Kirche des Landes sprach Benedikt XVI. vom „Versagen in der Anwendung bestehender kanonischer Strafen“ und von der „fehlgeleiteten Tendenz“ in der irischen Kirche, „Strafverfahren für kanonisch irreguläre Umstände zu vermeiden“. Bestehende Gesetze wurden in diesem Fall also teilweise nicht angewandt, so Graulich. Umgekehrt würden heute bestimmte Beigesetze des Kirchenrechtes teilweise „krude angewandt“, sozusagen in Richtung des anderen Extrems – klagt Graulich, der die Rechtsgeschichte gut kennt:

„Es war nie so leicht in der Geschichte der Kirche wie jetzt, aus dem Priesteramt rauszufliegen! Häufig ist es so, dass allein der Verdacht eines Missbrauchs reicht, dass die Bischöfe die Priester schon aus dem Dienst nehmen. Und dann ist es natürlich schwierig, wenn man einmal schon damit angefangen hat, auch wenn sich die Unschuld herausstellt, sie dann wieder einzugliedern. Also, da ist noch einiges zu tun…“

Eine weitere Baustelle im kirchlichen Strafrecht: die Integration von Beigesetzen in den bestehenden Kodex. Graulich nennt ein Beispiel.

„Dann gab es die Beigesetze mit dem Motu proprio ,Sacramentorum sanctitatis tutela‘, den ,delicta graviora‘, mit der Gesetzgebung für den Umgang mit den Tätern. Und das muss jetzt eben alles ins Gesetzbuch mit hinein – es gab ja Änderungen oder Ergänzungen außerhalb des Kodex, die man jetzt versucht, mit hineinzunehmen.“

Mit dem Motu proprio „Sacramentorum sanctitatis tutela“ nahm Papst Johannes Paul II. im April 2001 sexuellen Missbrauch Minderjähriger durch Kleriker in die Liste der „delicta graviora“ auf – der Vergehen, die für die katholische Kirche am schwerwiegendsten sind. Junge Menschen seien im kirchlichen Strafrecht teilweise besser geschützt als in den staatlichen Gesetzgebungen, unterstreicht Graulich:

„In der kirchlichen (Gesetzgebung, Anm. d. Red.) gibt es ein Schutzalter von 18 Jahren: Also jede sexuelle Belästigung, jeder sexuelle Missbrauch von Minderjährigen unter 18 ist strafbar. Bei den staatlichen Gesetzgebungen liegt es in der Regel bei 16, bei einigen sogar bei 14 Jahren.“

Auch in Punkto Verjährung gibt es unterschiedliche Regeln im kirchlichen und im staatlichen Recht. So liegt die Verjährungsfrist im Fall des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch Kleriker laut kirchlichen Bestimmungen derzeit bei 20 Jahren. Papst Benedikt XVI. hatte nach Bekanntwerden des Missbrauchsskandals in Deutschland im Mai 2010 eine Neufassung des Motu proprio „Sacramentorum sanctitatis tutela“ approbiert, mit der u.a. die Verjährungsfrist von zehn auf 20 Jahre hochgesetzt wurde. Weiter wurde damals festgelegt, dass die Glaubenskongregation die Verjährung in bestimmten Fällen sogar aufheben kann. Die Zusammenarbeit der kirchlichen und der staatlichen Rechtsprechung stoße so an bestimmte Grenzen, führt Graulich aus.

„Es werden ja staatliche Voruntersuchungen oder Untersuchungen von Missbrauchsfällen auch bei der kirchlichen Rechtsprechung mit berücksichtigt und mit verwertet. Das hat aber seine Grenzen, weil es eben unterschiedliche Auffassungen gibt über Verjährung und über das Schutzalter.“

In einem Rundschreiben vom Mai 2011 hat der Vatikan die Bischofskonferenzen der einzelnen Länder bei Missbrauchsfällen zur Zusammenarbeit mit den zuständigen staatlichen Behörden aufgefordert. Insbesondere gelte es „die Anzeigepflicht für solche Verbrechen zu beachten“, heißt es in dem Brief der Kongregation für die Glaubenslehre, der die Bischofskonferenzen dazu anhält, Leitlinien für die Behandlung von Fällen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch Kleriker zu erstellen. Was diese Anzeigepflicht betrifft, dürfte die Frage wohl ähnlich heikel sein wie bei der des Schutzalters: So müsste ein Kirchenvertreter in Deutschland und Italien – laut staatlichem Gesetz wohlgemerkt – gar keine Anzeige erstatten, wenn er von Missbrauch erfährt – in Frankreich, wo Anzeigepflicht besteht, dagegen sehr wohl. (rv)