Vatikan: Der Papst ist 60 Jahre Priester

Mit einer spektakulären Aktion auf dem Petersplatz haben Mitglieder des bayrischen Pferdezuchtverbandes am Samstagnachmittag Papst Benedikt XVI. geehrt: Mit 42 Pferden und auf sechs Gespannen fuhren die Wallfahrer sechs Modelle bayerischer Kirchen über den Platz, die einen besonderen Bezug zu Papst Benedikt XVI. haben: Den Münchener Liebfrauendom, die Wallfahrtskapellen von Altötting und Birkenstein, sowie die Pfarrkirche von Aschau am Inn, wo Joseph Ratzinger seine Erstkommunion empfing. Die Wallfahrer mit Pferden und Fuhrwerken waren am 1. Juni in Bayern gestartet. Am 4. Juni gab es im Münchener Liebfrauendom einen Gottesdienst samt Tiersegnung. Nach Freising und Birkenstein war nächste Station die dem heiligen Korbinian geweihte Kirche in Kuens bei Meran. Am Freitag erreichte die Gruppe Rom und feierte am Samstag eine Messe in San Corbiniano, der Titelkirche des Münchner Kardinals Reinhard Marx, im römischen Vorort Infernetto. Höhepunkt der Wallfahrt war die Teilnahme am Pfingstgottesdienst mit Papst Benedikt XVI. an diesem Sonntag im Petersdom – natürlich diesmal ohne Pferde.

Der Papst ist seit 60 Jahren Priester

Hintergrund der Aktion ist das Diamantene Priesterjubiläum von Papst Benedikt XVI. Josef Ratzinger wurde am 29. Juni 1951 in Freising zum Priester geweiht, also vor fast genau 60 Jahren. Anlässlich des Jubiläums wurde an diesem Sonntag im Rahmen der Pfingstmesse ein neuer hölzerner Ambo eingeweiht. Das Geschenk deutscher Gläubiger an den Papst wurde von Künstlern aus Bayern und Italien gefertigt und soll offiziell am kommenden Donnerstagmorgen übergeben werden.

Anlässlich des 60. Priesterjubiläums hat das Erzbistum von München und Freising, dem Josef Ratzinger von 1977 bis 1982 als Erzbischof vorstand, eine Reihe von Festveranstaltungen ausgerichtet, darunter Gottesdienste am 29. Juni im Freisinger Mariendom und im Münchner Liebfrauendom sowie eine Festakademie auf dem Freisinger Domberg am 18. Juni, die der Theologie des Jubilars gewidmet ist. (rv)

D: Unter Papsthassern

"Benedikt XVI. kommt in die deutsche Hauptstadt – und das schwul-lesbisch-atheistische Berlin holt zum Gegenschlag aus. „Die Tagespost" war beim Vorbereitungstreffen für die Anti-Papst-Demo am 22. September. Besprochen wurde eine geschlechterpolitisch korrekte Route – und wie man den Gast aus Rom um seine Nachtruhe bringen kann."

"Die Tagespost" >> zum Artikel von Oliver Maksan

Italien: Antike Fresken in Rom entdeckt

Archäologen haben in Rom antike Fresken entdeckt. Das teilte die Päpstliche Kommission für christliche Archäologie mit. Die Fresken befinden sich in einer Grabkammer. Die Kommission stellte am Donnerstagabend den Fund der Presse vor. Die Gruppe um den Archäologen Fabrizio Bisconti benützte zur Freilegung eine neue Laser-Technik. Die Fresken stammen aus dem dritten Jahrhundert nach Christus. Auf ihnen ist unter anderem die Erschaffung Adams zu sehen. (rv)

Vatikan: „Ein Erfordernis der Einheit“

Was tun, wenn irgendwo in der Welt – in China zum Beispiel – katholische Bischöfe ohne Einverständnis oder sogar gegen den Willen des Papstes geweiht werden? Mit dieser Frage hat sich der Päpstliche Rat für die Gesetzestexte jetzt genauer beschäftigt. Die Vatikanzeitung „L´Osservatore Romano" druckt an diesem Samstag eine ausführliche Erklärung dieses Rates ab – unter der Überschrift: „Ein Erfordernis der Einheit".

„Ein Bischof, der jemanden ohne päpstlichen Auftrag zum Bischof weiht, und ebenso, wer von ihm die Weihe empfängt, zieht sich die dem Apostolischen Stuhl vorbehaltene Exkommunikation als Tatstrafe zu." So deutlich formuliert das der Kanon 1382 im Kirchenrecht. Der Päpstliche Rat für Gesetzestexte betont, dass eine illegale Bischofsweihe die Einheit der Kirche aufs schwerste verletzt – darum die Höchststrafe der Exkommunikation, und zwar nicht nur für den Geweihten, sondern auch für diejenigen, die ihn weihen. Eine Exkommunikation, die automatisch eintritt und nicht erst von Rom ausgesprochen werden muss.

Allerdings kommt es zu illegalen Bischofsweihen häufig unter dem Druck eines Regimes: In China etwa wurden in der Vergangenheit wiederholt romtreue Bischöfe zur Teilnahme an einem solchen Weiheakt ohne Mandat aus Rom gezwungen. Es gibt also durchaus mildernde Umstände, wie das Vatikan-Papier anerkennt – Umstände, die einer genauen Einzelprüfung bedürfen. Aber wie auch immer so eine Prüfung ausgehen mag, stellt eine illegale Bischofsweihe doch in jedem Fall objektiv eine schwerwiegende Verletzung der kirchlichen Einheit dar, weil sie die Gläubigen untereinander entzweit. Und wer wegen einer illegalen Bischofsweihe gültig exkommuniziert ist, der darf in keinem Fall an der Eucharistiefeier teilnehmen noch gar selbst die Sakramente spenden.

Wenn die Lage es verlangt, behält sich der Heilige Stuhl Strafen und Maßnahmen vor, um den Skandal zu beenden und die kirchliche Einheit wiederherzustellen. Auch hat ein Exkommunizierter geradezu ein Recht darauf, dass er wieder in den Schoss der Kirche aufgenommen wird, wenn er aufrichtige Reue zeigt: Dieser Passus in der Vatikan-Erklärung lässt nicht mehr an China, sondern an die Bischöfe der schismatisch orientierten Piusbruderschaft denken. Eine solche Rücknahme der Exkommunizierung kann allerdings im Fall einer illegalen Bischofsweihe nur der Heilige Stuhl vornehmen. (rv)

Vatikan/Syrien: „Respekt vor Meinungsfreiheit“

Im Vatikan sorgt man sich um die politischen Entwicklungen in Syrien. Die aktuellen Vorgänge in dem Land seien „im Vergleich zu anderen Staaten der arabischen Welt besonders beunruhigend", weil sie „Züge einer Gewalt ohne Ausweg" tragen, so Vatikansprecher Pater Federico Lombardi in seiner wöchentlichen Audio-Kolumne für Radio Vatikan. Zuletzt schoss nach Augenzeugenberichten die syrische Armee aus Helikoptern auf Demonstranten. Lombardi:

„Auf ganzer Linie rufen wir zum Dialog auf, zum Respekt vor der Meinungsfreiheit und der Teilhabe sowie auf Gewaltverzicht."

Nach dem Freitagsgebet hatten in ganz Syrien Tausende Menschen gegen das Regime Baschir al-Assads demonstriert und den Rücktritt des Präsidenten gefordert. Beim gewaltsamen Vorgehen der syrischen Sicherheitskräfte gegen Oppositionelle starben mindestens 22 Menschen. Papst Benedikt XVI. hatte erst kürzlich dem neuen Botschafter aus Damaskus beim Heiligen Stuhl klipp und klar gesagt, Syrien brauche „echte Reformen im politischen, wirtschaftlichen und sozialen Leben", erinnerte Lombardi.

„Der Papst spricht klar von Änderungen, die sich nicht auf Wegen der Intoleranz, der Diskriminierung und des Konflikts und erst recht nicht mit Gewalt artikulieren sollen, sondern im Respekt vor der Wahrheit, der Rechte der Personen und der Gemeinschaft, des Zusammenlebens und auch der Versöhnung".

Die Jesuiten in Syrien hätten kürzlich ein Dokument veröffentlicht, in dem sie feststellten, dass die sozialen und politischen Forderungen der Bevölkerung zwar dem legitimen Wunsch nach einer höheren Ebene der Zivilisierung entsprechen; gleichzeitig öffneten diese Forderungen aber „in der aktuellen Verwirrung die Tür zur Gewalt".

„Es wird versucht, einen Krieg zwischen den Religionsgemeinschaften zu provozieren, mit dem großen Risiko der Spaltung der Gesellschaft."

In einer solchen Lage müsse man sich „zum Dialog der Versöhnung und des Friedens bekehren", so Pater Lombardi.

„Für die syrischen Christen ist die Einheit des Landes eine Lebensbedingung. Sie müssen und wollen Brücken für einen echten und ernsthaften Dialog im Land sein."

Auch Papst Benedikt habe vor dem neuen Botschafter Syriens beim Heiligen Stuhl auf die tragende Rolle der Christen in dem Land hingewiesen.

„Der Papst hat die syrischen Autoritäten dazu aufgerufen, auf die Wünsche der Zivilgesellschaft zu achten. Und er hat den Blick geweitet auf die Lage der Völker des gesamten Nahen Ostens. Man muss sich entschieden gegen die Auflösung der Region stellen und ein Anschwellen der Konflikte vermeiden, die ganze Teile der Bevölkerung dazu zwingen, von einem Land ins andere zu flüchten, vom Irak nach Syrien, von Syrien in die Türkei." (rv)

Libyen: „Gaddafi nicht in Kirche versteckt“

Die Nato hat auch in der letzten Nacht wieder Bomben auf Tripolis abgeworfen – wie in den zwei Nächten zuvor. Der Bischofsvikar von Tripolis, der der Nato-Operation sehr kritisch gegenübersteht, hofft, dass Kirchen und kirchliche Einrichtungen nicht getroffen werden. Bischof Giovanni Martinelli ist aufgeschreckt über eine – wie er sagt – Falschmeldung in einer italienischen Zeitung, durch die jetzt ausgerechnet die Kirche in Tripolis ins Nato-Fadenkreuz geraten könnte.

„Ich dementiere, was eine italienische Zeitung am Mittwoch geschrieben hat, nämlich: Gaddafi sei in einer Kirche versteckt – das sei ein Verdacht diplomatischer Kreise in Italien und Russland. Gaddafi halte sich in einem Raum unter einer katholischen Kirche in Tripolis auf. Dem widerspreche ich in aller Entschiedenheit! Als Franziskaner wäre ich sehr zufrieden, wenn ich ihm in einer Kirche Aufnahme gewähren könnte, aber er ist absolut nie gekommen, er hat uns nie um Gastfreundschaft gebeten, und diese Hypothese ist auch gefährlich und schädlich für uns!"

Der Italiener Martinelli ist seit 1985 Bischofsvikar in der libyschen Hauptstadt. Von Anfang an hat er sich gegen die Nato-Operationen ausgesprochen. Er sieht das wie der italienische Friedensbischof Giovanni Giudici, der die italienische Sparte der katholischen Friedensbewegung Pax Christi leitet:

„Was die Ineffizienz eines Krieges betrifft, was die Tatsache betrifft, dass ein Krieg große Probleme schafft und Wunden schlägt, die so schnell nicht verheilen, kann man den Libyen-Einsatz durchaus mit dem Irakkrieg vergleichen. Hier sieht man, dass nicht nur Menschen sterben, sondern auch auf lange Sicht Ungleichgewichte entstehen, dass das Zusammenleben der Menschen schwierig wird, dass die Entwicklung eines Landes blockiert wird!"

Die Nato-Mitgliedsstaaten haben am Mittwoch abgelehnt, mehr militärische Kräfte für den Libyen-Einsatz bereitzustellen. Mit der entsprechenden Forderung konnte sich Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen beim Treffen der Verteidigungsminister in Brüssel nicht durchsetzen. Darum entdeckt er jetzt den politischen Prozess wieder:

„Wir haben den Boden für eine politische Lösung bereitet, indem wir Herrn Gaddafi und seinen Anhängern klargemacht haben, dass Gewalt und Unterdrückung keine Zukunft haben. Alle Minister waren sich einig, dass wir den Druck aufrechterhalten werden, solange es braucht, um diese Krise zu einem baldigen Ende zu bringen!"

Es ist allerdings nicht die Nato, die einen politischen Prozess in Gang zu bringen versucht, sondern die Afrikanische Union und die UNO. Der UNO-Sondergesandte Abdelilah al-Khatib spricht, während die Nato weiter ihre Bomben wirft, mit Vertretern des Gaddafi-Regimes. UNO-Sprecher Martin Nesirky:

„Er fordert sie dazu auf, der UNO ihre Vorstellungen über eine Übergangsphase mitzuteilen, damit dann ein politischer Prozess in Gang kommt, der den legitimen Wünschen des libyschen Volkes entspricht. Heute diskutiert al-Chatib dieses Thema in Bengasi mit dem Leiter des Nationalen Rates. Das Ziel ist herauszufinden, wie man den streitenden Parteien in Libyen dabei helfen kann, sich auf einen Übergang und einen Prozess zu verständigen, so dass die Kämpfe im Land beendet werden."

Der Chef-Ankläger des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag erklärte an diesem Donnerstag, Gaddafi habe seinen Soldaten Massen-Vergewaltigungen befohlen und dazu u.a. Viagra verteilen lassen. Es gebe „mehrere Beweise" für eine systematische Vergewaltigungs-Politik des libyschen Regimes, so Luis Moreno-Ocampo in New York. Das Den Haager Gericht wird bald entscheiden, ob es gegen Gaddafi wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit Anklage erhebt. (rv)

D: Zollitsch – Teilnahme vieler Protestanten beim Papstbesuch in Deutschland

Auf die Teilnahme vieler Protestanten am kommenden Papstbesuch in Deutschland hofft der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch. Ein Schwerpunkt der Papstreise vom 22.-25. September nach Deutschland ist die Ökumene; Benedikt XVI. hatte selbst im Programm mehr Platz für ökumenische Begegnungen einräumen lassen. Zollitsch zeigte sich am Mittwoch in Freiburg hochzufrieden über die hohen Anmeldezahlen zur Papstreise; sie belaufen sich derzeit auf 40.000 für Berlin, 74.000 für Erfurt und 35.000 für Freiburg. „Überraschend ist für mich, dass besonders in Thüringen das Interesse sehr groß ist", sagte Zollitsch (rv)

Kardinal Walter Kasper: „Eine Kirche für heute und morgen“

Kardinal Walter Kasper will eine erneuerte Lehre von der Kirche für heute darstellen. So schreibt es der ehemalige Präsident des Päpstlichen Einheitsrates in seinem an diesem Mittwoch erscheinenden Buch. Der Blick auf die Kirche heute, aber auch der Blick auf die Grundlagen sollen zu einer tragfähigen Bestimmung beitragen.

Das Buch beginnt sehr persönlich, mit Kaspers eigener Geschichte in dieser Kirche. Das, was er ein zeitgemäßes Kirchenverständnis nennt, beginnt für ihn und damit für jeden von seinen Lesern bei der Person, ihrer Erfahrung von Gemeinschaft und der Entwicklung, die die Kirche nimmt. Für Kasper waren das seine theologischen Prägungen und vor allem das Zweite Vatikanische Konzil, dann aber auch seine weltkirchlichen Erfahrungen als Präsident des Päpstlichen Einheitsrates im Vatikan.

Anlässlich des Erscheinens des Buches hat Pater Bernd Hagenkord mit Kardinal Kasper gesprochen und ihn gefragt, ob jedes Denken über Kirche mit der eigenen Erfahrung beginnen muss.

„Selbstverständlich. Jeder Christ, jeder Mensch, der in unserer Gesellschaft lebt, begegnet zunächst einmal der aktuellen Kirche mit den Schwierigkeiten und Krisen, die da sind. Aber dann muss eine theologische Betrachtung fragen, wie Jesus die Kirche gewollt hat und wie sich die Kirche in den großen Konzilien der Vergangenheit darstellt. Wir können ja heute keine neue Kirche machen, sondern eine er-neuerte Kirche. Darauf kommt es mir an: Was kann erneuerte Kirche heute und morgen sein?"

Der Kompass: Das Zweite Vatikanum
Was kann das sein, erneuerte Kirche heute und morgen?

„Man muss ausgehen vom Zweiten Vatikanischen Konzil. Das Konzil ist der Kompass für die Kirche des dritten Jahrtausends. Die große Idee des Konzils war, Kirche als eine Communio zu bestimmen, als eine Gemeinschaft. Gemeinschaft mit Gott, und deshalb eine Kirche die hört, die Eucharistie feiert, die betet und anbetet. Und auch eine Kirche, die Communio unter sich selber ist. Das eigentliche Problem der Kirche der Gegenwart scheint mir ein Kommunikationsdefizit zu sein, da mache ich gewisse Vorschläge, wie man das überwinden kann."

Synodale Strukturen – Erneuerung für die Kirche
Zum Beispiel?

„Es gibt eine alte Tradition der synodalen Strukturen. Das ist nicht Demokratisierung im heutigen Sinn, aber es ist eine authentische originäre kirchliche Struktur und ich meine, eine Erneuerung dieser Strukturen – und zwar auf allen Ebenen – scheint mir sehr wichtig zu sein. Das ist so ein Modell, wie ich mir das vorstellen könnte."

Wir heute haben nicht mehr heiligen Geist als die Vergangenheit
Mindestens in den deutschsprachigen Ländern wird sehr gestritten um die Frage, was Kirche sein kann. Es wird auch zunehmend polemisch. Was kann eine Ekklesiologie, was kann eine akademische Theologie beitragen?

„Die akademische Theologie hat auf die Wesensstrukturen der Kirche zu achten. In Deutschland hat man sich auf bestimmte Themen fixiert, die schon Themen sind. Man muss aber überlegen, was Kirche überhaupt ist und wie Christus die Kirche gewollt hat, man muss auf die großen Zeugnisse der Vergangenheit schauen, wir dürfen uns ja heute nicht einbilden, wir hätten mehr heilige Geister als die Vergangenheit. Aus diesem reichen Schatz der Tradition und der Bibel heraus müssen wir uns erneuern.

Es gehören immer zwei Sachen zusammen: Die innere Erneuerung und die äußere Form. Reformen ohne innere geistliche Erneuerung sind seelenlos und enden in einem Aktionismus. Das ist heute eine große Gefahr. Umgekehrt: Eine rein geistliche Erneuerung ohne praktische Konsequenzen wäre lebensfremd und wirklichkeitsfremd. Beides muss zusammen kommen.

Ich bin an sich, von meinem Wesen her, ein Mann der Hoffnung und ich denke, auch die Kirche kann mit Hoffnung in die Zukunft schauen, auch wenn sich konkret sehr viel verändern wird."

Das Wesen der Kirche für heute und morgen gestalten
Ihr Buch kommt in Deutschland in einer ganz bestimmten kirchlichen Situation heraus, es ist eine aufgeheizte Situation: Die einen wollen Strukturen umwerfen, die anderen wollen zurück zu etwas, von dem sie glauben, dass es früher einmal war. An dieser Situation wird ihr Buch ja gemessen werden. Es wird auch gemessen an einer Kirche, die jetzt auf den Papstbesuch wartet. Wozu wollen sie mit ihrem Buch beitragen?

„Ich hoffe zunächst einmal, dass diese Polarisierung überwunden werden kann, die führt zu nichts, das hat keinen Sinn, wie das momentan geschieht. Natürlich kann man nicht total die Strukturen ändern; die Kirche hat feste Strukturen, die ihr von Jesus Christus gegeben sind. Auf der anderen Seite kann man nicht zurück in eine vergangene Epoche, das ist eine reine Utopie. Man muss das Wesen der Kirche heutig und für morgen gestalten. Das ist sozusagen ein dritter Weg, der der einzig realistische für mich ist. Man muss von den falschen Diskussionen in Deutschland Abschied nehmen und auch von gewissen illusionären Hoffnungen. Alle setzen auf die Abschaffung des Zölibates oder auf Frauenordination. Jeder in der universalen Kirche weiß, dass das eine Illusion ist, eine Utopie, damit blockiert man ganz viel wichtige und realistische Ziele. Ich denke, dass es realistische Reformschritte gibt, die möglich sind, die aber nicht ohne ein gewisses Umdenken und ohne Anstrengung geschehen. Wir können nicht eine Wohlfühlkirche werden und es werden in gewissem Sinn schwere Zeiten auf die Kirche zukommen. Das hat ihr im Grunde aber schon immer gut getan.

Ein ganz wichtiges Wort für mich ist ein Wort aus dem Hohen Lied. Das ist ursprünglich ja ein Liebeslied gewesen, das bei den Kirchenvätern aber wichtig wurde. Da heißt es gleich im ersten Kapitel: Du meine Freundin, du bist schwarz, aber schön. So hat die Kirche viele schwarze Punkte, die man gar nicht wegdiskutieren soll. Trotzdem hat sie ihre Schönheit, ihren Glanz und kann Hoffnung und Mut machen für das Leben und für die Zukunft."

Walter Kardinal Kasper: Katholische Kirche. Wesen Wirklichkeit Sendung. Herder Verlag, etwa 580 Seiten. (rv)

Pakistan: Radikale Muslime wollen Bibel verbieten

Die Christen in Pakistan sorgen sich wegen Forderungen aus radikalislamischen Kreisen, die Bibel zu verbieten. Radikale muslimische Gelehrte empfinden Teile des Alten Testaments als „pornographisch" und gotteslästerlich. Beispielsweise kritisieren die Islamisten, dass die für Muslime als Propheten verehrte Gestalten wie etwa die Könige David und Salomo in der Bibel als Menschen mit Fehlern und Schwächen beschrieben werden. Mit ihrer Forderung nach einem Bibelverbot haben sie sich an den Obersten Gerichtshof Pakistans gewandt. Der Sprecher von „Kirche in Not", John Pontifex, erläutert uns, wie es zu dieser Eskalation kommen konnte.

„Eine radikale islamistische Partei nutzt das Blasphemiegesetz, um die Christen unter Druck zu setzen. Sie hatten zuerst gesagt, dass die Bibel ein pornographisches Werk sei. Dann fügten sie an, dass die Bibel zu unmoralischen Handlungen aufrufe. Man muss betonen, dass nicht alle Muslime in Pakistan dieses Ansinnen teilen. Es geht um eine ganz bestimmte Partei. Der Oberste Gerichtshof hat bisher noch nichts entschieden."

Nach den Worten des Anführers dieser Partei ist das Vorhaben eine Antwort auf die seinerzeit geplante, aber letztlich abgesagte Koranverbrennung des US-amerikanischen Geistlichen Terry Jones. Dieser hatte einen Scheinprozess gegen den Koran veranstaltet und das Buch für „schuldig" befunden, zu Mord und Vergewaltigung aufzurufen.

„Wir sollten nicht vergessen, dass die katholische Kirche in Pakistan unter sehr schweren Umständen lebt. Ich erinnere beispielsweise an den Mord an dem katholischen Politiker Shabaz Bhatti. Wer sich in Pakistan derzeit gegen das Blasphemiegesetz einsetzt, muss um sein Leben fürchten. Deshalb muss die katholische Kirche in Pakistan immer mit Bedacht auf solche Forderungen wie das Bibel-Verbot reagieren."

96 Prozent der 173 Millionen Einwohner Pakistans sind Muslime, 1,8 Prozent Hindus und 1,6 Prozent Christen. (rv)

Irland: „Kirche braucht tiefe Erneuerung“

Die katholische Kirche in Irland muss einen Neuanfang wagen. Das fordert der emeritierte Erzbischof von Westminster und frühere Primas von England und Wales, Kardinal Cormac Murphy-O’Connor, im Gespräch mit Radio Vatikan. Am Montag teilte der Vatikan mit, dass die erste Phase der von Papst Benedikt XVI. angeordneten Untersuchung abgeschlossen sei. Die Ergebnisse der Apostolischen Visitation werden derzeit von den zuständigen Kurienbehörden ausgewertet. Kardinal Murphy-O´Connor ruft alle Gläubigen auf, für die katholische Kirche in Irland zu beten.

„Die Untersuchungen in Irland waren für alle Diözesen ein wichtiger Schritt. Die Kirche dort macht eine schwere Zeit durch. Es braucht aber noch einige Zeit, damit dieser Sturm vorüber geht. Wichtig ist, dass ein Weg in die Zukunft gefunden wird. Denn die Kirche kennt immer wieder Phasen der Erneuerungen."

Der ehemalige englische Primas hat eine besondere Beziehung zu Irland, sagt er uns.

„Die Kirche braucht überall eine offene Haltung. Ich liebe Irland und die Kirche. Deshalb ermutige ich die irischen Katholiken zu einer wahren und tiefen Erneuerung des Glaubens. Alle Gläubigen sollen deshalb für dieses Anliegen beten. Die Iren sollen diese Erneuerung vor allem der Liebe zum Glauben willen tun."

Papst Benedikt hatte im Frühjahr 2010 angeordnet, dass die Hintergründe der Missbrauchsfälle in der irischen Kirche in Form einer Apostolischen Visitation eingehend untersucht werden. Anhand der Untersuchungsergebnisse sollen Richtlinien für die wirksame Vorbeugung entwickelt werden. (rv)