Stichworte: Katholische Kirche in Kroatien – Kardinal Stepinac

Kroatien ist nach Polen eines der am stärksten katholisch geprägten Länder Mittel- und Osteuropas. Rund 90 Prozent der viereinhalb Millionen Einwohner sind Katholiken. Das Vertrauen in die Institution Kirche sinkt Wertestudien zufolge auch in Kroatien: von 85 Prozent im Jahr 1997 auf 53 Prozent im Jahr 2008.

Die wechselvolle Geschichte der katholischen Kirche in Kroatien reicht bis ins frühe Mittelalter zurück. Unter dem faschistischen Ustascha-Regime von 1941 bis 1945 kollaborierte ein Teil des Klerus mit den Machthabern. Nach der kommunistischen Machtübernahme unter Josip Tito wurde die katholische Kirche im Vielvölkerstaat Jugoslawien unterdrückt. Nach der staatlichen Unabhängigkeitserklärung Kroatiens konstituierte sich 1993 die nationale Bischofskonferenz.

Die wichtigste Figur der kroatischen Kirche: Kardinal Aloisius Stepinac (1898-1960), von 1937 bis zu seinem Tod 1960 Erzbischof von Zagreb und Primas von Kroatien. Johannes Paul II. sprach Stepinac 1998 als Märtyrer selig – ein stark umstrittener Akt.

1941 begrüßte der national gesinnte Erzbischof zunächst die Proklamation eines „Unabhängigen Staates Kroatien" durch die faschistische Ustascha-Bewegung. Ein Jahr später wandte er sich aber ebenso öffentlich gegen deren totalitäre Gewaltherrschaft. Stepinac‘ Kritiker werfen ihm vor, zu den Massakern an orthodoxen Serben, Juden sowie Sinti und Roma geschwiegen zu haben. Nach der Machtübernahme durch die Kommunisten um Josip Tito verweigerte sich Stepinac der Idee einer regimetreuen Staatskirche und trat entschieden für Religionsfreiheit ein.

Das Oberste Gericht der Teilrepublik Kroatien verurteilte Stepinac in einem politischen Schauprozess 1946 wegen angeblicher Kollaboration mit dem Ustascha-Regime zu 16 Jahren Haft. 1951 entlassen, lebte der Kirchenmann bis zu seinem Tod 1960 unter Hausarrest in seinem Geburtsort Krasic in der Nähe Zagrebs. Als Papst Pius XII. ihn 1953 zum Kardinal erhob, brach Jugoslawien seine diplomatischen Beziehungen zum Heiligen Stuhl ab. Laut der Unterlagen zum Seligsprechungsprozess wurde Stepinac während seiner Haft vergiftet. Eine Untersuchung seiner Gebeine wies Spuren von Kadmium, Chrom, Arsen und Blei nach. (rv)

Papst am Flughafen: „Kroatien gehört zu Europa“

Benedikt XVI. ist zu seiner 19. Apostolischen Reise in Kroatien eingetroffen. Auf dem Flughafen in Zagreb wurde er von Präsident Ivo Josipovic und den Bischöfen des Landes begrüßt. Der Präsident stellte dem Papst in seiner Ansprache Kroatien als „modernen demokratischen Staat" vor und würdigte die christliche Inspiration hinter der Einigung Europas. In einem Interview kurz vor dem Eintreffen hatte Josipovic erklärt, er sei persönlich zwar Agnostiker, habe aber großen Respekt vor dem Papst und der katholischen Kirche.

Benedikt XVI. betonte in seiner ersten Rede auf kroatischem Boden, dass er als „Pilger im Namen Jesu Christi" komme. Er knüpfe an die zwei Pastoralreisen seines Vorgängers Johannes Paul II. nach Kroatien an.

„Wir können auf dreizehn Jahrhunderte starker und besonderer Bande zurückblicken, die in zuweilen schwierigen und schmerzlichen Umständen gelebt und gefestigt wurden. Diese Geschichte ist ein beredtes Zeugnis für die Liebe Ihres Volkes zum Evangelium und zur Kirche. Von Anfang an gehört Ihre Nation zu Europa und leistet ihm in besonderer Weise den Beitrag an geistigen und moralischen Werten, die jahrhundertelang das tägliche Leben und die persönliche wie nationale Identität ihrer Söhne und Töchter geprägt haben."

Die „heutige Kultur" stelle allerdings auch an Kroatien einige „Herausforderungen", so der Papst: „Soziale Differenzierung, geringe Stabilität und ein Individualismus, der eine Sicht des Lebens ohne Verpflichtungen und die ständige Suche nach „Räumen des Privaten" begünstigt". Angesichts einer solchen Lage sei „ein überzeugtes Zeugnis" gefragt – „und eine unternehmungsfreudige Dynamik zur Förderung der moralischen Grundwerte, auf denen das gesellschaftliche Leben und die Identität Europas basieren".

„Zwanzig Jahre nach der Erklärung seiner Unabhängigkeit und am Vorabend der vollen Aufnahme Kroatiens in die Europäische Union kann die frühere wie die jüngste Geschichte Ihres Landes ein Grund zur Reflexion für alle anderen Völker des Kontinentes sein und jedem von ihnen sowie dem gesamten Gefüge helfen, das unschätzbare gemeinsame Erbe an menschlichen und christlichen Werten zu bewahren und neu zu beleben. Möge so diese werte, in ihrer reichen Tradition starke Nation dazu beitragen, dass die Europäische Union diesen geistigen und kulturellen Schatz vollends zur Geltung bringt!"

Kroatiens Präsident würdigt Rolle des Vatikan bei Staatsgründung
Kroatiens Staatspräsident Ivo Josipovic hat die wichtige Rolle des Heiligen Stuhls für die völkerrechtliche Anerkennung seines Landes gewürdigt. Der Vatikan habe damals eine „historische Schlüsselrolle im politische Sinne" gespielt, sagte Josipovic am Samstag bei der Begrüßung von Papst Benedikt XVI. auf dem Flughafen von Zagreb. Die moralische und politische Autorität des Vatikan sowie der katholischen Kirche habe eine Einstellung der „Aggression" gegen Kroatien bewirkt und das Überleben des Staates gesichert, so Josipovic. Der Heilige Stuhl war Mitte Januar 1992 nach Deutschland eine der ersten diplomatischen Instanzen, die Kroatien nach dessen Unabhängigkeitserklärung am 25. Juni 1991 anerkannten; die Europäische Gemeinschaft folgte zwei Tage später. Zugleich hob das kroatische Staatoberhaupt hervor, dass sein Land eine Versöhnung mit seinen Nachbarn anstrebe und zu einer großzügigen Vergebung bereit sei. Das moderne Kroatien fördere die Toleranz und den ökumenischen Dialog, sagte Josipovic. (rv)