Papstsprecher: „Weg für innere Reinigung ist bereitet“

 

Der Vatikan sieht die einzelnen Länder und Bischofskonferenzen in Sachen Aufarbeitung der Missbrauchsfälle auf einem guten Weg. In seinem Kommentar für Radio Vatikan anlässlich des Beginns der Karwoche äußert sich Papstsprecher Pater Frederico Lombardi zuversichtlich, dass die vom Papst in seinem Hirtenbrief an die Katholiken in Irland intendierten Werke der „Heilung und Erneuerung" Früchte tragen werden.

Es sei kein Wunder, dass die Missbrauchsfälle in den letzten Wochen und Monaten in den Medien eine solch gewaltige Aufmerksamkeit erfahren hätten, so Lombardi. Er unterstreicht, dass es nun an der Kirche sei, Buße zu tun und gegenüber den Opfern Abbitte zu leisten. Nur so könne wirkliche Gerechtigkeit entstehen und die dringend nötige innere Reinigung stattfinden.

Gleichzeitig lobt Lombardi die Aufklärungsbemühungen in den einzelnen Ländern. Die vielfach erneuerten Richtlinien, unter anderem in Deutschland und Österreich, seien positive Zeichen. Auch die Kirche in den USA habe eine gute Richtung eingeschlagen – nicht erst seit der dort verabschiedeten ‚Charta zum Schutz von Kindern und jungen Menschen’. Die meisten der neu gemeldeten Missbrauchsfälle würden mittlerweile Geschehnisse vor über dreißig Jahren betreffen.

Dieses Faktum unterstreicht Lombardi ausdrücklich, gerade im Angesicht gegenteiliger Medienberichterstattung in den letzten Wochen. Den Brief von Benedikt XVI. an die irischen Katholiken wertet er als einen entschlossenen Schritt, der den Aufklärungswillen des Papstes bezeuge. Benedikt habe mit dem Schreiben seine Autorität in dieser Angelegenheit gestärkt und den Weg für eine zukünftige Linie vorgegeben, die sich an den Parametern „Heilung, Erneuerung und Wiedergutmachung" orientiere. (rv)

D: „Unaufgeregt und aufmerksam Vertrauen wieder gewinnen“

Seit etwa acht Wochen wird in den deutschsprachigen Kirchen und in den Medien über Missbrauch gesprochen – seit einigen Wochen auch über den Umgang der Kirche mit Öffentlichkeit und den Umgang der Medien mit der Kirche. Der Medienbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz und Bischof von Rottenburg Stuttgart, Gebhard Fürst, zieht gegenüber Radio Vatikan einige Lehren aus den letzten Wochen:
„Ich habe gelernt oder eine Lernerfahrung bestätigt bekommen, dass wir auf Dinge, die in der Gesellschaft aufkommen, sehr zeitnah reagieren müssen. Wir müssen uns sehr früh in ein konstruktives Gespräch einklinken, damit wir im Gespräch an diesem Medienereignis beteiligt und damit verwoben sind.“
Es sei eine Medienkampagne gegen die Kirche gestartet worden, hat man in den vergangenen Tagen immer wieder mal gehört. Bischof Fürst sieht das differenzierter:
„Ich finde, dass es eine Atmosphäre ist, die sehr angespannt ist, voll hoher Erwartungen vieler Medien an die Kirche hinsichtlich sehr intensiver Mitarbeit, Kommunikationsarbeit, Interviews. Ich sehe aber auch, dass das eine sehr unterschiedliche Landschaft ist. Ich erlebe Medien und einzelne Redakteure und Journalisten, die sehr fair mit der Situation umgehen. Ich erlebe aber auch andere, die eine vorgefertigte Meinung haben, die in einer gewissen Ideologie verankert ist, in welche die ganzen Informationen hinein genommen werden. Es gibt einen breiten Fächer von verschiedenen Reaktionsweisen.“
Die derzeitige Krise der Kirche betreffe aber nicht nur den Umgang mit Missbrauch, so Fürst:
„Wir haben eine große Vertrauenskrise in der katholischen Kirche in Deutschland. Es ist meine große Sorge, dass wir in unserer Verkündigung dadurch ins Leere laufen. Deshalb müssen wir in der Zukunft relativ unaufgeregt, aber mit großer Aufmerksamkeit schauen, wie wir dieses verlorene Vertrauen bei vielen Leuten wieder zurückgewinnen können. Je weiter weg die Menschen von der Kirche sind, umso geringer ist das Vertrauen geworden. Und dann erreichen wir sie kaum und können nur ganz, ganz schwer, wenn überhaupt, Vertrauen zurück gewinnen.“ (rv)

Italien: Politiker verteidigen den Papst

Zwei Tage vor Beginn der Regionalwahlen in Italien betonen führende Politiker der Mitte-Rechts-Parteien ihre Nähe zum Papst. Außenminister Franco Frattini, der der Partei „Volk der Freiheit" von Ministerpräsident Silvio Berlusconi angehört, verteidigt Benedikt XVI. gegen den Vorwurf, er habe Fälle sexuellen Missbrauchs vertuscht. Auf seiner Homepage spricht Frattini von „skandalösen Attacken". Auch der Bürgermeister von Rom, Gianni Alemanno, weist den „furchtbaren Angriff" auf den Papst zurück; Alemanno gehört ebenfalls zu Berlusconis Partei, vorher war er Mitglied der rechtsnationalen „Alleanza Nazionale". Der Spitzenmann der christdemokratischen „UDC", Pierferdinando Casini, sieht in den Vorwürfen gegen den Papst ein Manöver gegen die Kirche. – Derweil rückt das Thema Missbrauch nun auch in Italien immer mehr in den Mittelpunkt des Medieninteresses. Die linke Tageszeitung „La Repubblica" hat eine Landkarte der bisher bekannten Missbrauchsfälle an kirchlichen Einrichtungen in Italien veröffentlicht. Die Zeitschrift „L`Espresso" hat mehr als vierzig Vergehen von Geistlichen zwischen der Toskana und Südtirol recherchiert. (rv)