D: Aufarbeitung von Missbrauch erreicht Regensburger Domspatzen

 Die Aufarbeitung früherer Missbrauchsfälle hat nun auch die Regensburger Domspatzen erreicht. Derzeit gebe es Erkenntnisse, dass es in den 50-er Jahren bei dem berühmten Knabenchor zu sexuellen Übergriffen gekommen sei. Ein Täter sei damals juristisch belangt worden. Außerdem habe sich ein weiteres mutmaßliches Opfer gemeldet. Dessen Vorwürfe zu den 60-er Jahren würden derzeit untersucht.

 Hier die Erklärung des Bistums Regensburg in vollem Wortlaut.

Recherchen und Meldungen über Missbrauchsfälle und pädagogische Übergriffe im Bistum Regensburg in den Jahren 1958 bis 1973
In den letzten Wochen meldeten sich vermehrt Menschen, die uns Vorkommnisse, Übergriffe und auch Missbrauch berichteten. Wir führen diese Zunahme zurück auf die entsprechenden Presseberichte, unter anderem über die Diözesanbeauftragte für sexuellen Missbrauch. Da die Fälle bis zu einem halben Jahrhundert zurückliegen, bedeuten diese Anfragen für das Bistum: Gespräch, Zuhören, Recherche, Aktenstudium und Befragungen. Wir haben im Bistum entschieden, die Recherchen nicht häppchenweise vorzunehmen – wir wollen systematisch die Frage beantworten:
Welche Missbrauchsvorkommnisse gab es in Einrichtungen der Diözese Regensburg, wer waren die ´Täter und wer waren die Geschädigten?

Dabei verfolgen wir drei Ziele:

1. Gerechtigkeit und Hilfe für die Opfer
2. Strafrechtliche und kirchenrechtliche Verfolgung der Täter
3. Verhindern zukünftiger Übergriffe

Wir bitten alle Geschädigten sich an unsere Diözesanbeauftragte für sexuellen Missbrauch zu wenden. Wir möchten ermutigen, Leid beim Namen zu nennen, zu bearbeiten und auf diese Weise Schmerzen zu lindern und aufzulösen.
Wir können keine Aussagen treffen zu Ordensleuten, die nicht auf der Grundlage von Gestellungsverträgen mit der Diözese („Dienstverhältnis" mit der Diözese) tätig waren.
Wie Sie bereits aus unserer Einladung entnommen haben, liegt der Schwerpunkt unseres heutigen Berichts in den sechziger und Anfang der siebziger Jahre. Wir beschränken uns auf diesen Zeitraum, weil sich die Anrufe, die uns derzeit erreichen, auf dieses Zeitfenster beziehen.
Zum jetzigen Zeitpunkt der Recherche sind uns folgende Vorkommnisse bekannt geworden:
Verurteilter Geistlicher Friedrich Z. (Missbrauch)
geb. 1918, wurde 1949 ordiniert. Nach seiner Kaplanszeit in Deggendorf war er seit 01.09.1953 als Religionslehrer und Präfekt am Musikgymnasium Regensburg eingesetzt.
Am 06. Mai 1958, also fünf Jahre später, wurde er aus dem Dienst entfernt. Wie die "Regensburger Woche" damals berichtete, wurde Friedrich Z. ("Stellvertreter des Institutsleiters") "mit zweien seiner Schützlinge bei unsittlichen Handlungen ertappt" und wurde daraufhin vom Institutsleiter Theobald Schrems wegen dieser Vergehen an zwei Buben aus dem Haus entfernt. Nach Aussagen befragter Mitbrüder sei er dafür zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden.
Von Oktober 1961 bis Juni 1982 war er Hausgeistlicher bei einem Schwesternkonvent mit Mädchenschule in der Diözese Chur / Schweiz. Nach dem die Schwestern die Niederlassung und die Schule im Juni 1982 auflösten, ist er in den Ruhestand nach Mitterteich (Geburtsort) gezogen, wo er am 24. Juni 1984 verstarb.
Bisher wissen wir nicht, wen Friedrich Z. missbraucht hat, auch nicht, welcher Art die Tat war und ob es nach der Verurteilung noch weitere Opfer gegeben hat.
Geschädigte (Missbrauch)
Zu den Einrichtungen der Regensburger Domspatzen hat sich bisher bei Fr. Dr. Böhm, der Diözesanbeauftragten für sexuellen Missbrauch, ein Geschädigter gemeldet. Wir rechnen aber mit einer Kontaktnahme eines weiteren Geschädigten mit Fr. Dr. Böhm, da er dies einer Mittelsperson angekündigt hat. Es geht – so weit wir wissen – um Vorwürfe Anfang der sechziger Jahre.
Verurteilter Geistlicher Georg Z. (Missbrauch)
1916 geboren, 1949 in Regensburg ordiniert. 1949 Kaplan in Neunburg vorm Wald, von 1950 – 1959 war er am Studienseminar in Straubing tätig, zunächst als Präfekt, später als Musikpräfekt.
Vom 01.01. – 31.08.1959 wirkte er als "Direktor der Internate der Dompräbende und des Domgymnasiums", so der damalige Titel des Internatsleiters der Domspatzen. Am 01.09.1959 wurde er zum Musikstudium beurlaubt und war vom 01.06.1964 – 30.05.1969 als Diözesanmusikdirektor in der Diözese tätig. Von Sept. 1972 bis 1973 war er als Musikpräfekt im Studienseminar in Weiden. Auf Betreiben der Seminarleitung wurde er am 01.11.1973 57-jährig in den Ruhestand versetzt, den er in Eslarn verbrachte und wo er am 17.01.1984 verstarb.
Die Angaben zu seiner Tat variieren je nach Quelle. Nach unseren Recherchen vermuten wir eine Übergriffshandlung vor dem 30.05.1969, die Mitte 1971 strafrechtlich mit 11 Monaten Haft belangt wurde. Bisher wissen wir nicht, wer durch Georg Z. missbraucht wurde, vielleicht auch nach seiner Freilassung. Wir suchen auch noch Näheres zur Tat und zur Verurteilung.
Geschädigter Michael (Name geändert) (Pädagogischer Übergriff u. Missbrauch)
Die Person war Schüler der Vorschule Etterzhausen und gibt an, Anfang der 60er Jahre durch übermäßige Prügel und Demütigungen misshandelt und durch Berührungen im Genitalbereich missbraucht worden zu sein.
Der Beschuldigte, ein junger Erzieher, konnte noch nicht identifiziert werden, weder mit Hilfe von Namenslisten noch durch die Vorlage von Fotos. Der Person wurde Hilfe angeboten und es wird weitere Gespräche dazu geben. Weitere Vorwürfe sexuellen Missbrauchs gibt es bisher nicht zu diesem Internat.
Wir gehen im Moment Hinweisen auf körperliche Misshandlungen nach, die unter dem damaligen Direktor der Stiftung Etterzhausen, Johann M., passiert sein sollen.
Geschädigter Bernhard M. (Name geändert) (Pädagogischer Übergriff)
Ein Geschädigter erhob Vorwürfe der Misshandlung, vor allem durch Prügelstrafen, gegen den damaligen Direktor des Studienseminars in Weiden und weitere Mitarbeiter des Studienseminars. Es geht dabei um die Zeit Anfang der sechziger Jahre. Frau Dr. Böhm ist im Gespräch mit diesem Mann. Der damalige Direktor ist bereits verstorben, bezüglich der anderen Beschuldigten stehen wir in der Recherche noch am Anfang.
Maßgaben zu Fällen sexuellen Missbrauchs und pädagogischen Übergriffs im Bistum Regensburg
Grundsätzlich sind die benannten Fälle im Bistum und in der Öffentlichkeit bekannt geworden. Allerdings fehlen uns Einzelheiten zu den Vorgängen, weil wir die Urteile nicht haben. Um Opfern zu helfen und um systematische Aufklärung zu ermöglichen, setzt das Bistum Regensburg einen Rechtsanwalt ein. Er hat den Auftrag, Vorfälle der Vergangenheit zu durchleuchten, mögliche Opfer und Täter zu identifizieren und straf- bzw. kirchenrechtliche Maßregeln zu empfehlen. Er wird einen ersten Zwischenbericht in etwa 14 Tagen der Öffentlichkeit vorstellen. Wir können zurzeit noch nicht die Namen des Rechtsanwalts nennen, da die endgültige Beauftragung erst in den nächsten Tagen stattfindet.
Zusätzlich erweiterte die Diözese bereits im Jahr 2008 das Personalvolumen des Arbeitsstabs der Beauftragten für sexuellen Missbrauch. Seitdem unterstützt ein 5-köpfiges Team die Beauftragte. Zum Team gehören eine weitere Psychologin, ein ehemaliger Richter, ein Kirchenrechtler und zwei Mitarbeiter des Ordinariats. Der Arbeitsstab setzt das Anliegen der Diözese um, den Geschädigten Gehör zu geben, evtl. Therapie anzubieten und Licht ins Dunkel der Tat zu bringen. So wollen wir helfen, dass die Geschädigten ihre verletzte Würde wiederfinden, indem Gerechtigkeit hergestellt wird.
Melden sich Geschädigte, nimmt Frau Dr. Böhm oder die andere Psychologin aus dem Arbeitsstab Kontakt auf, bietet psychologische Hilfe an und versucht die Vorgänge zu erhellen. Meist sind mehrere Gespräche nötig, bis die Geschädigten Vertrauen gefasst haben und sich öffnen können.
Der Arbeitsstab informiert die Diözese über mögliche Täter. Verhärten sich Vorwürfe zu einem Verdacht, fordert die Diözese den Täter zur Selbstanzeige auf. Lehnt die Täterin oder der Täter die Aufforderung ab, informiert die Diözese die Staatsanwaltschaft. Soweit der Täter Kirchenrecht verletzte, entscheidet die Diözese welche kirchenrechtlichen Maßregeln zu treffen sind.
Sexueller Missbrauch widerspricht dem Anspruch und Auftrag der Kirche. Wie wir mit Tätern nach verbüßter Strafe verfahren, entscheidet das Bistum nach Maßgabe der gerichtlichen, therapeutischen und kirchenrechtlichen Vorgaben. Menschen mit pädophilen Fixierungen können nicht mehr im Dienst der Kirche beschäftigt werden. So wurde der Täter von Riekofen aus dem Klerikerstand entlassen. (Bistum Regensburg)

Schweiz: „Voraussetzungen für Heiligen Krieg nicht erfüllt“

Die Schweiz wird das Thema des Umgangs mit den Muslimen wohl so schnell nicht los. Das zeigt nicht zuletzt der Angriff des libyschen Staatspräsidenten Muhammar Gaddafi gegen das Land in der letzten Woche. Er erklärte der Eidgenossenschaft bei einer Rede in der Stadt Benghasi kurzerhand den Heiligen Krieg. Begründung: Die Schweiz sei wegen des Minarettverbots „ungläubig" und „abtrünnig". Da bestehe allerdings eine Differenz in der Bewertung, sagt uns Erwin Tanner, Sekretär der Islamkommission der Schweizer Bischofskonferenz. Die in der Schweiz lebenden Muslime würden die Situation nämlich völlig anders einschätzen.
„In den Augen Gaddafis gelten die Schweizer Muslime als abtrünnige Muslime. Das können die hier in der Schweiz lebenden Muslime selbstverständlich nicht annehmen. Sie versuchen, in Übereinstimmung mit dem islamischen Glauben zu leben. Sie versuchen, mit bestem Wissen und Gewissen ihren Glauben hier zu praktizieren. Sie können den Aufruf zum Heiligen Krieg auch nicht ernst nehmen. Erstens deshalb, weil Gaddafi überhaupt keine Befugnis hat, zum Heiligen Krieg aufzurufen. Das können allein die religiösen Führer. Diese Rolle kommt ihm in seinem Kontext nicht zu. Weder von der Verfassung Lybiens noch von der islamischen Religion her."
Auch nach objektiven Maßstäben des islamischen Rechts verfehle der Aufruf Gaddafis die faktische Situation in der Schweiz. Keine der durch die Scharia festgelegten Indikationen treffe auf das Land zu.
„Die Muslime in der Schweiz finden sich nicht in einer Lage der Bedrängnis. Sie können ihren Glauben nach wie vor völlig unbedrängt ausleben und sie sind nicht gezwungen, ihren Glauben aufzugeben. Die Muslime können das auch nicht annehmen, weil sie sich nicht auf Abwegen befinden. Nach der islamischen Tradition kann der Heilige Krieg ausgerufen werden, wenn es einerseits eine Spaltung innerhalb der Muslime gibt oder wenn Muslime durch Nichtmuslime in Bedrängnis geraten sind und ihren Glauben aufgeben müssen. Doch eben diese Voraussetzungen sind in der Schweiz nicht gegeben."
Gleichzeitig, so Erwin Tanner, habe Gaddafi seine eigene Position in den vergangenen Tagen auch wieder etwas relativiert. Das islamische Recht kenne unterschiedliche Stufen des ‚djihad’, des Heiligen Krieges. Auf unterer Stufe gebe es so etwas wie den ‚djihad des Herzens’ oder ‚des Wortes’. Beim Gipfeltreffen der Arabischen Liga habe der lybische Staatspräsident nun darauf hingewiesen, dass er gegenüber der Schweiz lediglich einen ‚Heiligen Krieg mit der Hand’ betont habe.
„Bei diesem ‚djihad der Hand’ versucht man, andere Menschen – Nichtgläubige oder gläubige Menschen – zum Islam, zum richtigen Weg des Handelns zu bewegen. Die Abgrenzung zwischen dem djihad der Hand’ und dem djihad des Schwertes’ ist sehr schwierig. Und genau das hat sich Ghaddafi jetzt zunutze gemacht und gesagt, man müsse diese Sache etwas relativieren. Man müsse jetzt also die Schweiz mit wirtschaftlichen Sanktionen dazu bewegen, die Einreisesperren für lybische Staatsangehörige zu lockern."
Natürlich bleibt die Wahrnehmung der Situation der Muslime in der Schweiz ambivalent. Umso wichtiger sei es, so Tanner, dass man sich auf verschiedenen Ebenen für eine Verständigung einsetze. Seitens der Schweizer Bischofskonferenz gebe es verschiedene Arbeits- und Dialogkommissionen. Auch würden regelmäßig Arbeitshilfen für die pastorale Praxis des interreligiösen Gesprächs herausgegeben. Genauso wichtig sei aber die konkrete Begegnung vor Ort. Tanner:
„Neben den Initiativen auf Landesebene beteiligt sich die katholische Kirche auch an Dialogplattformen auf lokaler Ebene, zum Beispiel an Runden Tischen. Hier versucht man, auf ganz niederschwelliger Ebene miteinander ins Gespräch zu kommen und zu sehen, wo denn eigentlich die religiösen und glaubensmäßigen Probleme liegen. Und man versucht, diejenigen der anderen Religionen zu verstehen und den persönlichen Kontakt – der sehr wichtig ist – zu pflegen."
Wichtig seien solche persönlichen Kontakte vor allem auch deshalb, weil es dabei um ganz konkrete Menschenbilder und Gesellschaftsbilder gehe. Das beschäftige die Menschen auch emotional. Auf dieser Ebene sieht Erwin Tanner auch die Diskussion um ein mögliches Verbot von Burkas in der Schweiz. Wie sich die Diskussion weiterentwickele, könne er wegen dieser Aufladung nicht vorhersagen. In der vergangenen Woche hatte der Bundesrat sich gegen ein solches Verbot ausgesprochen.
„Die Diskussion wird nicht allein nur auf rationaler Ebene geführt, sondern auch auf gefühlsmäßiger Ebene. Nach meinem Wissensstand sind sich die Poltiker nicht einig, was hier jetzt getan werden könnte. Sie versuchen nun, sich dieses Thema anzueignen. Selbstverständlich geht es hier auch um Wähleranteile und eine bessere Positionierung in der politischen Landschaft. Aber gerade weil das Thema emotional geladen ist, ist die Zukunft dieser Diskussion unberechenbar."
(rv)

Vatikan: Welches Wunder?

Der Postulator der Seligsprechung von Johannes Paul II. weist Behauptungen zurück, dass es Schwierigkeiten beim Verfahren gebe. Das Büro von Slawomir Oder weist darauf hin, dass „nichts bekannt“ sei, ob die Ordensschwester Marie-Simon-Pierre wieder an Parkinson leide. Eine polnische Zeitung berichtet, dass die auf Fürsprache des Papstes geheilte Ordensfrau erneut an Parkinson erkrankt sei.
Bei dem Seligsprechungsverfahren von Papst Johannes Paul II. gibt es nach Informationen der Zeitung „ La Repubblica“ unerwartete Probleme. Ein angebliches Heilungswunder sei in der Ärztekommission der römischen Heiligsprechungskongregation „durchgefallen“, meldete das Blatt in seiner Onlineausgabe am Donnerstag. Für den Nachweis eines Wunders hatte sich das Verfahren auf den Fall einer französischen Ordensfrau gestützt, die nach Gebeten zu Johannes Paul II. angeblich von Parkinson geheilt worden war. Nach dem Urteil der Mediziner sei die ursprüngliche Diagnose jedoch nicht sicher, berichtete „La Repubblica“. Außerdem gebe es Formen dieser Krankheit, die tatsächlich heilbar seien. Das Ärztekomitee habe daher den Postulator der Seligsprechung gebeten, einen anderen der bislang 271 dokumentierten Wunderberichte vorzulegen.
Nach den Verfahrensregeln muss ein neues Wunder allerdings zuerst in der Diözese untersucht werden, in der es sich ereignete. Erst dann kann der Fall den vatikanischen Experten zur Prüfung vorgelegt werden. Nach Darstellung der „Repubblica“ könnte dies bis zum Frühsommer geschehen.
Das Seligsprechungsverfahren für den im April 2005 verstorbenen polnischen Papst wurde im Juni desselben Jahres in Rom eröffnet. Nach der Zuerkennung des „Heroischen Tugendgrades“ durch Benedikt XVI. im Dezember 2009 ist nur noch der Nachweis eines Heilungswunders auf Fürsprache des „Dieners Gottes“ notwendig. (rv)