Kardinal Mindszenty voll rehabilitiert – Verfahren zur Seligsprechung

Er war eine der großen und tragischen Gestalten der Kirche in der Zeit des Kommunismus: Der frühere Primas von Ungarn, Kardinal József Mindszenty (1892-1975), ist mittlerweile juristisch umfassend rehabilitiert. Die Oberste Staatsanwaltschaft in Budapest hat das Volksgerichtsurteil aus dem Jahr 1949 aufgehoben, bei dem Mindszenty zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Jetzt ist der Vatikan am Zug: Die Nachrichten aus Budapest könnten dem Seligsprechungsprozess des Märtyrer-Kardinals Flügel verleihen.

„Mit Sicherheit war er eine große Persönlichkeit nicht nur Ungarns, sondern der Kirche überhaupt." Das sagte der frühere Präfekt der vatikanischen Kongregation für Seligsprechungen, Kardinal José Saraiva Martins, am Montagabend im Interview mit Radio Vatikan. „Mindszenty war ein Modell-Hirte von außerordentlichem Mut und mit tiefen Überzeugungen. Eine große Persönlichkeit der Geschichte, ein Vorbild für uns Kirchenleute."

Mit Sicherheit sei die Rehabilitierung Mindszentys durch die heutigen ungarischen Behörden „nicht nur etwas Verdientes, sondern auch ein Schlusspunkt hinter eine sehr traurige und leiderfüllte Geschichte", so Kardinal Saraiva Martins. Mindszenty hat nicht nur bis 1956 im Gefängnis gesessen; nach dem kurzen Budapester Frühling, der von sowjetischen Truppen niedergeschlagen wurde, musste er in Ungarns US-Botschaft ausharren. Nach einem Deal des Vatikans mit Ungarns Regime reiste er dann 1971 nach Österreich aus – sozusagen ein Bauernopfer der damaligen vatikanischen „Ostpolitik". 1975 starb der eiserne Kardinal in Österreich, erst 1991, nach der Wende, konnte sein Leichnam nach Esztergom an den Sitz des ungarischen Primas überführt werden.

„Seine Rehabilitierung in juristischer, moralischer und auch politischer Hinsicht ist ein großes Ereignis. Was den Seligsprechungsprozess betrifft, da studiert die Kirche von Rom, die Seligsprechungskongregation, den Kandidaten für eine Seligsprechung sehr detailliert. Dabei interessiert sie sich vor allem für die historische Wirklichkeit der Fakten, und die ergibt sich natürlich aus der Dokumentation über diese Geschehnisse. Per se hat die Rehabilitierung durch die Behörden zwar keinen Einfluss auf das Seligsprechungsverfahren – aber sie ist doch eine sehr positive Tatsache und bestätigt natürlich die Linie, das Denken der Kirche über Kardinal Mindszenty."

„Eine dramatische Seite der Geschichte, die von der gemeinsamen europäischen Erinnerung ignoriert oder missverstanden wird": Unter dieser Überschrift würdigte die Vatikanzeitung „Osservatore Romano" vor wenigen Tagen die „christlichen Märtyrer des Kommunismus" und unter ihnen Mindszenty. Es sei geradezu ein „Schulbeispiel", wie dieser „Zeuge des Evangeliums" nach seiner Haft unter den Kommunisten auch in der öffentlichen Meinung des Westens sozusagen inhaftiert worden sei: nämlich „verdrängt und als Mann der Vergangenheit abgeschrieben". Dabei hatte Wiens Kardinal Franz König 1975 nach Mindszentys Tod erklärt, dieser spreche „auch noch als Toter". Nicht zuletzt war der Primas ein Menetekel für die vatikanische „Ostpolitik" bis zur Wahl des polnischen Papstes Johannes Paul II.. Schließlich hatte Paul VI. Mindszenty gegen dessen Willen zum Gang ins Exil bewegt – eine äußerst schmerzhafte Entscheidung für den ungarischen Kirchenmann. Aber Kardinal Saraiva Martins betont, es stehe heute außer Zweifel, dass Mindszenty dem Papst immer gehorcht habe:

„Ja, das ist eines der Charakteristika von Kardinal Mindszenty. Mit Sicherheit wird dieser Gehorsam der Kirche gegenüber beim Studium des Dossiers für seine künftige Heiligsprechung besonders hervorgehoben werden. Denn für ihn war die Kirche nicht nur irgendein Verband, sondern Christus selbst: Fleisch geworden in einer Gemeinschaft des Glaubens, das Heilswerk Christi auf Erden fortsetzend. Er gehorchte der Kirche, um Christus zu gehorchen."

Mindszenty war schon 1990, also gleich nach der Wende, in Ungarn von den Behörden praktisch rehabilitiert worden, als das Urteil gegen ihn für nichtig erklärt wurde. Der jetzt ergangene Bescheid der Obersten Staatsanwaltschaft schloss hingegen ein Verfahren zur Wiederaufnahme des Prozesses von 1949 formell ab, das noch 1989 – einige Monate vor den ersten freien Wahlen – eingeleitet worden war. Was jetzt noch aussteht, ist Mindszentys Rehabilitierung durch den Vatikan: seine Seligsprechung.

Am Freitag feiert Kardinal Saraiva Martins für Mindszenty eine Messe, und zwar in der römischen Kirche Santo Stefano Rotondo auf dem Celio-Hügel. Anlass ist der 37. Todestag des Bekenner-Kardinals. Im Januar hatte Ungarns Kirche bereits den 120. Geburtstag Mindszentys begangen. In einer Erklärung betonten die Bischöfe dazu, er sei „nicht nur ein politisches Symbol"; seine politische Haltung sei vielmehr seinem Glauben entsprungen: „Als er etwa gegen den Rassismus und die Judenverfolgung seine Stimme erhob, als er – nach Meinung von einigen naiv, aber prophetisch – die Nazis zum Niederlegen der Waffen und zum Ablassen von der Zerstörung aufrief, da folgte er keiner Strategie, sondern stellte sich ungeachtet des gerade herrschenden politischen Systems auf die Seite der Wahrheit." Mindszenty habe „den Menschen verteidigt, das Abbild Gottes, das menschliche Leben, die ewige Wahrheit des Gebotes: Du sollst nicht töten". (rv)

Neuer Rechtsrahmen für Caritas Internationalis

Der Heilige Stuhl gibt dem internationalen Caritasverband einen neuen Rechtsrahmen. Das entsprechende Generaldekret, das von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone unterzeichnet ist, wurde an diesem Mittwoch vom Vatikan veröffentlicht. Gleichzeitig sind damit die neuen Statuten und internen Regelungen von Caritas Internationalis anerkannt.

Das Vatikan-Dekret hebt besonders die kirchliche Natur der seit 61 Jahren bestehenden „Caritas Internationalis" hervor. Generalsekretär, Präsident und Schatzmeister werden vom Caritas-Rat Cor Unum vorgeschlagen und vom Papst ernannt. Überhaupt bestätigt das Dekret die enge, nun auch juridisch ausformulierte Anbindung des Verbandes an Cor Unum. Dazu der Sekretär von Cor Unum, der norditalienische Priester Giovanni Pietro Dal Toso:

„Die Aufgaben von Cor Unum gegenüber Caritas Internationalis sind die der täglichen Begleitung der Arbeit von Caritas Internationalis. Ich würde nicht von einer strikteren Bindung sprechen, sondern von Begleitung, die wir zu gewährleisten haben. Dass die Liste der drei Kandidaten für den Posten von Präsident, Generalsekretär und Schatzmeister für Caritas Internationalis von Cor Unum vorbereitet wird, ist eine Praxis, die bereits läuft. Das Neue ist, dass geklärt worden ist, wer innerhalb des Heiligen Stuhles die Aufgabe hat, diese Liste dem Papst zu unterbreiten."

Mit dem Dekret geht ein Weg der Klärung zu Ende, der vor acht Jahren begann, führt Dal Toso aus.

„2004 wurde Caritas Internationalis kirchenrechtlich als öffentliche Persönlichkeit anerkannt. Das bedeutet nach dem Kirchenrecht: Das ist eine Organisation in der Kirche, die auch im Namen der Kirche sprechen kann."

Die Inhalte der neuen Statuten von Caritas Internationalis sind „großteils" von den nationalen Caritas-Organisationen eingebracht worden, erklärt Dal Toso, aber auch der Heilige Stuhl habe seine Vorstellungen verwirklicht.

„Ein wichtiger Aspekt ist die Bindung an den Heiligen Stuhl, und das ist exakt die Folge von dieser neuen juristischen Stellung innerhalb der Kirche. Der Heilige Stuhl wollte, dass auch im Alltag von Caritas Internationalis dieses kirchliche Kennzeichnen stärker zum Tragen kommt."

Das Dekret regelt genau, in welchen Punkten und wie Cor Unum und das Staatssekretariat mit Caritas Internationalis zusammenarbeiten bzw. über die Arbeit des Dachverbandes wachen. So müssen alle Texte von Caritas Internationalis, soweit sie die kirchliche Lehre berühren, vor der Veröffentlichung dem Rat Cor Unum vorgelegt werden. Dieser kontrolliert auch die Vermögensverwaltung und den Haushalt des Dachverbandes. Gegenüber dem Staatssekretariat ist Caritas Internationalis dazu verpflichtet, mindestens dreimal im Jahr über seine Beziehungen zu den Regierungen der Welt zu informieren.

Auch die Zuständigkeit des „kirchlichen Assistenten" von Caritas Internationalis wird in dem neuen Dekret genauer definiert. Sein Auftrag ist es, die katholische Identität des Hilfswerkes zu fördern. Zum Status der bei „Caritas Internationalis" Beschäftigten heißt es in dem Dekret, diese sind zwar keine Vatikanangestellten, aber doch dem Heiligen Stuhl zugeordnet. Alle müssen in Zukunft bei ihrer Anstellung einen Diensteid ablegen, in dem sie feierlich erklären, in Worten und Werken „immer die Einheit mit der katholischen Kirche zu wahren" und jede Lehre abzulehnen, die der Kirche widerspricht.

Benedikt XVI. hatte vergangenes Jahr bei einer Audienz betont, die Caritas sei nicht einfach eine beliebige Nichtregierungsorganisation, sondern habe ein katholisches Profil. Das aktualisierte Statut stützt sich auf die Arbeit einer Kommission von „Caritas Internationalis" und Heiligem Stuhl vom vergangenen Jahr. Die Generalversammlung des Caritasverbands hatte den Entwurf gebilligt und im letzten Herbst dem Vatikan übergeben. (rv)

Neu gelesen: Alle Konzilsdokumente in einem Kongress

Die Texte des II. Vatikanischen Konzils neu lesen, und zwar so, wie Papst Benedikt XVI. das in seiner berühmten Weihnachtsansprache an die römische Kurie 2005 formuliert hat: in einer Lesart der Kontinuität und nicht des Bruchs mit dem Vorhergehenden, mit der Tradition. Das ist gar keine leichte Aufgabe heute, 50 Jahre nach dem Auftakt des Konzils, das 1965 endete. Insgesamt 16 offizielle Dokumente verabschiedete die große Bischofsversammlung, und sie behandeln sämtliche Kernthemen der katholischen Kirche und ihrer Sendung in der Welt: von der Liturgie über die Mission, von der Heiligen Schrift über die Aufgabe der Laien, vom Ökumenismus bis zur Religionsfreiheit und mehr. An diesem Donnerstag beginnt an der päpstlichen Universität Santa Croce ein internationaler Kongress zum II. Vatikanischen Konzil, der versucht, eine Gesamtschau der Texte vorzulegen. Gudrun Sailer sprach mit dem an Santa Croce lehrenden Kirchenhistoriker Johannes Grohe, der die Tagung mitorganisiert hat.

„Wir möchten [mit dem Kongress] neu das Interesse für das Konzil als Lehramt, als feierliches Lehramt der Kirche wachrufen, damit nicht in der Diskussion um die Rezeption der einzelnen Texte und Textstücke vergessen wird, dass das Konzil Ausdruck des obersten Lehramtes der Kirche ist vor mittlerweile 50 Jahren; aber für die Rezeption eines ökumenischen Konzils sind, was ich als Historiker sagen darf, 50 Jahre sehr wenig."

Das Konzil gilt als das herausragende Ereignis der letzten 150 Jahre Kirchengeschichte. Ist es nicht andererseits erstaunlich, dass ein Konzil fast wichtiger scheint als alle Päpste und lehramtlichen Entscheidungen, die außerhalb davon gefallen sind?

„Zum einen ist das II. Vatikanische Konzil ein schönes Beispiel für diese Synthese der Zusammenarbeit von päpstlichem und synodalem Lehramt. Dieses Konzil ist von Johannes XXIII. einberufen worden mit dieser großen Vision, die ihn damals auszeichnete, von Paul VI. durchgeführt worden und von Paul und den folgenden Päpsten in die Tat umgesetzt worden. In diesem Prozess der Aufnahme der Konzilstexte und ihrer Umsetzung sind wir noch mitten drin. Das Konzil ist auch deswegen ein so großes Ereignis gewesen, weil wegen der modernen Kommunikations- und Transportmittel tatsächlich die Bischöfe der Weltkirche haben teilnehmen können. Ein von so vielen Bischöfen besuchtes Konzil hatten wir bis dato nie. Mit anderen Worten, wir haben tatsächlich Verwirklichung, Versammlung der Weltkirche in einem Augenblick. Insofern ist das Konzil auch ein wichtiger Schritt zur Verwirklichung dessen, was Weltkirche ist, was theologisch immer klar war, was aber auch de facto in die Tat umgesetzt werden muss. In der Tat haben wir heute eine Wahrnehmung der Kirchenleitung in einer kollegialen Form, wie es eigentlich schon über viele Jahrhunderte nicht gewesen ist. Man hat immer wieder Ansätze gehabt, aber heute können wir davon sprechen, dass die Kollegialität des Bischofskollegiums Wirklichkeit geworden ist."

Ds Konzil in der Lesart einer Hermeneutik der Kontinuität und nicht des Bruchs – das hat Papst Benedikt angemahnt. Müsste man da nicht einige Dokumente, Entscheidungen, Reformen revidieren?

„Reform bedeutet immer, dass etwas verändert wird im Vergleich zu dem, was davor gelebt und gelehrt wird. Geändert heißt aber nicht, dass man das, was zuvor gelehrt und gelebt wird, einfach für obsolet erklärt. Es ist eine kontinuierliche Entwicklung im Lauf der Jahrhunderte der Dogmengeschichte. Und so haben wir im II. Vatikanischen Konzil wichtige neue Akzente, die aber nicht einen Bruch mit den Jahrzehnten und Jahrhunderten der Kirche davor bedeuteten. Die Umsetzung der Dekrete des Konzils ist Aufgabe der ganzen Kirche, aber unter Leitung des Lehramtes. Insofern ist die qualifizierte Interpretation der einzelnen Texte durch die Päpste des Konzils und danach die entscheidende Stimme, die die Richtung angibt, wie die Texte aufgenommen und verwirklicht werden sollen."

Das heißt, wenn es Fehlinterpretationen des Konzils gibt, müssen sie vom Papst bzw. unter seiner Anleitung zurechtgerückt werden. Aber gab und gibt es denn nun solche Fehlinterpretationen von Konzilstexten, die in dieser Form des Zurechtrückens bedürfen?

„Natürlich, ein Konzilstext ist nie ein endgültiges Wort. Hinzu kommt, dass die Texte des II. Vatikanischen Konzils im Unterschied zu anderen Konzilien früherer Jahrhunderte eine Eigenart besitzen: das Konzil hat sich selbst als pastorales Konzil definiert. Das heißt nicht, dass nicht lehrhafte Aussagen gemacht worden seien, die bindend sind. Aber wo es pastorale Aussagen sind, wo es disziplinäre Aussagen sind, liegt es auf der Hand, dass im Lauf der Zeit neue Fragen auch neue Antworten erfordern. In anderen Worten, die Kirche findet auf neue Fragestellungen sicherlich unter der Orientierung des II. Vatikanums auch neue Antworten, aber eben unter der Leitung des päpstlichen, bischöflichen Lehramtes."

Papst Benedikt hat ein Jahr des Glaubens ausgerufen und dessen Auftakt am 11. Oktober 2012 angesetzt – das ist der 50. Jahrestag des Beginns des II. Vatikanums. Von welchen Neuerungen des Konzils erhofft sich der Papst Ihrer Einschätzung nach besonders starke Impulse für das Glaubensleben heute?

„Wenn wir von Glauben und Erneuerung des Glaubens sprechen, bedeutet das gegenüber dem Wort Gottes immer die Haltung des gehorsamen Hinhörens. Das Konzil vermittelt uns die Lehre der Kirche, auf die die Hirten, Theologen und das ganze Volk Gottes gläubig hinhören müssen. Mit anderen Worten, zu sagen das ist jetzt schon 50 Jahre her, das sagt der Kirche heute nichts mehr, wir müssen darüber hinausgehen, ist zumindest leichtfertig. Aber zu behaupten, diese Texte sind ein Bruch mit der Tradition zuvor, wir müssen auf die Tradition zuvor zurückgreifen, wie es aus einer Ecke der Kritik gegenüber dem Konzil verlautet, hilft auch nicht weiter. Wir müssen annehmen, dass in diesem Konzil der Heilige Geist gesprochen hat, dass also die Kirche für unsere Zeit mit oberster Autorität lehrt, und da kommt es immer wieder bei aller Unterschiedlichkeit von Meinungen und theologischen Schulen dazu, dass der einzelne sich im gläubigen Gehorsam an das hält, was die Kirche uns gelehrt hat. Das muss man im Grund gegenüber den Extremen verteidigen, die etwa versuchen, die Konzilstexte auszuhebeln mit anderen Quellen. Es gibt etwa eine historiografische Linie, die Konzilstexte und andere Quellen aus dieser Zeit einander gegenüberstellt, etwa Tagebücher der Konzilsväter und Periti undsoweiter, als wäre das der Punkt, auf den wir uns beziehen könnten. Sicher: Konzilstexte sind immer Mehrheitsentscheidungen. Im Fall des II. Vatikanischen Konzils hat insbesonders Paul VI. sehr darauf gedrängt, dass immer eine Fast-Einmütigkeit da war. Er hat so lange um den Text gerungen, bis fast alle dann ja dazu sagen konnten. Wenn nun in einer gewissen Interpretation gesagt wird, Kompromisstexte bedeuten, dass nicht alle zum Zuge kommen, also gehe ich dem nach, wo die abweichende Meinung irgendwo in anderen Quellen zu finden ist und behaupte, das ist das eigentliche Konzil, dann ist das weder historiographisch akzeptabel noch theologisch verantwortbar."

Welche Impulse für den Glauben heute vermag also das Konzil zu geben?

„Das Konzil hat Großes vorgelegt über das, was die Kirche selber ist, was das Volk Gottes ist. Wir haben im Grund noch ungehobene Schätze. Was mir persönlich naheliegt, ist deutlich zu machen, dass das Volk Gottes als Ganzes Kirche ist, dass die Laien in der Kirche eine große Aufgabe und Berufungen haben, dass es keine verschiedenen Klassen von Berufung zur Fülle des christlichen Lebens, oder sagen wir es mit dem theologischen Begriff: zur Heiligkeit gibt, sondern dass das alle Glieder des Volkes Gottes in gleicher Weise angeht. Hier könnte man sagen, es sind in der Tat noch Schätze zu heben, die zwar nicht völlig versteckt sind, denn glücklicherweise bemühen sich viele Männer und Frauen in der Kirche seit Jahrzehnten darum, genau das in die Tat umzusetzen, und glücklicherweise gibt es auch viele Aufbrüche, die sich irgendwo alle auf diese neue Sicht von Kirche, von Mitwirkung zwischen gläubigen Laien und Amtsvertretern in der Kirche zurückführen lassen."

Der zweitägige Kongress an der Santa Croce-Universität trägt den Titel „Der permanente Wert einer Reform für die Neuevangelisierung" und steht unter der Schirmherrschaft des Erzbischofs von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx. Über die liturgische Konstitution „Sacrosanctum Concilium" spricht Helmut Hoping von der Universität Freiburg i.Br., über die Pastoralkonstitution „Gaudium et Spes" der emeritierte Osnabrücker Sozialwissenschaftler Manfred Spieker. (rv)

Kardinal Maradiaga: Für eine „Globalisierung“ der sozialen Gerechtigkeit

Die Welt braucht nicht nur „eine Globalisierung des Marktes und der Wirtschaft, sondern auch eine Globalisierung der Gerechtigkeit". Das sagt der Präsident von Caritas Internationalis, Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga aus Honduras, im Gespräch mit Radio Vatikan. Maradiaga hat in den letzten Tagen im Vatikan an der Vollversammlung der Päpstlichen Akademie für Sozialwissenschaften teilgenommen.

„Wir können schon sagen, dass wir in den letzten fünfzig Jahren – seit der selige Johannes XXIII. seine Friedensenzyklika ,Pacem in Terris‘ schrieb – große Fortschritte in Sachen Gerechtigkeit gemacht haben. Es gibt durchaus mehr Gerechtigkeit auf internationaler Ebene, davon zeugen die Schuldsprüche gegen Verantwortliche des Jugoslawienkrieges und, vor ein paar Tagen, gegen den früheren Präsidenten von Liberia. Es gibt auch mehr Gerechtigkeit, was das Vorgehen gegen international operierende Unternehmen betrifft, die Zigaretten verkaufen oder schadhafte Silikonimplantate für Brüste. Was fehlt, sind Fortschritte bei der sozialen Gerechtigkeit: Die Armut steigt, Finanzverbrechen bleiben noch ungestraft, und darum muss jetzt das Nachdenken darüber anfangen, wie sich auch in diesem Bereich Gerechtigkeit globalisieren ließe."

Wenn der Kardinal aus Honduras selbst über Globalisierung nachdenkt, dann klingt das so:

„Warum konnten sich früher im Kalten Krieg die feindlichen Blöcke gegenseitig so gut in Schach halten? Und warum erleben wir seit dem Mauerfall, als der Kapitalismus zum einzigen System wurde, so viele Ungerechtigkeiten, vor allem die im Finanzbereich, die die aktuelle Krise ausgelöst haben? Wir müssen zurück zu dem, was Johannes XXIII. in seiner Enzyklika vor fünfzig Jahren forderte – nämlich zu einer echten Förderung der Menschenrechte und zur Ethik. Dass man die Ethik so an den Rand drängte, hat zu den Problemen geführt, die wir jetzt erleben." (rv)