„Vatileaks“: Ermittlungen eingeleitet

Papst Benedikt XVI. hat eine übergeordnete Kommission des Heiligen Stuhls beauftragt, über die Weitergabe vertraulicher Vatikan-Dokumente an die Medien zu ermitteln. Das teilte die Vatikanzeitung „L´Osservatore Romano" in ihrer Samstagsausgabe mit. Damit wolle der Papst Licht in die sogenannte „Vatileaks"-Angelegenheit bringen, so die Zeitung des Heiligen Stuhls.

Der Papst wurde immer darüber auf dem Laufenden gehalten, was während der vergangenen Wochen in den Medien vermittelt wurde. Benedikt XVI. sei „sehr betroffen" über das Geschehene, blicke aber mit Zuversicht nach vorne. Das sagte der Substitut des Staatssekretariats, Erzbischof Angelo Becciu, im Gespräch mit dem „Osservatore". Die Arbeit an der römischen Kurie sei besser als ihr Ruf, fügt der Direktor der Vatikanzeitung, Giovanni Maria Vian, in dem Zeitungsbeitrag hinzu. Erzbischof Becciu betont, dass das Personal im Staatssekretariat zuverlässig sei. Es stimme nicht, dass die Mitarbeiter nur „an Karriere und Komplotte" denken, fügt Becciu an: „Die Realität ist weit weg von diesen Vorurteilen", so der italienische Kurienerzbischof. Aber es habe einige Mitarbeiter gegeben, die interne Dokumente aus „Unredlichkeit" und „gemeiner Feigheit" weitergereicht hätten. Diese hätten ihre privilegierte Stellung ausgenutzt, um Dokumente publik zu machen, deren „Vertraulichkeit zu respektieren sie verpflichtet waren." Dadurch sei in der Öffentlichkeit ein Bild der Römischen Kurie entstanden, das nicht der Realität entspreche.
„Es ist zu wünschen, dass sich die Basis unserer Arbeit wieder neu schaffen lasse: das gegenseitige Vertrauen", sagte Becciu. Dies setze jedoch „Seriosität, Loyalität, Korrektheit" voraus.

In den vergangenen Monaten waren aus dem Vatikan vertrauliche Dokumente an die Medien durchgesickert. So wurden etwa interne Informationen über ein angebliches Mordkomplott gegen den Papst bekannt. Der Vatikan hatte die Veröffentlichungen als „Vatileaks" kritisiert – in Anspielung auf Wikileaks, bei der als vertraulich klassifizierte interne Dokumente der US-amerikanischen Administration ins Internet gestellt wurden.

Hintergrund
Erzbischof Becciu leitet die so genannte Erste Sektion des Staatssekretariates, die für die Allgemeinen Angelegenheiten des Heiligen Stuhles zuständig ist. Diese ist dem Papst in den Fragen seines täglichen Dienstes behilflich, soweit es um die Weltkirche und um die Beziehungen zu den einzelnen Dikasterien der Kurie geht. Die Erste Sektion besorgt beispielsweise die Redaktion der Dokumente, die der Papst ihr anvertraut, und beaufsichtigt die offiziellen Mitteilungsorgane des Heiligen Stuhls. (rv)

Krise an der Spitze der „Vatikanbank“ IOR

Jetzt hat auch der Vatikan seine Bankenkrise: Der Aufsichtsrat der sogenannten „Vatikanbank" IOR hat dem Präsidenten der Einrichtung, Ettore Gotti Tedeschi, das Misstrauen ausgesprochen. Der Banker, der seit 2009 an der Spitze des IOR stand, habe „trotz wiederholter Mahnungen … bestimmte Aufgaben von vordringlicher Wichtigkeit nicht ausgeführt". Das steht in einer Erklärung, die der Vatikanische Pressesaal am Donnerstagabend veröffentlichte. Worum es da genau ging, wird nicht gesagt.

„Die Mitglieder des Aufsichtsrats sind bedrückt über das Vorgefallene, das zu diesem Misstrauensvotum geführt hat. Aber sie halten diese Aktion für wichtig, um das Institut arbeitsfähig zu erhalten." Mehr sagt das Statement aus dem IOR nicht. Der Rat wolle jetzt „nach vorne schauen" und hoffe auf einen „exzellenten neuen Präsidenten, der dem Institut helfen wird, effektive und starke Beziehungen zwischen dem Institut und der Finanzwelt wiederherzustellen – auf der Basis gegenseitigen Respekts vor den international gängigen Bankenstandards". Das Vatikanstatement macht deutlich, dass der Aufsichtsrat bei seiner ordentlichen Sitzung vom Donnerstag „einstimmig" so entschieden hat. Das bedeutet: Auch der Spanier Manuel Soto Serrano hat gegen Gotti Tedeschi gestimmt. Soto Serrano gehört auch zum Aufsichtsrat des „Banco de Santander", für die Gotti Tedeschi ebenfalls arbeitet.

Noch am Abend erklärte Gotti Tedeschi seinen Rücktritt von der IOR-Spitze, gab aber keine weiteren Erklärungen ab. An diesem Freitag nun wird die Kardinalskommission zusammentreten, die für das IOR zuständig ist. Sie muss unter der Leitung von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone entscheiden, wie es jetzt generell weitergehen soll. Die Führung des Instituts liegt derzeit vorübergehend bei seinem Vizepräsidenten, dem Deutschen Hermann Schmitz. Der international renommierte Banker Ettore Gotti Tedeschi hatte sich in den zurückliegenden Jahren vor allem darum bemüht, dass das IOR auf die sogenannte „Weiße Liste" kommt. Diese Liste führt Länder auf, die internationale Standards gegen Geldwäsche, dubiose Finanzgeschäfte und Terrorfinanzierung einhalten. Die Experten der internationalen Einrichtung Moneyval werden im Juli ihren Prüfbericht vorlegen. Auf dessen Grundlage wird dann entschieden, ob der Vatikan den Sprung auf die Liste schafft.

Gotti Tedeschi ist Professor für Ethik und Finanzwesen an der Katholischen Universität Mailand, Autor mehrerer Bücher und häufiger Kolumnist in der Vatikanzeitung „Osservatore Romano". Er war Berater des früheren italienischen Wirtschafts- und Finanzminister Giulio Tremonti.

Das Kürzel IOR steht für „Istituto per le Opere Religiose", Institut für religiöse Werke; es wurde 1942 von Papst Pius XII. gegründet, um die Gelder kirchlicher Stiftungen zu verwalten. Weitere Gelder kommen von Ordensgemeinschaften, Bischofskonferenzen, Päpstlichen Universitäten oder Klöstern. Eine eigentliche Staatsbank ist es nicht – eher ein weltweit operierendes Werk mit Sitz im Vatikan. Es untersteht nicht dem Heiligen Stuhl, sondern direkt dem Papst als Alleineigentümer. Dem Aufsichtsrat gehören fünf Laien an, die von der Kardinalskommission ausgesucht werden. Ein Konto können dort Ordensleute, Vatikanangestellte und Diplomaten beim Heiligen Stuhl eröffnen.

Immer wieder war das IOR in den letzten Jahrzehnten in Finanzskandale verwickelt; Papst Benedikt bemüht sich darum, es auf Transparenz und das Einhalten internationaler Standards zu verpflichten. Ende 2010 paßte der Papst die Regeln für Finanzgeschäfte im Vatikan per Dekret den EU-Normen an. Außerdem richtete er ein Kontrollgremium namens AIF ein, um allgemein die Finanz- und Vermögensangelegenheiten im Vatikan zu kontrollieren. (rv)

Mali: Putschisten bestimmen eigenen Präsidenten

Allen internationalen Absprachen und Friedensplänen zum Trotz haben die Putschisten in Mali einen eigenen Präsidenten bestimmt. Ihr Anführer Amadou Haya Sanogo solle statt Dioncounda Traoré Interims-Staatschef sein. Traoré war einen Tag nach seiner Ernennung zum Übergangspräsidenten in seinem Büro in der Hauptstadt Bamako von Putschanhängern angegriffen und verletzt worden; er ist zur Nachbehandlung nach Paris geflogen. Dieses Vakuum haben sich die Putschisten zunutze gemacht. Unter Führung von Sanogo hatte eine Gruppe von Soldaten Ende März die Macht an sich gerissen und Präsident Amadou Toumani Touré gestürzt. Nach dem Putsch gelang es Rebellen binnen weniger Tage, große Teile des Nordens unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Lage in dem westafrikanischen Land ist seither äußerst angespannt. (rv)

Südafrika: Die Bischöfe des südlichen Afrika bündeln ihre Kräfte

Die Bischöfe des südlichen Afrika bündeln ihre Kräfte, um so viele Wahlbeobachter wie möglich zu den nächsten Wahlen in mehreren ihrer Länder zu mobilisieren. Das erklären sie in einem gemeinsamen Statement. Sie wollten alles tun, um zu „freien und friedlichen Wahlen" beizutragen, „denn wir haben gesehen, wie Gewalt und Unsicherheit das Leben der Leute belasten und die Entwicklung bremsen". Der Bischofsverband des südlichen Afrika deckt folgende Staaten ab: Südafrika, Botswana, Swaziland, Lesotho, Mosambik, Angola, Sao Tomé und Principe, Namibia und Simbabwe. Die Bischöfe fordern die Südafrikanische Entwicklungsgemeinschaft SADC dazu auf, bei anstehenden Wahlen in ihren Mitgliedsländern demokratische Abläufe zu garantieren. Heikel ist vor allem die Lage in Simbabwe. Gerüchte über eine schwere Krankheit von Präsident Robert Mugabe werfen Fragen nach der Zukunft des Landes auf. (rv)