Lombardi: „Assisi als Ausgangspunkt“

Gemeinsam für den Frieden: So fasst Vatikansprecher Federico Lombardi die Stimmung vom Friedenstreffen von Assisi zusammen. In seinem wöchentlichen Editorial für Radio Vatikan sagt der Jesuitenpater, dass der Papst zusammen mit anderen Religionsvertretern ein starkes Zeichen gesetzt habe. Herausgekommen sei die Botschaft, dass man nicht im Namen Gottes töten oder jemand hassen könne. Denn Gott bedeute für alle Glaubenden Liebe, so Pater Lombardi.

„Doch der Menschheit, die aus alten und neuen Gründen nie im Frieden lebt, haben die Pilger von Assisi diesmal eine bescheidene und gleichzeitig offene Botschaft übermittelt. Der Friede kann nur gemeinsam durch alle Suchenden nach Wahrheit erreicht werden. Dies hat der Papst gesagt, weil Gott nicht im Besitz einer Religion ist und weil Religionen sogar oft den Blick auf den wahren Gott verstellen. Der wahre Gott kann nicht von Terroristen hervorgerufen werden und kann auch nicht aus dem menschlichen Blickwinkel verschwinden."

Vatikansprecher Lombardi erinnert weiter an das Charisma des heiligen Franziskus, der durch seine Einfachheit und Liebe gegenüber allen Wesen ein Vorbild für uns sei. Des weiteren geht Lombardi auf die Rede der Vertreterin der Nicht-Glaubenden ein, Julia Kristeva, die von Assisi als Beispiel des friedlichen Zusammenlebens gesprochen hatte.

„Das ist keine Hypothese, sondern eine gemeinsame Pflicht. Assisi wird nochmals ein Ausgangspunkt für den Frieden." (rv)

Assisi-Treffen geht mit Friedensappell zu Ende

„Nie wieder Gewalt! Nie wieder Krieg!" Mit diesem Appell ist am Donnerstagabend das Friedenstreffen der Religionen zu Ende gegangen. In Assisi, der Stadt des heiligen Franziskus, verurteilten die rund 300 Vertreter von zwölf Religionen und 31 christlichen Kirchen jede Form von Terror und Gewalt. Freiheit und Frieden könnten nur durch gegenseitiges Vertrauen garantiert werden. Eingeladen zu dem Friedensgipfel, an dem auch einige Nichtglaubende teilnahmen, hatte Papst Benedikt XVI. Er empfing an diesem Freitagmittag seine Gäste aus aller Welt zu einer Schlussbegegnung im Vatikan.

Kardinal Kasper: „Wirklich ein Zeugnis für den Frieden!"

„Sehr interessant, sehr positiv – und wirklich ein Zeugnis für den Frieden!" So sieht Kardinal Walter Kasper den Gipfel von Assisi. Der frühere Ökumene-Verantwortliche des Vatikans ist einer von vielen, die beeindruckt sind von den Bildern dieses Nachmittags: Papst und Religionsführer, wie sie mit Kerzen in der Hand den Weltfrieden beschwören, dazu der malerische Sonnenuntergang über der Basilika San Francesco. Ein Münchner, angereist mit seiner kleinen Tochter, ist besonders angetan von der Szene, wie Benedikt XVI. in einem weißen Minibus durch Assisi rollt, gemeinsam mit anderen Gipfelteilnehmern. „Das war natürlich ein unglaubliches Bild: Normalerweise fährt der Papst in einem gesicherten Auto, und hier saß er in einem normalen Bus mit allen Vertretern aller Religionen zusammen auf dem vorderen Platz. Ein unglaubliches Bild! Man hat gewissermaßen auf die Sicherheit fast schon verzichtet, damit dieses Bild der Einheit entstehen kann. Das war wirklich erschütternd, ergreifend. Ich hätte mir das nicht vorstellen können!"

„Nie wieder Gewalt! Nie wieder Krieg! Nie wieder Terrorismus!", ruft Benedikt XVI. den rund 2.000 Gästen auf dem Vorplatz von San Francesco zu. Jede Religion müsse „im Namen Gottes Gerechtigkeit, Frieden, Vergebung, Leben und Liebe" auf der Erde verbreiten. Diese Worte hatte schon Papst Johannes Paul II. bei einem früheren Assisi-Friedensgebet ausgerufen. Der polnische Papst hatte vor exakt 25 Jahren, 1986, zum ersten Mal Religionsführer in das Franziskus-Städtchen eingeladen; dieses Jubiläum hatte Benedikt XVI. zum Einberufen des neuerlichen Friedensgebets bewegt.

Religionen verpflichten sich zu Gewaltlosigkeit

Die Feier am Donnerstagabend erinnert manchmal etwas an die kirchlichen Weltjugendtage; das liegt daran, dass viele junge Italiener unter den Gästen auf dem Platz sind und dass die Begleitmusik eher ihrem Stil entspricht als dem der Religionsvertreter auf dem Podium. Feierlich wird es, als einige Teilnehmer stellvertretend für alle die Erklärung von Assisi proklamieren, eine leicht erweiterte Fassung des Friedensdekalogs von 2002. Ausdrücklich verurteilen die Religionsvertreter in der Erklärung jeden Rückgriff auf die Religion zur Rechtfertigung von Gewalt und Terrorismus.

Der Präsident des Lutherischen Weltbundes, Bischof Mounib Younan, trägt den ersten Punkt vor: „Indem wir jede Gewaltanwendung und den Krieg im Namen Gottes oder der Religion verurteilen, verpflichten wir uns, alles Mögliche zu tun, um die Ursachen des Terrorismus zu beseitigen." Danach ist es ein Vertreter des Islam, Mulana Mohammed Zubair Abid, Präsident einer islamischen Organisation in Pakistan, der die Verpflichtung zu einem „aufrichtigen und geduldigen Dialog" zwischen den Religionen verliest. Bei diesem Dialog dürfe es nicht darum gehen, was die Religionen „wie eine unüberwindbare Mauer" trenne, sondern er müsse zu einem besseren gegenseitigen Verständnis durch Anerkennung der Unterschiede führen. Weiter erklären die Teilnehmer des Friedenstreffens, „einander Irrtümer und Vorurteile in Vergangenheit und Gegenwart zu verzeihen".

Rabbi Schreier: Signal an die politischen Führer

Zum Abschluss der Zeremonie dankt der Papst allen Teilnehmern und Organisatoren: „Das heutige Ereignis ist ein Bild für die Schlüsselfunktion der geistigen Dimension für die Schaffung von Frieden." Diese einzigartige Pilgerfahrt habe einen brüderlichen Dialog ermöglicht, die Freundschaft vertieft und die Teilnehmer im Schweigen und Gebet zusammengeführt. Vor allem aber – das betont im Gespräch mit uns der New Yorker Rabbiner Arthur Schreier, ein langjähriger Freund des Papstes – haben die Anwesenden ein wichtiges Signal der Gemeinsamkeit gegeben, das die Welt von heute braucht. „Es gibt so viele Änderungen in der Welt heute. Die leitenden Religionsführer müssen ihre Verantwortung erkennen, um diese verschiedenen Probleme auch zu lösen. Wir müssen zusammenarbeiten und sogar den politischen Führern zeigen, dass wir bereit sind, zu kooperieren, um Lösungen zu finden für die Probleme, die die Menschen heute haben." Dass Benedikt zu diesem Tag der „Pilgerschaft für den Frieden und die Wahrheit" auch Nichtglaubende eingeladen hat, ist für den Rabbiner kein Problem: „Die Realität ist: Da gibt es Gläubige und Nichtgläubige! Wir sind alle Kinder des Ewigen, und darum ist es nach meiner Meinung eine gute Idee." (rv)

Religionen rufen in Assisi zu religiöser Toleranz auf

Der erste Weg des Pilgerreise für den Frieden führte die Delegationen in die Kirche Santa Maria degli Angeli in der Unterstadt von Assisi, dort, wo vor 800 Jahren der Franziskanerorden um eine kleine Kirche herum entstand.

„Wir wollen Zeugnis ablegen für die Kraft der Religionen, ihren Beitrag für den Frieden zu leisten." So begann Kardinal Peter Turkson den Reigen der Wortmeldungen. Und er gab den Ton vor, dem die übrigen Sprecher folgten.

Bartholomaios I., ökumenischer Patriarch von Konstantinopel, sprach vom Keim der Verwandlung, den jede Religion in sich trage. Die Rolle von Religion in der Welt sei aber unsicher, gerade auch mit Blick auf den „arabischen Frühling"; ein weiteres an den Rand gedrängt werden zum Beispiel im Nahen Osten sei eine Gefahr, die Religionen träfen sich in Assisi in einer Position der Schwäche, nicht der Stärke.

Der anglikanische Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams, betonte, dass man nicht hergekommen sei, um den kleinsten gemeinsamen Nenner festzustellen. Man wolle in aller Verschiedenheit aus der Tiefe des eigenen Glaubens sprechen; die Welt solle erkennen, wie viel Weisheit die Religionen im Angesicht der Unkenntnis und des Misstrauens der Welt zu bieten hätten.

Olav Fykse Tveit – Generalsekretär des Weltkirchenrates – richtete seinen Blick auf die nachfolgenden Generationen: Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit seinen Gefahren für den Frieden, man dürfe mit der Zukunft der Jugend nicht spielen.

Der Vertreter des israelischen Großrabbinats, David Rosen, betonte, Frieden stelle mehr als nur eine pragmatische Notwendigkeit dar. Glaubende strebten nach einem höheren, göttlichen Frieden. Rosen dankte Benedikt XVI. für seine Initiative zu einem weiteren Weltfriedenstreffen 25 Jahre nach der ersten Zusammenkunft, zu der Johannes Paul II. im Jahr 1986 eingeladen hatte.

Den besonderen Beitrag der Ur-Religionen betonte Wande Abimbola Awise Agbaye, Sprecher der afrikanischen Religionen der Ifu und der Yoruba. Gemäß seiner religiösen Tradition sang er Teile seines Beitrages. Zusammenarbeit und das Erkunden der eigenen Wurzeln müsse zusammen geschehen, so Abimbola, ebenso der Respekt sowohl für den Menschen als auch für die Natur, unsere Mutter.

Der Vertreter der Hindu, Scharia Shri Shrisvatsa Goswami, betonte den inneren Weg des Pilgerns. Rein äußerlich ließen sich die obersten Werte der Menschen nicht erreichen. Friede sei dieser Weg. Die vergangenen 25 Jahre seit dem ersten Treffen hätten aber gezeigt, dass auf diesem inneren Weg noch viel zu tun sei.

Dem fügte der Vertreter des Buddhismus Ja-Seung hinzu, dass das nur gemeinsam zu schaffen sei. Menschen seien nicht getrennte Individuen, sie seien in ihrem Menschsein miteinander verbunden, es brauche „Bruderschaften des Lebens", „Bruderschaften für Frieden", „Bruderschaften des Teilens". Bei allen kulturellen Unterschieden sei Wahrheit nur gemeinsam zu finden.

Dass Menschen des Glaubens oft Teil der Problems und nicht Teil der Lösung sind betonte der Vertreter des Islam, Kyai Haji Hasym Muzadi, wohl auch im Blick auf den Terrorismus. Umso wichtiger sei es, den jeweils eigenen Glauben richtig verstehen zu wollen. Jede Religion besitze ihre eigene Identität, zwischen den Religionen gebe es Gemeinsamkeiten und Verschiedenheiten, das alles gelte es als Reichtum zu erkennen und nicht als Gefahr.

Das Friedenstreffen von Assisi ist nicht einfach nur eine Weiterführung einer Idee, es ist eine Weiterentwicklung. Durch die Einladung an Nichtglaubende hat Benedikt XVI. dem Treffen eine eigene Prägung hinzugefügt. So interpretierte die Philosophin Julia Kristeva die Worte Johannes Pauls II. „Habt keine Angst" als nicht nur an Gläubige gerichtet, weil sie dazu aufforderten, dem Totalitarismus zu widerstehen. Zum ersten Mal sei die Menschheit in der Lage, sich selbst zu zerstören. Aber dieses Treffen in Assisi sei Zeugnis dafür, dass die Annahme der Zerstörung nicht die einzig mögliche Annahme sei. „Wir müssen auf die Fähigkeit von Männern und Frauen setzen, gemeinsam zu glauben und zu erkennen". So würde der Humanismus auch in Zukunft seine kreativen Fähigkeiten erhalten, so Kristeva.

Der Präsident des Päpstlichen Rates „Iustitia et Pax", Kardinal Peter Kodwo Appiah Turkson, würdigte die Fortschritte im interreligiösen Dialog seit dem ersten Weltfriedenstreffen. In dieser Zeit sei das Gefühl der Brüderlichkeit und Solidarität zwischen den Religionen gestärkt worden, sagte Turkson. (rv)

Kardinal Turkson: Ora et… cammina

Wer hätte das gedacht: Kardinal Peter Turkson, der heutige Präsident des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden, war schon beim ersten Assisi-Treffen 1986 dabei. Der Ghanese war damals ein einfacher Priester von 38 Jahren. Im Gespräch mit uns erinnert er sich zurück:

„Ich kam von Ghana und war von meinem Bischof gebeten worden, den Religionsführer einer Naturreligion zu begleiten, der nach Assisi eingeladen war. Er kam erstmals nach Europa und nach Italien. Und er brauchte ganz einfach jemanden als Übersetzer und Reiseführer."

„Großartig und erhellend" fand der afrikanische Priester die Erfahrungen, die er da machte, mittendrin in Assisi an der Seite eines nicht-christlichen Religionsführers.

„Da ich als Begleiter dort war, konnte ich leider nicht mich zu den verschiedenen Gebetsgruppen gesellen. Das fehlte mir. Jedenfalls, ich bin damals nicht auf die Idee gekommen, dass einige denken könnten, das Treffen sei synkretistisch, weil verschiedene Menschen gleichzeitig beteten. Ich war sicher, dass der Mann, den ich da begleitete, nicht in irgendeiner Weise dachte, er sei dazu aufgerufen, zu beten wie ein Christ. Als dann später diese Sichtweise aufkam, wurde uns klar, dass wir die Empfindlichkeiten dieser wenigen Leute schon auch respektieren mussten. Es ist Teil unserer Sorge, in diesem Punkt sensibel zu sein. Nicht indem wir einfach sagen, nun, sie hatten recht, indem sie dieses Treffen all dieser unterschiedlichen Menschen als Problem sahen. Aber ich erinnere an die Stelle aus der Schrift: Wenn du etwas tust, von dem du denkst, es kann für deinen Bruder ein Skandal sein, versuche es nicht zu tun. Darum geht es."

Nicht umsonst bemühte sich der Vatikan, das Assisi-Treffen 2011 eher als Pilgerreise zu beschreiben denn als Gebetstreffen. Allerdings erinnert Turkson daran, dass Beten und Pilgern dieselben Ziele haben.

„Es gibt beide Elemente. Das Assisi-Treffen vor 25 Jahren war ein Tag des Gebets, mit dem Höhepunkt der Versammlung, bei der alle gleichzeitig beteten, jeder in der persönlichen Hinwendung zu Gott. Das Ziel war, um Frieden zu beten. Und das bedeutete die Anerkennung der Tatsache, dass echter Frieden nicht von uns kommen kann, sondern nur als Geschenk von Gott. Auch Pilgerschaft zu Gott bedeutet eine Sehnsucht, die uns alle in Bewegung setzt, um diese Ziel zu erreichen. Das wird nun bei diesem Assisi-Treffen unterstrichen. Auf gewisse Weise heißt um etwas beten, dass dieses Etwas fehlt. Darum bitten und beten wir ja darum. Und auch eine Pilgerreise auf ein Ziel hin heißt, Sehnsucht nach diesem Ziel zu haben, so große Sehnsucht, dass man dazu bereit ist, von einem Ort zum anderen zu gehen, um es zu suchen. Sowohl Beten als auch Pilgern unterstreichen, dass echter Frieden als Geschenk Gottes kommt."

300 Religionsvertreter aus der ganzen Welt werden am Donnerstag auf Einladung des Papstes in Assisi sein,. pilgernd und betend. Eine Geste, die überall wahrgenommen werden wird. Andererseits stellt sich die Frage, wie es gelingen kann, die Selbstverpflichtung zum Frieden in Handlungen umsetzen. Auf sehr viele Arten, sagt Kardinal Turkson:

„Wir können über Friedensvermittler reden, Dialoginitiativen, all die verschiedenen Formen, in denen Menschen erfahren konnten, wie es ist, Frieden zu schaffen. Die Bedrohungen für den Frieden sind vielfältig: Wenn es Krieg gibt, bin ich nicht im Frieden. Wenn ich nicht weiß, wie ich heute meine Familie ernähren kann, bin ich nicht im Frieden. Wenn ich morgen meinen Job verliere, bin ich nicht im Frieden. So vielfältig wie die Bedrohungen für den Frieden sind, so vielfältig sind auch die Pfade zum Frieden. Aber wir kommen in Assisi alle zusammen mit unseren verschiedenen Gaben und dem Erbe unserer Werte und unseres Glaubens, in der Hoffnung, dass das alles zusammengenommen uns hilft, uns dem Frieden zu nähern."(rv)

Kardinal Tauran: Suche nach Wahrheit ist nicht nur Sache der Christen

„Assisi drei" ist im Anliegen gleich wie „Assisi eins" vor 25 Jahren. Das betont der päpstliche Verantwortliche für den interreligiösen Dialog, Kardinal Jean Louis Tauran. Am Tag vor der großen Pilgerfahrt der Religionen nach Assisi erinnert der französische Kardinal an die Worte, die Papst Benedikt am 1. Januar wählte, um das Treffen näher zu kennzeichnen: „Wer unterwegs zu Gott ist, kann nicht umhin, den Frieden zu vermitteln, wer den Frieden aufbaut, kann nicht umhin, sich Gott zu nähern", sagte Benedikt XVI. damals. Der Papst will mit Assisi drei Dinge erreichen, so Tauran im Gespräch mit Radio Vatikan:

„Er will zeigen, dass es andere Wege als den bewaffneten Kampf gibt, um seine Rechte einzufordern. Das Gebet, das – jenseits der Verschiedenheit der Religionen – eine Beziehung mit einer höheren Macht ausdrückt, die unsere menschlichen Fähigkeiten übersteigt."

Zweitens:

„Indem der Papst das praktiziert, was allen spirituellen Familien gemeinsam ist, das Gebet, das Fasten und das Pilgern, zeigt er, dass die Religionen Faktoren des Friedens sind, dass der Frieden die Wahrheit voraussetzt, dass die Gläubigen und die Wahrheitssucher alle auf dem Weg zur Erleuchtung sind und dass die Suche nach Wahrheit nicht ausschließlich die Sache der Christen ist."

Drittens werde Assisi in der Ausführung leicht andere Akzente setzen:

„Was die Methode anlangt, wird man diesmal mehr Zeit fürs Nachdenken haben. Die Stille wird zum Gebet. Und die, die wir Agnostiker nennen, werden erstmals teilnehmen. Das ist das Neue an „Assisi drei"." (rv)

Kardinal Ravasi: „Assisi als Stärkung gegen Fundamentalismus“

Das Gebetstreffen von Assisi am kommenden Donnerstag wird eine große Wallfahrt. Das sagt im Gespräch mit Radio Vatikan der päpstliche Kultur-Verantwortliche, Kardinal Gianfranco Ravasi, vorher. Neben Christen, Juden, Muslimen, Buddhisten sowie Vertretern der verschiedenen religiösen Traditionen werden auch Nichtgläubige teilnehmen, die in die Initiative des „Vorhofs der Völker" eingebunden sind. Dieses Projekt hatte Kardinal Ravasi selbst initiiert.

„Es gibt unter den großen Religionsgemeinschaften seit Jahren einen regen Austausch und Dialog. Die große Gefahr besteht aber meines Erachtens in den gefährlichen fundamentalistischen Bewegungen. Deshalb würde ich den interreligiösen Dialog nicht als bunt sondern vielmehr als ein helldunkles Gewebe betrachten. Die hellen Farben repräsentieren den bestehenden Dialog, die dunklen Seiten hingegen sind eben jene, die sich dem Anderen verschließen."

Der Kardinal begrüßt die Idee der Wallfahrt, die durch den Zug nach Assisi von 176 Repräsentanten der verschiedenen Religionen symbolisiert ist. Im Dialog könne die spezifische Identität der Gläubigen berücksichtigt und damit Synkretismus – also die Vermischung oder Verschmelzung verschiedener religiöser Weltbilder – vermieden werden. Kardinal Ravasi:

„Assisi ist eine gute Gelegenheit, um die helle Seite des interreligiösen Dialogs zu stärken und damit die genannten dunklen Bereichen im Zusammenleben der Religionen zu bekämpfen – oder sie sogar ganz zu beseitigen. Das ist meiner Meinung nach der Sinn eines gelungenen interreligiösen Dialogs."

Unter dem Titel „Pilger der Wahrheit, Pilger des Friedens" wollen die verschiedenen Religionsvertreter am Donnerstag in Assisi einen Tag der Reflexion, des Dialoges und Gebetes für den Frieden und die Gerechtigkeit in der Welt begehen. Vor 25 Jahren fand das erste Internationale Friedenstreffen von Assisi auf Anregung von Papst Johannes Paul II. statt. (rv)

Vatikan: Ernennungen zur Bischofssynode im nächsten Jahr

Papst Benedikt XVI. hat den Erzischof von Washington, Kardinal Donald William Wuerl, zum Generalrelator der Bischofssynode im nächsten Jahr ernannt. Das teilte der Vatikan an diesem Samstag mit. Die Synode wird zum Thema „Neuevangelisierung" tagen. Gleichzeitig ernannte der Papst den Erzbischof von Montpellier, Pierre-Marie Carre, zum Sekretär der Synode. (rv)

Militärbischof Overbeck: „Was dient der Menschenwürde und der Gerechtigkeit?“

Die Frage nach den Menschenrechten angesichts der sich ändernden Rolle des Militärs: Zu diesem Thema fand im Vatikan in den letzten Tagen eine Treffen der Militärseelsorger statt. Im Zentrum der Tagung stand die Frage nach den Menschenrechten vor allem in den neuen Kriegen, den Kriegen nicht gegen Staaten sondern gegen Terror, gegen Warlords, gegen terroristische Gruppen, aber auch mit Hilfe von privaten Sicherheitsfirmen.
Ein Interview mit dem deutschen Soldatenbischof, Franz-Josef Overbeck über sein Amt, über die Tagung in Rom und über den Alltag der deutschen Soldaten in Afghanistan:

„Afghanistan ist eine andere Situation, in der die Soldaten ihren Dienst tun müssen, menschlich äußerst extrem – Vier Monate ohne die normalen Sozialkontakte. Vier Monate auf engstem Raum bei größter Hitze, viel Sonne und Sand und natürlich mit dem Wissen: Wir müssen in extreme Einsätze, die auch bedeuten können, getötet zu werden oder selbst zu töten, auf jeden Fall Gewalt anzuwenden. Auch da scheint mir genauso wie die Rolle der Seelsorger meine Rolle zu sein, hinzugehen, zuzuhören, in ethischen Fragen ein hoffentlich kompetentes Urteil oder einen Hinweis zu geben, den sie dann selbst für ihre Entscheidungen nutzen können."

Sie waren selber in Afghanistan vor nicht allzu langer Zeit. Welchen Eindruck hat das Leben der Soldaten dort auf Sie gemacht?

„Das Leben der Soldaten ist ein sehr solidarisches Leben untereinander, das haben sie mir bestätigt. Man merkt es im Umgang der Soldaten untereinander, dass sie einander so kennen lernten wie sonst nie in langen Jahren gemeinsamen Tuns in Deutschland. Ich habe den Eindruck, dass sie hochprofessionell ihren Dienst tun und anders als unter anderen Umständen, auch sehr viele Fragen haben, die wirklich ins Innerste des Menscheseins gehen. Das habe ich in Gesprächen sofort gemerkt und das sagen die Priester, die dort sind, genauso."

Das heißt es ist auch ein gewisser Druck da, der sie zwingt bzw. dazu führt, über Dinge nachzudenken, wo man normalerweise gar nicht so drauf kommt?

„Die Situation ist so anders als in Deutschland, dass es selbstverständlich ist, die reale Kriegsgefahr, den Terrorismus, die Bedrohung durch andere so hoch ist, dass man sich solche Fragen stellt, das gilt für jeden, der dort hinfährt."

Das merkt man auch an der Sprachwahl, wenn von Gefallenen gesprochen wird und so weiter. Da kommt eine Kriegssprache zurück, an die wir jahrzehntelang nicht gewöhnt waren.

„Das ist noch einmal ein Hinweis darauf, was seit den Umwälzungen von 1989 und 1990 geschehen ist. Die deutsche Gesellschaft muss sich meiner Meinung nach auch in ihrem Selbstverständnis einen neuen Ort innerhalb der internationalen Gesellschaft suchen. Geprägt allerdings durch das, was der zweite Weltkrieg und der Nationalsozialismus gebracht hat, bedeutet dass wir uns in diesem Sinne neu aufstellen müssen."

Die neuen Herausforderungen

Sie sind hier zu einer Tagung von Militärseelsorgern. Hilft das beim Austausch, wenn man andere kennenlernt, die aus anderen Situationen kommen?

„Die Geschichte der Militärseelsorge ist so bunt, wie die Welt vielschichtig ist. Entsprechend sind auch die Selbstverständnisse der Bischöfe und der anderen, die in der Militärseelsorge tätig sind, sehr verschieden. Ich halte unser deutsches Modell für ein sehr gutes. Deutlich zu machen: Die Bundeswehr selbst sorgt, weil die Bundesrepublik für die Religionsfreiheit auf jeder Ebene Sorge trägt, dafür, dass die Soldaten ihre Religion frei ausüben können. Diejenigen, die das tun, das gilt sowohl für die evangelische als auch für die katholische Seite, tun das aber eigenverantwortlich von Seiten ihrer Kirche. Eingebunden zwar in das System, aber nicht von ihm abhängig. Das ist in der Welt sehr unterschiedlich, so dass ich immer nur sagen kann, ich bin froh und dankbar, angesichts dieser herausfordernden Aufgabe, dass es ein solches auch rechtlich abgesichertes System gibt.
Bedrängend wirkt bei uns in vielfacher Weise, dass sich die Aufgaben ändern. Durch den Terrorismus, durch die nichtstaatlichen Organisationen, die Gewalt anwenden, denen die Staaten gegenübertreten müssen, wie wir das schon bei Al Quaida zum Beispiel gesehen haben, fordern ein anderes Ethos und andere ethische Bewertungen der entsprechenden Handlungen, die vorzunehmen sind. Das wird uns auf Dauer international neu beschäftigen. Es geht nicht mehr um klare, zwischenstaatliche Auseinandersetzungen, wie das bisher bis zum Ende des Kalten Krieges für uns in Europa zumindest gewöhnlich war."

Anwalt für die Menschen

Was ja auch das Thema der Tagung war. Wie geht man unter diesen Umständen mit Menschenwürde um. Was ergibt sich für Sie für die Militärseelsorge aus diesen neuen Umständen?

„Ich war vorher noch in Berlin bei der sogenannten Gesamttagung der Priester und Pastoralreferentinnen und Pastoralreferenten, also denjenigen, die in der Militärseelsorge tätig sind und habe gesagt, diese friedensethischen Perspektiven einer solchen Form der Ausübung von Gewalt muss ganz neu auf den Prüfstand. Es muss gefragt werden: Dient das der Menschenwürde und auf Dauer der Gerechtigkeit? Sind die Folgen, die eine solche Anwendung von Gewalt nach sich ziehen können, so abgewogen, dass sie auf Dauer verantwortbar erscheinen? Das ist ein ganz neues Feld. Das bedeutet auch, noch einmal neu zum Anwalt der Menschen zu werden, da hier die Gefahr der Verrohung und der Willkür von Gewalt größer ist als anderswo. Das ist aber glaube ich, wenn ich das generell sagen darf, schon lange ein Problem, seitdem der Kampf nicht mehr Mann gegen Mann, sondern System gegen System geht. Oder wie ganz oft – ich habe es in Afghanistan gesehen – Handy gegen Handy, das dann entsprechende Explosionen auslöst."

Ethisch verantwortlich Handelnde und Denkende

Einer der Titel der Vorträge bei der Tagung war „Auch der Feind hat Menschen würde". Das ist durch den Tod von Gaddafi in den letzten Tagen noch einmal besonders aktuell geworden. Die Würde des Toten. Darf ich die Bilder zeigen oder sind sie Beweise oder sind sie nicht vielleicht nur Trophäen. Oder wäre nicht ein Verurteilung in Den Haag viel besser gewesen?

„Es ist immer besser, auf Gewalt Menschen gegenüber zu verzichten, von daher wäre das aus rechtsethischen Gründen das Klügere und auch das Bessere gewesen. Es ist jetzt anders gekommen, das entzieht sich daher einer weiteren möglichen Wertung. Ich kann nur noch bewerten was geschehen ist und da muss deutlich werden: Jeder Mensche hat eine Würde, die ihm ein anderer Mensch nicht nehmen darf. Das habe ich vor einigen Monaten auch schon gesagt, als es um den Tod von Osama bin-Laden ging. Hinzu kommt, dass die Frage der Gewaltanwendung in solchen terroristischen Bedingungen natürlich hochgradig ethisch verantwortet erzogene und denkende Männer und Frauen braucht, die die Gewalt anwenden bzw. wissen, wo sie die Grenzen setzen müssen. Und das scheint in solchen Konflikten leider Gottes nicht möglich zu sein."

Der Gerechtigkeit dienen

Aber die Bundeswehr bereitet sich darauf vor, auch durch die Seelsorge, kann man das so sagen?

„Wir tun das, was wir tun können, einerseits in Deutschland durch die Seelsorge im persönlichen Sinne. Die evangelische und die katholische Kirche tun vieles zusammen, vor allem im lebenskundlichen Unterricht, den wir nach Beschluss der Regierung und des Verteidigungsministeriums halten. Und wir bereiten die Soldaten mit ethischen Kriterien, die für alle Menschen gelten, vor; wir entwickeln Szenarien, in denen dann die Soldatinnen und die Soldaten wissen, wie sie sich rechtens zu verhalten haben, um die Menschenwürde zu schützen und möglichst der Gerechtigkeit zu dienen. Das ist immer die äußerste Möglichkeit gibt, die ultima Ratio, und dass auch Gewalt angewendet werden muss, ist allerdings auch alte Tradition der kirchlichen Lehre."

Wäre es eine Hilfe, auch muslimische Seelsorgerinnen und Seelsorger in den Streitkräften zu haben, wenn es dort Menschen muslimischen Glaubens gibt?

„Das ist eine Frage, die der Staat beantworten muss. Ich kann nur sehr generell sagen, im Prinzip der Religionsfreiheit gilt das. Faktisch ist es so, dass derzeit meines Wissens circa 1.500 der Soldatinnen und Soldaten muslimischen Glaubens sind. Zweitens wissen wir, die katholischen und die evangelischen Gläubigen kann man aufgrund der Rechtslage in Deutschland klar identifizieren, das ist bei den muslimischen Gläubigen eben sehr anders. Und diese Fragen sind – soweit ich bisher gehört habe – nur von einigen wenigen gestellt und nicht weiter öffentlich diskutiert worden."
Es hat in der Öffentlichkeit diese Debatte gewesen, ob es hilfreich sein könnte.
Es ist ja eine Extremsituation, auf die die Soldaten vorbereitet werden. Sie würden also sagen, dass im Rahmen der Vorbereitung von Soldaten auch die Seelsorge – auch der lebenskundliche Unterricht – eine wichtige Rolle spielt?

„Das tut er und auf ihre Frage kann ich auch noch anders antworten: Es hat eine Umfrage gegeben, wie zufrieden die Soldatinnen und Soldaten mit dem lebenskundlichen Unterricht der evangelischen und der katholischen Geistlichen sei. Der Grad der Zufriedenheit liegt bei etwa 80 bis 90 Prozent. Das ist angesichts des Faktums, dass 30 Prozent der Soldaten katholisch, 30 Prozent evangelisch sind, und ca. 40 Prozent einer anderen bzw. keiner Religion angehörig sind, ein hoher Prozentsatz, der über den Rahmen des Christentums hinaus geht, der dann auch darauf hinweist, dass wir für viele einen guten Dienst tun – weit über den Rahmen des Glaubens hinaus."

Herr Bischof, herzlichen Dank für das Gespräch. (rv)

Vatikan: Geplante Veröffentlichung des Päpstl. Komitee für Geschichtswissenschaften

Das Päpstliche Komitee für Geschichtswissenschaften will persönliche Erinnerungen von Bischöfen an das Zweite Vatikanische Konzil sammeln. Dabei ist an Tagebücher, Briefe und Aufsätze für Bistumszeitungen gedacht, erklärt der vatikanische Chef-Historiker Pater Bernard Ardura. Die Texte sollten im Umfeld der 50-Jahrfeiern des Konzilsbeginns im Oktober 2012 veröffentlicht werden. (rv)

Vatikan/Niederlande: „Der Heilige Stuhl ist keine wirtschaftliche oder militärische Macht“

Das sagte Papst Benedikt an diesem Freitag bei einer Audienz für den neuen Botschafter der Niederlande. Doch die „moralische Stimme" des Vatikans habe „beträchtlichen Einfluss in der Welt", so der Papst weiter. Und wörtlich: „Einer der Gründe dafür ist gerade eben, dass der Heilige Stuhl nicht auf politische oder wirtschaftliche Interessen eines Nationalstaats oder auf die Wählerwünsche einer politischen Partei Rücksicht nehmen muss." Der Heilige Stuhl spreche auf internationaler Ebene „nicht von konfessioneller oder pragmatischer Warte" aus. Stattdessen orientiere er sich an „Vernunft und Natur als Quellen von Normen". Die „universell anwendbaren Prinzipien", die sich daraus ergäb, seien „so real wie die physischen Elemente der Umwelt". (rv)