Tunesien: Polnischer Priester ermordet

Unbekannte haben in einem Vorort der Hauptstadt Tunis einen polnischen Priester ermordet. Die Leiche des Salesianer-Paters Marek Marius Rybinski, dessen Alter je nach Quelle mit 33 oder 34 Jahren angegeben wird, wurde am Freitag im Lagerraum seiner Ordensschule in Manouba gefunden. Zuvor war der Pater am Donnerstagnachmittag verschleppt worden. Vor zwei Wochen hatte der Orden einen Drohbrief mit einer Zahlungsforderung erhalten, der in fehlerfreiem Französisch geschrieben und mit einem Hakenkreuz unterzeichnet worden war. Die Salesianer hatten daraufhin Anzeige bei der Polizei erstattet, die jedoch nichts unternahm.
 „Es gibt bestimmt Verbindungen zwischen diesem Mord und den Umstürzen der letzten Wochen", sagt uns der Bischof von Tunis, Lahham Marun Elias. „Die Polizei wird uns das dann wohl sagen. Es scheint, dass in Tunesien eine islamistische Bewegung entstanden ist, die sich gegen die Nichtmuslime richtet. Diese Bewegung hat vor einer Woche auch vor der Synagoge von Tunis demostriert und gefordert, die Juden sollten gehen, weil jetzt die Armee Mohammeds komme. Die islamische Partei sagt, dass sie mit dieser Bewegung nichts zu tun habe."
Die lange verbotene Islamistenpartei Tunesiens, „Ennahda", verurteilt den Mord am Priester: Die Behörden sollten „erst die Hintergründe der Tat aufklären, bevor sie irgendjemanden beschuldigen", so Parteiführer Rached Ghannouchi, der erst vor kurzem aus dem Londoner Exil nach Tunis zurückgekehrt ist. Man müsse jetzt „wachsam sein, um alles abzuwehren, was zu Anarchie in unserem Land führen könnte". Das Innenministerium hatte in einer ersten Reaktion eine, so wörtlich, „Gruppe extremistischer, faschistischer Terroristen" hinter der Bluttat vermutet. Der Mord war, wie eine Nachrichtenagentur formuliert, „der erste Angriff auf Angehörige einer religiösen Minderheit" seit dem Umsturz in Tunesien vom Januar. Allerdings hatte es ja vor einer Woche bereits die Demo vor der Großen Synagoge von Tunis gegeben.
„Es wäre übertrieben zu sagen, dass jetzt alle Christen hier bedroht sind", meint der Bischof. „Aber die Polizei hat die Überwachung und die Posten vor unseren Kirchen verstärkt, falls Schutz nötig wird."
Mindestens 2.000 Menschen haben am Samstag im Zentrum von Tunis friedlich gegen Extremismus und für Toleranz demonstriert. Die Protestierenden hatten sich per Facebook verabredet. Auf Transparenten stand u.a. „Ich bin Moslem, ich bin säkular, ich bin Tunesier" oder „Nein zu Extremismus".
„Solche Gewalt gegen Christen hat es nie gegeben in Tunesien. Marek Rybinski war seit drei Jahren in Tunesien – er hat gerade erst auf polnisch ein Buch über seine Liebe zu diesem Land veröffentlicht. Er wurde geschlachtet wie ein Lamm – natürlich ist er ein Märtyrer!"
Am Abend des 18. Februar feierte Bischof Lahham einen Trauergottesdienst für den ermordeten Priester in der Kathedrale von Tunis. Pfarrer Rybinski war 33 Jahre alt und Mitglied der Ordensprovinz Warschau (Polen). Im Mai 2005 war er zum Priester geweiht worden. Seit 2007 lebte er in der Gemeinschaft der Salesianer in Manouba, wo er als Ökonom tätig war. (rv)

Unsere Woche: Katholischer Journalismus

 80 Jahre Radio Vatikan, das ist uns auch ein Anlass, über Kirche und Kommunikation und über katholischen Journalismus nachzudenken. Wenn wir aber über Kirche und Öffentlichkeit sprechen, dann können wir das im Augenblick nur, wenn wir auch die Ereignisse des letzten Jahres im Blick behalten. Elvira Steppacher leitet das IFP, die katholische Journalistenschule in München. Was hat sie nach der Debatte um die Missbräuche für die Ausbildung von Journalisten gelernt?
„Ich habe gelernt, dass die Tugenden, die immer schon im Journalismus galten, nach wie vor Gültigkeit haben, und das sind allen voran die Wahrheitsliebe, Unbestechlichkeit, Wachsamkeit und vor allem auch Hartnäckigkeit."
Wir haben feststellen müssen, dass auch beim Journalismus nicht alles Gold ist, was da glänzt. Gerade das Jahr der Missbrauchsfälle hat eine Menge Schwächen aufgedeckt.
„Jede schlechte und falsch durchgeführte Recherche ist ein Schaden am Journalismus insgesamt. Gleichwohl bin ich der festen Auffassung, dass ohne den Druck der Journalisten die Aufarbeitung in der katholischen Kirche nicht in der Gänze und auch nicht in der Tiefe oder Schnelligkeit erfolgt wäre. Das liegt am Druck, der in der Öffentlichkeit aufgebaut war. Es ist schade – und das wirft ein schlechtes Licht auf den Journalismus und schadet auch der Sache insgesamt – wenn unsauber recherchiert wird, was leider auch vorkam. Ich sehe das mit großem Bedauern, zumal das auch in Qualitätsmedien vorkam."
Was muss denn in den Augen einer Journalistenausbilderin erfüllt sein, damit sich jemand „katholischer Journalist" nennen kann?
„Grundsätzlich kann man zunächst nur ganz allgemein sagen, ein katholischer Journalist ist jemand, der sich zur katholischen Konfession bekennt. Das klingt nach einer Tautologie, aber ich glaube tatsächlich, dass das der kleinste gemeinsame Nenner ist. Wenn jemand nach dem katholischen Glauben lebt, dann werden für ihn bestimmte Dinge eine andere Dimension haben. ‚Du sollst kein falsches Zeugnis wider deinen Nächsten ablegen’ ist eine Dimension, die jemand, der gläubig ist, anders für sich verortet, als jemand, der Agnostiker ist."
Sollten katholische, kirchliche Journalisten eine besondere Loyalität zeigen? Man hört immer wieder vor allem von privaten Initiativen, dass es nun an der Zeit sei, vor allem die Verbundenheit zu zeigen, und vielleicht das genauere Hinschauen wegzulassen.
„Zur Frage der Loyalität ist man sicherlich in einem schwierigen Bereich, denn wenn Unbestechlichkeit und Wahrheitsliebe den Journalismus im Kern ausmachen, dann darf nicht eine potentiell positive Grundhaltung zu einer Institution dazu führen, dass man im Zweifel die Wahrheit etwas biegt. Ich glaube, dass Loyalität erst einmal bedeutet, dass ich ganz besonders darauf achte, dass ein sachgerechter Zusammenhang hergestellt wird. An Zusammenhängen herrscht im Augenblick der größte Mangel innerhalb der Berichterstattung. Da wird zu schnell auf Aktuelles und Kurzlebiges geachtet, ohne dass Zusammenhänge, die immer mit Strukturen zu tun haben und damit auch schwierig sind, erklärt werden."
Dabei stellt sich katholischen Medien eine Grundentscheidung: ist man Öffentlichkeitsarbeit oder ist man journalistisches Medium? Daran entscheidet sich, was für ein kirchliches Medium man sein will und daran entscheidet sich auch, wie man berichtet und wie man kommuniziert.
„Das ist sehr davon abhängig, was innerhalb dieses kirchlichen Mediums an Horizonten möglich ist. Es gibt natürlich die Möglichkeit, dass ein kirchliches Medium im Prinzip wie jedes andere institutionelle Medium ein Corporate-Medium ist, das im Prinzip eine PR-Botschaft verbreiten will. Das ist ja auch durchaus berechtigt, dass es auch innerhalb der Kirche Medien gibt, die für die Institution Werbung machen. Wenn das Medium aber so aufgestellt ist, dass es sich zwar in kirchlicher Trägerschaft befindet, aber im Prinzip den Regeln des Journalismus genügen soll, dann erwarte ich mir, dass auch dort die gleichen Grundsätze gelten wie in einem Medium, das in einer freien oder ganz anders gearteten Trägerschaft sich befinden."
Hintergrund
Das Institut zur Förderung Publizistischen Nachwuchses (ifp) in München ist die Journalistenschule in Trägerschaft der Katholischen Kirche und bildet Journalistinnen und Journalisten für alle Medien aus. Bei Interesse an einer Ausbildung durch das ifp: bis zum 1. März läuft noch die Bewerbungsfrist für die Volontariate und bis zum 31. Mai die für die Studienbegleitende Journalistenausbildung. (rv)

Vatikan: „Mit großer Freude begonnen“

 Mit großem Respekt vor allen Ordensleuten beginnt der neue Präfekt der vatikanischen Ordenskongregation sein neues Amt. Erzbischof João Braz de Aviz trat an diesem Freitag seinen Dienst im Vatikan an. Der ehemalige Erzbischof von Brasilia ist selbst kein Ordensmann.
„Ich glaube, das wichtigste ist, diesem Bereich der Kirche eine hohe Achtung zu schenken. Die Ordensleute sind ganz wesentlich für die Geschichte der Kirche: Diese großen und weniger großen Charismen, die große und auch weniger bekannte Heilige hervorgebracht haben. Und die der Kirche ein gelebtes Wort der Evangeliums hinterlassen haben, das Früchte getragen hat. Es hat in der Geschichte Spuren hinterlassen mit all dem Guten, was getan worden ist und noch immer getan wird."
Die Heiligung durch den Zölibat sei für die Ordensleute weniger ein Befehl als ein Ruf der Liebe Gottes", sagte der Brasilianer im Interview mit Radio Vatikan. Der Blick Gottes sei daher in besonderer Weise auf sie gerichtet:
„Diese Tatsache erfüllt mein Herz mit großer Freude. Obwohl ich auch die Probleme sehe, die es gibt, wie zum Beispiel die Überalterung von einigen Orden oder Kongregationen. Und das Problem der Berufungen, das einige in unserer Kultur sehen. Und auch einige innere Schwierigkeiten, moralische oder andere. Wir müssen diese Schwierigkeiten sehen, aber gleichzeitig auch all das Positive, das es gibt, und das sehr tief und großartig ist."
Erzbischof Braz de Aviz ist Nachfolger des im Januar aus Altersgründen zurück getretenen slowenischen Kardinals Franc Rodé. Seine Behörde im Vatikan ist zuständig für alle Orden, Kongregationen, Säkularinstitute und Gemeinschaften geweihten Lebens in der katholischen Kirche, denen weltweit mehr als eine Million Ordensleute angehören. (rv)

Vatikan: Immer mehr Katholiken weltweit

 Europa ist nicht der Maßstab: Die katholische Kirche in der Welt wächst. 2009 hat die Zahl der Getauften – im Vergleich zum Jahr davor – um 15 Millionen zugenommen. Das geht aus der Statistik zum Päpstlichen Jahrbuch 2011 hervor, das Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone an diesem Samstag druckfrisch Papst Benedikt XVI. überreicht hat.
In absoluten Zahlen gab es 2009 in allen Teilen der Welt zusammengenommen 1 Milliarde 181 Millionen Katholiken. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet das ein Plus von 1,3 Prozent. Um genau denselben Anteil ist auch die Zahl der Bischöfe gestiegen, von denen es nun weltweit 5.605 gibt. Papst Benedikt schuf 2009 zehn neue Bischofssitze sowie zwei weitere ähnliche Verwaltungseinheiten, ein sogenanntes Exarchat und ein Vikariat.
Mehr Priester
Auch was die Zahl der Priester anlangt, setzt sich laut Angaben des Vatikans der weltweit positive Trend des letzten Jahrzehnts fort. Mit einer Ausnahme: In Europa gibt es – analog zu den Gläubigen – immer weniger katholische Geistliche. 2009 war es auf dem alten Kontinent ein Minus von rund 0,8 Prozent bei den Diözesanpriestern und von rund einem Prozent bei den Ordenspriestern. In allen anderen Erdteilen nimmt die Zahl der Priester langsam, aber stetig zu: Ein Plus von 0,34 Prozent verzeichnete der Vatikan von 2008 auf 2009. Geradezu sprunghaft stieg im gleichen Zeitraum die Zahl der Ständigen Diakone: plus 2,5 Prozent in einem Jahr. Bei diesem Trend macht auch Europa keine Ausnahme.
Weniger Ordensfrauen
Dramatisch bleibt der Schwund an Ordensfrauen. Auch wenn es in Afrika und Asien mehr Berufungen gibt, ist ihre Zahl, weltweit gemessen, in einem Jahr um 10.000 zurückgegangen und liegt nun bei rund 730.000.
Die Seminaristen spiegeln die Entwicklung der Priesterzahlen. In der Weltkirche gibt es einen leichten Zuwachs, in Europa ein kräftiges Minus: um 1,64 Prozent weniger Priesteramtsanwärter in nur einem Jahr. (rv)

Vatikan: Warnung vor falschen Einlasskarten zur Seligsprechung

Die Präfektur des Päpstlichen Hauses warnt vor falschen Einlasskarten zur Seligsprechung von Johannes Paul II. In einer Mitteilung von diesem Freitag heißt es, dass es im Internet missbräuchliche Angebote über den Verkauf von Einlasskarten für die liturgischen Feiern und Generalaudienzen, besonders aber für die Seligsprechung gebe. Die Präfektur, die die liturgischen Feiern des Papstes und die Audienzen organisiert, weist darauf hin, dass für die Seligsprechung keine Einlasskarten benötigt werden. Generell seien alle Einlasskarten für liturgische Feiern oder Audienzen des Papstes immer kostenlos, niemand dürfe dafür irgendwelche Zahlungen verlangen. (rv)

Vatikan: Details über die Seligsprechung von Johannes Paul II.

Der vatikanische Pressesaal hat an diesem Freitag das Programm zur Seligsprechung von Papst Johannes Paul II. bekannt gegeben. Demnach wird die Seligsprechung fünf Teile haben.
Der Beginn der Feier ist für Samstag, 30. April, vorgesehen. Die Pilger sind zu einer Vigilfeier von 20.30 bis 22.30 Uhr im „Circo Massimo" eingeladen. Geleitet wird die Vigil vom römischen Generalvikar, Kardinal Agostino Vallini. Papst Benedikt XVI. wird durch eine Live-Schaltung mit den Betenden verbunden sein.
Die eigentliche Seligsprechungsfeier findet am Sonntag, 1. Mai, um 10 Uhr statt. Hauptzelebrant wird Papst Benedikt XVI. sein. Zutritt auf dem Petersplatz soll für alle gewährleistet sein, solange, wie Platz ist.
Nach der Feier soll der Leichnam des neuen Seligen allen Gläubigen, die wollen, zugänglich sein. Dazu soll ein entsprechender Ort eingerichtet werden.
Der Dankesgottesdienst findet am Montag, 2. Mai, um 10.30 Uhr auf dem Petersplatz statt. Geleitet wird die Messe von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone.
Der Leichnam des neuen Seligen wird danach in der St. Sebastian-Kappelle in der St. Petersbasilika begraben. Dies soll unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt werden.
Weitere Einzelheiten zu der Feier werden demnächst bekannt gegeben. (rv)

Italien: Kardinal Ruini feiert 80. Geburtstag

Camillo Kardinal Ruini feiert heute seinen 80. Geburtstag. Ruini wurde 1983 zum Weihbischof von Emilia geweiht. 1986 wurde er Generalsekretär der Italienischen Bischofskonferenz und 1991 Titularerzbischof und Erzpriester der Päpstlichen Lateranbasilika sowie Generalvikar der Diözese Rom. Im selben Jahr übernahm er die Leitung der Italienischen Bischofskonferenz. Papst Johannes Paul II. erhob ihn 1991 zum Kardinal.

Durch seinen 80. Geburtstag sinkt das wahlberechtigte Kardinalskollegium auf 117 Eminenzen. Ohne Wahlrecht sind somit 84 Kardinäle. (vh)

Italien: Aus dem Archiv der „deutschen“ Anima in Rom

Werden Sie sich demnächst in Rom aufhalten?Dann schauen Sie doch mal in der „Santa Maria dell`Anima" vorbei. Unweit der berühmten Piazza Novanna im Herzen Roms hält die Kirche ihre Pforten vor allem für Pilger und Besucher aus dem deutschen Sprachraum geöffnet. Und das nun schon seit mehr als 600 Jahren! Die „Anima" ist der Sitz der deutschsprachigen katholischen Gemeinde in Rom. Nun erzählt ein Buch den spannenden und erfolgreichen Werdegang der deutschsprachigen Katholiken in der ewigen Stadt. Es ist am vergangenen Mittwoch der Öffentlichkeit präsentiert worden ist. Welche Geheimnisse die Historiker dem Archiv der „Anima" entlocken konnten und was gerade Papst Benedikt mit dem Hauptquartier der deutschen Katholiken in Rom verbindet, berichtet Ihnen Christoph Siegl.
 Applaus für ein Buch. Der Besucherandrang ist hoch am Mittwochabend in der Kirche „Santa Maria dell`Anima". Es herrscht eine feierliche Atmosphäre. Die prächtige Sakristei des Gotteshauses erstrahlt nach mehrjähriger Restaurierung in neuem Glanz. Wer sich beim Erreichen des Veranstaltungsortes noch in der Hauptstadt Italiens wähnte, erlebt beim Betreten der Kirche mitunter eine Überraschung: Es wird deutsch gesprochen.
Das mit gutem Grund: Die Kirche „Santa Maria dell´Anima" ist Sitz der deutschsprachigen katholischen Gemeinde in Rom – mit einer spannenden Vergangenheit, die Wissenschaftler des Deutschen Historischen Instituts in Rom nun minutiös aufgearbeitet haben.
Der Berliner Historiker, Professor Ludwig Schmugge, ist Gastredner des Abends.
„Wie jede Generation muss auch die heutige ihre Geschichte schreiben und in diesem Band finden Sie hervorragende Beiträge des Immobilienbesitzes der Anima, zum Bau der Kirche und ihrer Kapellen und auch zu den Aufgaben, die die Anima hatte: Pilger und Deutsche, die nach Rom kamen, zu betreuen."
Seit mehr als 600 Jahren besteht das päpstliche Institut „Anima" in seiner heutigen Form. Gegründet wurde die „Anima" einst als Hospitz und Dienstleistungsstelle für deutsche Rom-Pilger. Ihre Aufgabe bestand darin, Arme und Pilger „deutscher Nation" zu sammeln, zu stärken und gegebenenfalls gesund zu pflegen.
Dass die „Anima" in diesem Jahr ihr 605jähriges Bestehen feiern kann, verdankt sie einem glücklichen Ereignis im Jahre 1406, wie ihr Rektor Franz Xaver Brandmayr zu berichten weiß:
„Im Jahr 1406 wurde uns nämlich das Privileg der Papstunmittelbarkeit verliehen. Papst Innozenz VII hat alle Zwischeninstanzen ausgeräumt, die Anima wird direkt ihm unterstellt, was bis zum heutigen Tag gilt. Das hat uns eine große Selbständigkeit und Freiheit verliehen."
Unter diesem direkten Schutz des Heiligen Stuhls vollzog sich in den folgenden Jahrunderten die erfolgreiche Entwicklung der „Anima". Vom deutschsprachigen Hospitz mauserte sie sich zum wichtigsten Reisezentrum für deutschsprachige Rom-Pilger aus ganz Europa. Es wurden immer neue Immobilien hinzugekauft. 1499 begann man damit, den alten gotischen Kirchenbau durch den aktuellen im üppigen Renaissance- und Barockstil zu ersetzen.
Ein Priesterkolleg wurde eingerichtet, ebenso eine Pfarr- und Pilgerseelsorge.
Professor Schmugge weist auf einige Besonderheiten in der Anima-Geschichte hin, die im aktuellen Werk genauer beleuchtet worden sind:
„Interessant zum Beispiel, dass in diese Kirche ein brandenburgischer Kurfürstensohn und Erzbischof von Mainz enorme Summen investiert hat, ohne jemals hier gewesen zu sein.
Interessant auch, dass die Österreicher im 17. Jahrhundert diese Kirche als eine Art ausgelagerte Haus- und Hofkirche verstanden haben, wo sie ihre Feste feierten. Und interessant ist auch, dass die Kirche in der Zeit des Nationalsozialismus zwei Rektoren gehabt hat, die gegensätzlicher hätten nicht sein können: Professor Schmittlin, der von den Nazis abgesetztwurde und 1944 im KZ gestorben ist und Alois Hudal, ein begeisterter Nazi, der zur gleichen Zeit, als sein Vorgänger hingerichtet worden ist, versucht hat, sich mit den Nazis zu verständigen."
In der 605 Jahre langen Liste der Anima-Rektoren steht Franz Xaver Brandmayr an Stelle 208:
„Mich als Rektor, der ja auch mit der Verwaltung zu tun hat, hat besonders die Geschichte des Immobilienbesitzes fasziniert und wie es gelungen ist aus dem Immobilienbesitz diejenigen Ressourcen herauszuziehen, die die Erhaltung der Institution gewährleistet hat. Man hat hier nie sehr viel gesammelt, aber das, was man brauchte, hat man ganz, ganz gut abgesichert. Somit sicherte man eine Existenz durch die Jahrhunderte, weil die Größe des Immobilienbesitzes im 15. Jahrhundert schon ungefähr die heutige Größe hatte."
Doch die Geschichte der „Anima" und ihrer deutschsprachigen Pfarrgemeinde in Rom hat auch Rückschläge zu verzeichnen: Die Französischen Revolution zum Beispiel. Die führte nämlich zur Plünderung der „Anima"-Besitztümer in Rom und schließlich 1806, wie bekannt ist, unter Napoleon ganz und gar zur Auflösung des Heiligen Römischen Reiches.
Es bedeutete das Aus für alle altehrwürdigen geistlichen Einrichtungen deutscher Nation in dieser Zeit. Für alle? Nein. Wie durch ein Wunder, hat gerade die „Anima" den politischen Wirren jener Jahre standhalten können. Das macht sie heute zu einem paradoxen Überbleibsel „deutscher" Vergangenheit:
„Wir sind, wenn man es genau nimmt, sogar der letzte existierende kirchliche Teil des Heiligen Römischen Reiches. Weil als einziger reichsunmittelbarer Teil 1803 nicht säkularisiert worden und deshalb bei der Auflösung des Reiches übrig geblieben sind. Es gibt zwei kleine Reste des Heiligen Römischen Reiches: das ist Liechtenstein, das einzige Fürstentum, das 1803 nicht mediatisiert wurde, und die Anima, das einzige kirchliche reichsunmittelbare Institut, das nicht säkularisiert wurde."
Noch heute zeugt das Symbol des doppelköpfigen Adlers, das sich hier und da im Inneren des prunkvollen Kirchenbaus der „Anima" finden lässt, von der Gegenwärtigkeit ihrer deutschen Vergangenheit. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass die Symbole in den Dekors auf den Schutz eines Staates verweisen, den es lämgst nicht mehr gibt.
Die Santa Maria dell´Anima ist die Kirche der deutsch-sprechenden Katholiken in Rom und möchte jedem Rompilger als Gastgeber ein Stück Heimat in der Fremde sein.
Doch nicht nur den Deutschen aus der Bundesrepublik. Im Sinne ihrer historischen Wurzeln steht die „Anima" den Pilgern und Besuchern aus dem gesamteuropäischen deutschsprachigen Raum offen.
Professor Schmugge erklärt warum:
„Dass die Anima über lange Jahrzehnte im 19. und 20. Jahrhundert als Deutsche Nationalkirche verstanden wurde, kann man heute fast kaum noch verstehen, denn es waren nicht nur die Deutschen, die hier ihre Heimat fanden, es waren die Österreicher, die Ungarn, es war das gesamte deutschsprechende Mitteleuropa."
Und auch Rektor Brandmayr räumt mit weit verbreiteten Missverständnissen auf:
„Wir sind das Institut des Heiligen Römischen Reiches, das nie national war, sondern immer übernational. Wo natürlich das Deutsche schwerpunktmäßig besonderes Gewicht hatte.
Ich sag immer, der Einzugsbereich der Anima geht von Sizilien bis zum Nordpol."
Bleibt natürlich die Frage, welche Beziehung denn nun Papst Benedikt XVI hat zur Gemeinde seiner deutschsprachigen Glaubensgenossen?
Eine sehr enge, erklärt Rektor Brandmayr:
„Kardinal Ratzinger, den verbindet mit diesem Haus schon bevor er Kardinal war eine lange Geschichte. So war er während des Konzils als Berater von Kardinal Frings hier in Rom. Kardinal Frings ist ein ehemaliger Kollegiat des Hauses und hat während des Konzils in der Anima gewohnt.
Und sein Berater hat auch hier gewohnt.
Alle Konzilssessionen war Professor Joseph Ratzinger hier und hat mir daher selber gesagt, er fühlt sich wie ein halber Animale, wie wir die Ehemaligen nennen, weil er eben von daher, auch später als Erzbischof von München, sowie als Präfekt der Glaubenskongregation, immer wieder hierher gekommen ist."
Monsignore Brandmayr erinnert sich auch noch gut an den letzen Besuch des damaligen Kardinal Ratzinger:
„Und hier ist er auch, zum letzten Mal bislang, ich hoffe, dass er noch mal kommt, genau drei Monate vor seiner Wahl im Haus gewesen. Er hat hier eine Messe gefeiert, da wurde die Renovierung der Sakristei mit einem ersten Bild begonnen. Diese ist jetzt abgeschlossen.
Ich weiß, dass ihm diese Restaurierung sehr am Herzen lag. Vielleicht gelingt es sogar, dass er sich das Ergebnis noch einmal selbst anschauen kann."
Die Santa Maria dell`Anima will allen Deutschsprachigen in Rom eine geistliche Heimat bieten. Ob Tourist, Pilger oder Austauschstudent, Sie sollten sich einen Besuch in der Via della Pace 20, gleich hinter der Piazza Novana nicht entgehen lassen. (rv)

Vatikan: Wirtschaftsberatungen

 Ob unter der vatikanischen Haushaltsbilanz für das Jahr 2011 unter dem Strich rote oder schwarze Zahlen stehen werden, ist noch nicht klar. Es gebe zwar „klare Zeichen der Erholung", dennoch litte die vorläufige Haushaltsbilanz für 2011 immer noch unter den Unwägbarkeiten der Weltwirtschaft. Das steht in einer Mitteilung des Pressesaales von diesem Donnerstag. Auch die steigenden Verwaltungskosten machten dem Vatikan zu schaffen. In den vergangenen zwei Tagen traf sich der Kardinalsrat, der die organisatorischen und wirtschaftlichen Fragen des Vatikanstaates und des Heiligen Stuhles untersucht, zu einer beratenden Sitzung. Einer der beteiligten Kardinäle ist der Brasilianer Odilo Scherer. Er erklärte uns:
„Der Heilige Stuhl und der Vatikan sind nicht wie ein normaler Staat, der Reichtum aus sich selber schöpft. Wir sind immer abhängig von der Großzügigkeit der Katholiken, den Spenden, die aus der ganzen Welt kommen, aus den Diözesen, den kirchlichen Organisationen. Das ist bisher immer gut gegangen und wird auch weiter gut gehen, obwohl wir nie damit werden rechnen können, dass die Kirche den Reichtum hat, sich selbst unterhalten zu können."
Eingeladen zur Sitzung waren laut Vatikan-Mitteilung die Leiter von Radio Vatikan, Pater Federico Lombardi als Generaldirektor sowie der Verwaltungsdirektor Alberto Gasbarri (der gleichzeitig Reisemarschall des Papstes ist). Radio Vatikan ist regelmäßig einer der größten Kostenpunkte im Vatikan-Haushalt, weil rund jeder zehnte Papst-Angestellte für den Sender arbeitet und das Radio, anders als öffentlich-rechtliche Sender im deutschen Sprachraum, ohne Gebühren auskommen muss. Außerdem ist das Programm in 47 Sprachen so gut wie werbefrei. Vor wenigen Tagen feierte Radio Vatikan seinen 80. Geburtstag. Kardinal Scherer:
„Die Kirche hat schon früh verstanden, dass Radio ein großes Mittel ist, um die Frohe Botschaft zu verbreiten. Ich wünsche mir langes Leben für Radio Vatikan und mehr Hörer für die Frohe Botschaft und die Botschaft des Heiligen Vaters, nicht nur hier in Rom, sondern auch in den einzelnen Ländern, wo diese Sprachen gesprochen werden. Etwa über Internet. Das muss aber organisiert werden, dass Radio Vatikan auch dort immer mehr gehört wird, und dass die Sendungen aus Rom dort auch ankommen." (rv)