Vatikanberater: „Islamisten wollen in Ägypten an die Macht!“

Massendemonstration in Kairo, Präsident Hosni Mubarak bildet sein Kabinett um, das Militär zieht hinter den Kulissen die Fäden – muss man Angst haben, dass die Muslimbrüder in Ägypten an die Macht kommen? Ja, das muss man, sagt ohne Umschweife Samir Khalil Samir, ein ägyptischer Jesuit und Berater des Vatikans.
 „Natürlich, die Islamisten wollen an die Macht! Die Muslimbrüder sind 1928 mit diesem Ziel entstanden: wirklich islamische Staaten zu schaffen. Sie finden, dass Ägypten zu stark vom nicht-islamischen Westen beeinflusst ist. Und sie wollen an die Macht, um Reformen durchzusetzen, die aus ihrer Sicht das Beste für das Volk sind – aus der Sicht anderer hingegen das Schlimmste. Eigentlich sind wir es, die solche Bewegungen erst erschaffen: Wenn man nicht genug Freiheit und soziale Hilfe gibt, dann profitieren sie davon und treten dadurch in die Gesellschaft ein."
Genauso hätten sie es in Ägypten gemacht, so Samir, der in Beirut Islamwissenschaften lehrt und der im Herbst auch an der Nahost-Sondersynode im Vatikan teilgenommen hat. Schließlich stehe ja die Armut der Ägypter am Anfang der derzeitigen Revolte:
„Etwa vierzig Prozent der Ägypter leben in absoluter Armut – sie haben noch nicht einmal zwei Dollar am Tag zur Verfügung. Hingegen haben sich die Preise binnen eines Jahres teilweise verdreißigfacht, und dafür zahlen die Armen die Zeche. Die Regierung tut nicht genug dagegen, und hier genau ist die Wurzel der Gefahr des Islamismus. Die Muslimbrüder und andere islamistische Bewegungen haben verstanden, dass es reicht, sich sozial zu engagieren, um Wählerstimmen an sich zu binden."
Das Regime von Hosni Mubarak hat in den letzten Jahrzehnten ein doppeltes Spiel getrieben: Die Muslimbrüder waren offiziell verboten, wurden aber mehr oder weniger geduldet. Sie sind heute mit Sicherheit die am besten organisierte oppositionelle Kraft in Ägypten, beobachtet Pater Samir:
„Sie sind überall: Sie treten unter irgendeinem unverdächtigen Namen in andere Parteien ein und treiben von dort aus eine islamische Politik voran. Alllerdings: Ägypten ist ein moderates Land, die Natur des Ägypters ist nicht die Rebellion, er will einfach nur leben."
Hady ist ein junger Ägypter, der in Kairo lebt und arbeitet. Er nimmt in diesen Tagen an den Protesten auf der Straße und auf dem Tahrir-Platz teil. Gegenüber Radio Vatikan meint er:
„Ich habe oft Gerüchte gehört, dass das eine Revolution von Hungrigen wäre, die Revolution der Armen, aber so ist das nicht: Das ist die Revolution von ganz Ägypten, das hat mit dem Hunger nichts zu tun. Wir marschieren alle zusammen – friedlich vereint wie Brüder, auch wenn wir aus allen Teilen der Gesellschaft kommen. Hier ist ganz Ägypten, nicht nur die Armen! Wir zerstören nichts, wir haben Forderungen: Wir wollen mehr Demokratie, mehr Respekt für die Personen, und dass die Leute genug zu essen haben…"
Mehr Demokratie – wenn Pater Samir diese Forderung der vielbeschworenen „arabischen Straße" hört, wird er vorsichtig.
„Ja, aber wir müssen präzisieren, was Demokratisierung für uns bedeutet! Sie bedeutet als allererstes Gerechtigkeit für die Ärmsten, und dann mehr Freiheit. Wir haben ein Regime erlebt, das aus Angst vor diesen extremistischen Bewegungen alles zu stark kontrolliert hat. Wie kommt man wieder heraus aus diesem Teufelskreis? Durch Reformen, vor allem auf sozialem Gebiet – mit sozialen Einrichtungen, die für alle zugänglicher werden. Vor allem die Schulen sind in einem katastrophalen Zustand; wir haben fast vierzig Prozent Analphabeten!"
„Das ist mein Volk, das ist meine Nation!", sagt Hady, der sicher auch in diesem Moment unter den Demonstranten in Kairo ist. „Ich habe Menschen sterben sehen; ich habe alte Leute und Kinder gesehen, die wegen des Tränengases nicht mehr atmen konnten… Es war wirklich tragisch zu sehen, wie die Polizei auf normale Bürger einschlug, Menschen, die friedfertig demonstrierten. Es war wirklich dramatisch, und es wird weitergehen, es wird nicht aufhören – es wird immer weitergehen!" (rv)

D: Piusbruderschaft für Pflichtzölibat

Die schismatisch orientierte „Piusbruderschaft" verteidigt den Pflichtzölibat in der römischen Kirche. Der deutsche Distriktobere der Piusbrüder, Franz Schmidberger, sieht in der von CDU-Politikern losgetretenen Debatte einen „offenen Verstoß gegen die Beschlüsse des II. Vatikanischen Konzils". Er fordere „die betreffenden CDU-Politiker sowie das Zentralkomitee (der deutschen Katholiken) auf, sich unverzüglich an die Vorgaben des II. Vatikanischen Konzils zu halten und die Erklärung zu widerrufen!" Wer bei „jeder Diskussion um die Tradition der Kirche die vollumfängliche Anerkennung des Konzils" verlange, müsse „sich auch selber daran halten." Die Lefebvre-Anhänger forderten weiterhin, „jene Teile des Konzils zu verbessern, die im Widerstreit mit der Tradition stehen". Der Vatikan verlangt von der Piusbruderschaft eine umfassende Anerkennung der Lehren des Konzils, darunter auch der Beschlüsse zu anderen Religionen und zur Ökumene. (rv)

Vatikan: „Pius XII. schon jetzt ein Vorbild“

Der frühere Präfekt der Vatikan-Kongregation für Seligsprechungen, Kardinal Jose Saraiva Martins, hofft weiter auf eine baldige Seligsprechung von Papst Pius XII. Das sagte er am Montag Abend vor Journalisten in Rom.
 „Ich weiß nicht, ob derzeit der Fall eines Wunders, das auf die Fürsprache von Pius XII. zurückgehen könnte, in der Kongregation zur Prüfung vorliegt. Aber das Entscheidende im Seligsprechungsprozess ist, dass schon seine heroischen Tugenden anerkannt sind, denn damit erklärt die Kirche Papst Pacelli schon jetzt zu einem Vorbild für alle Gläubigen."
Der portugiesische Kardinal macht keinen Hehl daraus, dass er in seiner Zeit an der Spitze der Seligenkongregation alles getan hat, um Pius XII. in die Liste der Seligen einschreiben zu können. Dabei weiß Saraiva Martins, wie umstritten vor allem die Rolle von Pius im Zweiten Weltkrieg ist.
„Ich habe gearbeitet und gekämpft, um wenigstens die Anerkennung seiner heroischen Tugenden durchzusetzen; es ist ja bekannt, hatten die Juden damit eine gewisse Schwierigkeit. Ich habe ihn vorangebracht und viele Schwierigkeiten überwunden – die heroischen Tugenden sind das Grundlegende, ohne diesen Schritt ist es auch unnütz, sich mit einem möglichen Wunder zu beschäftigen." (rv)