Kommentar: Der Theologenbrief und die Medien

Zur an diesem Freitag veröffentlichten Erklärung deutschsprachiger Theologen ein Kommentar unseres Redaktionsleiters Pater Bernd Hagenkord:
 Die meisten Meldungen, die heute zur Erklärung „Kirche 2011: Ein notwendiger Aufbruch" auf dem Schreibtisch von uns Journalisten landen, lauten in etwa so: „144 Theologen fordern Abschaffung des Zölibates" (Focus, Stern, AFP, dpa). Oder wie die Süddeutsche Zeitung selber titelt: „Theologen gegen den Zölibat".
Angehängt an den Brief deutscher Politiker zu den viri probati – auch das wurde in den Medien als Zölibatsdebatte geführt – und die Auseinandersetzung zwischen Kardinälen um den Stil der Debatte fallen etwa 99 Prozent des Inhalts des Briefes dabei weg.
Blättern wir einige Jahre zurück, ins Jahr 1989 zur Kölner Erklärung, einem anderen von vielen Theologen unterzeichneten Aufruf. Dietmar Mieth, Unterzeichner damals wie auch heute, stellte vor zwei Jahren in einem Artikel rückblickend folgende Frage: „Wie sehr sind wir in diesen Dingen von einer medialen Event-Kultur abhängig?" Die aktuelle Erklärung selber spricht bereits im ersten Absatz an, dass es auch der bevorstehende Papstbesuch in Deutschland ist, der die Debatte prägt. Und – so möchte ich hinzufügen – der eine besondere Form der Aufmerksamkeit schafft.
Es ist klar, dass die Kirche sich schadet, wenn sie den Dialog verweigert, sowohl innerkirchlich, als auch mit Kultur und Gesellschaft. Aber ebenso deutlich muss gesagt werden, dass die Medienkultur nicht die einzige Instanz sein kann, die entscheidet, wann ein Dialog wirklich stattfindet und wozu er geführt werden darf. Es sind die viel beschworenen ‚Mühen der Ebene’, die es jetzt braucht, viel mehr noch als die symbolische und große Geste und das medial verwertbare Ereignis. Hier, und nicht in den inszenierten Events, wird sich zeigen, ob wir in Sachen Kommunikation aus dem vergangenen Jahr gelernt haben. (rv)

D: Bischofskonferenz sieht im Aufruf der Theologen „gutes Signal“

Die „Süddeutsche Zeitung" hat an diesem Donnerstag einen offenen Brief veröffentlicht, der von 144 deutschsprachigen katholischen Theologen unterzeichnet ist. Unter der Überschrift „Kirche 2011: Ein notwendiger Aufbruch" werfen die Autoren einen Blick hinter die Skandale des letzten Jahres, sie fordern ein, dass die Kirche sich an der Freiheitsbotschaft des Evangeliums orientiert. Es geht ihnen um die Macht- und Kommunikationsstrukturen der Kirche, um die Gestalt des kirchlichen Amtes und um die Beteiligung der Gläubigen. In all dem dürfe sich die Kirche nicht ängstlich abschotten, sondern müsse durch Offenheit Vertrauen zurück gewinnen.
 Der Sekretär der deutschen Bischofskonferenz, Pater Hans Langendörfer, sieht laut einer Pressemitteilung in dem Memorandum ein gutes Zeichen. Zum Gespräch über die Zukunft von Glauben und Kirche in Deutschland haben die Bischöfe eingeladen, „es ist ein gutes Signal, dass sich auch die Unterzeichner daran beteiligen wollen. Seit über zwanzig Jahren gibt es einen strukturierten Dialog der deutschen Bischöfe mit den Fachleuten der verschiedenen Fächer der Theologie. Er hat sich bewährt und ist für beide Seiten vorteilhaft."
Langendörfer sieht in dem Text aber auch Spannungen, vor allem zu „theologischen Überzeugungen und kirchlichen Festlegungen von hoher Verbindlichkeit". Hier brauche es dringend eine weitere Klärung.
Die Kirche in Deutschland sucht mit neuer Lebendigkeit danach, wohin sie ihr Pilgerweg heute führt. Fehler und das Versagen der Vergangenheit sollen, genauso wie die Defizite und Reformerfordernisse der Gegenwart, besprochen und anerkannt werden. Sperrigen Themen ist dabei nicht zu entkommen. Angst ist in der Tat kein guter Ratgeber. Im Dialog dürfen akademische Weitsicht und intellektueller Scharfsinn, die eine besondere Chance der akademischen Theologie sind, nicht fehlen."
Auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken äußerte sich positiv zu der Erklärung. Sie sei ganz im Sinne der von der Deutschen Bischofskonferenz und dem ZdK angestoßenen Dialoginitiative, sagte ZdK-Sprecher Theodor Bolzenius der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Bonn. „Wir begrüßen, dass das Gespräch jetzt weiter in Gang kommt und ganz verschiedene Gruppen sich äußern." Die Themen deckten sich weithin mit denen, die auch das ZdK als wichtig ansehe.
Das Memorandum
Die Autoren benennen sechs „Handlungsfelder", in denen sie den „offenen Dialog" einfordern. Zuerst gehen die Unterzeichner auf die Strukturen der Beteiligung am kirchlichen Leben ein: die Kirche brauche synodale Strukturen. Der Text wendet sich ebenfalls dem Problem des in den Großpfarreien erodierenden Gemeindelebens zu, unter diesem Punkt werden auch verheiratete Priester und die Priesterweihe der Frau eingefordert. Weitere Themen für den Dialog befassen sich mit der Rechtskultur in der Kirche, dem Umgang mit Sünden in den eigenen Reihen, mit der Gewissensfreiheit und damit der Verantwortung des Einzelnen und schließlich mit der Kulturbezogenheit von Liturgie. Die Erklärung schließt mit dem Hinweis „Angst war noch nie ein guter Ratgeber in Zeiten der Krise."
Gerichtet ist der Brief „an alle, die es noch nicht aufgegeben haben, auf einen Neuanfang in der Kirche zu hoffen und sich dafür einzusetzen." (rv)

Vollständiger Text der DBK (04.02.2011):  >>> Erklärung zum Memorandum „Kirche 2011: Ein notwendiger Aufbruch“

Vollständiger Text des Memorandums (04.02.2011):  >>>  Memorandum von Theologieprofessoren und -professorinnen zur Krise der katholischen Kirche

 

Papst: „Seid sorgsam bei Ehe-Annullierungen“

Das Verfahren zur Feststellung einer Ehe-Nichtigkeit soll geordnet und sorgsam durchgeführt werden. Daran erinnerte Papst Benedikt XVI. an diesem Freitag. Er empfing im Vatikan die Richter von einem der drei großen vatikanischen Gerichtshöfe; es ist der so genannte „Oberste Gerichtshof der Apostolischen Signatur". Geleitet wird dieses Tribunal vom US-amerikanischen Kardinal Raymond Leo Burke. Bei der Begegnung rief der Papst einige Zeilen ins Gedächtnis, die er vor ein paar Jahren in einer Verfügung schrieb:
 „Überall, wo berechtigte Zweifel an der Gültigkeit einer sakramental eingegangenen Ehe bestehen, muss das Nötige getan werden, um zu verifizieren, ob sie begründet sind. Außerdem muss im Einklang mit dem Kirchenrecht dafür gesorgt werden, dass es überall kirchliche Gerichtshöfe gibt, dass sie pastoralen Charakter haben und dass sie ihre Arbeit korrekt und zügig leisten. In jedem Bistum muss es hinreichend viele Personen geben, die für das ordentliche Funktionieren der kirchlichen Gerichte sorgen können. Ich erinnere daran, dass es eine ernste Verpflichtung ist, das institutionelle Wirken der Kirche in den Gerichten den Gläubigen immer näher zu bringen."
Die Apostolische Signatur rief der Papst dazu auf, sich regelmäßig von den Kirchengerichten in den einzelnen Ländern Berichte schicken zu lassen und die Daten sorgsam auszuwerten. Die Gläubigen hätten einen Anspruch auf eine „ordentliche, zügige und effiziente Justizverwaltung" der Kirche.
Hintergrund
Die Apostolische Signatur ist der höchste Gerichtshof der römischen Kurie. Sie ist für die Gerichtsbarkeit in der ganzen Kirche zuständig. Entsprechend ihrer Aufgaben und Kompetenzen hat sie drei Sektionen: gerichtliche Angelegenheiten (Rekurse, Nichtigkeitsklagen, Entscheidung in Kompetenzkonflikten etc.), Verwaltungsgerichtsbarkeit (z.B. Berufungen, die binnen dreizehn Tagen gegen einzelne Maßnahmen von Dikasterien der Römischen Kurie eingereicht werden) und administrative Angelegenheiten (z.B. Überwachung einer geordneten Amtsführung im Gerichtsbereich). Das Dikasterium besteht aus 12 Kardinälen, die richterliche Funktionen ausüben. Geleitet wird es von einem Kardinalpräfekten, im Augenblick von Kardinal Leo Burke. Ihm steht ein Sekretär zur Seite. (rv)