Ehe ist Verbindung von Mann und Frau, betonen Österreichs Bischöfe

Erklärung der Hirten auch zu Nationalratswahl und Klimagerechtigkeit.

WIEN – Die Bischöfe in Österreich haben die neue Regierung ermutigt, sich nach „bestem Wissen und Gewissen für alle Menschen in Österreich und das Gemeinwohl“ einzusetzen – und die Ehe vor Umdefinierungen zu schützen.

Zum Abschluss ihrer Herbstvollversammlung erklären die Hirten:

Ehe ist nicht nur ein Begriff, sie ist einzigartig: Das Wesen von Ehe ist die dauerhafte Verbindung zwischen Mann und Frau und ihre Offenheit für gemeinsame Kinder. Dieses Verständnis von Ehe ist fundamental für das Zusammenleben der Menschen. Es spiegelt sich wider in der Europäischen Menschenrechtskonvention genauso wie in der geltenden österreichischen Rechtsordnung.

Der Verfassungsgerichtshof habe jüngst beschlossen, die bisherige Rechtslage, nach der nur Personen verschiedenen Geschlechts eine Ehe eingehen können, dahingehend geprüft werde, ob homosexuelle Paare dadurch diskriminiert würden.

Dies habe „bei vielen Menschen berechtigte Sorgen ausgelöst, die auch von den Bischöfen geteilt werden“, so die Erklärung weiter.

Gleichgeschlechtliche Partnerschaften können in Österreich bereits als „länger dauernde, monogame Lebensgemeinschaften“ eingetragen werden.

Mit der Frage von Homosexualität habe der christliche Ehebegriff nichts zu tun, betonen die Bischöfe:

„Wenn ausschließlich die Verbindung zwischen zwei Personen verschiedenen Geschlechts mit Ehe bezeichnet wird, dann steht dahinter nicht eine Diskriminierung, sondern ihr spezifisches Wesen. Grundlage der Ehe ist nicht eine bestimmte sexuelle Orientierung der Partner, sondern die Komplementarität von Mann und Frau und die grundsätzliche Fruchtbarkeit dieser Verbindung.“

Die Ehe umzuinterpretieren sei daher der falsche Weg, um behauptete Diskriminierungen zu beseitigen, betonen die österreichischen Bischöfe.

Weitere Themen

Die Bischöfe stellten angesichts der gestiegenen Wahlbeteiligung an den Nationalratswahlen ein neues Interesse an der Politik im Land. Die neue Regierung müsse sich bewähren durch

Arbeit, von der man leben kann; die Aufrechterhaltung der innergesellschaftlichen Solidarität, Generationengerechtigkeit, Aufnahmebereitschaft gegenüber Menschen auf der Flucht oder auch die Etablierung eines nachhaltigeren Lebensstils.

Österreich sei verglichen mit vielen anderen Ländern nach wie vor ein „Vorbild im Einsatz für soziale Gerechtigkeit, eine lebenswerte Umwelt und das friedliche Zusammenleben von Menschen aller Volksgruppen, Konfessionen, Religionen und Weltanschauungen“, so die Bischöfe wörtlich.

Auch auf den „Welttag der Armen“ am 19. November wies die Bischofskonferenz in ihrer Erklärung hin. Dieser drücke aus, „dass der Platz der Kirche an der Seite der Armen ist“ und dass Gottes- und Nächstenliebe zusammengehören. (CNA Deutsch)

Katholischer Journalismus: „Ja muss das denn sein?“

Warum leistet sich Kirche eigene Medien? Und: ist das eigentlich noch Journalismus oder schon Propaganda? Fragen, die katholische Nachrichtenagenturen, Sender und nicht zuletzt auch Radio Vatikan immer wieder beantworten muss. Anlässlich einer Feier zum 70. Geburtstag der österreichischen katholischen Nachrichtenagentur Kathpress in der vergangenen Woche dachte Kardinal Schönborn öffentlich über diese Frage nach: „Ist das kompatibel und journalistisch? Immer wieder kommt die Frage auf, ob das überhaupt geht, dass eine Bischofskonferenz eine Informationsagentur hat? Kann das etwas anderes sein als eine Propagandaagentur?“ Also spitz formuliert: Von den Kunden bezahlte Werbung für die Katholische Kirche, maskiert als journalistisch.

Zunächst verwies der Kardinal auf die Bibel, es gebe ein Gebot „du sollst nicht lügen“, und das sei die erste Erwartung an katholische Journalisten: die Wahrheit sagen. „Aber wird auch alles gesagt? Wird es offen genug gesagt? Wird es breitflächig genug gesagt? Wird es auch kontrovers genug gesagt?“ Die Bischofskonferenz Österreichs habe das oft diskutiert, berichtet Schönborn, „weil man nicht immer nur begeistert war über die Meldungen der Kathpress, teils wegen des Inhalts, der unangenehm sein konnte, teils aber auch weil immer auch ein Stück Interpretation dabei ist.“

Er selber habe sehr wohl den Eindruck, dass die Kathpress – als „seine“ Agentur – den Spagat zwischen objektiver Information und klarer weltanschaulich-religiöser Orientierung schaffe, so Schönborn in seinem Grußwort. Um dann etwas weiter auszuholen: „Ich wage die These, dass es weltweit keine Organisation gibt wie die Katholische Kirche, die so eine Basis-Information weltweit zur Verfügung stellen kann.“ Über ihr weltweites Netzwerk könne sie auf eine Weise ungefilterte Informationen vermitteln, wie es kaum einer anderen Organisation möglich sei. „Ich glaube, das ist eine Chance aber auch ein enormer Anspruch“, so Schönborn abschließend. „Es ist auch eine hochbrisante politische Aufgabe, Informationen dort zu bringen, wo sie sonst durch die Filter nicht immer durchkommen.“ (rv)

Synodenrat tagte mit dem Papst zusammen

Kardinal SchönbornWorüber wird die nächste Bischofssynode im Vatikan beraten? Eine erste Tagung des neu gewählten Synodenrats zusammen mit dem Papst hat am Dienstag und Mittwoch schon ein paar Themenvorschläge gemacht, hält sie aber noch geheim. Das geht aus einer Mitteilung von diesem Mittwoch hervor. In die Suche nach dem nächsten Synodenthema waren die Dikasterien der Römischen Kurie, die Bischofskonferenzen, die Ostkirchen und der Verband von Generaloberen involviert, soviel wurde immerhin mitgeteilt. Über das Thema entscheiden wird der Papst.

Es war die erste Tagung des 14. Ordentlichen Rats des Generalsekretariats der Bischofssynode; zu den gewählten Mitgliedern gehört auch der Wiener Kardinal Christoph Schönborn. Zu den Gesprächsthemen gehörte auch eine Revision des „Ordo Synody Episcoporum“, also des Regelwerks für den Ablauf von Synoden. Auch in diesem Fall wurde nicht bekannt, welche konkreten Neuerungen besprochen wurden. (rv)

Schönborn: „Es geht um die Freude an der Familie“

Kardinal SchönbornDer Wiener Kardinal Christoph Schönborn hat am Freitag das Nachsynodale Apostolische Schreiben „Amoris Laetitia“ von Papst Franziskus vorgestellt. Es ist der Schlusspunkt eines Prozesses, den Papst Franziskus mit einem Kardinalskonsistorium begonnen hat, darauf folgten zwei Versammlungen der Bischofssynode. Schönborn hat den gesamten Prozess begleitet, war Leiter des deutschsprachigen Zirkels bei der Synode. Mit unserem Redaktionsleiter Pater Bernd Hagenkord sprach Schönborn über das Schreiben von Franziskus und die Schlüsse, die man daraus ziehen kann.

RV: Kardinal Schönborn, Sie waren bei beiden Synoden dabei, haben das Dokument studiert, vorgestellt. Was ist das eine Ergebnis, das man über das Dokument und damit auch über den Ausgang des synodalen Prozesses wissen muss?

Schönborn: „Die Freude an der Familie, die Freude an der Ehe. Ein grundpositives Wort, ein grundpositives Dokument über die unaufgebbar und unzerstörbar positive Kraft von Ehe und Familie. Das ist glaube ich die Kernbotschaft. Es ist ein großes Ja zur Liebe, wie sie gelebt wird in Ehe und Familie. Und es ist ein großes Ja zur Hoffnung, dass dieses Ideal möglich ist, auch wenn es im Alltag über viele Schwierigkeiten und Mühen geht – aber noch wichtiger, das ist für mich die Kernbotschaft dieses Schreibens, ist die Freude daran.“

RV: Ich vermute, ich liege nicht ganz falsch, wenn ich sage, die meisten Menschen erwarten sich dann doch etwas anderes. Es sind ja viele Diskussionen geführt worden über wiederverheiratete Geschiedene und ihr Zugang zur Kommunion. Das ist glaube ich das Stichwort dafür, und dazu steht nichts im Dokument. Da wird es Enttäuschung geben. Was sagen Sie diesen Menschen?

Schönborn: „Lest das Dokument. Manche Enttäuschungen entstehen dadurch, dass wir auf einen bestimmten Punkt hinschauen und völlig fixiert sind und nicht das Wunderbare sehen, was rund herum ist. Und was eigentlich auch die Antwort auf diesen einen Punkt gibt. Ich denke, eine vor allem in unserem Sprachraum, aber auch unter vielen Theologen viel zu einseitig auf eine Frage hin konzentrierte Aufmerksamkeit bei diesen Synoden und jetzt bei diesem abschließenden Dokument des Papstes birgt in sich die Gefahr, dass man blind wird für den ganzen Reichtum des Themas. Ich denke, dem wollte Papst Franziskus entgegenwirken, indem er zuerst einmal von der Schönheit und Lebendigkeit von Ehe und Familie gesprochen hat. Ich kann nur daran erinnern und darum bitten, lest das Kapitel 2,3,4 und 5, die zentralen Kapitel des Textes. Ich weiß schon, die meisten stürzen sich sofort auf das 8. Kapitel.

Ich gestehe, ich habe auch gleich einmal dort hingeschaut, ja, das gebe ich zu. Weil das die kontroversen und diskutierten Themen sind. Aber das ist eine alte Regel für den Umgang mit Problemen. Man kann auch in eine Problemtrance geraten, indem man dann so fokussiert ist auf einen Punkt, dass man das Ganze nicht mehr sieht. Mir hat Papst Franziskus einmal in einem Gespräch gesagt: Es ist eine Falle – diese Verengung auf die Frage, ob sie zur Kommunion gehen dürfen oder nicht, ist eine Falle. Wir können gerne dann über das sprechen, was der Papst und die Synode dazu zu sagen haben, aber ich lade wirklich ganz herzlich dazu ein, lesen Sie besonders das 4. Kapitel über die Freude an der Liebe, wo Papst Franziskus das große Kapitel 13 des 1. Korintherbriefs auf Ehe und Familie hin auslegt. Und das ist die christliche Kernbotschaft. Natürlich muss man das ernst nehmen, diese Fragen stehen im Raum: ‚Wie steht das mit denen, deren Beziehung gescheitert ist?‘ Und Papst Franziskus macht klar: In gewisser Weise zeigt sich an diesen Fragen, wie weit es der Kirche gelingt, die Botschaft der Barmherzigkeit glaubwürdig zu leben. Und darum hat Papst Franziskus etwas gemacht, was die Synode bereits vorbereitet hat. Und was er sehr viel deutlicher herausarbeitet: Das sogenannte ‚discernimento‘, die Unterscheidung. Seine Einladung ist: Hinschauen, konkret auf die Lebenssituation der Betroffenen eingehen, sie begleiten. Und sehen, wo es Positives gibt, wo es gutes Bemühen gibt. Wo es Ansätze eines Wachstums, eines Fortschritts im Guten gibt. Und nicht von vorne herein nur zu urteilen, oder gar zu verurteilen.“

RV: Ist das das, was einige als geöffnete Tür in Richtung Reform oder Modernisierung bezeichnen würden?

Schönborn: „Ich glaube, diese Tür war nie geschlossen, aber manche haben sie so interpretiert, als wäre sie geschlossen. Es gab und gibt immer wieder die Versuchung, die Papst Franziskus ‚Bianco o nero‘, Schwarz oder Weiß nennt. Nach dem Motto: Es gibt nur zwei Möglichkeiten, alles oder nichts. Er als guter Jesuit ist bei Ignatius in die Schule gegangen. Der Heilige Ignatius führt in seinen Exerzitien dort hin, hinzuschauen und zu –horchen: Was ist der Wille Gottes in dieser Situation. Was sagt mir Gott in dieser konkreten Situation? Wie wirkt er? Wohin zieht er und führt er mich? Und deshalb sagt er ganz klar – das ist sicher ein Schlüsselsatz dieses Dokumentes – man darf weder von den beiden Synoden noch von diesem Dokument eine neue kirchenrechtliche Norm erwarten, die für alle Fälle passt.

Manche haben sich eine solche Norm erwartet, eine Art Generalregelung. Da hat er ein klares Nein gesagt. Fügt aber dann gleich hinzu: aber es geht um ein behutsames, aufmerksames Hinschauen und Begleiten in einzelnen Fällen. Das ist sehr viel anspruchsvoller. Er sagt ja auch, manche hätten am liebsten eine genaue Regel, die sie genau anwenden können. Da brauchen sie gar nicht hinzuschauen, wie es den Menschen wirklich geht. Auf der anderen Seite sagt er, manche machen es sich zu leicht, indem sie einfach überall Ausnahmen sehen und genehmigen und durchgehen lassen, ohne sich die Mühe zu machen, genauer hinzuschauen.

Und da darf ich schon mit einer gewissen Freude und Dankbarkeit sagen, dass unsere Arbeit im deutschsprachigen Zirkel bei der zweiten Synode vom Schlussdokument der Synode ganz übernommen worden ist. Und jetzt von Papst Franziskus noch einmal bestätigt, übernommen und vertieft worden ist. Nämlich Kriterien der Unterscheidung. Wie kommen wir als Seelsorger, aber auch als Betroffene zu einer wirklichen Gewissensentscheidung. Dazu braucht es Kriterien. Im deutschsprachigen Zirkel haben wir eine Reihe solcher Kriterien genannt. Die finden Sie jetzt auch im Schlussdokument des Heiligen Vaters. Damit die Seelsorger mit den Betroffenen gemeinsam einen Weg der Unterscheidung, der Umkehr, der Bekehrung und der Integration in das Leben der Kirche gehen.

Das ist ein Schlüsselwort wiederum des päpstlichen Schreibens: Integration. Nicht Exklusion, nicht Ausschluss, sondern Einschluss. Und wie dieser Einschluss aussehen kann, das ist nicht von vorne herein am ersten Tag schon alles klar auf dem Tisch. Dazu gibt es auch nicht eine Generalnorm, sondern das ist ein Weg. Und auf diesem Weg braucht es Etappen und auf diesen Weg muss man sich einlassen. Und ich nenne nur eine dieser Etappen, die vielleicht am meisten vergessene, aber für das Leben oft am schmerzlichsten spürbare, das ist die Frage an Menschen, die in neuen Partnerschaften leben, die eine Ehe verlassen haben oder deren Ehe zerbrochen ist, die Frage: ‚Wie seid ihr mit euren Kindern umgegangen?‘ Papst Franziskus hat darüber zwei wunderbare, rührende Katechesen gehalten. ‚Schaut auf die Kinder. Wie geht es den Kindern? Habt ihr euren Rosenkrieg, euren Konflikt auf dem Rücken eurer Kinder ausgetragen? Habt ihr sie zu Geiseln in eurer Feindschaft gemacht? Haben die Kinder das austragen müssen?‘ Das ist das erste Unterscheidungskriterium, das wir im deutschsprachigen Zirkel genannt haben, das jetzt im päpstlichen Dokument steht und dann eine ganze Reihe anderer Kriterien, an denen man messen kann, wo Menschen, deren Partnerschaft oder Ehe zerbrochen ist, die in einer neuen Beziehung leben, wo sie wirklich stehen.

RV: Das Dokument ist das Ende eines synodalen Prozesses, den Papst Franziskus mit einem Kardinalskonsistorium begonnen hat und dann zwei Versammlungen der Bischofssynode. Sie waren überall dabei, von Anfang bis zum Schluss. Wie bewerten Sie in der Rückschau diesen Prozess. War das ein Paradebeispiel für Synodalität? Oder war das eher noch eine Experimentierphase?

Schönborn: „Ich glaube Papst Franziskus hat hier etwas gezeigt, was zum Wesen der Kirche gehört: ihre Synodalität. Er hat das ja ausführlich dargelegt bei der Gedenkfeier 50 Jahre Bischofssynode am 17. Oktober 2015. Und er hat es mit einem spanischen Wort bezeichnet in Evangelii Gaudium: ‚primerear‘. Das kommt aus dem Argentinischen und bedeutet so viel wie ‚Prozesse in Gang setzen‘. Er hat ein ganz großes Vertrauen darauf, dass der Heilige Geist die Kirche leitet und dass das in einem Prozess geschieht, in Etappen. Darum wollte er erstens, dass es auf diesem Weg mehrere Etappen auf diesem Weg gibt, zweitens hat er immer wieder eingeladen zur offenen Diskussion. ‚Sprecht mit Freimut und hört mit Demut zu‘, hat er uns mehrmals gesagt.

Ich kenne kein postsynodales Schreiben seit es die Synode gibt, das so ausführlich die Arbeit der Bischöfe, der Synodenväter integriert hat wie dieses Dokument. Und immer wieder sagt Papst Franziskus in seinem Schreiben: Ich mache mir zu eigen, was die Synodenväter gesagt haben. Die Synodenväter haben Folgendes beraten und mir vorgeschlafen und ich nehme es auf und an. Das ist ein gelebter synodaler Prozess, in dem der Papst ganz klar seine Rolle spielt. Er hat das letzte Wort, er hat das Wort des obersten Hirten. Aber er spricht dieses Wort im Hören auf das, was in der Kirche sich getan hat und von der Kirche gesagt worden ist.“ (rv)

Österreichische Bischöfe treffen sich zu Vollversammlung

Kardinal SchönbornDie österreichische Bischofskonferenz tagt ab Montag unter dem Vorsitz von Kardinal Christoph Schönborn im Salzburger Benediktinerstift Michelbeuern. Die Hauptthemen der Bischofskonferenz seien sehr vom Pontifikat von Papst Franziskus geprägt, so Paul Wuthe, Leiter des Medienreferats der Österreichischen Bischofskonferenz, im Gespräch mit Radio Vatikan. Der Schwerpunkt der Vollversammlung liege auf einer Nachbesprechung der Familiensynode mit den beiden Teilnehmern Kardinal Schönborn und dem Vorarlberger Bischof Benno Elbs.

Eine Sache werde dabei besonders in den Fokus gerückt: „Jenes Thema, das ja in der Bischofssynode dann nicht mehr eigens besprochen wurde, nämlich die Vereinfachung des Ehenichtigkeitsprozesses – hier gibt es seit September auf Initiative des Papstes neue rechtliche Regelungen. Diese müssen umgesetzt werden und damit man hier auch in den österreichischen Diözesen eine gemeinsame Vorgehensweise festlegt, gibt es dazu einen Tagesordnungspunkt, wo intensiver auch mit Offizialen aus den Diözesen beraten werden wird.“

Dringenden Diskussionsbedarf für die Bischöfe gibt es, laut Wuthe, außerdem in der Flüchtlingsthematik. Heuer werden in Österreich rund 85.000 Menschen um Asyl ansuchen. Mehrere Hunderttausend sind in den letzten Wochen in Österreich angekommen – sei es auf ihrem Weg nach Deutschland oder in andere Länder. Wuthe machte deutlich, dass die katholische Kirche in Österreich neben dem Staat jene Organisation sei, die sich am intensivsten mit Flüchtlingen befasst: „Kirche hat hier sehr vieles getan, vieles ist noch zu tun, aber es zeigt sich natürlich auch, dass diese Fragen sowohl Kirche, Gemeinden, Staat, Gesellschaft in einer Weise betreffen, und auch zu spalten drohen oder zumindest sehr ambivalent behandelt werden, dass hier die Bischöfe auch darüber beraten werden und, so ist anzunehmen, eine deutliche Positionierung vornehmen.“

Ein weiteres Thema der Bischofskonferenz werde die Umweltenzyklika des Papstes sein. Die Bischöfe werden sich an einem eigenen Studientag mit Laudato Si beschäftigen: „Es gibt eine ganze Maßnahmenpallette, die auch schon einen guten Sitz im Leben der Kirche haben, und wo es weitere Anstrengungen geben muss. In der Fastenzeit ist ja die Aktion Autofasten bekannt, um die eigene Mobilität auch auf Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit hin zu überprüfen und so ein prüfungsgerechtes Handeln zu fördern. Es geht also darum, Laudato Si auf die österreichische Situation hin zu lesen und konkret anzuwenden.“ (rv)

Kardinal Schönborn: „Diese Synode ist zukunftsweisend“

Kardinal SchönbornDas Abschlussdokument der Bischofssynode über Ehe und Familie ist fertig. Wie Vatikansprecher Federico Lombardi am Samstag mitteilte, wurde der Text am Vormittag vor den Mitgliedern der Bischofssynode verlesen. Er umfasse 94 Punkte und sei von den zehn Mitgliedern des Redaktionsteams einstimmig verabschiedet worden, so Lombardi. Dieses habe zuvor „einige“ der insgesamt 248 Änderungswünsche eingefügt, die nach der Vorstellung des Entwurfs am Freitag eingereicht worden seien. Lombardi stellte die Veröffentlichung des Dokuments für Samstagabend in Aussicht. Zum Inhalt des Papiers äußerte sich bei der Pressekonferenz am Samstagnachmittag der Wiener Kardinal Christoph Schönborn. Er erinnerte daran, dass das Abschlussdokument keinen Beschlusscharakter habe, sondern lediglich eine Empfehlung an den Papst darstelle. Schönborn betonte auch, dass in dem Dokument Aussagen zu den besonders kontroversen Themen wie dem Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen und Homosexuellen eher allgemein gehalten werden. Die Synodenväter hätten vor allem definiert, was Familien seien: „Das ist ein Mann, eine Frau und ihr gemeinsames Leben, das offen ist für das Leben. Wenn sich zwei finden, dann entstehen zwei Schwiegermütter, also zwei Familien sind dann miteinbezogen, sagt der Papst. Diese Definition schließt Patchwork-Familien nicht aus, aber der Kern bleibt immer die Verbindung zwischen Mann und Frau, die das Leben weiterreicht.“

Neue Arbeitsmethode gewürdigt

Schönborn würdigte vor allem die neue Arbeitsmethode bei der Synode. Sie sei zukunftsweisend, weil mehr miteinander gesprochen werde. Das sei deshalb der eigentliche Erfolg dieses Treffens gewesen, fügte er an. Ebenfalls eine Besonderheit seien die Umfragen bei den Gläubigen im Vorfeld sowie die Konsistorien gewesen, was die „neue Gesprächskultur“ bei Synoden bestätige. Deshalb sei es falsch zu behaupten, die Synode werde nur einen Kompromiss hervorbringen. „Nein, die Hauptbotschaft dieser Synode ist das behandelte Thema. Denn die Kirche mit ihren 1,2 Milliarden Gläubigen hat zwei Jahre lang über die positiven und schwierigen Seiten der Familien gesprochen. Die Kirche sagt ein großes Ja, das ist das Fazit dieser Synode. Die Familie ist kein Modell der Vergangenheit, sondern eine fundamentale Realität unserer Gesellschaft. Der verstorbene atheistische Journalist, Frank Schirrmacher hatte vor ein paar Jahren ein Buch geschrieben mit dem Titel ,Minimum‘ und darin sagt er ein formidables Ja für die Familie, denn sie ist eine Stütze zu jeder Zeit. Dem schließe ich mich an. Das gilt sogar für Patchwork-Familien!“

Homosexualität kommt nicht vor

Die beiden Synoden hätten „eine ganze Bibliothek zum Thema Familie hervorgebracht“, so Schönborn weiter. Zu den „heiklen Themen“ fügte er an, dass sie in das Abschlussdokument nicht näher eingehen. „Es wird nichts zur Homosexualität darin stehen, weil wir auf die Familien eingehen und auf Homosexualität wird darin nur soweit eingegangen, dass wir auf homosexuelle Familienmitglieder eingehen. Es gibt ja verschiedene kulturelle und politische Unterschiede und es gibt Regionen auf der Welt, wo dieses Thema sehr gefährlich ist. Doch die Kirche muss darüber sprechen und das haben wir getan. Es gab einige Synodenväter, die sagten, dass diese Frage bei ihnen kein Thema sei. Aber aus einer synodalen Sicht müssen auch sie darüber sprechen. Umgekehrt galt es für Themen, die bei uns in Europa nicht zentral sind.“ Zu Homosexualität gelte weiterhin der Katechismus der Katholischen Kirche: Jeder Mensch muss berücksichtigt werden und seine Würde muss gewahrt werden, betonte Schönborn. „Das Lehramt ist klar und muss diesbezüglich nicht neu erfunden werden“, fügte er an.

Unterscheidungsvermögen bei Wiederverheirateten Geschiedenen

Bei der Frage nach den wiederverheirateten Geschiedenen solle man das Stichwort „Unterscheidungsvermögen“ in den Vordergrund nehmen, so Schönborn. „Es gibt kein weiß und schwarz, man muss jede Situation unterscheiden und dieses Anliegen finden wir auch bei Johannes Paul II. in ,Familiaris consortio‘.“ Auf den Zugang zu den Sakramenten für wiederverheiratete Geschiedene gehe das Abschlussdokument nicht direkt ein, sondern gebe die fundamentalen Kriterien, wie man damit umgehen soll und das heißt vor allen Dingen, wie man solche Paare seelsorgerlich begleiten soll. „Bei der Sakramentenfrage für wiederverheiratete Geschiedene geht es nicht um Ja oder Nein. Das ist eine falsche Frage, denn die Situation ist immer sehr unterschiedlich. Auch der Schweizer Kurienkardinal Georges Cottier sagte einmal in einem Interview, dass man nicht von wiederverheirateten Geschiedenen sprechen soll, weil es da Unterschiede gibt. Das Abschlussdokument spricht von ,nichtregulären Ehen‘. Übrigens auch die Politik muss sich ändern: es kann nicht sein, dass verheiratete Paare gegenüber nicht-verheirateten Paaren sogar fiskalpolitisch benachteiligt sind.“

Ausgleich zwischen Orts- und Weltkirche

Zum Stichwort „Dezentralisierung“ sagte der Wiener Erzbischof: „Es braucht einen Ausgleich zwischen Ortskirche und Universalkirche. Das ist ein altes Anliegen. Es geht nicht darum, die Kirchen zu nationalisieren. Die Verbindung zum Papst ist ausschlaggebend. Es wäre tragisch, wenn es eine österreichische Kirche oder sonst eine nationale katholische Kirche gäbe. Es ist schön, zusammenzuarbeiten, aber man muss natürlich die kulturellen Unterschiede beachten, damit ist Dezentralisierung gemeint.“ (rv)

Relator Kardinal Schönborn überrascht von Familienerzählungen

Kardinal SchönbornDie „neue Methode“ bei der Synode, die auch kleine Sprachgruppen betrifft, ist positiv. Das sagt im Gespräch mit Radio Vatikan der Wiener Kardinal Christoph Schönborn. Damit sei der direkte Austausch der Synodenteilnehmer besser möglich. Früher habe es nur Wortmeldungen von Bischöfen geben, oft ohne Zusammenhalt, nun komme es zu richtigen Diskussionen, zu einem Dialog, so Kardinal Schönborn.

„Hier gehen wir nach den drei Teilen des Arbeitspapiers vor: eine Woche gibt es den ersten Teil, in der zweiten Woche folgt der zweite Teil und in der dritten Woche der dritte Teil. Wir haben eine ganze Woche Zeit, um über den ersten Teil des Grundlagenpapieres zu arbeiten und die meiste Zeit verbringen wir in den Sprachgruppen. Das heißt eine viel intensivere Beteiligung der Teilnehmer der Synode und eine viel stärkere Konzentration auf das jeweilige Thema, damit verbunden ist aber auch eine viel effizientere, effektivere Arbeitsweise und somit auch zufriedenere Teilnehmer. Das Gefühl der Frustration, dass ich bei früheren Synoden erlebt habe, scheint mir hier überhaupt nicht vorhanden zu sein. Es herrscht eine intensive Arbeit, des Zusammenarbeitens und des Miteinander Gehens – und das ist ein ganz enormer Fortschritt.“

Außergewöhnlich waren für den Kardinal, der zugleich Moderator der deutschen Sprachguppe „Germanicus“ ist, die privaten Erzählungen der Bischöfe. In einigen Gruppen haben die Bischöfe über ihren eigenen Familienerfahrungen gesprochen.

„Und da gibt es alles, was zum Thema dieser Synode passt, natürlich auf der persönlichen Erfahrungsebene. Da gibt es die wunderbare Erfahrung des Glaubens, der Eltern, der Großeltern, in denen man aufwachsen konnte. Da gibt es aber auch Erfahrungen von Flucht, von Migration, von Scheidungen, von schmerzlichen Konflikten in der Familie. Da gibt es die Erfahrung der sogenannten ,extendet familiy´, der erweiterten Familie, der inneren Familie. Da gibt es die Erfahrungen des Glaubensweges innerhalb einer Familie, die vielleicht von weniger Glauben zu mehr Glauben gewachsen ist. Alles das wird viel lebendiger, wenn es nicht die Theorie unserer Familie ist, sondern unsere eigenen Erfahrungen sind. Wir sprechen hier nicht abstrakt, wir sprechen von dem, was wir selber erleben und was uns begegnet.“

Die deutsche Sprachgruppe selbst sei eine sehr homogene Sprachgruppe, so der österreichische Kardinal. Diese Homogenität – also auch die ähnlichen Meinungen und Übereinstimmungen der vor allem aus Deutschland und Österreich kommenden Teilnehmern (manche aus Ungarn, Türkei etc.) sei ein Mangel an Vielseitigkeit, der vielleicht in anderen Sprachgruppen gegeben sei. Kardinal Schönborn stellte im Gespräch mit Radio Vatikan klar, dass in „seiner“ Gruppe, auch wenn es die Medien so annehmen, nicht gestritten wurde.

„Man hat von medialer Seite erwartet, wenn man die Namen der fünf Kardinäle liest – ‚da müssen die Fetzen geflogen sein, da muss also heftig gestritten worden sein – wurde nicht. Vielleicht liegt das auch daran, dass der erste Teil des Synodendokuments der Blick auf die Realität ist, in der wir leben und da besteht sicher sehr viel Einmütigkeit.“

Mehr Widerstand sei wohl im zweiten Teil, also in der nächsten Woche zu erwarten. Denn da gehe es um die Lehre und die pastorale Anwendung, doch diese Spannung sei wohl auch notwendig für den Fortschritt. (rv)

Kardinal Schönborn: Schritt für Schritt in die Ehe

Kardinal SchönbornUnser Redaktionsleiter Pater Bernd Hagenkord gehört zu den wenigen Journalisten, die in der vatikanischen Synodenaula die Beratungen hinter verschlossener Tür mit verfolgen. Er darf keine Geheimnisse ausplaudern – aber Interviews führen, das darf er. An diesem Mittwoch sprach er mit dem Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, dem Vorsitzenden der Österreichischen Bischofskonferenz.

Kardinal Schönborn, bei der Pressekonferenz gestern, aber auch bei den Beratungen ist immer wieder von „Gradualität“ gesprochen worden. Vielleicht könnten Sie erklären, was damit gemeint ist?

„Wir alle wissen, dass es das unveränderliche Gesetz Gottes gibt. Die Zehn Gebote stehen nicht zur Disposition, die kann man nicht verändern. Aber wir erleben im eigenen Leben, dass wir sie nur zum Teil verwirklichen, nicht zur Gänze. Wir wissen, dass wir sie ganz verwirklichen sollten, wir schaffen es nicht hundertprozentig. Das Gesetz ist nicht graduell. Es gibt nicht mehr stehlen oder weniger stehlen. Stehlen ist stehlen – das siebte Gebot ist das siebte Gebot. Und lügen ist lügen.“

Aber wir in unserem Leben können uns dem Wort Jesu – dein Ja sei Ja, dein Nein sei Nein – mehr oder weniger annähern. Das nennt man die Gradualität der Verwirklichung des Gesetzes.

„Wenn man das auf die Situation von Ehe und Familie anwendet, dann muss man sagen: Die volle Verwirklichung ist natürlich die im Glauben vor Gott und vor der Kirche geschlossene sakramentale Ehe, die unauflöslich ist, die für die Lebenszeit der Ehepartner gültig ist und die offen ist für das neue Leben, für Kinder. Aber wir wissen auch, dass viele Menschen diese volle Gestalt der Ehe, so wie sie auch im Plan Gottes gesehen ist, erst allmählich erreichen. Papst Franziskus hat uns erst bei dem Besuch der österreichischen Bischöfe im Jänner im Gespräch gefragt: ‚Wie ist das bei euch, ist das ähnlich wie in Argentinien, dass viele junge Menschen zuerst einmal zusammenleben?‘ Er hat damit nicht gesagt, dass das in Ordnung ist, dass das okay ist. Er hat nur gesagt, dass es so ist. Und dass, wenn ein Kind unterwegs ist, man sich darüber Gedanken macht: ‚Vielleicht wollen wir doch heiraten, sollten zivil heiraten?‘. Und manche machen dann auch den weiteren Schritt und sagen: ‚Wir wollen kirchlich heiraten. Wir wollen unsere Beziehung in die volle Gestalt einer Ehe einbringen‘.

„Die Menschen Schritt für Schritt in die Gradualität begleiten“

„Der Papst hat uns gesagt, dass wir diese Menschen begleiten müssen, Schritt für Schritt in diese Gradualität, damit sie entdecken, was die volle Gestalt des Sakramentes ist. Was die Ehe im Plan Gottes ist. Natürlich gibt es, Gott sei Dank, mehr und mehr junge Leute, die diesen Weg bereits in frühen Jahren durch den Glauben, vielleicht auch durch das Vorbild ihrer eigenen Familien entdecken, und ihn mit ganzem Herzen und mit ganzer Bereitschaft gehen. Viele andere lernen das erst allmählich kennen. Wichtig ist, dass wir sie begleiten – und das meint, so glaube ich, die Rede von der Gradualität, nicht des Gebotes Gottes, sondern der Erfüllung des Gebotes Gottes.“

Heißt das nun, ich kann auch in nicht-sakramentalen Ehen, also in Beziehungen, das Positive finden?

„Ich kann eine unvollkommene Version von zwei Seiten her sehen, und beide Seiten haben ihre Berechtigung: Ich kann auf das sehen, was noch fehlt, und ich kann auf das sehen, was bereits da ist. Sicher ist es schon ein großer Schritt, wenn junge oder auch ältere Menschen nicht nur auf flüchtige Beziehungen setzen, sondern den Wert einer treuen, stabilen, in gegenseitiger Hilfe gelebten Beziehung finden. Wenn sie das finden und sich wirklich dafür engagieren – da kann ich sagen, ja, das ist keine sakramentale Ehe, da fehlt etwas. Aber ich kann auch sagen, da ist schon etwas da! Papst Franziskus hat uns ermutigt und gesagt, schaut auf das, was schon da ist, und begleitet es, natürlich hin zu einem „vollkommeneren, vollständigen“.

„Die Lebensumstände helfen nicht immer“

Und was ganz wichtig ist dabei, sind natürlich auch die Lebensumstände, in denen sich heute Ehe und Familie finden . Wenn in unserem Land, in Österreich, das unverheiratete Zusammenleben steuerlich bessergestellt ist als das verheiratete Zusammenleben, dann ist das natürlich für junge Menschen eine große Herausforderung, ja auch ein Opfer, den Schritt zu machen, wenigstens zivil zu heiraten oder auch sakramental zivil zu heiraten.

Es gibt auch äußere Lebensumstände, die Ehe erschweren! Ich denke an unsere frühere Zeit in Österreich und in vielen Ländern der Welt – in manchen ist es auch heute noch so -, wo eine Heirat mit gewissen sozialen und finanziellen Verpflichtungen verbunden ist, die ärmere Leute gar nicht eingehen können. Ich denke da zum Beispiel an den seligen Franz Jägerstätter, den ich sehr verehre. Seine Mutter war eine Bauernmagd, die bei einem Bauern als Magd gearbeitet hatte. Sie konnte gar nicht heiraten. Sie hatte keine Mittel dazu. Als dann der Franz als lediges Kind geboren wurde, hat sie dann später, als er schon größer war, das Glück gehabt, dass ein Bauer bereit war sie zu heiraten, und den kleinen Franz adoptiert hat. Diese Situationen waren sehr, sehr häufig, nicht nur im ländlichen, sondern auch im städtischen Bereich. Viele konnten sich eine Ehe auch nicht leisten! Und da müssen wir pastoral hinsehen, nicht mit urteilendem Blick, sondern mit einem begleitenden und verständnisvollen und ermutigenden Blick.“

Es gibt hier sehr viele Geschichten, die man hört, die auch aus der Pastoral kommen. Was heißt es denn, wenn wir hier bei der Synode über diese Hintergründe hören, wenn wir über Ehe sprechen? Es muss dann auch zu etwas Konkretem kommen oder zu Übereinstimmungen. Was kann das, im Namen der katholischen Kirche, für die Ehe im Konkreten bedeuten?

„Ich glaube, das Wichtigste ist, was an dieser Synode schon am Anfang sehr entscheidend ist. Das kann man schon nach den ersten drei Tagen sagen: Die Familie wird sozusagen auf ein Podest gestellt, und das in einer Zeit, wo die Familie für viele als ein überholtes Auslaufmodell gilt. Wir hören Zeugnisse hier aus der ganzen Welt, wie unglaublich wichtig die Familie für die Gesellschaft, aber vor allem für den Menschen in seiner Verwirklichung und in seinem Glück ist. Ich erwarte mir von dieser Synode natürlich auch Impulse für Situationen des Scheiterns – das ist alles wichtig. Aber was weltweit gesellschaftlich das große Thema ist, wie es der jetzt leider verstorbene deutsche FAZ-Mitherausgeber Frank Schirrmacher gesagt hat: ‚Die Familie ist die Überlebensfabrik der Zukunft.‘

„Wo Familie ist, ist ein Auffangnetz“

Wir kommen in schwierige Zeiten, in denen es ökonomisch immer schwieriger wird. Wir sehen schon jetzt in den europäischen Krisenländern: Dort, wo Familie ist, ist ein Auffangnetz. Es ist ein spontanes und natürliches und selbstverständliches Auffangnetz, und das sagen uns deutlich heute säkulare Soziologen, die mit Religion wenig am Hut haben. Wenn die Gesellschaft etwas braucht für die Zukunftstüchtigkeit, dann ist das Familie. Und ich denke, niemand kann die Familie mehr unterstützen als die Glaubensgemeinschaft. Ich erwarte mir von dieser Synode vor allem eine intensive Debatte über die Wichtigkeit der Familie für eine Gesellschaft, die in schwierige Zeiten kommt.“ (rv)

Das Zweite Vatikanum und die Ostkirchen: Eine Bilanz

Vingt_TroisAn diesem Dienstagnachmittag beginnt die Vollversammlung der Ostkirchenkongregation im Vatikan. Bis zum 22. November treffen sich alle katholischen Patriarchen und leitenden Bischöfe der mit Rom unierten Ostkirchen sowie die Kardinäle, die Mitglieder der Ostkirchenkongregation sind – unter ihnen auch Kardinal Christoph Schönborn aus Österreich, Kardinal Reinhard Marx aus Deutschland sowie Kardinal André Vingt-Trois aus Frankreich. Die Versammlung steht unter dem Titel „Die katholischen Ostkirchen 50 Jahre nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil". Im Gespräch mit Radio Vatikan erklärt Dominikanerpater Max Cappabianca, der seit 2009 Mitarbeiter der Ostkirchenkongregation in Rom ist, welche Bedeutung das Konzil für die Ostkirchen hat:

„Im zweiten vatikanischen Konzil hat sich die Wertschätzung verändert. Es ist deutlich gemacht worden, dass die Ostkirchen wirklich Kirchen im eigentlichen Sinn sind, mit ihrer eigenen Tradition. 50 Jahre danach will man jetzt eine Art Resümee ziehen. Es sind ja auch einige Dinge passiert: Zum Beispiel ist vor 20 Jahren das Ostkirchenrecht verabschiedet worden, es sind in der Diaspora neue Bistümer geschaffen worden… Da steht jetzt eine Evaluation an und das wird in diesen Tagen geschehen."

Bei der Versammlung im Vatikan treffen sich Vertreter byzantinischer, koptischer, armenischer und maronitischer Kirchen, die in Einheit mit der katholischen Kirche stehen, also unter anderem den Papst als Oberhaupt anerkennen. Die Ökumene sei deshalb ebenfalls ein wichtiges Thema, da diese katholischen Ostkirchen quasi eine „Brücke" zu den orthodoxen Kirchen seien, so Pater Max. Er geht davon aus, dass aber auch die Schwierigkeiten und Herausforderungen, welche die Ostkirchen in den verschiedenen Teilen der Welt haben, eine Rolle spielen werden:

„Wenn wir jetzt an den Nahen Osten denken ist das natürlich die Emigration und die schwierige Lage dort. In Osteuropa gibt es jetzt 20 Jahre nach dem Fall der Mauer Veränderungen. In Indien stehen die Ostkirchen vor den Herausforderungen, dort vor Ort. Allen gemeinsam ist die Diaspora: Immer mehr dieser Gläubigen leben in Gebieten die traditionell lateinisch sind. Auch in Deutschland gibt es immer mehr orientalische Katholiken. Das sind neue Herausforderungen: Wie kann die pastoral da geleistet werden? Das sind alles Fragen, die spannende Diskussionen versprechen."

Die Patriarchen und Mitglieder der Ostkirchen-Kongregation treffen Papst Franziskus am Donnerstag. Außerdem feiern die Ostkirchen-Bischöfe den Abschlussgottesdienst des „Jahres des Glaubens" am Sonntag als Konzelebranten gemeinsam mit Franziskus. (rv)

Kardinal Lehmann: „Das geht einem schon durch Mark und Bein“

Kardinal LehmannKnapp fünfzig der wählenden Kardinäle sind nicht das erste mal dabei, sie haben bereits 2005 Benedikt XVI. mit gewählt. Darunter ist auch der Mainzer Bischof Kardinal Karl Lehmann. Pater Bernd Hagenkord hat ihn zur geistlichen und persönlichen Seite der Wahl eines neuen Papstes befragt.

Herr Kardinal Lehmann, wir Journalisten hatten am Samstag die Gelegenheit, die Sixtinische Kapelle zu besuchen, die noch eine Baustelle ist, aber man sieht schon die Sitzungstische und den ‚Vorstandstisch’. Das drängt den liturgischen Charakter der Kapelle etwas zurück. Ist das Konklave wirklich ein geistliches und liturgisches oder doch eher ein demokratisches Verfahren?

„Es hat viel von demokratischen Verfahren in sich, aber der Raum prägt natürlich doch den Grundcharakter der Verfahren. Es ist für mich auch ein ganz wichtiges Zeichen, dass man – wenn man den Stimmzettel in den Kelch oder die Urne hineingibt – einen ganz kurzen Satz spricht, in dem man sagt: ,Ich versichere, dass ich dem meine Stimme gegeben habe, den ich am meisten geeignet nach dem Willen Gottes finde.‘ Das geht einem schon durch Mark und Bein. Man fragt sich dann, welche Gesichtspunkte da eine Rolle spielen und was das Maß ist, an dem ich den Menschen da gemessen habe.
Es gibt auch dadurch, dass das Ganze relativ langsam geht und keine Eile und keine Hektik da ist, eine gewisse Ruhe. Jeder geht vor, es gibt also schon eine meditative Grundstimmung dadurch, dass man sich da langsam nähert und zurück geht. Es hängt natürlich auch von den Teilnehmern ab. Wenn ich mich an das letzte Mal erinnere: Man kann mit etwas unterdrückter Stimme mit dem Nachbarn reden, es ist also nicht einfach nur ein einfaches Schweigen, ein stummes Dasitzen. Aber andererseits gibt es auch auf keinen Fall irgendein Palaver, das da wäre. Insofern fand ich es eigentlich enorm gut, dass dieser Raum von selbst – ohne die Sachlichkeit der Abstimmung irgendwie zu beeinflussen – doch eine gewisse Stimmung verursachte.
Und nicht zu vergessen das große Gemälde des Jüngsten Gerichtes. Man muss sich vor dem verantworten, der als Richter vor einem ist. Das ist ja nun so groß und so mächtig und so eindrucksvoll, dass es einem nicht entgehen kann.“

Kardinal Schönborn hat das so formuliert: Wie gehen nicht nach Rom, um den Papst zu wählen, sondern um gemeinsam herauszufinden, wen Gott gewählt hat. Trifft das auch Ihre Einstellung?

„Also, ich würde das nicht so ausdrücken, auch wenn es so ist. Zweifellos hat man das Vertrauen, dass alle sich und ihr Denken ein Stück weit ausrichten auf die Person des Papstes, die man in den Augen Gottes sucht. Wenn man sich in seinem Denken immer auch ein Stück weit reinigen muss und sagen muss, dass man keine falschen Gefühle und falschen Voraussetzungen hereinbringt, so steht eigentlich für mich im Vordergrund, dass es eine sachliche Vorbereitung und Entscheidung ist. Sich zu informieren, offen zu bleiben, ist auch wichtig, eventuell auch neue Leute zu entdecken, die man vorher nicht so im Sinn hatte. Am Ende habe ich die Hoffnung und die Zuversicht, dass Gott seinen Segen dazu gibt, aber erkennen kann man das nicht.“

„Was ein Papst erwägen muss“

Sie haben es angesprochen, es ist Ihr zweites Konklave. Wie bereiten Sie sich eigentlich darauf vor?

„Also zunächst einmal habe ich keine Sonderveranstaltungen. Bei dem, was man tut, wenn man in den Tag hinein geht, das Morgen- und das Abendgebet spricht und abends auch Gewissenserforschung macht, ist natürlich das Thema im Vordergrund. Man fragt sich da schon, wie man den Tag beurteilt, was man gewonnen und was falsch gemacht hat. Ich glaube, dass an jedem Tag in den liturgischen Texten, im Stundengebet und in der Messe so viele aufrüttelnde Verse gerade auch in der österlichen Bußzeit enthalten sind, dass man immer wieder etwas für sich selbst findet.
Und ich lese, wie beim letzten Mal, ein kleines Buch, das Bernhard von Clairvaux etwa um 1150 geschrieben hat mit dem lateinischen Namen ‚de consideratione’, auf Deutsch könnte man einfach ‚Erwägungen’ sagen. Hans Urs von Balthasar hat eine Auswahl davon herausgegeben mit dem Titel ‚Was ein Papst erwägen muss’.
Was da geschrieben steht gilt nicht nur für die spirituelle und aszetische Gestalt des Papstes, sondern das gilt auch für die Normen und für die Kriterien, mit denen man jemanden beurteilt. Es ist unglaublich, wie nüchtern er die gute Auswahl von Beratern und Mitarbeitern sieht, wie nüchtern er auch beurteilt, wie Menschen verführt werden können in solchen Positionen. Da wird man doch sehr nachdenklich. Wir meinen heute, dass wir heute durch die moderne Entwicklung in vielen Dingen besonders bestimmt, abhängig und auch verführt sind; in dem Buch kann man sehen, dass das auch damals schon elementare Gefahren waren, auf die man aufmerksam machte.
Das macht einen auch etwas demütig.“

Inneres Schaudern

Freuen Sie sich eigentlich oder sind sie nervös?

„Nervös bin ich, glaube ich, gar nicht. Freuen wäre zu viel gesagt. Weil gerade, wenn man noch keine innere Gewissheit hat, wem man die Stimme geben soll, ist da schon auch ein Schaudern in einem, vielleicht auch noch ein gewisses Maß an Ängstlichkeit, wenn man sich fragt, ob man wirklich gemeinsam den Richtigen findet. Ich würde sagen: Wie bei anderen Dingen, wo Menschen mit im Spiel sind, wo man Menschen beurteilen muss und sich den Kopf zerbrechen muss – so geht man da mit noch mehr Sorgfalt und Ernst an die Arbeit.“ (rv)